Entscheidungsdatum: 16.10.2013
Auf die Rechtsbeschwerde der Betroffenen wird der Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Bayreuth vom 7. Mai 2013 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen.
Wert: 3.000 €
I.
Das Amtsgericht hat nach Einholung eines Sachverständigengutachtens für die 1954 geborene Betroffene eine Betreuung mit den Aufgabenkreisen Gesundheitssorge und Aufenthaltsbestimmung eingerichtet und den Sohn der Betroffenen zum Betreuer bestellt. Das Landgericht hat die dagegen gerichtete Beschwerde der Betroffenen zurückgewiesen.
Hiergegen wendet sich die Betroffene mit ihrer Rechtsbeschwerde.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist begründet, weil die angefochtene Entscheidung des Beschwerdegerichts den Verfahrensrügen der Rechtsbeschwerde nicht standhält.
1. Ohne Erfolg beanstandet die Rechtsbeschwerde allerdings, dass das Beschwerdegericht keine weitergehenden Feststellungen zur fachlichen Qualifikation des Sachverständigen getroffen hat. Die in Bayern bestellten Landgerichtsärzte (Art. 5 Abs. 3 des bayerischen Gesundheitsdienst- und Verbraucherschutzgesetzes vom 24. Juli 2003 [GVBl S. 452] iVm § 4 der Verordnung zur Ausführung des Gesetzes über den öffentlichen Gesundheitsdienst vom 9. September 1986 [GVBl S. 316]) entsprechen aufgrund ihres Ausbildungsganges und ihrer besonderen praktischen Erfahrungen üblicherweise den Anforderungen, die § 280 Abs. 1 Satz 2 FamFG an die Sachkunde des Sachverständigen stellt (Keidel/Budde FamFG 17. Aufl. § 280 Rn. 10; vgl. auch BayObLGZ 1986, 214, 217; BayObLG FamRZ 1993, 851, 852 und FamRZ 1995, 1519 [Ls.]). Ihre Sachkunde ist in der Regel mit der Qualifikation von Ärzten vergleichbar, denen die Facharztbezeichnung zukommt, die sich aber nicht in großem Umfang mit den besonderen forensischen Aufgaben ihres Fachgebietes beschäftigt haben (vgl. BGH Urteil vom 16. Juni 1970 - 1 StR 27/70 - NJW 1970, 1981).
2. Demgegenüber rügt die Rechtsbeschwerde zu Recht, dass das Beschwerdegericht die Betroffene vor Erlass seiner Entscheidung nicht persönlich angehört hat.
Wie das Beschwerdegericht im rechtlichen Ausgangspunkt zutreffend erkannt hat, besteht nach § 68 Abs. 3 Satz 1 FamFG eine Pflicht zur persönlichen Anhörung der Betroffenen auch im Beschwerdeverfahren. Allerdings kann das Beschwerdegericht nach § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG von der persönlichen Anhörung absehen, wenn diese bereits im ersten Rechtszug vorgenommen worden ist und von einer erneuten Anhörung keine neuen Erkenntnisse zu erwarten sind. Diese Voraussetzungen, unter denen ausnahmsweise von einer erneuten Anhörung der Betroffenen abgesehen werden kann, liegen entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts nicht vor. Eine erneute Anhörung der Betroffenen war schon deshalb erforderlich, weil die Betroffene ausweislich des Protokolls vom 2. April 2013 bei ihrer Anhörung durch den Betreuungsrichter mit der Errichtung einer Betreuung für die Aufgabenkreise Gesundheitssorge und Aufenthaltsbestimmung einverstanden war. Das Amtsgericht brauchte daher nicht mehr zu prüfen, ob der Betroffene noch zur Bildung eines freien Willens in der Lage war (vgl. § 1896 Abs. 1 a BGB). Diese Sachlage hat sich im Beschwerdeverfahren verändert, nachdem die Betroffene mit ihrer Beschwerde geltend gemacht hat, sie könne selbst für ihre Gesundheit sorgen und zudem die "Untersuchung durch einen anderen Arzt" verlangte. Auch das Beschwerdegericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass sich nunmehr die Frage nach der Einrichtung der Betreuung gegen den Willen der Betroffenen stellt. Es wäre aus diesem Grunde zu prüfen gewesen, ob gemäß § 1896 Abs. 1 a BGB der freie Wille der Betroffenen gegen eine Einrichtung der Betreuung hätte sprechen können. Sobald indessen die Möglichkeit der freien Willensbildung in der Beschwerdeinstanz erstmals entscheidungserheblich wird, sind durch eine persönliche Anhörung des Betroffenen stets zusätzliche Erkenntnisse im Sinne des § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG zu erwarten (vgl. Senatsbeschlüsse vom 22. August 2012 - XII ZB 141/12 - FamRZ 2012, 1796 Rn. 14 und vom 16. Mai 2012 - XII ZB 454/11 - FamRZ 2012, 1207 Rn. 22).
3. Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird gemäß § 74 Abs. 7 FamFG abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.
Klinkhammer Schilling Günter
Botur Guhling