Entscheidungsdatum: 21.11.2018
Bei der Bewertung des Versorgungsanrechts eines kommunalen Wahlbeamten ist die höchstens erreichbare Zeitdauer im Sinne von § 40 Abs. 2 VersAusglG die Zeit bis zum Ende der Wahlperiode, die in dem für die letzte tatrichterliche Entscheidung maßgebenden Zeitpunkt läuft (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 18. September 1991, XII ZB 41/89, FamRZ 1992, 46).
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 20. Familiensenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 15. Juni 2018 wird auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen.
Wert: 1.890 €
I.
Auf den am 3. März 2016 zugestellten Antrag hat das Familiengericht die am 19. Juni 1999 geschlossene Ehe der Antragstellerin (im Folgenden: Ehefrau) und des Antragsgegners (im Folgenden: Ehemann) geschieden und den Versorgungsausgleich geregelt. Während der Ehezeit (1. Juni 1999 bis 29. Februar 2016; § 3 Abs. 1 VersAusglG) haben beide Ehegatten Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben, darüber hinaus die Ehefrau eine Beamtenversorgung bei der Beteiligten zu 2 sowie Anrechte in der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes bei der Beteiligten zu 3, der Ehemann Anrechte aus einer betrieblichen Altersversorgung bei der Beteiligten zu 5.
Die Ehefrau ist seit Oktober 2008 Beigeordnete (Kommunale Wahlbeamtin auf Zeit der Besoldungsgruppe B 4) bei einem sächsischen Landkreis. Nach ihrer Wiederwahl im Oktober 2015 endet die aktuelle Wahlperiode im Oktober 2022. Vor der Wahl zur Beigeordneten war sie seit Juni 2000 bei demselben Landkreis in verschiedenen Funktionen tätig, darunter seit 2006 in einem Beamtenverhältnis auf Lebenszeit (Besoldungsgruppe A 13). Der Landrat des Landkreises hat ihr mit Schreiben vom 30. September 2009 "für die Zeit ab dem 15. Oktober 2015" eine Rückkehr in das von ihr bis zur Wahl ausgeübte Amt zugesagt, sofern zu diesem Zeitpunkt die übrigen Voraussetzungen nach dem Sächsischen Beamtengesetz in ihrer Person erfüllt sind.
In der Versorgungsauskunft der Beteiligten zu 2 ist als Ende der Gesamtzeit der ruhegehaltsfähigen Dienstzeit das Ende der Wahlperiode am 14. Oktober 2022 berücksichtigt und der Ehezeitanteil der Versorgung mit monatlich 2.267,78 € angegeben. Darauf fußend hat das Familiengericht das von der Ehefrau in der Beamtenversorgung erworbenen Anrecht extern geteilt, indem es zugunsten des Ehemanns ein Anrecht in Höhe von (2.267,78 € / 2 =) 1.133,89 € monatlich auf dem vorhandenen Konto der gesetzlichen Rentenversicherung des Ehemanns begründet hat, sowie das in der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes erworbene Anrecht intern geteilt. Von einem Ausgleich der beiderseits in der gesetzlichen Rentenversicherung erworbenen Anrechte sowie des betrieblichen Anrechts des Ehemanns hat es in Anwendung des § 18 Abs. 1 und 2 VersAusglG abgesehen.
Gegen diese Entscheidung hat die Ehefrau Beschwerde eingelegt mit dem Ziel, den Ehezeitanteil ihres bei der Beteiligten zu 2 bestehenden Anrechts unter der Annahme einer Gesamtdienstzeit bis zum Erreichen der für sie als Beamtin maßgeblichen Altersgrenze am 31. Dezember 2040 zu bewerten und mit einem dementsprechend geringeren Ausgleichswert von monatlich 748,33 € festzusetzen. Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde zurückgewiesen; hiergegen richtet sich ihre zugelassene Rechtsbeschwerde.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist nicht begründet.
1. Das Oberlandesgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet: Anzuwenden seien die Grundsätze der zeitratierlichen Bewertung. Nach § 40 Abs. 2 Satz 1 VersAusglG sei dafür die Zeitdauer zu ermitteln, die bis zu der für das Anrecht maßgeblichen Altersgrenze höchstens erreicht werden kann (Gesamtzeit). Maßgeblich sei der bei Ehezeitende bestehende beamtenrechtliche Status, wobei etwaige rechtliche Veränderungen nach der Ehezeit, die auf den Ehezeitanteil zurückwirken, zu berücksichtigen seien (§ 5 Abs. 2 VersAusglG).
Anders als bei Beamten auf Lebenszeit bestimme sich die Gesamtzeit bei Wahlbeamten grundsätzlich nach der Zeit bis zum Ende der Wahlperiode, die zum Zeitpunkt der letzten tatrichterlichen Entscheidung im Versorgungsausgleichsverfahren laufe. Eine künftige Wiederwahl könne sich nur dann auswirken, wenn sie sicher zu erwarten sei. Habe der Wahlbeamte vor seiner Ernennung in einem anderen öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis gestanden, blieben die sich aus dem früheren Dienstverhältnis unter Anrechnung als Wahlbeamter zurückgelegter Zeiten als ruhegehaltsfähige Dienstzeiten ergebenden Anwartschaften bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze maßgeblich, sofern die Rückführung in dieses frühere Dienstverhältnis nach dem Ausscheiden als Wahlbeamter gesichert erscheine.
Im vorliegenden Fall sei eine Wiederwahl der Ehefrau schon wegen der Möglichkeit wechselnder politischer Mehrheiten ungewiss. Auch eine Rückführung in das frühere Dienstverhältnis erscheine nicht hinreichend sicher. Die Zusage des Landrats vom 30. September 2009 begründe keine gesicherte Aussicht auf eine erneute Einstellung, weil sie nur für den Fall gelte, dass sie nicht nach Ablauf ihrer ersten Wahlperiode im Jahr 2015 wiedergewählt worden wäre. Das ergebe sich sowohl aus dem klaren Wortlaut des Schreibens als auch aus dessen Sinn und Zweck, da die Ehefrau nach Ablauf der ersten Wahlperiode - anders als nach Ablauf ihrer zweiten Wahlperiode - noch nicht in den Ruhestand hätte treten können. Außerdem stehe nicht fest, ob die Ehefrau nach Ablauf der aktuellen Wahlperiode die übrigen, insbesondere gesundheitlichen Voraussetzungen für eine Wiedereinstellung erfülle und ob für sie dann eine ihrem früheren Amt entsprechende, besetzbare Stelle bereitstehe.
Es bestünde daher nach Ablauf der Wahlperiode lediglich ein allgemeiner Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über ihre erneute Ernennung in ein Beamtenverhältnis, über die anhand der Auswahlkriterien der Eignung, Befähigung und Leistung zu entscheiden sei. Dass die Ehefrau die danach erforderlichen Einstellungsvoraussetzungen zu dem gegebenen Zeitpunkt erfüllen werde, sei nicht sicher vorherzusehen.
2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung stand.
a) Für den Ausgleich von Anrechten aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis sind gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 VersAusglG die Grundsätze der zeitratierlichen Bewertung anzuwenden. Zu ermitteln ist gemäß § 40 Abs. 2 VersAusglG die Zeitdauer, die bis zu der für das Anrecht maßgeblichen Altersgrenze höchstens erreicht werden kann. Zudem ist der Teil dieser Zeitdauer zu ermitteln, der mit der Ehezeit übereinstimmt. Der Wert des Ehezeitanteils ergibt sich, wenn das Verhältnis der in die Ehezeit fallenden Zeitdauer und der höchstens erreichbaren Zeitdauer mit der zu erwartenden Versorgung multipliziert wird.
Die höchstens erreichbare Zeitdauer endet für Beamte auf Lebenszeit mit dem Erreichen der Regelaltersgrenze, soweit nicht gesetzlich eine andere Altersgrenze (besondere Altersgrenze) bestimmt ist. Dabei sind nach allgemeiner Auffassung auch die von der Regelaltersgrenze abweichenden besonderen Altersgrenzen für bestimmte Gruppen des öffentlichen Dienstes zu beachten (Senatsbeschluss vom 19. Dezember 2012 - XII ZB 299/10 - FamRZ 2013, 435 Rn. 10 mwN).
Als kommunale Wahlbeamtin ist die Ehefrau Beamtin auf Zeit. Bei einer solchen endet die höchstens erreichbare Zeitdauer mit dem Ablauf der Amtszeit (Wahlperiode), weil eine Wiederwahl nicht sicher ist (Senatsbeschluss vom 18. September 1991 - XII ZB 41/89 - FamRZ 1992, 46, 47).
b) Ausgehend davon hat das Oberlandesgericht die maximale Zeitdauer in rechtlich nicht zu beanstandender Weise bis zum Ende der aktuellen Wahlperiode als Beigeordnete bis zum 14. Oktober 2022 bemessen. Zwar war der Ehefrau für die Zeit nach Ablauf der ersten Wahlperiode, ab dem 15. Oktober 2015, eine Rückkehrmöglichkeit in das von ihr zuvor ausgeübte Amt zugesagt worden. Die Rückkehrmöglichkeit zum 15. Oktober 2015 ist von der Ehefrau jedoch aufgrund ihrer Wiederwahl zur Beigeordneten nicht wahrgenommen worden. Eine weitere Zusage über eine Rückkehrmöglichkeit zum 15. Oktober 2022 ist nicht erteilt worden. Das Oberlandesgericht ist zudem rechtlich zutreffend davon ausgegangen, dass die auf den 15. Oktober 2015 bezogene Rückkehrzusage nicht als eine erweiterte Rückkehrzusage wahlweise zum 15. Oktober 2022 ausgelegt werden kann. Weil deshalb die Rückkehr in ein Beamtenverhältnis nach Ablauf der zweiten Wahlperiode als Beigeordnete nicht hinreichend gesichert ist, währt die für den Versorgungsausgleich zugrunde zu legende maximale Zeitdauer der Dienstzeit nur bis zum 14. Oktober 2022.
c) Tritt nach der Entscheidung über den Versorgungsausgleich ein anderer als der angenommene Sachverhalt ein, kann dieser in einem Abänderungsverfahren nach §§ 225 ff. FamFG erfasst werden (Senatsbeschluss vom 19. Dezember 2012 - XII ZB 299/10 - FamRZ 2013, 435 Rn. 15 mwN; vgl. auch Senatsbeschluss vom 20. Juni 2018 - XII ZB 102/17 - FamRZ 2018, 1500 Rn. 15 ff.).
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