Entscheidungsdatum: 25.02.2015
Gegen die Ablehnung der öffentlichen Zustellung eines Scheidungsantrags findet die sofortige Beschwerde gemäß § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statt.
Auf die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des 4. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 27. März 2014 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Beschwerdewert: 1.500 €
I.
Die Antragstellerin begehrt die Scheidung ihrer mit dem Antragsgegner geschlossenen Ehe.
Da die Antragsschrift dem Antragsgegner nicht unter der der Antragstellerin bekannten Adresse zugestellt werden konnte, hat sie beim Amtsgericht die öffentliche Zustellung des Scheidungsantrags beantragt. Das Amtsgericht hat den Antrag mit einem am 10. Januar 2014 zugestellten Beschluss zurückgewiesen. Die enthaltene Rechtsbehelfsbelehrung lautete auszugsweise:
"Diese Entscheidung kann mit der sofortigen Beschwerde angefochten werden. Sie ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem Amtsgericht [...] oder dem Oberlandesgericht [...] einzulegen".
Die am 29. Januar 2014 beim Amtsgericht eingegangene sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat das Oberlandesgericht als unstatthaft verworfen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde möchte die Antragstellerin weiterhin die öffentliche Zustellung des Scheidungsantrags erreichen.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG i.V.m. § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 statthaft und auch im Übrigen zulässig. In der Sache führt sie zur Aufhebung der angegriffenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.
1. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:
Die Beschwerde sei nicht nach § 58 Abs. 1 FamFG statthaft, weil die Ablehnung der öffentlichen Zustellung keine Endentscheidung i.S.v. § 38 FamFG sei.
Das Rechtsmittel der Antragstellerin sei auch nicht als sofortige Beschwerde statthaft, weil das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, auch in Verbindung mit der Zivilprozessordnung, ein solches Rechtsmittel nicht eröffne. Dieses Gesetz enthalte keine ausdrückliche Verweisung auf § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO, wonach die sofortige Beschwerde in den Fällen statthaft sei, in denen erstinstanzlich ein das Verfahren betreffendes Gesuch abgelehnt worden sei. Insofern sei auch keine Analogie geboten, weil es bereits an einer Regelungslücke fehle. Das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit sehe Rechtsmittel gegen gerichtliche Zwischenentscheidungen grundsätzlich nicht vor, mit Ausnahme der Vorschriften, in denen die entsprechende Anwendung der §§ 567 ff. ZPO ausdrücklich bestimmt sei. Eine Anfechtungsmöglichkeit folge auch nicht aus der für Ehesachen maßgeblichen Regelung in § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, weil dort nicht auf die Rechtsmittelvorschriften der Zivilprozessordnung verwiesen werde. Es könne auch nicht angenommen werden, dass für die vorliegende Fallgestaltung von einem Redaktionsversehen des Gesetzgebers auszugehen sei. Eine sofortige Beschwerde sei vielmehr nur dann statthaft, wenn diese in den von § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG in Bezug genommenen Vorschriften der Zivilprozessordnung ausdrücklich vorgesehen und auch in den vergleichbaren Vorschriften für nichtstreitige Familiensachen ein Rechtsmittel eröffnet sei. Allein aus der Anwendbarkeit der Verfahrensvorschriften der Zivilprozessordnung auf Ehesachen könne nicht geschlossen werden, dass der Gesetzgeber ohne ausdrückliche Nennung und ohne entsprechende Andeutung in § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG auch die sofortige Beschwerde nach § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO habe eröffnen wollen.
2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht in allen Punkten stand.
a) Zutreffend ist das Beschwerdegericht allerdings zunächst davon ausgegangen, dass sich die Statthaftigkeit der Beschwerde nicht aus § 58 Abs. 1 FamFG ergibt. Bei der Ablehnung der Bewilligung einer öffentlichen Zustellung des Scheidungsantrags nach §§ 121 Nr. 1, 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG i.V.m. §§ 185, 186 ZPO handelt es sich nicht um eine Endentscheidung gemäß § 38 Abs. 1 Satz 1 FamFG. In Ehe- und Familienstreitsachen sind Endentscheidungen solche, die bei Zugrundelegung von Zivilprozessrecht als Urteile oder urteilsersetzende Beschlüsse ergehen würden (vgl. Keidel/Meyer-Holz FamFG 18. Aufl. § 58 Rn. 16 und Senatsbeschluss BGHZ 176, 135 = FamRZ 2008, 1168, 1169 zu § 621 e Abs. 1 ZPO). Das ist bei der Entscheidung über die öffentliche Zustellung eines Scheidungsantrags nicht der Fall.
b) Dagegen ist die Annahme des Beschwerdegerichts, die Ablehnung der öffentlichen Zustellung des Scheidungsantrags könne als Zwischenentscheidung auch nicht mit der sofortigen Beschwerde nach §§ 567 ff. ZPO angefochten werden, nicht frei von Rechtsirrtum.
aa) Nach § 58 Abs. 1 FamFG, der auch in Ehesachen Anwendung findet (vgl. Keidel/Weber FamFG 18. Aufl. § 113 Rn. 4), findet die Beschwerde nur gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Endentscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte statt, sofern durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist. Zwischenentscheidungen können daher auch in Ehesachen nur dann selbständig angefochten werden, wenn dies gesetzlich bestimmt ist (§ 58 Abs. 1 Halbsatz 2 FamFG). Fehlt eine solche Regelung, kann eine Zwischenentscheidung gemäß § 58 Abs. 2 FamFG nur im Rahmen eines gegen die Endentscheidung gerichteten Rechtsmittels zur Überprüfung gestellt werden (vgl. Senatsbeschluss vom 1. Dezember 2010 - XII ZB 227/10 - FamRZ 2011, 282 Rn. 12 f.), sofern die Zwischenentscheidung nicht ausdrücklich für unanfechtbar erklärt ist (Thomas/Putzo/Reichold ZPO 34. Aufl. § 58 FamFG Rn. 6). In Ehe- und Familienstreitsachen bestimmt sich die Anfechtbarkeit von Zwischen- und Nebenentscheidung grundsätzlich danach, ob die Vorschrift der Zivilprozessordnung, die gemäß § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG zur Anwendung gelangt ist und auf der die Entscheidung beruht, eine Anfechtbarkeit vorsieht (Zöller/Feskorn ZPO 30. Aufl. § 58 FamFG Rn. 9; vgl. auch BT-Drucks. 16/6308 S. 203).
bb) Die öffentliche Zustellung eines Scheidungsantrags bestimmt sich gemäß § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG nach den §§ 185, 186 ZPO. In diesen Vorschriften ist die Anfechtbarkeit einer Entscheidung, mit der die Bewilligung einer öffentlichen Zustellung versagt wurde, nicht ausdrücklich bestimmt. Trotzdem kann die den Antrag ablehnende Entscheidung in den sonstigen bürgerlichrechtlichen Streitigkeiten mit der sofortigen Beschwerde angefochten werden. Deren Statthaftigkeit ergibt sich aus § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO (Zöller/Stöber ZPO 30. Aufl. § 186 Rn. 5; Musielak/Wittschier ZPO 10. Aufl. § 186 Rn. 5; Thomas/Putzo/Hüßtege ZPO 35. Aufl. § 186 Rn. 4). Diese Anfechtungsmöglichkeit besteht auch gegen die Ablehnung der öffentlichen Zustellung eines Scheidungsantrags.
cc) Allerdings werden unterschiedliche Auffassungen dazu vertreten, ob sich in Ehe- und Familienstreitsachen die Statthaftigkeit der sofortigen Beschwerde gegen Zwischen- und Nebenentscheidungen allein aus § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ergeben kann oder daneben auch die Generalklausel des § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO anwendbar ist. Teilweise wird angenommen, solche Entscheidungen seien nur dann selbständig anfechtbar, wenn die gemäß § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG anwendbare Vorschrift der Zivilprozessordnung eine Anfechtbarkeit mittels sofortiger Beschwerde ausdrücklich vorsehe. Aus § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO könne sich mangels Verweisung auf diese Vorschrift in § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG und wegen des Wortlauts des § 58 Abs. 1 Halbsatz 2 FamFG die Statthaftigkeit der sofortigen Beschwerde nicht ergeben (Keidel/Meyer-Holz FamFG 18. Aufl. § 58 Rn. 89; Schulte-Bunert/Weinreich/Unger FamFG 4. Aufl. § 58 Rn. 38; BeckOK FamFG/Gutjahr [Stand: 1. Januar 2015] § 58 Rn. 16 b; Thomas/Putzo/Reichold ZPO 34. Aufl. § 58 FamFG Rn. 18). Nach anderer Auffassung sollen nicht instanzbeendende Entscheidungen, die in Ehe- und Familienstreitsachen auf der Grundlage von Vorschriften der Zivilprozessordnung ergangen sind, in gleichem Umfang anfechtbar sein wie bei der unmittelbaren Anwendung der jeweiligen Vorschrift in sonstigen bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten (Zöller/Feskorn ZPO 30. Aufl. § 58 FamFG Rn. 9; Prütting/Helms/Helms FamFG 3. Aufl. § 113 Rn. 18; vgl. auch OLG Hamm FamRZ 2013, 964, 965 zur Statthaftigkeit der sofortigen Beschwerde gegen die Zurückweisung der öffentlichen Zustellung eines Scheidungsantrags).
dd) Für den Fall der Ablehnung der öffentlichen Zustellung eines Scheidungsantrags hält der Senat die letztgenannte Auffassung für zutreffend.
(1) Ob der Beschluss, mit dem die öffentliche Zustellung eines Scheidungsantrags abgelehnt wurde, mit der sofortigen Beschwerde angefochten werden kann, lässt sich dem Wortlaut der maßgeblichen Vorschriften nicht zweifelsfrei entnehmen. Nach § 58 Abs. 1 Halbsatz 2 FamFG ist im Anwendungsbereich dieser Vorschrift die Beschwerdemöglichkeit nur dann auf die im ersten Rechtszug ergangenen Endentscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte beschränkt, wenn durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist. Diese Regelung ist ersichtlich darauf ausgerichtet, die Anfechtbarkeit von Zwischenentscheidungen auf der Grundlage von Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zu beschränken. Dafür spricht, dass die Anfechtbarkeit von Zwischenentscheidungen in den allgemeinen Vorschriften der §§ 1 bis 22 a FamFG differenziert geregelt wurde und nur für bestimmte Zwischenentscheidungen die Anfechtbarkeit mit der sofortigen Beschwerde in entsprechender Anwendung der §§ 567 bis 572 ZPO geregelt ist (vgl. §§ 6 Abs. 2, 7 Abs. 5 Satz 2, 21 Abs. 2 FamFG).
In Ehe- und Familienstreitsachen sind gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 FamFG die Verfahrensvorschriften der §§ 1 - 22 a FamFG aber nicht anwendbar. Es gelten vielmehr die allgemeinen Vorschriften der Zivilprozessordnung und die Vorschriften der Zivilprozessordnung über das Verfahren vor den Landgerichten entsprechend (§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG). Gegen nicht instanzbeendende Entscheidungen, die auf der Grundlage von Vorschriften der Zivilprozessordnung ergehen, findet die sofortige Beschwerde nicht nur statt, wenn dies gesetzlich angeordnet (§ 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO), sondern auch dann, wenn ein das Verfahren betreffendes Gesuch abgelehnt worden ist (§ 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO). Aus der Regelungssystematik des § 567 Abs. 1 ZPO folgt, dass es bei Vorschriften der Zivilprozessordnung, aufgrund derer Zwischen- und Nebenentscheidungen getroffen werden können, dann keiner besonderen Anordnung der Statthaftigkeit der sofortigen Beschwerde bedarf, wenn es sich um Entscheidungen handelt, die auf Antrag einer der prozessbeteiligten Parteien ergehen.
Diese Regelungssystematik ist auch bei der Prüfung der Statthaftigkeit der sofortigen Beschwerde in Ehe- und Familienstreitsachen zu berücksichtigen. Der Gesetzgeber ist davon ausgegangen, dass sich die Anfechtbarkeit von Zwischen- und Nebenentscheidungen in Ehe- und Familienstreitsachen aus der jeweiligen Bezugnahme auf die Zivilprozessordnung ergibt. Dadurch soll gewährleistet werden, dass die Statthaftigkeit von Rechtsmitteln gegen nicht instanzbeendenden Entscheidungen in Verfahren nach dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit dieselbe ist wie in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten (BT-Drucks. 16/6308 S. 203). Den Gesetzesmaterialien lassen sich keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass der Gesetzgeber die Anfechtbarkeit von Zwischen- und Nebenentscheidungen in Ehe- und Familienstreitsachen danach differenzieren wollte, ob nach dem Rechtsmittelsystem der Zivilprozessordnung die Statthaftigkeit der sofortigen Beschwerde aus § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO oder aus Nr. 2 dieser Vorschrift folgt.
(2) Dem steht nicht entgegen, dass in § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG nicht auf die Vorschriften der §§ 567 bis 572 ZPO verwiesen wird. Wie der Senat bereits für die Verfahrenskostenhilfe in einer Familienstreitsache entschieden hat, handelt es sich hierbei ersichtlich um ein Redaktionsversehen des Gesetzgebers, der die Familienstreitsachen weitergehend den Verfahrensmaximen der Zivilprozessordnung unterstellen wollte als die übrigen Familiensachen (Senatsbeschluss vom 18. Mai 2011 - XII ZB 265/10 - FamRZ 2011, 1288 Rn. 9).
(3) Auch der mit der beschränkten Anfechtbarkeit von Nebenentscheidungen verfolgte Zweck steht der Annahme nicht entgegen, dass sich die Statthaftigkeit der sofortigen Beschwerde auch aus § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO ergeben kann. Mit der Beschränkung der Anfechtbarkeit nicht instanzbeendender Beschlüsse wollte der Gesetzgeber eine Verfahrensbeschleunigung erreichen und die Überprüfbarkeit dieser Entscheidungen, soweit sie nicht ausdrücklich unanfechtbar sind, der Endentscheidung vorbehalten (§ 59 Abs. 2 FamFG). Im Fall der Ablehnung der öffentlichen Zustellung eines Scheidungsantrags kommt es jedoch nicht zu einer verfahrensabschließenden Entscheidung, gegen die der Antragsteller ein Rechtsmittel mit dem Ziel einlegen könnte, die Ablehnung der öffentlichen Zustellung überprüfen zu lassen.
(4) Schließlich war bereits zum früheren Recht in der Rechtsprechung anerkannt, dass eine Anfechtung von Zwischenentscheidungen ausnahmsweise möglich ist, wenn die Entscheidung in so einschneidender Weise in die Rechte des Betroffenen eingreift, dass ihre selbständige Anfechtbarkeit unbedingt geboten ist (BVerfGK 15, 180; BVerfGE 101, 106; Senatsbeschlüsse vom 15. Mai 2013 - XII ZB 283/12 - FamRZ 2013, 1301 und vom 25. Juni 2003 - XII ZB 169/99 - FamRZ 2003, 1275, 1276 mwN). Die Möglichkeit, verfahrenseinleitende Schriftsätze im Wege der öffentlichen Zustellung übermitteln zu können, ist Teil des in Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip verankerten Justizgewährungsanspruchs, dem bei der öffentlichen Zustellung der Vorrang gegenüber dem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) des Zustellungsadressaten eingeräumt wird. Wird eine öffentliche Zustellung zu Unrecht durch das erstinstanzliche Gericht abgelehnt, wird der Antragsteller in seinem grundrechtlich verbürgten Justizgewährungsanspruch verletzt. Dieser Grundrechtseingriff gebietet es, eine fachgerichtliche Möglichkeit der Überprüfung der Ablehnungsentscheidung zu ermöglichen.
Eine unterschiedliche Ausgestaltung der Rechtsmittel gegen die Ablehnung der öffentlichen Zustellung hätte im Übrigen zur Folge, dass in sonstigen bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten der Antragsteller die Ablehnung einer öffentlichen Zustellung eines verfahrenseinleitenden Schriftsatzes mit der sofortigen Beschwerde nach §§ 567 ff. ZPO angreifen könnte, während in Ehe- und Familienstreitsachen dem Antragsteller nur die Möglichkeit verbliebe, gegen die Ablehnung der öffentlichen Zustellung eines Scheidungsantrags Verfassungsbeschwerde einzulegen. Ein sachlicher Grund für die unterschiedliche Anfechtbarkeit der Ablehnung einer öffentlichen Zustellung in Ehe- und Familienstreitsachen und in sonstigen bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten ist nicht ersichtlich.
(5) Schließlich folgt auch nichts anderes aus dem Senatsbeschluss vom 18. Mai 2011 (XII ZB 265/10 - FamRZ 2011, 1288). Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts ist dieser Entscheidung nicht zu entnehmen, dass eine sofortige Beschwerde nur dann statthaft ist, wenn diese in den von § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG in Bezug genommenen Vorschriften der Zivilprozessordnung ausdrücklich vorgesehen und auch in den vergleichbaren Vorschriften für nichtstreitige Familiensachen ein Rechtsmittel eröffnet ist. Soweit dort vom Senat ausgeführt wird, dass selbst in den Familiensachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit nach § 76 Abs. 2 FamFG im Verfahren der Verfahrenskostenhilfe die §§ 567 bis 572 ZPO entsprechende Anwendung fänden (Senatsbeschluss vom 18. Mai 2011 - XII ZB 265/10 - FamRZ 2011, 1288 Rn. 9), handelt es sich hierbei nur um eine unterstützende Erwägung, auf der die Entscheidung nicht beruht.
3. Die angegriffene Entscheidung stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG i.V.m. § 577 Abs. 3 ZPO).
Zwar hat die Antragstellerin die zweiwöchige Beschwerdefrist des § 567 Abs. 1 Satz 1 ZPO versäumt. Die amtsgerichtliche Entscheidung ist der Antragstellerin am 10. Januar 2014 zugestellt worden und die Beschwerdeschrift ist erst am 29. Januar 2014, mithin nach Ablauf der maßgeblichen Beschwerdefrist von zwei Wochen, beim Amtsgericht eingegangen. Der Antragstellerin wird jedoch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren sein, weil in der der Ausgangsentscheidung beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung die Beschwerdefrist unzutreffend angegeben war.
Nach der Rechtsprechung des Senats besteht die Verpflichtung des Gerichts zur Erteilung einer Rechtsbehelfsbelehrung unterschiedslos für alle nach dem FamFG geführten Verfahren. Deshalb wird in entsprechender Anwendung des § 17 Abs. 2 FamFG auch in Ehesachen und Familienstreitsachen ein Fehlen des Verschuldens vermutet, wenn die erforderliche Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben, unvollständig oder fehlerhaft ist (vgl. Senatsbeschlüsse vom 27. Februar 2013 - XII ZB 6/13 - FamRZ 2013, 779 Rn. 6 und vom 13. Juni 2012 - XII ZB 592/11 - FamRZ 2012, 1287 Rn. 7). Für die Fälle einer inhaltlich unrichtigen Rechtsbehelfsbelehrung hat der Senat entschieden, dass grundsätzlich auch ein Rechtsanwalt auf die Richtigkeit einer durch das Gericht erteilten Rechtsbehelfsbelehrung vertrauen darf (Senatsbeschluss vom 13. Juni 2012 - XII ZB 592/11 - FamRZ 2012, 1287 Rn. 9). Da aber von ihm erwartet werden kann, dass er die Grundzüge des Verfahrensrechts und das Rechtsmittelsystem in der jeweiligen Verfahrensart kennt, kann er das Vertrauen in die Richtigkeit einer Rechtsbehelfsbelehrung nicht uneingeschränkt, sondern nur in solchen Fällen in Anspruch nehmen, in denen die inhaltlich fehlerhafte Rechtsbehelfsbelehrung zu einem unvermeidbaren, zumindest aber zu einem nachvollziehbaren und daher verständlichen Rechtsirrtum des Rechtsanwaltes geführt hat (Senatsbeschluss vom 13. Juni 2012 - XII ZB 592/11 - FamRZ 2012, 1287 Rn. 9 mwN).
Gemessen hieran war die Versäumung der Beschwerdefrist durch den Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin unverschuldet.
Ob und gegebenenfalls mit welchem Rechtsmittel die Ablehnung der öffentlichen Zustellung eines Scheidungsantrags angefochten werden kann, war zum Zeitpunkt des Erlasses des amtsgerichtlichen Beschlusses weder durch den Bundesgerichtshof noch durch die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte entschieden. Zudem wurden zu der Frage, ob sich die Statthaftigkeit einer sofortigen Beschwerde in Ehe- und Familienstreitsachen auch aus § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO ergeben kann, in der Rechtsprechung und im Schrifttum unterschiedliche Auffassungen vertreten. Unter diesen Umständen konnte der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin auf die Richtigkeit der erteilten Rechtsbehelfsbelehrung vertrauen, so dass ihm in Hinblick auf die verspätete Einreichung der Beschwerdeschrift ausnahmsweise kein Verschulden angelastet werden kann.
4. Demnach ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen. Der Senat kann in der Sache nicht abschließend entscheiden, weil das Beschwerdegericht zunächst über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu befinden hat. Im Übrigen hat sich das Beschwerdegericht - aus seiner Sicht folgerichtig - bislang nicht mit den Voraussetzungen der öffentlichen Zustellung des Scheidungsantrags befasst.
Dose Schilling Günter
Nedden-Boeger Botur