Entscheidungsdatum: 07.08.2013
Auf die Rechtsbeschwerde des Beteiligten wird der Beschluss der 7. Zivilkammer des Landgerichts Gießen vom 8. April 2013 aufgehoben.
Die Beschwerde des Betroffenen gegen den Beschluss des Amtsgerichts Büdingen vom 20. Februar 2013 wird zurückgewiesen.
Das Verfahren der Rechtsbeschwerde ist gerichtsgebührenfrei.
Beschwerdewert: 1.386 €
I.
Das Amtsgericht bestellte am 28. Juni 2011 den Beteiligten als Betreuer für den Betroffenen mit dem Aufgabenkreis der Wahrnehmung seiner Rechte in einem Zivilrechtsstreit einschließlich etwaiger Folge- und Rechtsmittelverfahren längstens bis zum 27. Juni 2013. Der Rechtsstreit wurde durch einen am 20. Juli 2011 geschlossenen Vergleich beendet. Am 21. November 2011 zeigte der Betreuer dem Amtsgericht an, dass das Verfahren abgeschlossen und der Vergleich erfüllt sei. Zugleich regte er die Aufhebung seiner Betreuung an, da seine Aufgabe erledigt sei. Erst mit Beschluss vom 31. Januar 2013 hob das Amtsgericht die Betreuung auf.
Für die Zeit vom 2. April bis 1. Oktober 2012 hat der Betreuer die Festsetzung seiner vom Betroffenen zu erstattenden pauschalen Betreuervergütung gemäß §§ 4, 5 VBVG beantragt. Das Amtsgericht hat die Vergütung des Betreuers antragsgemäß festgesetzt. Auf die Beschwerde des Betroffenen hat das Landgericht den Beschluss aufgehoben und den Antrag auf Betreuervergütung für den beantragten Zeitraum zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde des Betreuers.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist begründet; sie führt zur Wiederherstellung der Entscheidung des Amtsgerichts.
1. Das Landgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Im maßgeblichen Antragszeitraum vom 2. April 2012 bis 1. Oktober 2012 habe der Betreuer keinerlei Betreuungstätigkeit geleistet. Sein Aufgabenkreis habe die Wahrnehmung der Rechte des Betroffenen in einem bestimmten Rechtsstreit umfasst, welcher durch Abschluss eines Vergleichs am 20. Juli 2011 beendet worden sei. Danach habe der Betreuer keine Mühewaltung mehr entfaltet und dies sei ihm auch nicht mehr möglich gewesen. Im Unterschied zu einer fehlerhaften oder einer zu lange aufrechterhaltenen Bestellung, bei der der Betreuer weiterhin tätig werde, sei hier schon die Möglichkeit einer weiteren Tätigkeit des Betreuers ausgeschlossen gewesen.
2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Der Beteiligte zu 1 hat als Berufsbetreuer des Betroffenen für die Wahrnehmung von dessen Rechten in einem Zivilrechtsstreit bis zur Aufhebung der Betreuung durch den Beschluss des Amtsgerichts vom 31. Januar 2013 einen Anspruch auf pauschale Vergütung nach §§ 1908 i Abs. 1 Satz 1, 1836 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB i.V.m. §§ 1 Abs. 2, 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 VBVG. Der Anspruch ist somit für den geltend gemachten Zeitraum vom 2. April bis 1. Oktober 2012 begründet.
a) Wie der Senat bereits entschieden hat, steht dem Betreuer für die Dauer der Betreuung gemäß §§ 1 Abs. 2, 4, 5 VBVG i.V.m. § 1908 i BGB ein Vergütungsanspruch in dem pauschal festgelegten Umfang zu, ohne dass der Rechtspfleger zu überprüfen hat, ob und in welchem Umfang der Betreuer tätig geworden ist und ob die Aufhebung der Betreuung früher hätte erfolgen müssen (Senatsbeschluss vom 11. April 2012 - XII ZB 459/10 - FamRZ 2012, 1051 Rn. 22).
Mit der Einführung der Pauschalierung der Betreuervergütung durch das Zweite Betreuungsrechtsänderungsgesetz, deren Ziel es ist, Betreuer und Rechtspfleger von den zeitaufwändigen Abrechnungen zu entlasten, ist ein vom tatsächlichen Aufwand im konkreten Fall unabhängiges Vergütungssystem geschaffen worden. Die in § 5 VBVG anhand einer Mischkalkulation zwischen aufwändigen und weniger aufwändigen Fällen festgelegten Stundenansätze stehen von Beginn des Betreuungsverfahrens an fest (BT-Drucks. 15/2494 S. 33). Die Ausübung einer konkreten Betreuungstätigkeit wird bei der pauschalen Vergütung typisierend unterstellt; nicht erforderlich ist, dass der Betreuer in dem zu vergütenden Zeitraum auch tatsächlich für den Betreuten in dem vom Gesetz pauschalierend unterstellten Umfang tätig geworden ist (Senatsbeschlüsse vom 11. April 2012 - XII ZB 459/10 - FamRZ 2012, 1051 Rn. 23 und vom 28. Mai 2008 - XII ZB 53/08 - FamRZ 2008, 1611 Rn. 30).
Der Vergütungsanspruch besteht in dem durch § 5 VBVG pauschal festgelegten Umfang für den gesamten Zeitraum der Betreuung. Diese endet gemäß § 1908 d BGB erst durch ausdrückliche gerichtliche Entscheidung. Die Regelung dient der Klarheit der Rechtsverhältnisse. Denn es ist vielfach zweifelhaft und erst durch gerichtliche Ermittlungen zu klären, ob die Voraussetzungen für eine Betreuung nicht mehr vorliegen (BT-Drucks. 11/4528, S. 155). Deshalb ist es hinzunehmen, dass zwischen dem Ende der Notwendigkeit der Betreuung und der Aufhebung der Betreuung eine gewisse noch mit dem pauschalen Stundenansatz nach § 5 VBVG zu vergütende Zeitspanne liegt, die auf gerichts- oder behördeninterne Abläufe und auf die Prüfung, ob die Voraussetzungen für die Aufhebung der Betreuung tatsächlich vorliegen, zurückzuführen ist (Senatsbeschlüsse vom 11. April 2012 - XII ZB 459/10 - FamRZ 2012, 1051 Rn. 24 und vom 14. Dezember 2011 - XII ZB 489/10 - FamRZ 2012, 295 Rn. 11 ff.).
Dem Rechtspfleger ist im Vergütungsfestsetzungsverfahren lediglich die Prüfung übertragen, ob und wann die gemäß § 1908 d Abs. 1 BGB i.V.m. § 23 c Abs. 2 GVG, § 19 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 1 RPflG dem Richter vorbehaltene Aufhebung der Betreuung erfolgt ist, nicht aber, ob die Aufhebung früher hätte erfolgen können.
b) Auch eine analoge Anwendung des § 6 VBVG, der für die dort genannten Sonderfälle eine Berechnung der Vergütung nach tatsächlich aufgewandtem und erforderlichem Zeitaufwand zulässt, kommt nicht zur Anwendung. Denn § 6 VBVG ist als eng begrenzte Ausnahmevorschrift einer analogen Anwendung nicht zugänglich (vgl. Senatsbeschluss vom 11. April 2012 - XII ZB 459/10 - FamRZ 2012, 1051 Rn. 14).
c) Ebenso musste der Rechtspfleger im Vergütungsfestsetzungsverfahren auch keine Ermittlungen zur Feststellung eines etwaigen treuwidrigen Verhaltens des Beteiligten zu 1 durchführen (Senatsbeschluss vom 11. April 2012 - XII ZB 459/10 - FamRZ 2012, 1051 Rn. 26).
Dose Weber-Monecke Schilling
Nedden-Boeger Botur