Entscheidungsdatum: 18.10.2017
Kommt das Beschwerdegericht in einem Betreuungsverfahren zu dem Ergebnis, dass die Betreuung zu Recht angeordnet ist, muss es auch die Betreuerauswahl auf ihre Richtigkeit hin überprüfen (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 30. August 2017, XII ZB 16/17, juris).
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird der Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Hanau vom 6. April 2017 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen.
Das Verfahren der Rechtsbeschwerde ist gerichtskostenfrei.
Beschwerdewert: 5.000 €
I.
Der 60jährige Betroffene leidet nach den Feststellungen des Landgerichts an einer monopolaren affektiven manischen bzw. submanischen Störung, wegen derer er seine Angelegenheiten nicht mehr selbst erledigen kann. Das Amtsgericht richtete für ihn im November 2014 mit Überprüfungsfrist bis zum 11. November 2015 eine Betreuung mit dem Aufgabenkreis der Sorge für die Gesundheit, Aufenthaltsbestimmung, Entscheidung über die Unterbringung, Vermögenssorge einschließlich Schuldenregulierung, Vertretung in postalischen Angelegenheiten, soweit es sich nicht erkennbar um Privatpost handelt, Vertretung gegenüber Heim- und Klinikleitung, Behörden, Versicherern und sonstigen Institutionen, Haus- und Grundstücksangelegenheiten ein und ordnete einen Einwilligungsvorbehalt für die Vermögenssorge an.
Im Verfahren auf Verlängerung der Betreuung hat der Betroffene deren Aufhebung begehrt und hilfsweise seinen durch schriftliche Betreuungsverfügung untermauerten Betreuungswunsch dahin geäußert, dass seine Schwester, gegebenenfalls gemeinsam mit seiner Ehefrau, als ehrenamtliche Betreuer bestellt werden solle. Mit Beschluss vom 18. November 2016 hat das Amtsgericht die Betreuung nach Einholung eines neuen Sachverständigengutachtens und Anhörung des Betroffenen verlängert, dabei den Aufgabenkreis auf die Vermögenssorge einschließlich Schuldenregulierung sowie Haus- und Grundstücksangelegenheiten reduziert, den Einwilligungsvorbehalt aufrecht erhalten, den Beteiligten zu 1 zum neuen Berufsbetreuer und den Beteiligten zu 2 zum (berufsmäßigen) Ersatzbetreuer bestellt sowie die Frist zur erneuten Überprüfung bis zum 17. November 2023 festgelegt.
Das Landgericht hat die Beschwerde des Betroffenen zurückgewiesen; hiergegen richtet sich seine Rechtsbeschwerde.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.
1. Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt: Der Betroffene bedürfe weiterhin der Betreuung und des Einwilligungsvorbehalts, weil er aufgrund einer psychischen Erkrankung nicht in der Lage sei, seine Angelegenheiten selbst zu besorgen. Das folge aus den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen, die auch durch die vom Betroffenen eingereichten Atteste nicht in Zweifel gezogen würden. Er richte seine Finanzplanung und Vorhaben nach seinen megalomanen Ideen und nicht nach der Realität aus, weshalb konkrete Anhaltspunkte für eine weitere erhebliche Vermögensgefährdung sprächen. Er habe bereits Schulden in erheblicher Höhe durch den Besuch kostenpflichtiger Internetportale. Ohne eine weitere Betreuung sei damit zu rechnen, dass der Betroffene unüberlegt auf der Basis realitätsferner Annahmen Kredite kündigen, neue Rechtsgeschäfte eingehen und sein Vermögen und seine soziale Absicherung weiterhin erheblich gefährden werde, da er wahnhaft bedingt von unrealistischen Erwartungen ausgehe.
Eine Entscheidung über den im ersten Rechtszug geäußerten Wunsch des Betroffenen, von seiner Schwester und seiner Ehefrau betreut zu werden, sei in der Beschwerdeinstanz nicht angefallen, weil hierüber zunächst gesondert das Amtsgericht zu entscheiden habe. Andernfalls verlöre der Betroffene eine Instanz.
2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
a) Wie der Senat bereits entschieden hat, stellt § 1897 BGB den Maßstab der Betreuerauswahl nicht nur bei der Erstentscheidung, sondern auch bei einer Verlängerung der Betreuung dar. Dies folgt aus dem Rechtscharakter der Verlängerungsentscheidung als erneute vollständige Einheitsentscheidung über die Betreuung und ergibt sich aus § 295 Abs. 1 Satz 1 FamFG, nach dem für die Verlängerung der Bestellung eines Betreuers die Verfahrensvorschriften über die erstmalige Anordnung dieser Maßnahme entsprechend gelten (Senatsbeschluss vom 19. Juli 2017 - XII ZB 57/17 - FamRZ 2017, 1612 Rn. 14 mwN).
Kommt das Beschwerdegericht in dem Verfahren zu dem Ergebnis, dass die Betreuung zu Recht verlängert worden ist, muss es zwingend in einem zweiten Schritt auch die Betreuerauswahl auf ihre Richtigkeit hin überprüfen (Senatsbeschlüsse vom 30. August 2017 - XII ZB 16/17 - juris Rn. 15 und vom 11. Mai 2016 - XII ZB 579/15 - FamRZ 2016, 1258 Rn. 13 f. mwN). In diesem Zusammenhang muss es sich mit dem vom Betroffenen geäußerten Betreuervorschlag (§ 1897 Abs. 4 BGB) und der von ihm schriftlich errichteten Betreuungsverfügung auseinandersetzen, unabhängig davon, ob dieser im ersten Rechtszug übergangen oder seine Behandlung gesetzeswidrig zurückgestellt worden ist. Denn § 1896 BGB unterscheidet nicht zwischen Anordnung der Betreuung und Bestellung eines Betreuers; vielmehr ist eine Einheitsentscheidung zu treffen, was auch im Beschwerdeverfahren zu beachten ist. Die Befassung mit dem geäußerten Betreuervorschlag bereits im vorliegenden Betreuungsverlängerungsverfahren ist auch deshalb zwingend, weil sich die Betreuerauswahl unter den in Frage kommenden Personen bei der Erstbestellung und Verlängerung der Betreuung nach den Maßstäben des § 1897 Abs. 4 bis 6 BGB richtet, während die nachträgliche Entlassung und Neubestellung eines Betreuers nur unter den enger gefassten Voraussetzungen des § 1908 b BGB möglich wäre.
b) Da das Landgericht über den Betreuervorschlag bewusst nicht entschieden hat, kann die angefochtene Entscheidung keinen Bestand haben. Der Senat kann nicht in der Sache abschließend entscheiden, da insoweit noch weitere Feststellungen zu treffen sind.
3. Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass § 1897 Abs. 4 Satz 1 BGB dem Tatrichter bei der Auswahl des Betreuers kein Ermessen einräumt. Es ist die Person zum Betreuer zu bestellen, die der Betroffene wünscht. Der Wille des Betroffenen kann nur dann unberücksichtigt bleiben, wenn die Bestellung der vorgeschlagenen Person seinem Wohl zuwiderläuft. Dies setzt voraus, dass sich aufgrund einer umfassenden Abwägung aller relevanten Umstände Gründe von erheblichem Gewicht ergeben, die gegen die Bestellung der vorgeschlagenen Person sprechen. Es muss die konkrete Gefahr bestehen, dass der Vorgeschlagene die Betreuung des Betroffenen nicht zu dessen Wohl führen kann oder will. Die Annahme einer solchen konkreten Gefahr beruht auf einer Prognoseentscheidung des Gerichts, für die dieses sich naturgemäß auf Erkenntnisse stützen muss, die in der - näheren oder auch weiter zurückliegenden - Vergangenheit wurzeln. Soweit es um die Eignung der vorgeschlagenen Person geht, müssen diese Erkenntnisse geeignet sein, einen das Wohl des Betroffenen gefährdenden Eignungsmangel auch für die Zukunft und bezogen auf den von der Betreuung umfassten Aufgabenkreis zu begründen (Senatsbeschluss vom 19. Juli 2017 - XII ZB 57/17 - FamRZ 2017, 1612 Rn. 15 mwN).
4. Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen (§ 74 Abs. 7 FamFG).
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