Bundesgerichtshof

Entscheidungsdatum: 02.08.2017


BGH 02.08.2017 - XII ZB 190/17

Rechtsbeschwerde in einer Ehesache: Anforderungen an die Begründung bei Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde aufgrund ausdrücklicher gesetzlicher Bestimmung


Gericht:
Bundesgerichtshof
Spruchkörper:
12. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
02.08.2017
Aktenzeichen:
XII ZB 190/17
ECLI:
ECLI:DE:BGH:2017:020817BXIIZB190.17.0
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend OLG Zweibrücken, 17. März 2017, Az: 5 UF 30/16vorgehend AG Speyer, 25. Januar 2016, Az: 43 F 326/04
Zitierte Gesetze

Leitsätze

Gemäß § 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG i.V.m. § 575 Abs. 3 Nr. 2 ZPO muss die Begründung der Rechtsbeschwerde im Fall des § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Darlegungen zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO enthalten. Der Beschwerdeführer muss den Zulassungsgrund bzw. die Zulassungsvoraussetzungen nicht nur benennen, sondern auch zu den jeweiligen Voraussetzungen substantiiert vortragen (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 25. Juli 2012, XII ZB 170/11, FamRZ 2012, 1561).

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 5. Zivilsenats als Familiensenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 17. März 2017 wird auf Kosten des Antragstellers verworfen.

Wert: 82.921 €

Gründe

I.

1

Der Antragsteller wendet sich gegen die Verwerfung seiner Beschwerde gegen einen Beschluss, mit dem das Amtsgericht die Scheidung und die Abtrennung der Folgesachen Versorgungsausgleich und Güterrecht ausgesprochen hat.

2

Der Antragsteller hat beantragt, die am 3. Juni 1983 zwischen den Beteiligten geschlossene Ehe zu scheiden und die Folgesachen Versorgungsausgleich und Güterrecht abzutrennen. Nachdem die Antragsgegnerin diesen Anträgen zugestimmt hatte, hat das Amtsgericht antragsgemäß entschieden. Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde des Antragstellers verworfen. Hiergegen wendet er sich mit seiner Rechtsbeschwerde.

II.

3

Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG, §§ 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Sie ist jedoch nach § 574 Abs. 2 ZPO unzulässig und deshalb zu verwerfen.

4

1. Das Oberlandesgericht hat seine Entscheidung damit begründet, dass der Antragsteller nicht beschwerdeberechtigt sei. Eine formelle Beschwer sei nicht gegeben, weil das Amtsgericht seinem Antrag entsprochen habe. Trotz fehlender formeller Beschwer komme eine Beschwerdeberechtigung beim Vorliegen einer materiellen Beschwer in Betracht. Eine solche sei jedoch weder dargetan noch anderweitig ersichtlich. In Ehesachen fehle für die Verfolgung eines Rechtsmittels insbesondere das Rechtsschutzbedürfnis, wenn der Rechtsmittelführer durch die anzufechtende Entscheidung nicht beschwert sei, weil seinem Rechtsbegehren insoweit in vollem Umfang entsprochen worden sei. Ausnahmen von diesem Grundsatz habe die Rechtsprechung im Interesse der Aufrechterhaltung der Ehe jedoch zugelassen, wenn das Rechtsmittel eingelegt werde, um von dem Scheidungsverlangen Abstand zu nehmen und den Fortbestand der Ehe zu erreichen. Ein Antragsteller, auf dessen Antrag hin die Scheidung ausgesprochen worden sei, könne daher mit seiner Beschwerde auf den Scheidungsantrag verzichten oder ihn zurücknehmen. Die Beschwerde sei jedoch unzulässig, wenn der Beschwerdeführer in der Beschwerdebegründung nicht deutlich erkennen lasse, dass die Ehe aufrechterhalten werden solle, und vorbehaltlos die Rücknahme seines Scheidungsantrags erkläre oder einen Verzicht ankündige. Ein solches lasse sich dem Beschwerdevorbringen des Antragstellers nicht entnehmen.

5

2. Diese Ausführungen stehen im Einklang mit der Senatsrechtsprechung. Die von der Rechtsbeschwerde aufgeworfene Frage, ob der – die Scheidung beantragende – Antragsteller durch die Scheidung materiell beschwert ist, vermag eine Zulässigkeitsvoraussetzung nach § 574 Abs. 2 ZPO nicht zu begründen.

6

a) Gemäß § 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG i.V.m. § 575 Abs. 3 Nr. 2 ZPO muss die Begründung der Rechtsbeschwerde im Fall des § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, also wenn die Rechtsbeschwerde – wie hier – aufgrund ausdrücklicher gesetzlicher Bestimmung statthaft ist, eine Darlegung zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO enthalten. Danach ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert. Der Beschwerdeführer muss den Zulassungsgrund bzw. die Zulassungsvoraussetzungen nicht nur benennen, sondern auch zu den jeweiligen Voraussetzungen substantiiert vortragen (Senatsbeschluss vom 25. Juli 2012 - XII ZB 170/11 - FamRZ 2012, 1561 Rn. 8 f. mwN).

7

b) Gemessen hieran ist die Rechtsbeschwerde unzulässig.

8

aa) Für die Zulässigkeit der Beschwerde kommt es im vorliegenden Fall allein auf die Frage an, ob der Antragsteller trotz Fehlens einer formellen Beschwer beschwerdeberechtigt ist. Das ist nach der Senatsrechtsprechung der Fall, wenn der Rechtsmittelführer das Ziel der Aufrechterhaltung der Ehe eindeutig und vorbehaltlos – entweder durch Rücknahme des Scheidungsantrags oder Ankündigung eines Verzichts – verfolgt (Senatsurteile vom 26. November 1986 - IVb ZR 92/85 - FamRZ 1987, 264, 265 und vom 26. Juni 2013 - XII ZR 133/11 - FamRZ 2013, 1366 Rn. 11; s. auch Keidel/Weber FamFG 19. Aufl. § 117 Rn. 9).

9

Die Rechtsbeschwerde hat schon keinen Zulassungsgrund benannt; sie hält die – im Einklang mit der Senatsrechtsprechung stehende – Begründung des Oberlandesgerichts lediglich für unrichtig. Die Rechtsbeschwerde hat sich nicht mit der vorstehenden Rechtsprechung auseinandergesetzt. Sie hat vor allem nicht dargelegt, dass trotz dieser gefestigten Rechtsprechung eine Zulässigkeitsvoraussetzung i.S.d. § 574 Abs. 2 ZPO vorliege. Sie hat auch nicht aufgezeigt, dass etwa die noch zum früheren Recht ergangene Senatsrechtsprechung nach Inkrafttreten des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, hier §§ 113 Abs. 1 Satz 1, 59 FamFG, keine Geltung mehr beansprucht.

10

bb) Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen (§ 74 Abs. 7 FamFG).

Dose     

      

Schilling     

      

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Botur     

      

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