Entscheidungsdatum: 26.04.2017
Verbindet der Betroffene seine Beschwerde gegen die Betreuerbestellung mit der Erklärung, dass er sich ausschließlich eine Zusammenarbeit mit einem bestimmten, nicht jedoch mit einem anderen Betreuer vorstellen könne, ist die Beschwerde nicht wirksam auf die Betreuerauswahl beschränkt (Fortführung von Senatsbeschluss vom 3. Februar 2016, XII ZB 493/15, FamRZ 2016, 626).
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Rostock vom 26. Oktober 2016 wird zurückgewiesen.
Das Verfahren der Rechtsbeschwerde ist gerichtskostenfrei.
Wert: 5.000 €
I.
Für den Betroffenen war 2012 eine Betreuung eingerichtet worden und zunächst Herr M. J. als Berufsbetreuer bestellt. Nachdem er Jahresberichte und Rechnungslegungen nicht fristgerecht bei Gericht eingereicht hatte, entließ das Amtsgericht den Betreuer M. J. wegen fehlender Eignung und bestellte den Beteiligten zu 2 als neuen Berufsbetreuer. Die dagegen vom Betroffenen eingelegte Beschwerde wies das Landgericht zurück.
Nach Ablauf der Überprüfungsfrist für die Betreuung hat das Amtsgericht ein Gutachten über die weitere Notwendigkeit der Betreuung eingeholt. Aufgrund festgestellter Diagnose einer Störung des Sozialverhaltens und der Emotionen des Betroffenen sowie des Verdachts auf leichte Intelligenzminderung mit geringfügiger Verhaltensstörung hat die Gutachterin eine Fortsetzung der Betreuung als dringend notwendig bezeichnet.
Dem Gutachten folgend hat das Amtsgericht die Betreuung um drei Jahre verlängert, und zwar mit dem (neu festgelegten) Aufgabenkreis der Gesundheitsfürsorge, Vermögenssorge sowie der Vertretung vor Ämtern und Behörden, Körperschaften, Gerichten und Dritten einschließlich Antragstellungen und Geltendmachung von Ansprüchen. Im Anschluss daran hat der Betreuer mitgeteilt, dass er keinen Kontakt zu dem Betroffenen habe und dieser offensichtlich auf ausreichende andere Hilfen zurückgreifen könne.
Der Betroffene hat gegen den Verlängerungsbeschluss Beschwerde eingelegt, mit der er vorgebracht hat, dass er sich nicht an den aktuellen Betreuer gewöhnen könne, sondern weiterhin mit dem früheren Betreuer M. J. zusammenarbeiten wolle, der ihn auch aktuell weiterhin unterstütze. Die Vermögenssorge könne er allein regeln. Im Wege der Teilabhilfe hat das Amtsgericht den Aufgabenkreis der Betreuung hinsichtlich der Vermögenssorge auf die Abwehr einer Forderung der AOK in Höhe von ca. 11.500 € eingeschränkt. Das Landgericht hat die Betreuung insgesamt aufgehoben. Hiergegen wendet sich der Betroffene mit der Rechtsbeschwerde.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
1. Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, die Voraussetzungen für eine Betreuung seien "ganz offensichtlich" weggefallen. Die Betreuung gehe in der derzeitigen Form ins Leere, da der Betroffene bewusst keinen Kontakt zum Betreuer halte. Er könne soziale und beratende Hilfen des Gesundheitsamts sowie verschiedener Vereine in Anspruch nehmen. Dies gelte auch für die gegen den Betroffenen geltend gemachten Ansprüche der AOK. In dem vorliegenden Beschwerdeverfahren habe er gezeigt, dass er ohne Weiteres die Hilfen einer Rechtsanwältin in Anspruch nehmen könne. Auf einen Betreuer sei er hierbei offenkundig auch nicht angewiesen. Einen Betreuer, der bei der Prüfung der Ansprüche seinerseits einen Rechtsanwalt beauftragen müsse, brauche der Betroffene ohnehin nicht.
Insgesamt gebe es keine Veranlassung, gegen den geäußerten natürlichen Willen des Betroffenen die Betreuung in der derzeitigen Form aufrecht zu erhalten. Vielmehr sei schon wegen § 1896 Abs. 1a BGB der freie Wille des Betroffenen vorrangig zu beachten.
2. Dies hält einer rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
a) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde verstößt der angefochtene Beschluss nicht gegen das verfahrensrechtliche Verschlechterungsverbot. Das Beschwerdegericht tritt nämlich in vollem Umfang an die Stelle des Erstgerichts (§ 68 Abs. 3 FamFG) und entscheidet unter Berücksichtigung des Sach- und Streitstands zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung über die Sache neu.
aa) Dabei ist zwar die Entscheidungskompetenz des Beschwerdegerichts durch den Beschwerdegegenstand begrenzt; das Beschwerdegericht darf nur insoweit über eine Angelegenheit entscheiden, als sie in der Beschwerdeinstanz angefallen ist. Aus diesem Grund ist eine Erweiterung des Aufgabenkreises im Beschwerdeverfahren von vornherein wegen des Verschlechterungsverbots unzulässig, wenn allein der Betroffene gegen die Betreuerbestellung Beschwerde eingelegt hat (Senatsbeschluss vom 11. Dezember 2013 - XII ZB 280/11 - FamRZ 2014, 378 Rn. 9 f. mwN).
Ebenso verhält es sich, wenn das Betreuungsgericht auf einen Aufhebungsantrag des Betroffenen den Aufgabenkreis des Betreuers oder auch den Umfang des Einwilligungsvorbehalts einschränkt und nur der Betroffene mit dem Ziel Beschwerde einlegt, eine Aufhebung auch im Übrigen zu erreichen. In diesem Fall erwächst die erstgerichtliche Entscheidung mit Ablauf der Rechtsmittelfrist in formeller Rechtskraft, soweit durch sie die Betreuung oder der Einwilligungsvorbehalt in Wegfall kommt, so dass die Betreuung in diesem Umfang nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens wird und es dem Beschwerdegericht insoweit an der Entscheidungskompetenz fehlt (Senatsbeschluss vom 3. Dezember 2014 - XII ZB 355/14 - FamRZ 2015, 486 Rn. 25).
Schließlich kann die Beschwerde gegen einen Beschluss, mit dem eine Betreuung errichtet wird, wirksam auf die Betreuerauswahl beschränkt werden. Das Beschwerdegericht hat dann nicht über die Rechtmäßigkeit der Betreuungsanordnung zu befinden (Senatsbeschluss vom 3. Februar 2016 - XII ZB 493/15 - FamRZ 2016, 626 Rn. 9 mwN).
bb) Anders liegt der Fall hingegen, wenn der Betroffene seine Beschwerde gegen den Beschluss über die Verlängerung der Betreuung - wie hier - mit der Erklärung verbunden hat, dass er sich ausschließlich eine Zusammenarbeit mit einem bestimmten, nicht jedoch mit einem anderen Betreuer vorstellen könne. Denn mit einer solchen Erklärung wird die Beschwerde nicht wirksam auf die Betreuerauswahl beschränkt.
b) Auch in der Sache bleibt die Rechtsbeschwerde ohne Erfolg.
Eine bestehende Betreuung ist aufzuheben, wenn ein Betroffener, der in der Lage ist, seinen Willen frei zu bestimmen, zwar grundsätzlich mit der Fortführung einer für ihn eingerichteten Betreuung einverstanden ist, dies aber mit der Bedingung verknüpft, dass eine Person zum Betreuer bestellt wird, die aus Sicht des Betreuungsgerichts für die Übernahme des Betreueramts ungeeignet ist. In diesem Fall widerspräche die Fortführung der Betreuung mit einem anderen als dem gewünschten Betreuer dem freien Willen des Betroffenen. Die Entscheidung des Betroffenen muss auch dann respektiert werden, wenn die Fortführung der bestehenden Betreuung für den Betroffenen objektiv vorteilhaft wäre. Deshalb ist in diesem Fall auch bei bestehender Betreuungsbedürftigkeit des Betroffenen und fortbestehendem Betreuungsbedarf die Betreuung gemäß § 1908 d Abs. 1 BGB aufzuheben (Senatsbeschluss vom 7. Dezember 2016 - XII ZB 346/16 - FamRZ 2017, 473 Rn. 8 mwN).
Dass die Annahme eines freien Willens des Betroffenen nicht auf tragfähigen Feststellungen beruhe (§ 26 FamFG), wird von der Rechtsbeschwerde nicht gerügt.
Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 74 Abs. 7 FamFG abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.
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