Entscheidungsdatum: 11.09.2013
Wird in einem Verfahren auf Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung die Beschwerde eines Beteiligten als unzulässig verworfen, kann auch durch die Zulassung der Rechtsbeschwerde keine dritte Instanz eröffnet werden.
Der Antrag des Antragsgegners auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe wird abgelehnt.
I.
In einer Gewaltschutzsache erließ das Amtsgericht am 29. August 2011 eine längstens bis zum 28. Februar 2012 befristete einstweilige Anordnung, mit der es dem Antragsgegner untersagt wurde, sich der Antragstellerin auf bestimmte Weise zu nähern; die dagegen gerichtete Beschwerde des Antragsgegners wies das Oberlandesgericht durch Beschluss vom 25. Januar 2012 zurück. Auf Antrag des Antragsgegners ordnete das Amtsgericht am 13. März 2012 an, dass die Antragstellerin binnen einer Frist von vier Wochen das Hauptsacheverfahren einzuleiten oder um Verfahrenskostenhilfe für das Hauptsacheverfahren nachzusuchen habe.
Am 10. September 2012 hat der Antragsgegner beantragt, die Gewaltschutzanordnung aufzuheben und der Antragstellerin die Kosten des Anordnungs- und des Aufhebungsverfahrens aufzuerlegen, weil die Antragstellerin das Hauptsacheverfahren nicht innerhalb der vom Gericht bestimmten Frist eingeleitet habe. Das Amtsgericht hat diesen Antrag zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete Beschwerde des Antragsgegners hat das Oberlandesgericht wegen Unstatthaftigkeit des Rechtsmittels als unzulässig verworfen und zur Begründung ausgeführt, dass das zuständige Amtsgericht - wie es auch im vorliegenden Fall geschehen sei - über Anträge nach § 52 Abs. 2 Satz 3 FamFG ohne mündliche Erörterung entscheide und sich die Unanfechtbarkeit seiner Entscheidung daher aus § 57 Satz 1 FamFG ergebe.
Der Antragsgegner beantragt Verfahrenskostenhilfe für die Durchführung der vom Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.
II.
Die für die Durchführung des Rechtsbeschwerdeverfahrens beantragte Verfahrenskostenhilfe ist nicht zu bewilligen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung des Antragsgegners mangels Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 76 Abs. 1 FamFG iVm § 114 ZPO) bietet.
1. In Familiensachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit findet nach § 70 Abs. 4 FamFG gegen einen Beschluss im Verfahren über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung die Rechtsbeschwerde nicht statt.
a) Dieser Ausschluss ist - wie der Wortlaut von § 70 Abs. 4 FamFG verdeutlicht - umfassend. Die Vorschrift begrenzt den Instanzenzug bezüglich sämtlicher Entscheidungen, welche die - mit dem "Hauptsacheverfahren" nach § 52 FamFG nicht zu verwechselnde - Hauptsache im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes betreffen (Prütting/Helms/Abramenko FamFG 2. Aufl. § 70 Rn. 19). Zur Hauptsache des Eilverfahrens gehören insbesondere Kostenentscheidungen (KG FamRZ 2011, 576) und die gemäß § 62 FamFG nach Erledigung der einstweiligen Maßnahme zu treffenden Entscheidungen (BGH Beschluss vom 3. Februar 2011 - V ZB 128/10 - FGPrax 2011, 148 Rn. 8).
b) Nur hinsichtlich solcher, von der Hauptsache des Eilverfahrens gelösten Neben- und Zwischenentscheidungen, die kraft besonderer spezialgesetzlicher Regelung angefochten werden können, steht § 70 Abs. 4 FamFG einer Anrufung der Rechtsbeschwerdeinstanz nicht entgegen. Dies ist etwa bei Entscheidungen über die Verfahrenskostenhilfe (Senatsbeschluss vom 18. Mai 2011 - XII ZB 265/10 - FamRZ 2011, 1138 Rn. 7) oder über die Zulässigkeit des Rechtsweges (vgl. BGH Beschluss vom 9. November 2006 - I ZB 28/06 - NJW 2007, 1819) der Fall.
c) Wird die Beschwerde gegen eine Entscheidung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes - wie hier - als unzulässig verworfen, betrifft dies die Anfechtbarkeit der einstweiligen Maßnahme in der Hauptsache; daher schließt § 70 Abs. 4 FamFG eine Rechtsbeschwerde in diesen Fällen aus (Unger in Schulte-Bunert/Weinreich FamFG 4. Aufl. § 70 Rn. 31). Damit steht es in Einklang, dass in den Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nach der Zivilprozessordnung gegen die Verwerfung eines Rechtsmittels durch das Berufungs- oder Beschwerdegericht wegen §§ 574 Abs. 1 Satz 2, 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO weder die Revision noch die Rechtsbeschwerde eröffnet ist (vgl. BGH Beschlüsse vom 15. Januar 2009 - V ZB 130/08 - WuM 2009, 145 Rn. 4 und vom 10. Oktober 2002 - VII ZB 11/02 - NJW 2003, 69). Die Regelungen der §§ 574 Abs. 1 Satz 2, 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO sollten in § 70 Abs. 4 FamFG ihre inhaltliche Entsprechung finden (BT-Drucks. 16/6308, S. 209).
2. An der Begrenzung des Instanzenzuges durch § 70 Abs. 4 FamFG ändert auch die Zulassung der Rechtsbeschwerde durch das Beschwerdegericht nichts. § 70 Abs. 1 FamFG bindet das Gericht der Rechtsbeschwerde zwar an die Beurteilung des Beschwerdegerichts zum Vorliegen von Zulassungsgründen; diese Vorschrift vermag allerdings den gesetzlichen Instanzenzug nicht zu erweitern. Daher kann das Beschwerdegericht in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes auch durch die (irrtümliche) Zulassung der Rechtsbeschwerde die nach dem Gesetz ausgeschlossene Anrufung der dritten Instanz nicht ermöglichen (Keidel/Meyer-Holz FamFG 17. Aufl. § 70 Rn. 48; Prütting/Helms/Abramenko FamFG 2. Aufl. § 70 Rn. 19; Borth/Grandel in Musielak/Borth FamFG 4. Aufl. § 70 Rn. 7; Unger in Schulte-Bunert/Weinreich FamFG 4. Aufl. § 70 Rn. 31; vgl. auch Senatsbeschluss vom 23. Mai 2012 - XII ZB 417/11 - FamRZ 2012, 1204 Rn. 4).
3. Die Rechtsbeschwerde ist daher - unabhängig von der durch das Beschwerdegericht für klärungsbedürftig gehaltenen Rechtsfrage nach der allgemeinen Unanfechtbarkeit von Aufhebungsentscheidungen gemäß § 52 Abs. 2 FamFG - in jedem Falle unzulässig. Kann sich indessen die zulassungsrelevante Rechtsfrage nicht entscheidungserheblich auswirken, gebietet es auch das Prinzip der Rechtsschutzgleichheit (Art. 3 Abs. 1 GG iVm Art. 20 Abs. 3 GG) nicht, einem unbemittelten Beteiligten zur Durchführung einer zugelassenen, aber aussichtslosen Rechtsbeschwerde Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen.
Klinkhammer Weber-Monecke Günter
Botur Guhling