Entscheidungsdatum: 20.02.2018
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 13. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Hamburg vom 27. Januar 2016 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht die Berufung der Klägerin unter dem Gesichtspunkt einer unzureichenden Aufklärung über den anfänglichen negativen Marktwert zurückgewiesen hat.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Die Klägerin nimmt die beklagte Bank wegen fehlerhafter Beratung im Zusammenhang mit dem Abschluss von Zinssatz-Swap-Verträgen auf Schadensersatz in Anspruch.
Die Klägerin, ein auf den An- und Verkauf und die Projektentwicklung von Wohnimmobilien spezialisiertes Unternehmen, nahm bei der Beklagten zahlreiche Darlehen in Anspruch. Am 4. März 2004 schlossen die Parteien einen Rahmenvertrag für Finanztermingeschäfte (nachfolgend: Rahmenvertrag).
Auf dieser Grundlage einigten sich die Parteien am 13. April 2004 auf einen "EUR-Bonuszinssatzswap" mit einer Laufzeit vom 15. April 2004 bis zum 15. April 2014. Die Beklagte verpflichtete sich zur Zahlung von Zinsen in Höhe des 6-Monats-Euribor auf den Bezugsbetrag von 5 Millionen €. Die Klägerin übernahm für den Fall, dass der 6-Monats-Euribor gleich oder oberhalb der Marke von 4,35% oder gleich oder unterhalb der Marke von 1,9% liegt, die Verpflichtung, auf denselben Bezugsbetrag Zinsen in Höhe von 5% p.a. an die Beklagte zu zahlen. Falls der 6-Monats-Euribor unterhalb der Marke von 4,35% und oberhalb der Marke von 1,9% festgestellt wird, berechneten sich die von der Klägerin zu zahlenden Zinsen nach der Formel "5,00% abzgl. (4,35% abzgl. 6-Monats-Euribor)". Die Zinszahlungen waren jeweils am 15. April und 15. Oktober eines jeden Jahres fällig.
Außerdem schlossen die Parteien am 18. Juli 2005 unter der Bezeichnung "Dualer Nullprämien Cap" einen weiteren Swap-Vertrag mit einer Laufzeit vom 31. März 2006 bis zum 28. März 2013. Danach schuldete die Beklagte der Klägerin jeweils am letzten Bankarbeitstag der Monate März, Juni, September und Dezember auf den Bezugsbetrag von 7 Millionen € Zinszahlungen in Höhe des 3-Monats-Euribor. Die Klägerin verpflichtete sich, an denselben Tagen an die Beklagte den "Dualen Nullprämienbetrag" zu zahlen, der sich aus der Addition des "EUR-Zinsbetrags" (= 3-Monats-Euribor abzüglich 0,75%, maximal 2,25% p.a.) und des "konvertierten CHF-Zinsbetrags" (= 3 Monats-CHF-LIBOR, maximal 2,0% p.a.) bezogen auf den Betrag von 7 Millionen € und 10.927.000 CHF errechnete.
Ebenfalls am 18. Juli 2005 vereinbarten die Parteien den "Bonuszinssatzswap mit EUR-CHF Kursschwelle", der vom 30. September 2005 bis zum 31. März 2015 lief. In diesem Vertrag verpflichtete sich die Beklagte, aus dem Bezugsbetrag von 11 Millionen € jeweils am 31. März, 30. Juni, 30. September und 31. Dezember Zinsen in Höhe des 3-Monats-Euribor zu zahlen. Zudem hatte die Beklagte für den Fall, dass sowohl die obere Zinsschwelle (3-Monats-Euribor unterhalb von 3,5%) als auch die untere Zinsschwelle (3-Monats-Euribor oberhalb von 2,0%) und außerdem die Kursschwelle (EUR-CHF Kassakurs oberhalb von 1,4350 CHF/EUR) erreicht sind, zusätzlich noch den sog. "Euribor-Partizipationsbetrag" zu zahlen, der sich nach der Formel "1,5 x (3,5% p.a. abzüglich 3-Monats-Euribor)" aus der Bezugssumme errechnete. Die Klägerin hingegen schuldete aus demselben Bezugsbetrag zu diesen Terminen Zinszahlungen in Höhe des Festzinssatzes von 4,85% p.a.
Bei allen drei Zinssatz-Swap-Verträgen war der Marktwert bei Abschluss aus Sicht der Klägerin negativ.
Bis zum 5. September 2013 erbrachte die Klägerin auf den "EUR-Bonuszinssatzswap" Zahlungen in Höhe von 889.241,23 € und auf den "Bonuszinssatzswap EUR-CHF Kursschwelle" Zahlungen in Höhe von 1.806.352,72 €. Aus dem "Dualen Nullprämien Cap" erzielte die Klägerin hingegen per Saldo einen Gewinn in Höhe von 242.583,23 €.
Die im September 2013 anhängig gemachte Klage auf Zahlung von 2.453.010,72 € nebst Rechtshängigkeitszinsen und auf Feststellung, dass der Beklagten aus dem "EUR-Bonuszinssatzswap" und dem "Bonuszinssatzswap EUR-CHF Kursschwelle" keine weiteren Rechte mehr zustehen, sowie auf Freistellung von Rechtsanwaltsgebühren hat das Landgericht abgewiesen. Die Berufung der Klägerin, mit der sie klageerweiternd auch noch die Rückzahlung weiterer auf den "EUR-Bonuszinssatzswap" und den "Bonuszinssatzswap EUR-CHF Kursschwelle" erbrachter Leistungen in Höhe von 751.039,77 € nebst Rechtshängigkeitszinsen verlangt hat, hat das Berufungsgericht zurückgewiesen.
Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre zuletzt in der Berufungsinstanz gestellten Anträge unter dem Gesichtspunkt einer unzureichenden Aufklärung über den anfänglichen negativen Marktwert weiter.
Die Revision ist begründet. Sie führt in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung - soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung - im Wesentlichen ausgeführt:
Die jedenfalls aufgrund des Rahmenvertrags geschuldete Beratung sei anleger- und anlagegerecht erfolgt. Eine Aufklärung über den anfänglichen negativen Marktwert habe die Beklagte nicht geschuldet, weil alle drei Zinssatz-Swap-Verträge einen hinreichenden Bezug zu konnexen Grundgeschäften, nämlich den Immobilienfinanzierungen, aufgewiesen hätten. Zwar könne keiner der drei Zinssatz-Swap-Verträge gewissermaßen "1:1" einem Darlehensgeschäft in dem Sinne zugeordnet werden, dass tatsächlich synthetische Festzinsdarlehen entstanden wären. Die Laufzeiten der Swap-Verträge und der Kreditverträge fielen weit auseinander. Die Gesamtrestvaluta der Darlehensverträge und die Bezugsbeträge der Swap-Verträge stimmten ebenfalls nicht überein. Gleichwohl bestehe noch eine hinreichende Beziehung. Durch die drei Zinssatz-Swap-Verträge sei das Zinsänderungsrisiko der Darlehen begrenzt worden, indem für ihre gesamte Laufzeit der von der Klägerin zu zahlende Höchstzins bezogen auf die Bezugssummen endgültig festgelegt worden sei. Bis Ende März 2008 habe das Obligo der Klägerin aus den Darlehensverträgen insgesamt noch deutlich über den kumulierten Bezugsbeträgen der Zinssatz-Swap-Verträge gelegen. Der Umstand, dass die Höhe der Verbindlichkeiten später unter die Summe der Bezugsbeträge gesunken sei, stehe der Konnexität bei Vertragsabschluss nicht entgegen.
II.
Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
Rechtsfehlerhaft ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, die Beklagte sei wegen einer konnexen Verknüpfung der Zinssatz-Swap-Verträge mit Darlehen als Grundgeschäften nicht verpflichtet gewesen, über das Einpreisen eines anfänglichen negativen Marktwerts aufzuklären.
1. Auch wenn das Einpreisen einer Bruttomarge in ein Swap-Geschäft kein Umstand ist, über den die beratende Bank im Rahmen der objektgerechten Beratung informieren müsste (Senatsurteile vom 20. Januar 2015 - XI ZR 316/13, WM 2015, 575 Rn. 33 ff., vom 28. April 2015 - XI ZR 378/13, BGHZ 205, 117 Rn. 31 f. und vom 22. März 2016 - XI ZR 425/14, WM 2016, 821 Rn. 23), hat sie unter dem Gesichtspunkt eines schwerwiegenden Interessenkonflikts bei Swap-Verträgen im Zweipersonen-Verhältnis - und damit unabhängig von deren konkreten Bedingungen - die Pflicht, über die Einpreisung eines anfänglichen negativen Marktwerts, d.h. der den Nettogewinn und die Kosten der Bank umfassenden Bruttomarge, sowie über dessen Höhe aufzuklären, es sei denn der Swap-Vertrag dient nur dazu, die Konditionen eines konnexen Kreditverhältnisses abzuändern (Senatsurteile vom 28. April 2015 aaO Rn. 39 ff., vom 22. März 2016 aaO Rn. 24, 27, vom 25. Oktober 2016 - XI ZR 292/14, juris Rn. 13 und vom 7. Februar 2017 - XI ZR 379/14, juris Rn. 10).
2. Hier war die Verpflichtung der Beklagten zur Aufklärung über das Einpreisen eines anfänglichen negativen Marktwerts betreffend den "EUR-Bonuszinssatzswap" und den "Bonuszinssatzswap EUR-CHF Kursschwelle" - nur auf diese beiden Verträge erstrecken sich die Zahlungsanträge sowie der Feststellungs- und Freistellungsantrag - nicht wegen Bestehens eines konnexen Gegengeschäfts entfallen. Aus den Feststellungen des Berufungsgerichts ergibt sich, dass die der Klägerin von der Beklagten gewährten Darlehen mit diesen beiden Zinssatz-Swap-Verträgen gemäß den Grundsätzen, die der Senat nach Erlass des Berufungsurteils mit Urteil vom 22. März 2016 (XI ZR 425/14, WM 2016, 821 Rn. 28) aufgestellt hat, nicht konnex verknüpft waren.
III.
Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen - zumindest teilweise - als richtig dar (§ 561 ZPO).
1. Die Klägerin macht mit dem Zahlungsantrag in Höhe von 2.453.010,72 € nur einen Teilbetrag der bis zum 5. September 2013 auf den "EUR-Bonuszinssatzswap" und den "Bonuszinssatzswap mit EUR-CHF Kursschwelle" erbrachten Zahlungen (insgesamt: 2.695.593,95 €) geltend, weil sie den aus dem "Dualen Nullprämien Cap" erzielten Gewinn (242.583,23 €) in Abzug bringt. Sie gibt aber nicht an, wie sich der eingeklagte Betrag auf die einzelnen Schadensersatzansprüche wegen fehlerhafter Anlageberatung vor Abschluss des "EUR-Bonuszinssatzswap" am 13. April 2004 und vor Abschluss des "Bonuszinssatzswap mit EUR-CHF Kursschwelle" am 18. Juli 2005 - zwei selbständige prozessuale Ansprüche - verteilen soll und in welcher Reihenfolge die Ansprüche zur Entscheidung des Gerichts gestellt werden, so dass die Klage mangels Individualisierung des Streitgegenstands insoweit unzulässig ist (vgl. BGH, Beschluss vom 24. März 2011 - I ZR 108/09, BGHZ 189, 56 Rn. 9; BGH, Urteile vom 9. Januar 2013 - VIII ZR 94/12, NJW 2013, 1367 Rn. 13 und vom 6. Mai 2014 - II ZR 217/13, WM 2014, 1544 Rn. 13, jeweils mwN). Auf diesen Umstand ist die Klägerin jedoch noch nicht hingewiesen worden, so dass ihr Gelegenheit gegeben werden muss, dies nach Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht nachzuholen.
2. Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts kann ein Schadensersatzanspruch der Klägerin wegen einer unzureichenden Information über den anfänglichen negativen Marktwert des "EUR-Bonuszinssatzswap" und des "Bonuszinssatzswap EUR-CHF Kursschwelle" zwar nicht aus einer Verletzung von Pflichten aus dem Rahmenvertrag resultieren (vgl. Senatsurteil vom 28. April 2015 - XI ZR 378/13, BGHZ 205, 117 Rn. 25 ff.). Allerdings ist nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht ausgeschlossen, dass zwischen den Parteien hinsichtlich dieser beiden Zinssatz-Swap-Verträge Einzelberatungsverträge zustande gekommen sind. Denn in den Fällen, in denen der Kunde an die Bank oder die Bank an den Kunden herantritt, um über den Abschluss von Swap-Verträgen beraten zu werden bzw. zu beraten, wird das darin liegende Angebot zum Abschluss eines Beratungsvertrags stillschweigend durch die Aufnahme des Beratungsgesprächs angenommen (st. Rspr.; vgl. Senatsurteile vom 6. Juli 1993 - XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126, 128, vom 28. April 2015 aaO Rn. 23 und vom 22. März 2016 - XI ZR 425/14, WM 2016, 821 Rn. 21). Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts wurden vor Abschluss der jeweiligen Verträge diese der Klägerin durch Mitarbeiter der Beklagten anhand von Präsentationen vorgestellt. Die Klägerin hat in diesem Zusammenhang geltend gemacht, die Zinssatz-Swap-Verträge seien ihr durch die Beklagte als Mittel der Zinsoptimierung angeboten worden.
3. Aus den Feststellungen des Berufungsgerichts ergibt sich, dass der "EUR-Bonuszinssatzswap" und der "Bonuszinssatzswap mit EUR-CHF Kursschwelle" zum Abschlusszeitpunkt einen aus Sicht der Klägerin anfänglichen negativen Marktwert hatten. Die Klägerin hat eine Pflichtverletzung schlüssig dargelegt, indem sie behauptet hat, hierauf nicht hingewiesen worden zu sein (vgl. Senatsurteil vom 22. März 2016 - XI ZR 93/15, WM 2016, 827 Rn. 17; Senatsbeschlüsse vom 20. Oktober 2015 - XI ZR 532/14, WM 2015, 2279 Rn. 16 f. und vom 15. März 2016 - XI ZR 208/15, juris Rn. 16 f.).
4. Ein das Verschulden der Beklagten ausschließender unvermeidbarer Rechtsirrtum kommt nicht in Betracht (vgl. Senatsurteile vom 22. März 2011 - XI ZR 33/10, BGHZ 189, 13 Rn. 39, vom 28. April 2015 - XI ZR 378/13, BGHZ 205, 117 Rn. 73 und vom 12. Juli 2016 - XI ZR 150/15, BKR 2016, 482 Rn. 19).
5. Der Senat kann auch nicht abschließend beurteilen, ob Ansprüche der Klägerin wegen einer unzureichenden Unterrichtung über das Einpreisen eines anfänglichen negativen Marktwerts verjährt sind. Die Klägerin hat geltend gemacht, die Beklagte habe diese Pflichtverletzung vorsätzlich begangen. Das Berufungsgericht hat hierzu - von seinem Rechtsstandpunkt folgerichtig - keine Feststellungen getroffen.
IV.
Das Berufungsurteil ist deshalb in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf die Ausführungen in seinen Urteilen vom 28. April 2015 (XI ZR 378/13, BGHZ 205, 117 Rn. 44, 79 ff.), vom 22. März 2016 (XI ZR 425/14, WM 2016, 821 Rn. 34 f., 54) und vom 12. Juli 2016 (XI ZR 150/15, BKR 2016, 482 Rn. 15 f.) hin.
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