Entscheidungsdatum: 15.05.2018
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 7. Oktober 2016 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Mainz vom 5. Oktober 2015 wird insgesamt zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten der Rechtsmittelverfahren.
Von Rechts wegen
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit des Widerrufs der auf den Abschluss dreier Verbraucherdarlehensverträge gerichteten Willenserklärungen der Kläger.
Die Parteien schlossen am 19. Januar 2006 - die Kläger zur Finanzierung einer Immobilie - einen Darlehensvertrag zur Nummer 001 über 165.000 € und einen Nominalzinssatz von 3,92% p.a. und zwei weitere Darlehensverträge zu den Nummern 002 und 003 über insgesamt 210.000 € und einen Nominalzinssatz von 3,43% p.a. Bei Abschluss der Darlehensverträge belehrte die Beklagte die Kläger von der Revision nicht angegriffen fehlerhaft über das ihnen zukommende Widerrufsrecht.
Die Kläger erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen. Mit Spaltungs- und Übernahmevertrag vom 24. April 2010 übernahm die E. (künftig: EAA) die vertraglichen Rechte und Pflichten aus bestimmten von der Beklagten geschlossenen Darlehensverträgen, zu denen auch die Darlehensverträge mit den Klägern gehörten. Im Mai 2010 teilten mit gesonderten Schreiben sowohl die Beklagte als auch die EAA den Klägern sinngemäß mit, die vertraglichen Rechte und Pflichten der Beklagten aus den Darlehensverträgen mit den Klägern seien von der EAA übernommen worden. Die Beklagte führte weiter aus, für die Kläger ändere sich "[n]icht viel": Ihr Vertrag werde "zu gleichen Bedingungen mit der gleichen Darlehensnummer fortgeführt" und die Bearbeitung erfolge weiterhin durch die Beklagte.
Mit einem an die EAA gerichteten Schreiben ihrer vorinstanzlichen Prozessbevollmächtigten vom 17. Juni 2014 forderten die Kläger unter Hinweis auf die ihrer Ansicht nach fehlerhafte Widerrufsbelehrung und unter ausdrücklichem Vorbehalt des Widerrufs ihrer auf den Abschluss der Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen die EAA zu einer "einvernehmliche[n] Lösung" auf. Die EAA leitete das Schreiben zur Beantwortung an die Beklagte weiter, die eine von den Klägern vorgeschlagene vergleichsweise Lösung mit Schreiben vom 23. September 2014 und vom 20. Oktober 2014 ablehnte.
Die Kläger haben Klage auf Feststellung der Umwandlung der Darlehensverträge in Rückgewährschuldverhältnisse sowie auf Zahlung von 72.691,84 € und Erstattung vorgerichtlich verauslagter Anwaltskosten erhoben und zugleich ihre auf Abschluss der Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen widerrufen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Kläger hat das Berufungsgericht unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen das landgerichtliche Urteil teilweise abgeändert und dem Feststellungsbegehren entsprochen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Zurückweisung der Berufung weiter.
Die Revision der Beklagten hat Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung, im Wesentlichen ausgeführt:
Die Feststellungsklage sei zulässig. Zwar genieße eine Leistungsklage grundsätzlich Vorrang. Bei einer Bank sei indessen davon auszugehen, dass sie auf ein rechtskräftiges Feststellungsurteil leisten werde. Daran ändere auch die gegenteilige Erklärung der Beklagten nichts.
Die Beklagte sei für Ansprüche aus einem Rückgewährschuldverhältnis passivlegitimiert. Eine Anwendung der umwandlungsrechtlichen Nachhaftung scheitere für sich nicht daran, dass der Widerruf erst nach dem Wirksamwerden des Spaltungs- und Übernahmevertrags erklärt worden sei. Ob eine umwandlungsrechtliche Nachhaftung zulasten der Beklagten eingreife, könne aber letztlich dahinstehen. Jedenfalls müsse sich die Beklagte aus Gründen des Rechtsscheins so behandeln lassen, als sei sie weiter Vertragspartnerin der Kläger. Aus dem vorprozessualen Verhalten der Beklagten ergebe sich aus Sicht eines objektiven Dritten, dass sie selbst aus dem Spaltungs- und Übernahmevertrag keine rechtlichen Konsequenzen habe ziehen wollen. Vielmehr habe sie weiter mit den Klägern verhandelt. So habe die Beklagte auf das Schreiben vom 17. Juni 2014 mit den Klägern in Schreiben vom 23. September 2014 und 20. Oktober 2014 korrespondiert, ohne auf ihre Unzuständigkeit für die weitere Abwicklung der Darlehensverträge hinzuweisen. Zumindest das Schreiben vom 20. Oktober 2014 habe weder im Briefkopf noch in der Unterschriftszeile oder der Fußzeile einen Hinweis darauf enthalten, dass die Beklagte gleichsam im Auftrag eines Dritten tätig werde. Aus den Schreiben der EAA und der Beklagten von Mai 2010 ergebe sich nichts anderes. Zwar hätten sowohl die EAA als auch die Beklagte die Kläger in diesen Schreiben darüber informiert, "dass das Darlehen der Kläger auf die EAA übertragen worden sei". Zugleich hätten sie aber auch darauf hingewiesen, dass die "Betreuung" weiterhin durch die Beklagte erfolge. Dementsprechend habe sich die Beklagte auch in der Korrespondenz mit den Klägern verhalten. Die Kläger hätten vor diesem Hintergrund ohne weiteres darauf vertrauen dürfen, mit der "für die weitere Betreuung/Bearbeitung - auch hinsichtlich des von ihnen (erst) mit der Klage ausgeübten Widerrufsrechts - weiterhin zuständigen Vertragspartnerin zu verhandeln".
II.
Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Nachprüfung in wesentlichen Punkten nicht stand.
1. Zu Unrecht ist das Berufungsgericht von der Zulässigkeit der Feststellungsklage ausgegangen. Für den Antrag festzustellen, die Darlehensverträge hätten sich aufgrund des Widerrufs in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt, fehlt, wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils näher ausgeführt hat (Senatsurteile vom 24. Januar 2017 - XI ZR 183/15, WM 2017, 766 Rn. 11 ff., vom 21. Februar 2017 - XI ZR 467/15, WM 2017, 906 Rn. 13 ff., vom 14. März 2017 - XI ZR 442/16, WM 2017, 849 Rn. 19, vom 16. Mai 2017 - XI ZR 586/15, WM 2017, 1258 Rn. 16, vom 4. Juli 2017 - XI ZR 741/16, WM 2017, 1602 Rn. 16 f. und vom 23. Januar 2018 - XI ZR 359/16, WM 2018, 664 Rn. 12), das Feststellungsinteresse.
Die Feststellungsklage ist auch nicht nach den Maßgaben des Senatsurteils vom 24. Januar 2017 (XI ZR 183/15, WM 2017, 766 Rn. 16) ausnahmsweise zulässig. Im konkreten Fall hat das Berufungsgericht ausdrücklich festgestellt, die Beklagte habe angekündigt, auf ein Feststellungsurteil nicht freiwillig leisten zu wollen. Damit steht fest, dass der Rechtsstreit die Meinungsverschiedenheiten der Parteien nicht endgültig bereinigen wird (vgl. Senatsurteile vom 10. Oktober 2017 - XI ZR 456/16, WM 2017, 2254 Rn. 13 und - XI ZR 457/16, WM 2017, 2256 Rn. 21).
2. Außerdem weisen die Erwägungen, mit denen das Berufungsgericht im Falle der wirksamen Ausübung des Widerrufsrechts die Beklagte für die Schuldnerin der aus dem Rückabwicklungsverhältnis resultierenden Ansprüche gehalten hat, revisionsrechtlich erhebliche Rechtsfehler auf.
a) Allerdings kann eine Haftung nach § 242 BGB unter bestimmten Umständen in Betracht kommen, wenn sich der in Anspruch Genommene zunächst auf den geltend gemachten Anspruch einlässt und sich erst später zum Nachteil des Anspruchstellers auf das Fehlen seiner Passivlegitimation beruft. Es handelt sich hierbei um Fälle der Rechtsscheinhaftung als Unterfall widersprüchlichen Verhaltens, in denen der in Anspruch Genommene zurechenbar den Rechtsschein gesetzt hat, Schuldner der behaupteten Forderung zu sein, und der vermeintliche Gläubiger gutgläubig darauf vertraut (Senatsurteil vom 10. Oktober 2017 - XI ZR 443/16, WM 2017, 2248 Rn. 21).
b) Die Voraussetzungen einer Rechtsscheinhaftung hat das Berufungsgericht, was die Revision zu Recht rügt, aber rechtsfehlerhaft hergeleitet.
Zwar kann die Würdigung der konkreten Umstände anhand des § 242 BGB durch das Berufungsgericht vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden, ob sie auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruht, alle erheblichen Gesichtspunkte berücksichtigt und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt oder von einem falschen Wertungsmaßstab ausgeht (vgl. Senatsurteile vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, BGHZ 211, 105 Rn. 18 und - XI ZR 564/15, BGHZ 211, 123 Rn. 43 mwN).
Das Berufungsgericht hat indessen wesentlichen Prozessstoff außer Acht gelassen, indem es das Schreiben des vorinstanzlichen Prozessbevollmächtigten der Kläger vom 17. Juni 2014 nicht in seine Würdigung einbezogen hat. In diesem Schreiben hat sich der vorinstanzliche Prozessbevollmächtigte der Kläger wegen der Widerruflichkeit und Rückabwicklung der Darlehensverträge nicht an die Beklagte, sondern an die EAA gewandt. Er hat - ersichtlich nicht in der Vorstellung befangen, Vertragspartnerin sei weiterhin die Beklagte - gegenüber der EAA, nicht gegenüber der Beklagten ausdrücklich darauf hingewiesen, Gegenstand seiner Mandatierung seien "die zwischen unserer Mandantschaft und Ihrem Haus geschlossenen Darlehensverträge Nr. 001, 002 (und 003) vom 19.1.2006". Dieses Schreiben vom 17. Juni 2014 hat das Berufungsgericht bloß als vorhanden erwähnt, ohne inhaltlich darauf einzugehen und es zu den Schreiben aus dem Jahr 2010 in Beziehung zu setzen.
III.
Das Berufungsurteil stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar. Eine Mithaftung der Beklagten gemäß § 133 Abs. 3 UmwG, die auch für Verpflichtungen aufgrund eines nach Wirksamwerden der Spaltung erklärten Widerrufs gölte (Senatsurteil vom 10. Oktober 2017 - XI ZR 443/16, WM 2017, 2248 Rn. 16), kommt nicht in Betracht. Die Beklagte hat im Rechtsstreit eingewandt, sie hafte nicht neben der EAA für aus dem Rückgewährschuldverhältnis folgende Ansprüche der Kläger, weil ihre Mithaftung nach § 8a Abs. 8 Nr. 5 FMStFG in der Fassung vom 17. Juli 2009 ausgeschlossen sei. Dem sind die Kläger nicht entgegen getreten.
IV.
Da die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO), weist der Senat die Berufung der Kläger - soweit noch nicht geschehen - zurück. Da keine weiteren Feststellungen zu erwarten sind, die eine Rechtsscheinhaftung ergeben könnten, kann der Senat selbst auf die mangelnde Passivlegitimation der Beklagten erkennen und das landgerichtliche Urteil wiederherstellen.
Für den Feststellungsantrag bleibt es damit bei der Abweisung als unbegründet durch das Landgericht (st. Rspr., zuletzt etwa Senatsurteile vom 4. Juli 2017 - XI ZR 741/16, WM 2017, 1602 Rn. 31 und vom 10. Oktober 2017 - XI ZR 457/16, WM 2017, 2256 Rn. 29).
Ellenberger |
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Grüneberg |
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Menges |
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Derstadt |
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