Entscheidungsdatum: 08.05.2018
Auf die Rechtsbeschwerde des Beklagten wird der Beschluss des 5. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 20. Juli 2017 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert beträgt 63.500,60 €.
I.
Die Klägerin, eine Bank, nimmt den Beklagten auf Rückzahlung zweier Darlehen in Anspruch.
Nach Vermittlung oder Beratung durch die Klägerin zeichnete der Beklagte im Jahr 2003 eine Beteiligung am ...fonds 3 in Höhe von 25.000 € und im Jahr 2004 eine Beteiligung am ...fonds 4 in Höhe von 100.000 €. Die Beteiligungen führten zunächst dazu, dass der Beklagte in diesen beiden Jahren weniger Steuern abführen musste. In der Folgezeit ließ sich das Steuerkonzept der beiden Beteiligungen aber nicht verwirklichen, weshalb der Beklagte im Zusammenhang mit den beiden Beteiligungen im Jahr 2007 Steuern in Höhe von 11.072,78 € (für 2003) und 53.070,27 € (für 2004) nachzuzahlen hatte. Um dies zu finanzieren, nahm er bei der Klägerin im Jahr 2007 in nämlicher Höhe die beiden hier streitgegenständlichen Darlehen auf.
Im Jahr 2010 nahm der Beklagte die Klägerin wegen der Verletzung ihr obliegender Aufklärungspflichten auf Schadensersatz in Anspruch. Im Rahmen dieses Rechtsstreits hatte der Beklagte unter anderem den Antrag verfolgt, festzustellen, dass die Klägerin ihn von sämtlichen zukünftigen steuerlichen und wirtschaftlichen Nachteilen freizustellen habe, die mittelbar oder unmittelbar aus den beiden Beteiligungen resultierten, insbesondere was die über den 30. September 2009 hinausgehenden Zinsverpflichtungen aus den beiden streitgegenständlichen Darlehen anbelange. Klarstellend betonte der Beklagte allerdings, als Schaden nur das negative Interesse zu verlangen. Das Verfahren endete mit einem vor dem Berufungsgericht am 27. Januar 2011 geschlossenen Vergleich, aufgrund dessen die Klägerin den Beklagten im Hinblick auf die beiden Beteiligungen Zug um Zug gegen deren Übertragung schadlos zu halten hatte. Nummer 8 des Vergleichs hat folgenden Wortlaut:
"8. Die Parteien sind sich darüber einig, dass ihnen wechselseitig keine Ansprüche mehr aus den Fondsbeteiligungen ... zustehen."
Mit der Klage begehrt die Klägerin die Rückzahlung der beiden im Jahr 2007 gewährten Darlehen in Höhe von noch 10.430,33 € und 53.070,27 € nebst Zinsen. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die dagegen gerichtete Berufung des Beklagten hat das Berufungsgericht nach einem entsprechenden Hinweis nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen und dies im Wesentlichen wie folgt begründet:
Die Berufung sei unzulässig (§ 522 Abs. 1 ZPO). Sie habe zudem gemäß § 522 Abs. 2 ZPO nach einstimmiger Auffassung des Senats offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg.
Die Berufung sei zwar nicht bereits deshalb unzulässig, weil der Beklagte sie ausschließlich mit einer in der ersten Instanz nicht geltend gemachten Primäraufrechnung auf Schadensersatz wegen steuerlicher Nachteile sowohl hinsichtlich der streitgegenständlichen Beteiligungen in Höhe von 26.866,27 € als auch hinsichtlich einer weiteren Beteiligung in Höhe von 24.449,62 € (zusammen 51.315,89 €) begründe und sich seine Berufung insoweit nicht gegen eine in der ersten Instanz geschaffene Beschwer richte. Die erforderliche Beschwer liege in der überschießenden Verurteilung. Aus den beiden Primäraufrechnungen - der Beklagte habe die Aufrechnung als "aus Kostengründen ausdrücklich unbedingt" bezeichnet - werde aber nicht deutlich, hinsichtlich welcher Restforderung es auf eine etwaige Erledigung durch den streitgegenständlichen Vergleich ankommen solle und hinsichtlich welcher Ansprüche die Entscheidung in Rechtskraft erwachse. Die Aufrechnung sei zu unbestimmt. Soweit der Beklagte auf den Hinweisbeschluss ausgeführt habe, die Aufrechnung sei als Hilfsaufrechnung gemeint gewesen, widerspreche dies seiner eigenen Erklärung. Aufgrund dessen sei unerheblich, dass er die begehrte Tilgungsreihenfolge dargelegt habe.
Die Berufung sei auch unbegründet. Die erklärten Aufrechnungen seien gemäß § 533 Nr. 2 ZPO nicht zulässig und darüber hinaus - wie dargelegt - zu unbestimmt. Das Landgericht habe zu den den geltend gemachten Schadensersatzansprüchen zugrundeliegenden Tatsachen keine Feststellungen getroffen (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Im Übrigen seien die Tatsachen neu und in der Berufungsinstanz nicht mehr zu berücksichtigen (§ 529 Abs. 1 Nr. 2 ZPO). Soweit der Beklagte hinsichtlich der streitgegenständlichen Medienfonds zu einem Schaden in erster Instanz vorgetragen habe, sei dies erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung erfolgt und damit gemäß § 296a ZPO verspätet; ein Schriftsatznachlass sei ihm insoweit nicht eingeräumt worden, so dass eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nicht veranlasst gewesen sei. Ein Grund für die Zulassung des neuen Vortrags im Sinne des § 531 Abs. 2 ZPO sei weder dargetan noch ersichtlich.
Im Hinblick auf den noch verbleibenden Restbetrag von 12.184,71 € habe das Landgericht mit zutreffenden Gründen angenommen, dass die beiden Darlehensforderungen der Klägerin von der Abgeltungsklausel der Nummer 8 des Vergleichs nicht erfasst würden. Dies ergebe sich bereits aus dem Wortlaut des Vergleichs, weil Nummer 8 lediglich die Ansprüche aus den Fondsbeteiligungen regele. Eine systematische Auslegung des Vergleichs führe zu keinem abweichenden Ergebnis. Dafür spreche auch die Interessenlage der Parteien. Mit den Darlehen seien die anfallenden Steuernachzahlungen des Beklagten finanziert worden, die auch dann angefallen wären, wenn er die beiden Fondsbeteiligungen nicht gezeichnet hätte. Ein Schaden sei ihm daher nur im Hinblick auf die Zinsnachteile entstanden, die von der Klägerin aber berücksichtigt worden seien. Dies stehe mit dem Ablauf der Vergleichsverhandlungen in Einklang. Der Beklagte habe zudem stets betont, nur das negative Interesse geltend zu machen.
Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Beklagten.
II.
Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte und begründete Rechtsbeschwerde ist zulässig und in der Sache begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft. Nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO findet gegen einen Beschluss, durch den eine Berufung als unzulässig verworfen wird, die Rechtsbeschwerde statt. Ein solcher Beschluss liegt hier vor.
Das Berufungsgericht hat zwar in den Gründen des angefochtenen Beschlusses ausgeführt, die Berufung des Beklagten habe "gemäß § 522 Abs. 2 ZPO nach einstimmiger Auffassung des Senats offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg". Diese Ausführungen stehen allerdings im Widerspruch zu der weiteren Begründung "Die Berufung ist unzulässig (§ 522 Abs. 1 ZPO)". Soweit das Berufungsgericht in der weiteren Begründung die Berufung auch als unbegründet angesehen hat, ist dies in diesem Zusammenhang unerheblich.
Da das Berufungsgericht die Berufung des Beklagten bereits für unzulässig erachtet hat, hätte es durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 1 Satz 2 ZPO entscheiden müssen. Der Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO war insoweit nicht zulässig, weil die Zurückweisung der Berufung nach dieser Vorschrift die Zulässigkeit der Berufung voraussetzt (vgl. BGH, Beschluss vom 16. August 2016 - VI ZB 17/16, NJW 2016, 3380 Rn. 6 mwN). Durch den Fehler des Berufungsgerichts dürfen dem Beklagten keine Nachteile entstehen. Vielmehr darf er das Rechtsmittel einlegen, das bei richtiger Entscheidung durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 1 Satz 2 ZPO statthaft wäre (Grundsatz der Meistbegünstigung, vgl. BGH, Urteil vom 17. Oktober 1986 - V ZR 169/85, BGHZ 98, 362, 364 f. mwN und Beschluss vom 16. August 2016 - VI ZB 17/16, aaO); dies ist vorliegend die Rechtsbeschwerde gemäß § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO.
2. Die Rechtsbeschwerde ist auch im Übrigen zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2 ZPO). Durch die Zurückweisung seiner Berufung als unzulässig ist der Beklagte in seinem Verfahrensgrundrecht auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip) verletzt, weil er die Berufung form- und fristgerecht bei dem Berufungsgericht eingelegt und begründet hat. Aufgrund dessen ist die Rechtsbeschwerde auch begründet.
Das Berufungsgericht hat die Zulässigkeit der Berufung zu Unrecht verneint.
a) Mit Erfolg rügt die Rechtsbeschwerde, dass das Berufungsgericht die Aufrechnungserklärung des Beklagten als Primäraufrechnung angesehen hat. Trotz der missverständlichen Ausführungen des Beklagten in der Berufungsbegründung, er rechne "aus Kostengründen ausdrücklich unbedingt auf", hätte das Berufungsgericht bei der gebotenen Gesamtbetrachtung und unter Berücksichtigung des Grundsatzes der wohlwollenden Auslegung von Prozesserklärungen (vgl. dazu BGH, Urteil vom 7. November 2001 - VIII ZR 263/00, BGHZ 149, 120, 123 f. mwN) die Aufrechnung als - im Zweifel anzunehmende - Hilfsaufrechnung behandeln müssen.
Dafür spricht, dass der Beklagte auf den ersten 25 Seiten seiner Berufungsbegründung die Auffassung des Landgerichts angegriffen hat, der zwischen den Parteien geschlossene Vergleich habe die streitgegenständlichen Darlehensrückzahlungsansprüche unberührt gelassen. Gegen eine Beschränkung seiner Verteidigung auf die Aufrechnung spricht außerdem der Umstand, dass die zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen die Klageforderung nicht in voller Höhe zu Fall bringen konnten, sondern - was auch das Berufungsgericht erkannt hat - jedenfalls in Höhe des überschießenden Betrags eine Auseinandersetzung mit der Auffassung des Beklagten erforderlich machten, die Abgeltungsklausel in Nummer 8 des Vergleichs erfasse auch die Klageforderung. Dies lässt sich mit der Annahme einer Hauptaufrechnung nicht in Einklang bringen, weil der Beklagte damit zum Ausdruck gebracht hätte, dass entsprechend dem Klagevortrag der Darlehensrückzahlungsanspruch entstanden war und somit die den Klageanspruch begründenden tatsächlichen Behauptungen im Sinne von § 288 ZPO zugestanden werden sollten (vgl. Senatsurteil vom 13. Februar 1996 - XI ZR 148/95, WM 1996, 1153, 1154). Dem stehen indes seine diesbezüglichen eingehenden Angriffe in der Berufungsbegründung entgegen.
Schließlich hat der Beklagte auf den Hinweisbeschluss des Berufungsgerichts klargestellt, dass er sich gegen die Klageforderung weiterhin in erster Linie damit verteidigen will, diese sei von der Abgeltungsklausel in Nummer 8 des Vergleichs erfasst. Damit hat er die Aufrechnung zulässigerweise von einer innerprozessualen Bedingung abhängig gemacht und hinreichend deutlich zu erkennen gegeben, dass die Aufrechnung nur für den Fall erklärt sein sollte, dass das Berufungsgericht die Klageforderung für gerechtfertigt halten würde. Soweit sich der Beklagte auf S. 2 des Schriftsatzes vom 16. Juli 2017 zugleich dahingehend eingelassen hat, die von ihm erklärten Hilfsaufrechnungen seien keine Hilfsaufrechnungen, liegt darin ein offensichtliches Missverständnis der Begrifflichkeiten durch seinen Prozessbevollmächtigten. Entscheidend ist vielmehr, dass er auf S. 4 desselben Schriftsatzes die Rangfolge seiner Rechtsverteidigung abschließend deutlich gemacht hat. Danach hat er die beiden Gegenforderungen tatsächlich lediglich hilfsweise zur Aufrechnung gestellt.
b) Außerdem hat das Berufungsgericht die Aufrechnungen zu Unrecht für zu unbestimmt gehalten. Zutreffend ist das Berufungsgericht zwar davon ausgegangen, dass auch für die Prozessaufrechnung der Bestimmtheitsgrundsatz des § 253 Abs. 2 ZPO gilt (vgl. nur BGH, Urteil vom 7. November 2001 - VIII ZR 263/00, BGHZ 149, 120, 124). Dieser ist hier aber gewahrt. Denn der Beklagte hat - was auch das Berufungsgericht erkannt hat - auf S. 4 des Schriftsatzes vom 16. Juli 2017 die Aufrechnungsreihenfolge von Haupt- und Gegenforderungen vollständig aufgeführt.
3. Soweit das Berufungsgericht hilfsweise ausgeführt hat, dass die Berufung auch unbegründet sei, gilt dieser Teil der angefochtenen Entscheidung nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs als nicht geschrieben (vgl. nur BGH, Beschluss vom 16. August 2016 - VI ZB 17/16, NJW 2016, 3380). Das Revisionsgericht darf in diesen Fällen - was entgegen der Auffassung des Beklagten auch für das Rechtsbeschwerdeverfahren gilt (§ 577 Abs. 3 ZPO) - von der grundsätzlich gebotenen Aufhebung und Zurückverweisung nur absehen und sachlich entscheiden, wenn die Berufungsentscheidung einen Sachverhalt ergibt, der für die rechtliche Beurteilung eine verwertbare tatsächliche Grundlage bietet, und wenn bei Zurückverweisung ein anderes Ergebnis nicht möglich erscheint. Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben.
a) Allerdings ist die Auslegung der Erledigungsklausel in Nummer 8 des Vergleichs durch das Berufungsgericht revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Sie unterliegt im Revisionsverfahren nur der eingeschränkten Überprüfung darauf, ob gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt sind oder wesentlicher Auslegungsstoff außer Acht gelassen wurde (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urteil vom 7. Februar 2002 - I ZR 304/99, BGHZ 150, 32, 37; Senatsurteile vom 23. September 2003 - XI ZR 135/02, WM 2003, 2232, 2233 und vom 21. Oktober 2014 - XI ZR 210/13, WM 2014, 2160 Rn. 15). Einen solchen revisionsrechtlich erheblichen Fehler zeigt die Rechtsbeschwerde nicht auf.
b) Dagegen beanstandet die Rechtsbeschwerde zu Recht, dass das Berufungsgericht die Aufrechnungserklärung des Beklagten ohne Grundlage im Prozessrecht gemäß § 533 Nr. 2 ZPO für unzulässig erachtet hat. Es hat nämlich bei Erlass seiner Entscheidung zu Unrecht angenommen, die vom Beklagten insoweit vorgetragenen Tatsachen seien neu und deshalb in der Berufungsinstanz gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 2 ZPO nicht mehr zu berücksichtigen.
aa) Nach § 533 ZPO ist eine Aufrechnungserklärung nur zulässig, wenn der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und diese auf Tatsachen gestützt werden kann, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat.
Welche Tatsachen das Berufungsgericht bei seiner Entscheidung zugrunde zu legen hat, ist in § 529 Abs. 1 ZPO bestimmt. Die Anwendung dieser Vorschrift im Berufungsverfahren hängt nicht davon ab, ob über die Berufung im Beschluss- oder im Urteilsverfahren entschieden wird. § 522 Abs. 2 ZPO schränkt die Geltung des § 529 ZPO nicht ein. Eine Zurückweisung der Berufung durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO ist im Gegenteil nur dann zulässig, wenn die Berufung auch unter Berücksichtigung eines nach §§ 529, 531 ZPO zulässigen neuen Vorbringens offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Juli 2016 - V ZR 258/15, NJW 2017, 736 Rn. 13 mwN). Bei einer Entscheidung über die Berufung durch Beschluss sind die bis zum Ablauf der nach § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO zu bestimmenden Frist zur Stellungnahme auf den Hinweis über die beabsichtigte Zurückweisung vorgetragenen Tatsachen nach Maßgabe der §§ 529, 531 ZPO von dem Berufungsgericht zu berücksichtigen (vgl. BGH, aaO, Rn. 14 mwN). Denn in der Berufungsinstanz findet nicht nur eine Rechtskontrolle unter Ausschluss neuen Tatsachenvortrags statt. Vielmehr zählt zu den Berufungsgründen auch der Umstand, dass Tatsachen, die nach § 529 ZPO zugrunde zu legen sind, eine andere Entscheidung rechtfertigen. Daran ändert sich nichts dadurch, dass das Berufungsgericht eine unbegründete Berufung durch Beschluss zurückweisen kann (vgl. BGH, aaO, Rn. 16). Davon zu trennen ist die von der Rechtsbeschwerde aufgeworfene Frage, ob das Verfahren nach § 522 Abs. 2 ZPO stets voraussetzt, dass eine Berufungserwiderung eingegangen oder dem Berufungsbeklagten ergebnislos eine Frist zur Erwiderung gesetzt worden ist; dies ist nicht der Fall (Senatsurteil vom 21. November 2017 - XI ZR 106/16, WM 2018, 51 Rn. 12 mwN).
Bei der Aufrechnung handelt es sich um ein neues Angriffs- oder Verteidigungsmittel in der Berufungsinstanz. In welchem Rahmen sie zuzulassen ist, bestimmt sich allein nach § 529 Abs. 1 Nr. 2, § 531 Abs. 2 ZPO. Ungeachtet des § 531 ZPO ist neues unstreitiges Vorbringen stets zuzulassen (vgl. BGH, Urteil vom 18. November 2004 - IX ZR 229/03, BGHZ 161, 138, 141; Beschluss vom 23. Juni 2008 - GSZ 1/08, BGHZ 177, 212 Rn. 10).
bb) Nach diesen Maßgaben durfte das Berufungsgericht die der Aufrechnungserklärung des Beklagten zugrundeliegenden Tatsachen nicht nach § 529 Abs. 1 Nr. 2, § 531 Abs. 2 ZPO als neu und nicht zu berücksichtigen behandeln. Denn bis zum Erlass der angefochtenen Entscheidung hat die Klägerin weder auf die Berufungsbegründung noch auf den Hinweisbeschluss des Berufungsgerichts noch auf den Schriftsatz des Beklagten vom 16. Juli 2017, mit dem dieser zu dem gerichtlichen Hinweisbeschluss Stellung genommen hat, erwidert. Aufgrund dessen hätte das Berufungsgericht das tatsächliche Vorbringen des Beklagten in diesen Schriftsätzen nicht als unzulässig erachten dürfen, sondern rechtlich würdigen müssen.
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