Entscheidungsdatum: 15.04.2014
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 2. Dezember 2011 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als im Verhältnis zu der Beklagten zu 1) hinsichtlich des Vorwurfs der unterbliebenen oder fehlerhaften Aufklärung über die von der Beklagten zu 1) vereinnahmten Rückvergütungen zum Nachteil der Klägerin entschieden worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Die außergerichtlichen Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens der Beklagten zu 2) und zu 3) hat die Klägerin zu tragen.
Von Rechts wegen
Die Klägerin macht in der Revisionsinstanz nur noch gegenüber der Beklagten zu 1) (nachfolgend: Beklagte) aus eigenem und abgetretenem Recht ihres Ehemannes Schadensersatzansprüche wegen fehlerhafter Beratung im Zusammenhang mit der Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds geltend.
Am 27. Dezember 1993 unterzeichneten die Klägerin und ihr Ehemann nach einem Gespräch des Ehemanns mit einem Mitarbeiter der Beklagten eine Beitrittserklärung zum geschlossenen Immobilienfonds F. 28 KG mit einem Beteiligungsbetrag von 70.000 DM nebst 5% Agio.
Bereits am 20. Juli 1993 hatten die Klägerin und ihr Ehemann bei der Beklagten den Beitritt zum geschlossenen Immobilienfonds F. 27 KG mit einer Beteiligung in Höhe von 40.000 DM erklärt. Darüber hinaus halten sie einen weiteren geschlossenen Fonds mit einer Zeichnungssumme von 85.000 DM.
Mit Schreiben vom 5. Dezember 2003 wandten sich die Klägerin und ihr Ehemann an die Beklagte und wiesen darauf hin, dass die versprochenen Ausschüttungen der F. Fonds 27 und 28 ausgeblieben seien. In diesem Zusammenhang stellten sie in dem vorgenannten Schreiben fest, dass der F. Fonds 27 vor dem Aus stehe und dies für den Fonds 28 mittelfristig ebenfalls zu erwarten sei. Die Anteile seien nach Mitteilung der Fondsgesellschaft inzwischen wertlos. Am 27. Februar 2004 fand deshalb ein Gespräch mit der Beklagten statt.
Die Klägerin hat die Beklagte unter anderem deswegen auf Schadensersatz in Anspruch genommen, weil deren Mitarbeiter nicht über vereinnahmte Rückvergütungen informiert habe. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil es etwaige Schadensersatzansprüche für verjährt angesehen hat. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Das Berufungsurteil ist im Hinblick auf die früheren Beklagten zu 2) und 3) rechtskräftig geworden, nachdem die Klägerin ihre Nichtzulassungsbeschwerde insoweit zurückgenommen hat.
Der Senat hat die Revision der Klägerin gegen das Berufungsurteil nur zugelassen, soweit es im Streitverhältnis zur Beklagten um den Vorwurf der unterbliebenen oder fehlerhaften Aufklärung über die von der Beklagten vereinnahmten Provisionen oder Rückvergütungen geht. In diesem Umfang verfolgt die Klägerin mit der Revision ihr Klagebegehren gegenüber der Beklagten weiter.
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung im zugelassenen Umfang.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - im Wesentlichen ausgeführt: Eine Haftung der Beklagten wegen unterlassener Aufklärung über im Gesamtaufwand enthaltene Innenprovisionen bzw. Rückvergütungen komme nicht in Betracht. Zwar habe die Klägerin nach ihrem Fondsbeitritt 5% Agio, mithin eine offen ausgewiesene Provision gezahlt. Diese habe jedoch nicht der Deckung der Eigenkapitalbeschaffungskosten gedient, sondern sei ausweislich der Bilanz der Fondsgesellschaft einer Kapitalrücklage zugeführt worden. Soweit im Fondsprospekt außerdem darauf hingewiesen werde, dass 12,22% des Investitionsvolumens für Beratungs- und Vermittlungsleistungen von Banken, Sparkassen oder anderen Finanzdienstleistungsunternehmen verwendet würden, betreffe dies die Frage, ob die Beklagte Aufklärungspflichten bezogen auf eine ihr gewährte Innenprovision verletzt habe. Unabhängig davon, ab welcher Höhe eine solche offenzulegen sei, reiche es aus, dass die Provision im Prospekt als Kosten der Eigenkapitalbeschaffung bezeichnet werde. Da sowohl im Prospekt als auch im Gesellschaftsvertrag ein Investitions- und Finanzierungsplan enthalten sei, in dem die Eigenkapitalbeschaffungskosten aufgeführt würden, sei die Beklagte nicht zu einer weitergehenden Aufklärung verpflichtet gewesen. Dem Kläger habe der Emissionsprospekt so rechtzeitig vorgelegen, dass er von dessen Inhalt habe Kenntnis nehmen können.
II.
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand.
1. Nach den rechtsfehlerfreien und unangegriffenen Feststellungen des Landgerichts, auf die das Berufungsgericht Bezug genommen hat, ist stillschweigend ein Anlageberatungsvertrag zwischen der Klägerin bzw. ihrem Ehemann und der Beklagten zustande gekommen.
2. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht eine Aufklärungspflichtverletzung aus diesem Beratungsvertrag in Bezug auf die von der Beklagten vereinnahmten Rückvergütungen verneint.
a) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats ist eine Bank aus dem Anlageberatungsvertrag verpflichtet, über die von ihr vereinnahmten Rückvergütungen ungefragt aufzuklären. Aufklärungspflichtige Rückvergütungen in diesem Sinne sind - regelmäßig umsatzabhängige - Provisionen, die im Gegensatz zu versteckten Innenprovisionen nicht aus dem Anlagevermögen, sondern aus offen ausgewiesenen Provisionen wie z.B. Ausgabeaufschlägen und Verwaltungsvergütungen gezahlt werden, deren Rückfluss an die beratende Bank aber nicht offenbart wird, sondern hinter dem Rücken des Anlegers erfolgt. Hierdurch kann beim Anleger zwar keine Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit der Anlage entstehen, er kann jedoch das besondere Interesse der beratenden Bank an der Empfehlung gerade dieser Anlage nicht erkennen (vgl. nur Senatsbeschluss vom 9. März 2011 - XI ZR 191/11, WM 2011, 925 Rn. 25 und Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 17). Danach handelt es sich entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch dann um aufklärungspflichtige Rückvergütungen, wenn diese nicht aus einem Agio oder aus Verwaltungsgebühren, sondern aus sonstigen offen ausgewiesenen Vertriebskosten fließen, wobei es auch nicht darauf ankommt, ob die Zahlung des Anlegers über die Bank oder direkt an die Fondsgesellschaft erfolgt (vgl. Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 18 mwN).
b) Die Beklagte hat nach den vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Feststellungen des Landgerichts aus den im Prospekt ausgewiesenen Kosten der Eigenkapitalbeschaffung eine Provision erhalten. Dabei handelt es sich entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - wie der erkennende Senat zum selben Fonds bereits entschieden hat (Senatsurteil vom 19. Februar 2013 - XI ZR 493/11, juris Rn. 14) - um eine aufklärungspflichtige Rückvergütung. Über diese hat der Mitarbeiter der Beklagten die Klägerin und ihren Ehemann nach den Feststellungen der Instanzgerichte nicht aufgeklärt. Auch aus dem Prospekt war nicht zu ersehen, dass die Beklagte einen Teil der Eigenkapitalbeschaffungskosten erhalten sollte. Somit liegt entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts eine Aufklärungspflichtverletzung der Beklagten vor.
III.
Das Berufungsurteil ist deshalb aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Sollte es im weiteren Verfahren noch auf die Frage der Kausalität oder der Verjährung ankommen, weist der Senat auf die Ausführungen in seinen Urteilen vom 8. Mai 2012 (XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 28 ff.) und vom 26. Februar 2013 (XI ZR 498/11, BGHZ 196, 233 Rn. 26 ff.) hin.
Wiechers Joeres Ellenberger
Matthias Menges