Bundesgerichtshof

Entscheidungsdatum: 08.05.2012


BGH 08.05.2012 - XI ZR 262/10

Bankenhaftung bei Kapitalanlageberatung: Beweislastumkehr bei Aufklärungspflichtverletzung; Nachweis der Behauptung des Anlageerwerbs auch bei Kenntnis von Rückvergütungen; Schätzung des entgangenen Gewinns


Gericht:
Bundesgerichtshof
Spruchkörper:
11. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
08.05.2012
Aktenzeichen:
XI ZR 262/10
Dokumenttyp:
Urteil
Vorinstanz:
vorgehend OLG Frankfurt, 30. Juni 2010, Az: 19 U 2/10vorgehend LG Frankfurt, 19. November 2009, Az: 2-26 O 100/09
Zitierte Gesetze

Leitsätze

1. Derjenige, der vertragliche oder vorvertragliche Aufklärungspflichten verletzt hat, ist beweispflichtig dafür, dass der Schaden auch eingetreten wäre, wenn er sich pflichtgemäß verhalten hätte, der Geschädigte den Rat oder Hinweis also unbeachtet gelassen hätte (Bestätigung BGH, 16. November 1993, XI ZR 214/92, BGHZ 124, 151, 159 f.).

2. Diese Beweislastumkehr greift bereits bei feststehender Aufklärungspflichtverletzung ein. Es kommt bei Kapitalanlagefällen nicht darauf an, ob ein Kapitalanleger bei gehöriger Aufklärung vernünftigerweise nur eine Handlungsalternative gehabt hätte, er sich also nicht in einem Entscheidungskonflikt befunden hätte. Das Abstellen auf das Fehlen eines Entscheidungskonflikts ist mit dem Schutzzweck der Beweislastumkehr nicht zu vereinbaren (Aufgabe BGH, 16. November 1993, XI ZR 214/92, BGHZ 124, 151, 161).

3. Zur Pflicht des Tatgerichts, den von der Beklagten benannten Kläger als Partei zu der Behauptung zu vernehmen, der Kläger hätte die Anlage auch bei Kenntnis von Rückvergütungen erworben.

4. Zur Würdigung von Hilfstatsachen, die den Schluss darauf zulassen, der Anleger hätte die empfohlene Kapitalanlage auch bei Kenntnis von Rückvergütungen erworben.

5. Zur Schätzung des entgangenen Gewinns, der nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge mit einem anderen Anlagegeschäft erzielt worden wäre.

Tenor

Unter Zurückweisung der Anschlussrevision des Klägers wird auf die Revision der Beklagten das Urteil des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 30. Juni 2010 insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger nimmt die beklagte Bank auf Rückabwicklung der Beteiligung an der F.                     Medienfonds 3 GmbH & Co. KG (im Folgenden: V 3) in Anspruch.

2

Der Kläger zeichnete nach vorheriger Beratung durch den Mitarbeiter S.     der Beklagten am 4. September 2003 eine Beteiligung an V 3 im Nennwert von 35.000 € zuzüglich Agio in Höhe von 1.750 €. Der Kläger erhielt den Fondsprospekt ausgehändigt und unterzeichnete des Weiteren einen sogenannten Vermögensanlage-Bogen, durch den er sich damit einverstanden erklärte, dass der Beklagten "im Zusammenhang mit der Abwicklung von Wertpapiergeschäften Geldzahlungen oder geldwerte Vorteile … durch Dritte gewährt werden".

3

Nach dem Inhalt des Verkaufsprospekts sollten 8,9% der Zeichnungssumme und außerdem das Agio in Höhe von 5% zur Eigenkapitalvermittlung durch die V.                    AG (im Folgenden: V. AG) verwendet werden. Die V. AG durfte laut Prospekt ihre Rechte und Pflichten aus der Vertriebsvereinbarung auf Dritte übertragen. Die Beklagte erhielt für den Vertrieb der Anteile Provisionen in Höhe von 8,25% der Zeichnungssumme, ohne dass dies dem Kläger im Beratungsgespräch offengelegt wurde.

4

Bereits zuvor, im Jahr 2002, hatte sich der Kläger durch Vermittlung der Beklagten an dem Filmfonds "         A.           GmbH & Co. KG" (nachfolgend: A.       II) beteiligt. Auf Seite 28 des Prospektes zu diesem Fonds war mitgeteilt worden, dass die Beklagte für die Eigenkapitalvermittlung eine Vergütung von 8,5% des Zeichnungskapitals erhielt. Die Beklagte hat den Kläger im Rahmen dieser früheren Beteiligung auf die damalige Vergütung von 8,5% hingewiesen.

5

Der Kläger verlangt mit seiner Klage unter Berufung auf mehrere Aufklärungs- und Beratungsfehler Rückzahlung des eingesetzten Kapitals in Höhe von 36.750 € sowie Erstattung von 1.996 € an das Finanzamt zu zahlender Zinsen wegen Aberkennung der zunächst gewährten Steuervorteile Zug um Zug gegen Übertragung der Beteiligung nebst Verzugszinsen ab Rechtshängigkeit. Ferner begehrt er entgangenen Gewinn in Höhe von 4% p.a. aus 36.750 € ab Zahlung des Zeichnungsbetrages bis zur Rechtshängigkeit der Klage sowie die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.633,87 € nebst Zinsen. Darüber hinaus begehrt der Kläger Feststellung einer Ersatzpflicht der Beklagten für wirtschaftliche und steuerliche Nachteile, weil er nicht sogleich ohne Berücksichtigung seiner Beteiligung an V 3 einkommensteuerlich veranlagt wurde, sowie die Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten. Das Landgericht hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben, allerdings bezüglich der an das Finanzamt zu entrichtenden Zinsen lediglich in Höhe von 998 €. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht unter Zurückweisung im Übrigen entgangenen Gewinn lediglich in Höhe von 2% p.a. zugesprochen sowie die Klage hinsichtlich der geltend gemachten Rechtsanwaltskosten sowie der begehrten Feststellung der weiteren Schadensersatzpflicht abgewiesen.

6

Mit ihrer - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision begehrt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage. Der Kläger verfolgt mit seiner Anschlussrevision sein Begehren hinsichtlich des entgangenen Gewinns in Höhe von weiteren 2% p.a., der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten und des Feststellungsantrags weiter.

Entscheidungsgründe

A. Revision der Beklagten

7

Die Revision der Beklagten ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, soweit zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist.

I.

8

Das Berufungsgericht (BeckRS 2010, 19011) hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:

9

Zwischen dem Kläger und der Beklagten sei zumindest konkludent ein Beratungsvertrag zustande gekommen. Aufgrund dessen sei die Beklagte verpflichtet gewesen, den Kläger darauf hinzuweisen, dass sie eine Provision in Höhe von 8,25% des Zeichnungskapitals erhalte. Es habe sich dabei um eine aufklärungspflichtige Rückvergütung gehandelt. Zwar werde im Verkaufsprospekt ausgeführt, dass neben dem Agio weitere Kosten für die Eigenkapitalvermittlung anfallen würden, die V. AG für den Anteilsvertrieb Provisionen erhalte und den entgeltlichen Vertrieb auf Dritte übertragen könne. Dadurch würde der Anleger aber nicht ausreichend über die anfallende Rückvergütung aufgeklärt. Der Anleger könne aufgrund dieser Angaben allenfalls spekulieren, dass die Beklagte eine jener Dritten sei, der die V. AG die Vertriebstätigkeit übertragen habe. Der Anleger müsse aber nicht damit rechnen, dass die beklagte Bank bei einer Anlageempfehlung eigene Interessen verfolge. Mithin sei der Rückfluss "hinter dem Rücken des Kunden" erfolgt.

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Durch den Vermögensanlage-Bogen habe die Beklagte ihrer Aufklärungspflicht ebenfalls nicht Genüge getan. Dort werde nur offen gelegt, dass die Beklagte bei der Abwicklung von Wertpapiergeschäften Provisionen erhalten könne. Der Kläger sei damit nicht darüber aufgeklärt worden, dass gerade bei dem betreffenden Geschäft Provisionen anfielen.

11

Den vermuteten Schuldvorwurf habe die Beklagte nicht entkräften können. Insbesondere habe sich die Beklagte nicht in einem unvermeidbaren Rechtsirrtum befunden. Bereits seit der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 19. Dezember 2000 (XI ZR 349/99) habe die Beklagte damit rechnen müssen, dass sie empfangene Rückvergütungen offen zu legen habe.

12

Für den Kläger streite die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens. Die Beklagte habe die Ursächlichkeit nicht dadurch widerlegt, dass sie ausführe, dass im Streitfall weitere Verhaltensalternativen ernsthaft in Betracht gekommen wären. Die Beklagte äußere auch nur eigene Plausibilitätsgedanken in Bezug auf die Interessen eines Anlegers und seinen Erfahrungshorizont, die zu der Person des Klägers keinen konkreten Bezug hätten. Die Kausalitätsvermutung sei auch nicht dadurch widerlegt, dass der Kläger bereits zu einem früheren Zeitpunkt den Filmfonds A.      II gezeichnet habe. Zwar habe die Beklagte den Kläger im Rahmen dieser Beteiligung auf die damalige Vergütung von 8,5% hingewiesen, jedoch werde jede Anlageentscheidung individuell unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände getroffen. Die frühere Beteiligung an einem Filmfonds trotz Kenntnis einer konkreten Rückvergütung stelle deshalb keine tragfähige Grundlage für die Schlussfolgerung dar, Rückvergütungen hätten bei allen weiteren Anlageentscheidungen ebenfalls keine Bedeutung gehabt.

13

Der Schadensersatzanspruch des Klägers richte sich darauf, so gestellt zu werden, wie er stünde, wenn er der Gesellschaft nicht beigetreten wäre. Danach habe das Landgericht die Beklagte zu Recht zur Rückzahlung der Einlage nebst Agio und der an das Finanzamt entrichteten "Säumniszuschläge" (richtig: Zinsen nach § 233a AO) nebst gesetzlicher Verzugszinsen Zug-um-Zug gegen Übertragung der Rechte aus der Beteiligung verurteilt. Soweit das Landgericht den "Säumniszuschlag" nur in Höhe von 998 € zugesprochen habe, habe es bei diesem Betrag zu verbleiben, da das Urteil insoweit nicht angegriffen werde.

II.

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Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand.

15

1. Nach den rechtsfehlerfreien und von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts ist zwischen dem Kläger und der Beklagten in Bezug auf V 3 stillschweigend ein Anlageberatungsvertrag zustande gekommen.

16

2. Das Berufungsgericht ist auch zu Recht davon ausgegangen, dass die Beklagte aufgrund des Beratungsvertrags verpflichtet war, den Kläger über die von ihr vereinnahmte Provision in Höhe von 8,25% des Zeichnungskapitals aufzuklären.

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a) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats ist eine Bank aus dem Anlageberatungsvertrag verpflichtet, über die von ihr vereinnahmte Rückvergütung aus offen ausgewiesenen Vertriebsprovisionen ungefragt aufzuklären (Senatsbeschlüsse vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 20 und vom 20. Januar 2009 - XI ZR 510/07, WM 2009, 405 Rn. 12 f.; Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rn. 22 f.). Aufklärungspflichtige Rückvergütungen sind - regelmäßig umsatzabhängige - Provisionen, die im Gegensatz zu versteckten Innenprovisionen nicht aus dem Anlagevermögen, sondern aus offen ausgewiesenen Provisionen wie zum Beispiel Ausgabeaufschlägen und Verwaltungsvergütungen gezahlt werden, deren Rückfluss an die beratende Bank aber nicht offenbart wird, sondern hinter dem Rücken des Anlegers erfolgt. Hierdurch kann beim Anleger zwar keine Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit der Anlage entstehen, er kann jedoch das besondere Interesse der beratenden Bank an der Empfehlung gerade dieser Anlage nicht erkennen (Senatsbeschluss vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 25; die dagegen gerichtete Verfassungsbeschwerde hat das BVerfG, ZIP 2012, 164 nicht zur Entscheidung angenommen; ferner Senatsbeschluss vom 20. Januar 2009 - XI ZR 510/07, WM 2009, 405 Rn. 12 f.; Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rn. 22).

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b) Danach handelt es sich hier - entgegen der Auffassung der Revision - um aufklärungspflichtige Rückvergütungen (für denselben Fonds bereits Senatsbeschluss vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 21 ff.; die dagegen gerichtete Verfassungsbeschwerde hat das BVerfG, ZIP 2012, 164 nicht zur Entscheidung angenommen; ferner Senatsbeschluss vom 20. Januar 2009 - XI ZR 510/07, WM 2009, 405 Rn. 12 f.; Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rn. 22). Die von der Beklagten vereinnahmten Provisionen in Höhe von 8,25% des Zeichnungskapitals waren nicht in den Anschaffungs- und Herstellungskosten des Fondsobjekts versteckt, sondern flossen aus den offen ausgewiesenen Kosten der "Eigenkapitalvermittlung" an die Beklagte. Auf einen Abfluss aus dem Agio kommt es nicht entscheidend an (Senatsbeschluss vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 24; die dagegen gerichtete Verfassungsbeschwerde hat das BVerfG, ZIP 2012, 164 Rn. 25 nicht zur Entscheidung angenommen; ferner Senatsbeschluss vom 20. Januar 2009 - XI ZR 510/07, WM 2009, 405 Rn. 12 f.; Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rn. 22). Entgegen der Auffassung der Revision kommt es auch nicht darauf an, ob die Zahlung des Anlegers "über die Bank" oder direkt an die Fondsgesellschaft erfolgt (OLG Stuttgart, WM 2011, 360, 362).

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3. Zutreffend hat das Berufungsgericht weiterhin angenommen, dass eine ordnungsgemäße Aufklärung des Klägers über diese Rückvergütung durch die Beklagte weder mündlich noch durch Übergabe von Informationsmaterial erfolgt ist.

20

a) Die Aufklärung ist nicht durch die Übergabe des Fondsprospektes erfolgt. Grundsätzlich kann eine Aufklärung über Rückvergütungen auch mittels der Übergabe eines Prospektes erfolgen, in dem die beratende Bank als Empfängerin der der Höhe nach korrekt angegebenen Vertriebsprovisionen ausdrücklich genannt ist (Senatsbeschluss vom 24. August 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 1804 Rn. 6 ff. mwN zur entsprechenden Sachverhaltskonstellation im Senatsurteil vom 27. Oktober 2009 - XI ZR 338/08, WM 2009, 2306 Rn. 31, dazu auch Ellenberger in Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang, Praktikerhandbuch Wertpapier- und Derivategeschäft, 4. Aufl. Rn. 1061 und Fn. 1189 mwN).

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Voraussetzung dafür ist allerdings, dass der Prospekt dem Anleger so rechtzeitig vor der Anlageentscheidung übergeben wird, dass er sich mit seinem Inhalt vertraut machen konnte (Senatsurteile vom 27. Oktober 2009 - XI ZR 338/08, WM 2009, 2306 Rn. 31 und vom 25. September 2007 - XI ZR 320/06, BKR 2008, 199 Rn. 17; vgl. auch BGH, Urteil vom 12. Juli 2007 - III ZR 145/06, WM 2007, 1608 Rn. 9 mwN). Nach den tatbestandlichen Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Kläger den Prospekt erst im Beratungsgespräch, in dem er auch die Anlage zeichnete, übergeben bekommen. Die Übergabe in unmittelbarem Zusammenhang mit der Zeichnung wäre - wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen hat - nicht so rechtzeitig vor der Anlageentscheidung, dass der Kläger sich mit dem Inhalt des 101 Seiten umfassenden Prospektes hätte vertraut machen können. Ein Anleger, dem ein Prospekt nicht rechtzeitig übergeben wird, darf diesen unbeachtet lassen; er muss ihn insbesondere nach der getroffenen Anlageentscheidung nicht mehr durchlesen (vgl. auch BGH, Urteil vom 8. Juli 2010 - III ZR 249/09, BGHZ 186, 152 Rn. 33).

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Soweit die Revision in Bezug auf die Feststellung des Berufungsgerichts zum Zeitpunkt der Prospektübergabe Verfahrensmängel rügt, bedarf dies keiner abschließenden Klärung, weil auch bei rechtzeitiger Übergabe des Prospektes die erforderliche Aufklärung über Rückvergütungen durch den Prospekt nicht erfolgt ist. Wie der Senat bereits entschieden hat (Senatsbeschluss vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 27), geht aus dem Prospekt zu V 3 bei der gebotenen objektiven und daher vom Senat selbst vorzunehmenden Auslegung (BGH, Urteile vom 22. März 2007 - III ZR 218/06, WM 2007, 873 Rn. 6 und vom 19. Juli 2011 - II ZR 300/08, WM 2011, 1658 Rn. 46; BGH, Beschluss vom 1. August 2007 - III ZR 300/05, juris Rn. 2) nicht hervor, dass die Beklagte Empfängerin der dort genannten Vertriebsprovisionen oder des Agios sein sollte. Empfängerin sollte vielmehr ausdrücklich die V. AG sein. Dem Prospekt lässt sich an keiner Stelle entnehmen, dass die Beklagte von dieser einen Teil der Vertriebsprovisionen erhalten sollte. Das ergibt sich auch nicht aus der Tatsache, dass die V. AG berechtigt sein sollte, Dritte einzuschalten. Selbst wenn daraus jedoch hervorgehen sollte, dass damit auch die Beklagte gemeint war, so ist dem Prospekt jedenfalls nicht zu entnehmen, in welcher Höhe Rückvergütungen an die Beklagte geflossen sind. Insbesondere auch die Höhe der Rückvergütung muss aber nach der Senatsrechtsprechung von der Bank ungefragt offen gelegt werden (Senatsbeschluss vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 27 und Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rn. 24).

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b) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht auch eine ordnungsgemäße Aufklärung durch den Vermögensanlage-Bogen verneint. Entgegen der Ansicht der Revision kann aus dem Einverständnis des Klägers mit Provisionszahlungen bei Wertpapiergeschäften nicht auf sein Einverständnis mit Rückvergütungen im vorliegenden Fall geschlossen werden (vgl. Senatsbeschluss vom 19. Juli 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 1506 Rn. 9).

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4. Schließlich hat das Berufungsgericht rechts- und verfahrensfehlerfrei das Verschulden der Beklagten bejaht.

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Wie der Senat bereits mit Beschluss vom 29. Juni 2010 (XI ZR 308/09, WM 2010, 1694 Rn. 5 ff. mwN) entschieden und eingehend begründet hat, kann sich eine anlageberatende Bank jedenfalls für die Zeit nach 1990 hinsichtlich ihrer Aufklärungspflicht über Rückvergütungen nicht auf einen unvermeidbaren Rechtsirrtum berufen. Soweit die Revision aus der Unterscheidung der Rechtsprechung zu Innenprovisionen und Rückvergütungen etwas anderes herleiten will, kann sie damit nicht durchdringen. Dass verheimlichte Rückflüsse aus offen ausgewiesenen Vertriebsprovisionen aufklärungspflichtig sind, konnte der veröffentlichten Rechtsprechung zum Zeitpunkt der streitigen Anlageberatung entnommen werden, wie der Senat bereits zum selben Fonds entschieden hat (Senatsbeschluss vom 19. Juli 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 1506 Rn. 10 ff., mwN; die dagegen gerichtete Verfassungsbeschwerde hat das BVerfG, ZIP 2012, 164 Rn. 15 nicht zur Entscheidung angenommen).

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5. Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung jedoch nicht stand, soweit das Berufungsgericht die Kausalität der Aufklärungspflichtverletzung für den Erwerb der Fondsbeteiligung durch den Kläger bejaht hat.

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a) Zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, dass die Beklagte die Darlegungs- und Beweislast für ihre Behauptung trägt, der Kläger hätte die Beteiligung auch bei gehöriger Aufklärung über die Rückvergütung erworben.

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aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist derjenige, der vertragliche oder vorvertragliche Aufklärungspflichten verletzt hat, beweispflichtig dafür, dass der Schaden auch eingetreten wäre, wenn er sich pflichtgemäß verhalten hätte, der Geschädigte den Rat oder Hinweis also unbeachtet gelassen hätte (Senatsurteile vom 22. März 2011 - XI ZR 33/10, BGHZ 189, 13 Rn. 40; vom 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07, WM 2009, 1274 Rn. 22 und vom 16. November 1993 - XI ZR 214/92, BGHZ 124, 151, 159; Senatsbeschlüsse vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 33 und vom 9. Februar 2010 - XI ZR 70/09, juris Rn. 18; BGH, Urteile vom 22. Mai 1985 - IV ZR 190/83, BGHZ 94, 356, 363; vom 28. November 1983 - II ZR 72/83, WM 1984, 221, 222; vom 8. Juni 1978 - III ZR 136/76, BGHZ 72, 92, 106; vom 19. Februar 1975 - VIII ZR 144/73, BGHZ 64, 46, 51 und vom 5. Juli 1973 - VII ZR 12/73, BGHZ 61, 118, 121 f.; auch BVerfG, ZIP 2012, 164 Rn. 20). Diese sogenannte "Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens" gilt für alle Aufklärungs- und Beratungsfehler eines Anlageberaters (Senatsurteil vom 22. März 2011 - XI ZR 33/10, BGHZ 189, 13 Rn. 40), insbesondere auch dann, wenn Rückvergütungen pflichtwidrig nicht offengelegt wurden (Senatsurteil vom 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07, WM 2009, 1274 Rn. 22).

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Hierbei handelt es sich nicht lediglich um eine Beweiserleichterung im Sinne eines Anscheinsbeweises, sondern um eine zur Beweislastumkehr führende widerlegliche Vermutung (BVerfG, ZIP 2012, 164 Rn. 20; Senatsbeschluss vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 33; Senatsurteil vom 16. November 1993 - XI ZR 214/92, BGHZ 124, 151, 160; BGH, Urteile vom 22. März 2010 - II ZR 66/08, WM 2010, 972 Rn. 23; vom 19. Februar 1975 - VIII ZR 144/73, BGHZ 64, 46, 51 und vom 5. Juli 1973 - VII ZR 12/73, BGHZ 61, 118, 120 ff.; offen gelassen in BGH, Urteil vom 9. Februar 2006 - III ZR 20/05, WM 2006, 668, 671; aA zuletzt Piekenbrock, WM 2012, 429, 439).

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bb) Der Senat hat die Beweislastumkehr bislang allerdings davon abhängig gemacht, dass es für den Vertragspartner nicht mehrere, sondern vernünftigerweise nur eine Möglichkeit aufklärungsrichtigen Verhaltens gab, die gehörige Aufklärung beim Vertragspartner also keinen Entscheidungskonflikt ausgelöst hätte (vgl. z.B. Senatsbeschluss vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 34; Senatsurteile vom 19. September 2006 - XI ZR 204/04, BGHZ 169, 109 Rn. 43, vom 13. Juli 2004 - XI ZR 178/03, BGHZ 160, 58, 66, vom 7. Mai 2002 - XI ZR 197/01, BGHZ 151, 5, 12 und vom 16. November 1993 - XI ZR 214/92, BGHZ 124, 151, 161).

31

Der Senat hat den Terminus eines "Entscheidungskonflikts" ursprünglich der Rechtsprechung zur Arzthaftung entnommen (Senatsurteil vom 19. Dezember 1989 - XI ZR 29/89, WM 1990, 681, 683 mwN). In jenem Rechtsgebiet hat er aber eine andere Bedeutung, die - wie die Arzthaftungsrechtsprechung insgesamt - mit Fällen der vorliegenden Art nicht vergleichbar ist (vgl. u.a. BGH, Urteile vom 22. November 1983 - VI ZR 85/82, BGHZ 89, 95, 103 und vom 28. März 1989 - VI ZR 157/88, NJW 1989, 2320, 2321 mwN). Bei der Arzthaftung beruft sich der unzureichend aufgeklärte Patient gegenüber dem Einwand des Arztes, der Patient hätte sich bei ordnungsgemäßer Aufklärung nicht anders entschieden, darauf, er hätte sich bei ordnungsgemäßer Aufklärung durch den Arzt in einem Entscheidungskonflikt befunden. Dementsprechend muss der Patient den von ihm geltend gemachten Entscheidungskonflikt darlegen und plausibel machen. Damit ist die Situation bei der Aufklärungspflichtverletzung einer Bank nicht vergleichbar. Im Gegenteil ist es dort so, dass sich nicht der unzureichend aufgeklärte Anleger, sondern die Bank, die ihre Aufklärungspflicht verletzt hat, darauf beruft, der Anleger hätte sich bei ordnungsgemäßer Aufklärung in einem Entscheidungskonflikt befunden und sich deswegen nicht notwendigerweise "aufklärungsrichtig" verhalten. Dementsprechend muss die Bank darlegen und beweisen, dass sich der Anleger in einem Entscheidungskonflikt befunden hätte (Senatsbeschluss vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 34 f., die dagegen gerichtete Verfassungsbeschwerde hat das BVerfG, ZIP 2012, 164 Rn. 23 nicht zur Entscheidung angenommen).

32

Nicht zuletzt wegen dieser Beweislastverteilung hat der Senat in der Vergangenheit einen solchen Entscheidungskonflikt tatsächlich nur in zwei Ausnahmefällen angenommen, nämlich aufgrund der festgestellten Umstände bei spekulativen Geschäften am sogenannten "Neuen Markt" (Senatsurteil vom 13. Juli 2004 - XI ZR 178/03, BGHZ 160, 58, 66 f.) und bei einer Scheckabfrage (Senatsurteil vom 10. Mai 1994 - XI ZR 115/93, WM 1994, 1466, 1467); ganz überwiegend hat er ihn jedoch verneint (vgl. z.B. Senatsurteile vom 22. März 2010 - XI ZR 33/10, BGHZ 189, 13 Rn. 40, vom 19. September 2006 - XI ZR 204/04, BGHZ 169, 109 Rn. 43, vom 9. Juni 1998 - XI ZR 220/97, WM 1998, 1527, 1529, vom 11. März 1997 - XI ZR 92/96, WM 1997, 811, 813, vom 14. Mai 1996 - XI ZR 188/95, WM 1996, 1214, 1216, vom 16. November 1993 - XI ZR 214/92, BGHZ 124, 151, 161), insbesondere auch im Fall von verschwiegenen Rückvergütungen (Senatsbeschluss vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 34 f.).

33

cc) Der Senat hält nach nochmaliger Überprüfung nicht daran fest, dass die Kausalitätsvermutung nur dann eingreift, wenn der Anleger bei gehöriger Aufklärung vernünftigerweise nur eine Handlungsalternative gehabt hätte, er sich also nicht in einem Entscheidungskonflikt befunden hätte. Das Abstellen auf das Fehlen eines Entscheidungskonflikts ist mit dem Schutzzweck der Beweislastumkehr nicht zu vereinbaren. Die Beweislastumkehr greift daher bereits bei feststehender Aufklärungspflichtverletzung ein.

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Auch die anderen Senate des Bundesgerichtshofs, die die Kausalitätsvermutung bei der Verletzung vertraglicher Aufklärungspflichten bejaht haben, machen diese wegen des Schutzzwecks der Beweislastumkehr nicht davon abhängig, dass es nur eine vernünftige Möglichkeit aufklärungsrichtigen Verhaltens gab, ein Entscheidungskonflikt also nicht vorlag. So ist etwa bei Ansprüchen wegen fehlerhafter Prospektangaben nach der Rechtsprechung des II. Zivilsenats und des III. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs das Bestehen von Handlungsalternativen von vornherein nicht geeignet, die Kausalitätsvermutung zu entkräften (BGH, Urteile vom 31. Mai 2010 - II ZR 30/09, WM 2010, 1310 Rn. 18, vom 22. März 2010 - II ZR 66/08, WM 2010, 972 Rn. 19, vom 2. März 2009 - II ZR 266/07, WM 2009, 789 Rn. 6 und vom 14. Juni 2007 - III ZR 300/05, WM 2007, 1507 Rn. 21; BGH Beschluss vom 9. April 2009 - III ZR 89/08, juris Rn. 8; vgl. auch BGH, Urteile vom 5. Juli 1973 - VII ZR 12/73, BGHZ 61, 118, 123 f. zur Werbeberatung, vom 19. Februar 1975 - VIII ZR 144/73, BGHZ 64, 46, 51 f. zur Hinweispflicht eines Verkäufers und vom 22. Mai 1985 - IVa ZR 190/83, BGHZ 94, 356, 363 f. zur Aufklärungs- und Beratungspflicht des Versicherungsmaklers).

35

Der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs - auch des Senats - zur Kausalitätsvermutung bei Verletzung einer Aufklärungspflicht liegt die Erwägung zugrunde, dass der Zweck der Aufklärungs- und Beratungspflichten, nämlich dem Anleger eine sachgerechte Entscheidung über den Abschluss bestimmter Geschäfte zu ermöglichen, nur erreicht wird, wenn Unklarheiten, die durch eine Aufklärungspflichtverletzung bedingt sind, zu Lasten des Aufklärungspflichtigen gehen, dieser die Nichtursächlichkeit seiner Pflichtverletzung also zu beweisen hat (Senatsurteil vom 16. November 1993 - XI ZR 214/92, BGHZ 124, 151, 160 mwN). Dem Ersatzberechtigten wäre wenig damit gedient, wenn er seinen Vertragsgegner zwar an sich aus schuldhafter Verletzung einer solchen Aufklärungspflicht in Anspruch nehmen könnte, aber regelmäßig daran scheitern würde, den Beweis zu erbringen, wie er auf den Hinweis, wenn er denn gegeben worden wäre, reagiert hätte. Der Aufklärungspflichtige dagegen hätte wenig zu befürchten, wenn er sich bei Verletzung seiner Hinweispflicht darauf zurückziehen könnte, dass kaum zu beweisen sei, was der andere Teil auf den Hinweis hin getan hätte. Dadurch würde der mit der Aufklärungspflicht verfolgte Schutzzweck verfehlt (BGH, Urteil vom 5. Juli 1973 - VII ZR 12/73, BGHZ 61, 118, 121 f.). Die Beweislastumkehr beruht somit nicht auf der Vermutung, der Anleger hätte sich in einer bestimmten Art und Weise verhalten, sondern ist durch den besonderen Schutzzweck der Aufklärungspflicht gerechtfertigt.

36

Gerade wenn sich für den Kapitalanleger mehrere Handlungsalternativen stellen, ist dessen Aufklärung und Beratung von besonderer Wichtigkeit, um seine Entscheidungsfreiheit zu wahren (Canaris in Festschrift Hadding, 2004, S. 3, 23; Roth, ZHR 154 (1990), 513, 532). Der Zweck der Aufklärungspflichten, dem Anleger eine sachgerechte Entscheidung über den Abschluss bestimmter Geschäfte zu ermöglichen, wird deshalb auch - oder erst recht - in solchen Fällen, in denen die Aufklärung der Information zur freien Entscheidung des Anlegers dient, nur erreicht, wenn Unklarheiten, die durch eine Aufklärungspflichtverletzung bedingt sind, zu Lasten des Aufklärungspflichtigen gehen. Gerade die zurückgehaltene Information wäre geeignet gewesen, den Anleger vom empfohlenen Geschäft abzubringen. Stattdessen hat sich der Anleger jedoch ohne diese (negative) Information für das Anlagegeschäft entschlossen. Das Risiko der Unaufklärbarkeit muss demzufolge auch in den Fällen des Entscheidungskonflikts die beratende Bank tragen (Canaris in Festschrift Hadding, 2004, S. 3, 21 ff.; Roth, ZHR 154 (1990), 513, 530 ff.; aA Medicus in Festschrift Picker, 2010, S. 619, 627; Stoll, AcP 176 (1976), S. 145, 160; Baumgärtel, Beweislastpraxis im Privatrecht, Rn. 541).

37

b) Das Berufungsgericht ist danach zutreffend von der Darlegungs- und Beweislast der Beklagten für die mangelnde Kausalität der unterlassenen Aufklärung über die geflossenen Rückvergütungen für die Beteiligung des Klägers an V 3 ausgegangen. Die Revision rügt allerdings zu Recht, dass das Berufungsgericht den Vortrag der Beklagten, ihr Provisionsinteresse habe keinen Einfluss auf die Anlageentscheidung des Klägers gehabt, insgesamt als unbeachtlich angesehen und angebotene Beweise nicht erhoben hat.

38

aa) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht den Antrag der Beklagten auf Vernehmung des Klägers als Partei (§ 445 Abs. 1 ZPO) für ihre Behauptung, dass der Anteil, den sie aus den im Prospekt ausgewiesenen Vertriebsprovisionen erhalten hat, für die Anlageentscheidung ohne Bedeutung gewesen sei, unberücksichtigt gelassen.

39

(1) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts lässt sich dem Vortrag der Beklagten noch ein hinreichender Bezug zur Person des Klägers entnehmen. Dem Beklagtenvortrag ist die Behauptung zu entnehmen, der Kläger hätte die Anlage auch bei Kenntnis von Rückvergütungen erworben. Damit wird die entscheidungserhebliche Tatsache - Fehlen der haftungsbegründenden Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Schaden - unmittelbar selbst zum Gegenstand des Beweisantrags gemacht. Stellte sich der Sachvortrag in der Beweisaufnahme als richtig heraus, stünde die fehlende Kausalität der Pflichtverletzung fest. Weitere Einzelheiten oder Erläuterungen sind zur Substantiierung des Beweisantrags grundsätzlich nicht erforderlich. Das gilt nicht nur für den Zeugenbeweis, sondern auch - wie vorliegend - für die Parteivernehmung nach § 445 ZPO (BGH, Urteile vom 4. März 1991 - II ZR 90/90, WM 1991, 942, 946 und vom 6. Juli 1960 - IV ZR 322/59, BGHZ 33, 63, 65 f.; vgl. auch BGH, Urteil vom 22. März 2010 - II ZR 203/08, juris Rn. 28). Für diese unmittelbare Beweisführung steht der Beklagten auch kein weiteres Beweismittel zur Verfügung, so dass der Grundsatz der Subsidiarität der Parteivernehmung nicht entgegensteht. Die Parteivernehmung nach § 445 Abs. 1 ZPO setzt keinen vorherigen sonstigen Beweis und auch nicht die Wahrscheinlichkeit der unter Beweis gestellten Behauptung voraus (BGH, Urteil vom 6. Juli 1960 - IV ZR 322/59, BGHZ 33, 63, 66).

40

(2) Da bei der Parteivernehmung ein Missbrauch zur Ausforschung besonders naheliegt, ist zu prüfen, ob ein unbeachtlicher Beweisermittlungsantrag vorliegt (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 29. Aufl., § 445 Rn. 3a). Dabei ist zu bedenken, dass der Beweisführer grundsätzlich nicht gehindert ist, Tatsachen zu behaupten, über die er keine genauen Kenntnisse hat, die er aber nach Lage der Dinge für wahrscheinlich hält; ein unzulässiger Ausforschungsbeweis liegt erst dann vor, wenn der Beweisführer ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich Behauptungen "aufs Geratewohl" oder "ins Blaue hinein" aufstellt (BGH, Urteile vom 4. März 1991 - II ZR 90/90, WM 1991, 942, 946 f.; auch Senatsurteil vom 3. Mai 2011 - XI ZR 373/08, WM 2011, 1465 Rn. 66; BGH, Urteil vom 25. April 1995 - VI ZR 178/94, WM 1995, 1561, 1562; Beschluss vom 1. Juni 2005 - XII ZR 275/02, NJW 2005, 2710, 2711). Bei der Annahme von Willkür in diesem Sinne ist jedoch Zurückhaltung geboten. In der Regel wird sie nur bei Fehlen jeglicher tatsächlicher Anhaltspunkte vorliegen (BGH, Urteile vom 25. April 1995 - VI ZR 178/94, WM 1995, 1561, 1562 und vom 25. Februar 1992 - X ZR 88/90, NJW 1992, 1967, 1968).

41

Eine Ausforschung in diesem Sinne ist vorliegend zu verneinen. Die Beklagte hat Anhaltspunkte vorgetragen, die nach ihrer Auffassung zumindest in ihrer Gesamtschau dafür sprechen, dass der Kläger auch in Kenntnis der Rückvergütungen V 3 gezeichnet hätte. Hierzu gehört das behauptete Anlageziel des Klägers, dass es ihm allein auf die Steuerersparnis und allenfalls noch Renditechancen und das Sicherungskonzept der Schuldübernahme ankam. Als weiteren Anhaltspunkt hat die Beklagte vorgetragen, der Kläger habe bereits zuvor eine Beteiligung an dem Filmfonds A.      II in Kenntnis von Provisionszahlungen an die beratende Bank geschlossen. Angesichts dessen kann eine Behauptung ins Blaue hinein nicht angenommen werden.

42

bb) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht auch den von der Beklagten vorgetragenen Hilfstatsachen (Indizien) keine Bedeutung beigemessen.

43

(1) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt eine Partei ihrer Darlegungslast, wenn sie diejenigen Umstände vorträgt, aus denen sich die gesetzlichen Voraussetzungen der begehrten Rechtsfolge ergeben. Hierbei ist es grundsätzlich unerheblich, wie wahrscheinlich das Vorbringen ist. Erfüllt das Parteivorbringen diese Anforderungen, können grundsätzlich weitere Einzelheiten oder Erläuterungen nicht gefordert werden. Es ist vielmehr Sache des Tatrichters, in die Beweisaufnahme einzutreten und dabei gegebenenfalls Zeugen nach weiteren Einzelheiten zu befragen (st. Rspr., vgl. u.a. BGH, Beschlüsse vom 25. Oktober 2011 - VIII ZR 125/11, juris Rn. 14 und vom 21. Juli 2011 - IV ZR 216/09, VersR 2011, 1384 Rn. 6, jeweils mwN).

44

Ein substantiierter Beweisantrag zur Vernehmung eines Zeugen setzt somit nicht voraus, dass sich der Beweisführer darüber äußert, welche Anhaltspunkte er für die Richtigkeit der in das Wissen des Zeugen gestellten Behauptungen hat. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz macht die Rechtsprechung lediglich dann, wenn ein Zeuge über innere Vorgänge bei einer anderen Person vernommen werden soll, die der direkten Wahrnehmung durch den Zeugen naturgemäß entzogen sind. In einem solchen Fall kann der Zeuge allenfalls Angaben zu äußeren Umständen machen, die einen Rückschluss auf den zu beweisenden inneren Vorgang zulassen. Es handelt sich insoweit um einen Indizienbeweis (BGH, Urteile vom 5. März 2009 - III ZR 17/08, WM 2009, 739 Rn. 20 und vom 13. Juli 1988 - IVa ZR 67/87, NJW-RR 1988, 1529; Beschluss vom 1. August 2007 - III ZR 35/07, juris Rn. 7). Für einen solchen Beweisantrag sind die äußeren Umstände, die unmittelbarer Gegenstand der Beweisaufnahme sein sollen, darzulegen (BGH, Urteile vom 13. Juli 1988 - IVa ZR 67/87, NJW-RR 1988, 1529 f. und vom 4. Mai 1983 - VIII ZR 94/82, NJW 1983, 2034, 2035).

45

Der Tatrichter muss und darf bei einem Indizienbeweis vor der Beweiserhebung prüfen, ob die vorgetragenen Indizien - ihre Richtigkeit unterstellt - ihn von der Wahrheit der Haupttatsache überzeugen würden, ob der Indizienbeweis also schlüssig ist (BGH, Urteil vom 25. November 1992 - XII ZR 179/91, NJW-RR 1993, 443, 444). Deshalb stellt es keinen Verfahrensfehler dar, wenn der Tatrichter von der beantragten Beweiserhebung absieht, weil die unter Beweis gestellten Hilfstatsachen für den Nachweis der Haupttatsache nach seiner Überzeugung nicht ausreichen (BGH, Urteil vom 17. Februar 1970 - III ZR 139/67, BGHZ 53, 245, 261). Werden mehrere Hilfstatsachen vorgetragen, die jeweils für sich allein betrachtet keine sicheren Rückschlüsse auf die Haupttatsache zulassen, ist vom Tatrichter aber auch zu prüfen, ob die Hilfstatsachen in einer Gesamtschau, gegebenenfalls im Zusammenhang mit dem übrigen Prozessstoff, geeignet sind, ihn von der beweisbedürftigen Behauptung zu überzeugen (BGH, Urteil vom 17. Februar 1970 - III ZR 139/67, BGHZ 53, 245, 261; BAG, NJW 2008, 3658 Rn. 41).

46

Eine solche tatrichterliche Schlüssigkeitsprüfung unterliegt nur eingeschränkter Nachprüfung durch das Revisionsgericht (Senatsbeschluss vom 19. Juli 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 1506 Rn. 9; BGH, Urteile vom 5. März 2009 - III ZR 17/08, WM 2009, 739 Rn. 21 und vom 13. Juli 2004 - VI ZR 136/03, WM 2004, 1768, 1770). Dieses kann lediglich prüfen, ob der Streitstoff umfassend, widerspruchsfrei und ohne Verstoß gegen Denk- oder Erfahrungssätze gewürdigt worden ist (Senatsbeschluss vom 19. Juli 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 1506 Rn. 9; Senatsurteile vom 27. Mai 2008 - XI ZR 132/07, WM 2008, 1260 Rn. 21 und vom 26. Oktober 2004 - XI ZR 211/03, WM 2005, 27, jeweils mwN).

47

(2) Dieser Prüfung hält das Berufungsurteil nicht stand.

48

(a) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht allerdings der Tatsache, dass sich der Kläger vor Zeichnung der streitgegenständlichen Beteiligung in einem sogenannten Vermögensanlage-Bogen mit Provisionszahlungen bei Wertpapiergeschäften an die Beklagte einverstanden erklärt hat, keine Bedeutung beigemessen. Wie der Senat bereits zum selben Fonds entschieden hat, kann allein aus dem Einverständnis des Klägers mit Provisionszahlungen bei Wertpapiergeschäften nicht auf sein Einverständnis mit Rückvergütungen im vorliegenden Fall geschlossen werden (Senatsbeschluss vom 19. Juli 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 1506 Rn. 9).

49

(b) Rechtlich nicht haltbar ist aber die Ansicht des Berufungsgerichts, wenn sich ein Anleger in der Vergangenheit trotz Kenntnis von einer konkreten Rückvergütung nicht von dem Erwerb einer Beteiligung habe abhalten lassen, stelle dies keine tragfähige Grundlage für die Schlussfolgerung dar, dieser Umstand habe für ihn auch bei allen weiteren Anlageentscheidungen, bei denen eine Aufklärung unterblieben sei, keine Bedeutung gehabt.

50

(aa) Das Gegenteil ist richtig. Relevante Indizien für die fehlende Kausalität können sich sowohl aus dem vorangegangenen als auch aus dem nachfolgenden Anlageverhalten des Anlegers ergeben (vgl. Ellenberger in Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang, Praktikerhandbuch Wertpapier- und Derivategeschäft, 4. Aufl., Rn. 1073 f.; U. Schäfer in Schäfer/Sethe/Lang, Handbuch der Vermögensverwaltung, § 21 Rn. 86). Insbesondere die Kenntnis des Anlegers von Provisionen oder Rückvergütungen, die die beratende Bank bei vergleichbaren früheren Anlagegeschäften erhalten hat, kann ein Indiz dafür sein, dass der Anleger die empfohlene Kapitalanlage auch in Kenntnis der Rückvergütung erworben hätte (Senatsbeschluss vom 19. Juli 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 1506 Rn. 9 aE; OLG Frankfurt, Urteil vom 1. Dezember 2010 - 17 U 3/10, juris Rn. 48; Ellenberger in Anlegerschutz im Wertpapiergeschäft, AGB in der Kreditwirtschaft, Bankrechtstag 2010, S. 37, 49 f.). Sollte ein Anleger in Bezug auf eine vergleichbare Kapitalanlage, die er vor oder nach der streitgegenständlichen erworben hat, erst nach dem Erwerb der jeweiligen Beteiligung Kenntnis von Rückvergütungen erhalten, so kann sich ein Indiz für die fehlende Kausalität der unterlassenen Mitteilung über Rückvergütungen auch daraus ergeben, dass der Anleger an den vergleichbaren - möglicherweise gewinnbringenden - Kapitalanlagen festhält und nicht unverzüglich Rückabwicklung wegen eines Beratungsfehlers begehrt.

51

(bb) Hier hat sich der Kläger bereits vor der streitgegenständlichen Beteiligung an V 3 auf Empfehlung der Beklagten an dem Filmfonds A.       II beteiligt. Auf Seite 28 des Prospektes zu diesem Fonds ist angegeben, dass und in welcher Höhe die Beklagte Vertriebsprovisionen erhält. Nach den tatbestandlichen Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Beklagte den Kläger im Rahmen der Beteiligung an dem Fonds A.     II auf die damalige Vergütung von 8,5% hingewiesen. Hatte der Kläger demnach Kenntnis davon, dass die Beklagte bei A.     II eine Provision in Höhe von 8,5% erhielt und zeichnete er die Anlage trotzdem, so ist das ein gewichtiges Indiz dafür, dass er sich auch bei Kenntnis der Rückvergütungen bei V 3 nicht von einer Beteiligung hätte abhalten lassen.

52

(c) Ebenfalls rechtsfehlerhaft ist das Berufungsgericht dem unter Zeugenbeweis gestellten Vortrag der Beklagten zum Motiv des Klägers, sich an V 3 zu beteiligen (Steuerersparnis bzw. allenfalls noch Renditechancen und das Sicherungskonzept) nicht nachgegangen.

53

(aa) Zwar steht der Umstand, dass ein Anleger eine steueroptimierte Anlage wünscht, für sich gesehen der Kausalitätsvermutung nicht entgegen (vgl. BGH, Beschluss vom 9. April 2009 - III ZR 89/08, juris Rn. 8). Ist die vom Anleger gewünschte Steuerersparnis aber nur mit dem empfohlenen Produkt oder anderen Kapitalanlagen mit vergleichbaren Rückvergütungen zu erzielen, kann das den Schluss darauf zulassen, dass an die Bank geflossene Rückvergütungen für die Anlageentscheidung unmaßgeblich waren (Ellenberger in Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang, Praktikerhandbuch Wertpapier- und Derivategeschäft, 4. Aufl., Rn. 1074).

54

(bb) Dem Vortrag der Beklagten kann entnommen werden, dass sie behauptet, dem Kläger sei es vordringlich um die bei V 3 zu erzielende Steuerersparnis gegangen, die alternativ nur mit Produkten zu erzielen gewesen sei, bei denen vergleichbare Rückvergütungen gezahlt worden seien. Das Berufungsgericht hat diesen Vortrag zu Unrecht nicht gewürdigt und den insoweit angetretenen Beweis durch Vernehmung des Beraters S.     als Zeugen unbeachtet gelassen.

III.

55

Das Berufungsurteil ist deshalb aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Das Berufungsgericht wird den Kläger als Partei (§ 445 Abs. 1 ZPO) zu der Behauptung der Beklagten, dass der Anteil, den sie aus den im Prospekt ausgewiesenen Vertriebsprovisionen erhalten hat, für die Anlageentscheidung ohne Bedeutung war, zu vernehmen haben. Gegebenenfalls wird es auch das Verhalten des Klägers bei dem Fonds A.      II und die Behauptung der Beklagten zu würdigen haben, dem Kläger sei es allein um die bei V 3 zu erzielende Steuerersparnis gegangen, die alternativ nur mit Produkten zu erzielen gewesen sei, bei denen vergleichbare Rückvergütungen gezahlt worden seien. Gegebenenfalls wird es dazu den Zeugen S.     und - soweit § 445 Abs. 2 ZPO nicht entgegensteht - gegebenenfalls den Kläger als Partei zu vernehmen haben.

56

Sollte das Berufungsgericht nach erneuter Verhandlung die Kausalitätsvermutung in Bezug auf verschwiegene Rückvergütungen als widerlegt ansehen, wird es einer Haftung der Beklagten wegen falscher Darstellung der Kapitalgarantie nachzugehen haben (vgl. Senatsbeschluss vom 19. Juli 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 1506 Rn. 13 ff.; die dagegen gerichtete Verfassungsbeschwerde hat das BVerfG, ZIP 2012, 164 ff. nicht zur Entscheidung angenommen). Sollte das Berufungsgericht insoweit - wie der Senat zum selben Fonds bereits entschieden hat (vgl. Senatsbeschluss vom 19. Juli 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 1506 Rn. 14; vgl. auch Henning, WM 2012, 153 ff. mwN zu dem Parallelfonds V 4) - eine Aufklärungspflichtverletzung bejahen, dürfte die Widerlegung der dann eingreifenden Kausalitätsvermutung bereits nach dem Vortrag der Beklagten, dem Kläger sei es auch auf das Sicherungskonzept der Schuldübernahme angekommen, ausscheiden.

B. Anschlussrevision des Klägers

57

Die Anschlussrevision des Klägers hat keinen Erfolg. Sie ist als unbegründet zurückzuweisen.

I.

58

Das Berufungsgericht hat - soweit für die Anschlussrevision von Interesse - ausgeführt:

59

Die Berufung sei wegen der geltend gemachten Zinsforderung teilweise begründet. Abgesehen davon, dass das Landgericht mit seiner Verurteilung über den Antrag des Klägers hinausgegangen sei, könne der Kläger Ausgleich des Zinsschadens nur in Höhe von 2% p.a. beanspruchen. Ein solcher Zinsschaden sei hinreichend dargelegt. Das eingesetzte Eigenkapital bleibe erfahrungsgemäß nicht ungenutzt, sondern werde zu einem allgemein üblichen Zinssatz angelegt. Mit Rücksicht darauf, dass es dem Kläger bei der Kapitalanlage auf Steuerersparnis und Sicherheit angekommen sei, könne ein über 2% hinausgehender Anlagezins aber nicht festgestellt werden.

60

Die Berufung der Beklagten sei des Weiteren begründet, soweit sie sich gegen die Feststellung richte, die Beklagte müsse den Kläger von allen weiteren steuerlichen und wirtschaftlichen Nachteilen freistellen, die der Kläger daraus erleide, dass er nicht sogleich ohne Berücksichtigung der Beteiligung einkommensteuerlich veranlagt worden sei. Insoweit mangele es am Feststellungsinteresse. Eine auch nur entfernte Möglichkeit künftiger Schäden sei nicht ersichtlich. Der Kläger habe selbst vorgetragen, dass ihm alle bisherigen Steuervorteile inzwischen aberkannt worden seien. Aus der behaupteten Tatsache, dass die Steuerbescheide noch nicht bestandskräftig seien, könne sich für den Kläger allenfalls ein Vorteil, jedoch kein Nachteil ergeben. Der Vortrag, das Finanzamt versuche, eine Kapitalertragssteuer auf die Beteiligung zu erheben, sei unsubstantiiert.

61

Der Kläger könne schließlich keinen Ersatz für die vorgerichtlich aufgewandten Rechtsanwaltskosten verlangen. Diese für die Einleitung eines Güteverfahrens entstandenen Kosten seien nicht zweckmäßig gewesen. Den Klägervertretern sei aus den von ihnen betreuten Parallelverfahren bekannt, dass sich die Beklagte nicht auf Güteverfahren eingelassen habe.

II.

62

Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Überprüfung stand.

63

1. Ohne Erfolg begehrt die Anschlussrevision entgangenen Gewinn in Höhe von 4% p.a. aus dem eingesetzten Kapital ab dem Zeitpunkt der Zahlung bis zum Eintritt der Rechtshängigkeit der Klage. Das Berufungsgericht hat den entgangenen Zinsgewinn rechtsfehlerfrei nach § 287 ZPO auf 2% p.a. geschätzt.

64

a) Art und Höhe des Schadensersatzes aufgrund der Verletzung (vor-)vertraglicher Aufklärungspflichten richten sich nach den allgemeinen Regeln der §§ 249 ff. BGB. Der geschädigte Anleger kann somit auch Ersatz des entgangenen Gewinns gemäß § 252 BGB verlangen (vgl. Senatsurteil vom 9. Mai 2000 - XI ZR 159/99, WM 2000, 1441, 1443). Ihm kommt hierbei die Beweiserleichterung des § 252 Satz 2 BGB zugute. Der geschädigte Anleger kann sich auf die allgemeine Lebenserfahrung berufen, dass Eigenkapital ab einer gewissen Höhe erfahrungsgemäß nicht ungenutzt liegen bleibt, sondern zu einem allgemein üblichen Zinssatz angelegt wird (BGH, Urteile vom 2. Dezember 1991 - II ZR 141/90, WM 1992, 143, 144, vom 30. November 1979 - V ZR 23/78, WM 1980, 85 und vom 8. November 1973 - III ZR 161/71, WM 1974, 128, 129). Zur Feststellung der Höhe des allgemein üblichen Zinssatzes kann der Tatrichter von der Möglichkeit einer Schätzung nach § 287 Abs. 1 ZPO Gebrauch machen (vgl. BGH, Urteile vom 18. Februar 2002 - II ZR 355/00, WM 2002, 909, 911 und vom 30. November 1979 - V ZR 23/78, WM 1980, 85). Das rechtfertigt zwar nicht die Annahme eines (zu schätzenden) Mindestschadens unabhängig vom konkreten Parteivortrag (vgl. Senatsurteil vom 11. Oktober 1994 - XI ZR 238/93, WM 1994, 2073, 2075). Der Anleger muss jedoch nur darlegen, welcher Gewinn nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge mit einem anderen Anlagegeschäft erzielt worden wäre. An diese Darlegung sind keine strengen Anforderungen zu stellen, vielmehr genügt eine gewisse Wahrscheinlichkeit (BGH, Urteile vom 18. Februar 2002 - II ZR 355/00, WM 2002, 909, 911 und vom 30. Mai 2001 - VIII ZR 70/00, WM 2001, 2010, 2011).

65

Die Schadensschätzung, die der Tatrichter nach freiem Ermessen vorzunehmen hat, unterliegt nur einer beschränkten Nachprüfung durch das Revisionsgericht dahingehend, ob der Tatrichter erhebliches Vorbringen der Parteien unberücksichtigt gelassen, Rechtsgrundsätze der Schadensbemessung verkannt, wesentliche Bemessungsfaktoren außer Acht gelassen oder seiner Schätzung unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt hat (BGH, Urteile vom 17. Mai 2011 - VI ZR 142/10, NJW-RR 2011, 1109 Rn. 7 und vom 18. Februar 1993 - III ZR 23/92, NJW-RR 1993, 795, 796, jeweils mwN). Solche Rechtsfehler hat die Anschlussrevision nicht aufgezeigt und sind auch nicht ersichtlich. Insbesondere ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht die Anlageziele des Klägers bei der Schätzung der erzielbaren Rendite berücksichtigt hat (vgl. BGH, Urteil vom 17. November 2005 - III ZR 350/04, WM 2006, 174, 175 f.; vgl. auch OLG Stuttgart, WM 2011, 360, 364; OLG Karlsruhe, WM 2010, 1264, 1270 f.).

66

b) Der Geschädigte kann den Schaden zwar auch konkret berechnen. Die Anschlussrevision kann hierzu allerdings nicht auf ausreichend substantiierten Sachvortrag verweisen.

67

aa) Um den konkreten Schaden geltend zu machen, muss der Geschädigte darlegen und gegebenenfalls beweisen, welche Anlage er erworben und welchen Gewinn er daraus erzielt hätte (BGH, Urteil vom 8. November 1973 - III ZR 161/71, WM 1974, 128, 129; vgl. auch Senatsurteil vom 9. Mai 2000 - XI ZR 159/99, WM 2000, 1441, 1443). Insoweit gelten keine Darlegungs- und Beweiserleichterungen.

68

bb) Der Kläger hat ersichtlich nur eine abstrakte Schadenschätzung des Gerichts nach den oben genannten Grundsätzen begehrt. Lediglich "zum Vergleich" wurde vorgetragen, dass von der H. bank       im Jahr 2004 ein Pfandbrief zu einem Zinssatz von 4,5% p.a. emittiert worden sei. Dass er gerade jenes Produkt alternativ erworben hätte, hat der Kläger nicht behauptet.

69

2. Ohne Erfolg wendet sich die Anschlussrevision des Weiteren gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, der Kläger habe keinen Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten.

70

a) Zu den ersatzpflichtigen Aufwendungen des Geschädigten zählen zwar grundsätzlich auch die durch das Schadensereignis erforderlich gewordenen Rechtsverfolgungskosten. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat der Schädiger allerdings nicht schlechthin alle durch das Schadensereignis adäquat verursachten Rechtsanwaltskosten zu ersetzen, sondern nur solche, die aus der Sicht des Geschädigten zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren (BGH, Urteile vom 10. Januar 2006 - VI ZR 43/05, NJW 2006, 1065 Rn. 5 und vom 23. Oktober 2003 - IX ZR 249/02, NJW 2004, 444, 446, jeweils mwN). Die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts, die Einleitung eines Güteverfahrens sei nicht zweckmäßig gewesen, greift die Anschlussrevision nicht an.

71

b) Soweit die Anschlussrevision stattdessen geltend macht, es sei jedenfalls eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2003 (gemeint offenbar 2300) VV RVG angefallen, stellt das, worauf die Anschlussrevisionserwiderung zutreffend hinweist, unbeachtlichen neuen Sachvortrag dar (§ 559 Abs. 1 ZPO). Abgesehen davon rechtfertigte auch der neue Vortrag, worauf die Anschlussrevisionserwiderung ebenfalls zu Recht hinweist, den geltend gemachten Anspruch nicht.

72

3. Schließlich hat die Anschlussrevision auch keinen Erfolg, soweit sie sich gegen die Abweisung des Feststellungsantrags wendet. Zu Recht hat das Berufungsgericht ein Feststellungsinteresse - das auch in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfen ist (BGH, Urteil vom 11. Oktober 1989 - IVa ZR 208/87, WM 1990, 243 mwN) - mangels eines absehbaren Schadeneintritts verneint.

73

a) Das notwendige Feststellungsinteresse liegt nicht, wie die Anschlussrevision offenbar annimmt, schon immer dann vor, wenn eine Leistungsklage noch nicht möglich ist. Vielmehr setzt die Feststellung der Schadensersatzpflicht des Weiteren die Möglichkeit des Schadeneintritts voraus. Bei reinen Vermögensschäden hängt die Zulässigkeit der Feststellungsklage darüber hinaus sogar von der hinreichenden Wahrscheinlichkeit eines auf die Verletzungshandlung zurückgehenden Schadeneintritts ab (Senatsurteil vom 24. Januar 2006 - XI ZR 384/03, BGHZ 166, 84 Rn. 27 mwN).

74

b) Gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, wonach es an der Möglichkeit eines zukünftigen Schadens fehlt, ist nichts zu erinnern. Jedenfalls ist ein weiterer Schaden nicht hinreichend wahrscheinlich.

75

Der Kläger begehrt den Ersatz von Schäden, die er zukünftig dadurch erleiden wird, "dass er nicht sogleich ohne Berücksichtigung der Beteiligung an V.  3 … einkommensteuerlich veranlagt wurde". Wenn er zugleich vorträgt, die Steuervorteile seien ihm bereits durch geänderte Steuerfestsetzung aberkannt, ist ein weiterer Schadeneintritt unmöglich. Zu Recht hat das Berufungsgericht auch substantiierten Vortrag des Klägers zu angeblichen Versuchen des Finanzamts vermisst, "Kapitalertragssteuer auf die vorliegende Festgeldanlage bei der D.      Bank zu erheben". Selbst die Anschlussrevision vermag diesen Vortrag nicht zu erhellen. Es ist nicht ersichtlich, inwieweit hiervon das negative Interesse des Klägers im Zusammenhang mit der Einkommensteuerveranlagung berührt sein könnte. Auch der neue Schriftsatz vom 16. April 2012 enthält - unabhängig von der Frage der Zulassung neuen Tatsachenvortrages - insoweit keine nachvollziehbare Darlegung bzw. Erläuterung der beigefügten Anlage.

76

Die Anschlussrevision hat auch keinen Erfolg mit ihrem Vortrag, der Kläger habe die geänderten Steuerbescheide angefochten, weshalb zumindest ein Schaden in Höhe der vergebens aufgewandten Rechtsverfolgungskosten drohe. Der insoweit gehaltene Vortrag kann einen Schadensersatzanspruch des Klägers nicht begründen. Die Rechtsverfolgungskosten dienen der Durchsetzung - nicht anrechenbarer (vgl. Senatsurteil vom 1. März 2011 - XI ZR 96/09, WM 2011, 740 Rn. 8 mwN) - Steuervorteile. Der Kläger verfolgt damit ausschließlich sein positives Interesse an der Beteiligung.

Wiechers                                           Ellenberger                                             Maihold

                          Matthias                                                    Pamp