Entscheidungsdatum: 16.07.2013
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 15. Juli 2011 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als im Verhältnis zur Beklagten zu 1) hinsichtlich des Vorwurfs der unterbliebenen Aufklärung über die von der Beklagten zu 1) vereinnahmten Rückvergütungen zum Nachteil des Klägers entschieden worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Der Kläger macht in der Revisionsinstanz nur noch gegenüber der Beklagten zu 1) (nachfolgend: Beklagte) Schadensersatzansprüche wegen fehlerhafter Beratung im Zusammenhang mit der Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds geltend.
Bei einem Treffen am 29. Oktober 1998 mit dem Mitarbeiter E. der Beklagten zeichnete der Kläger eine Kommanditbeteiligung an dem geschlossenen Immobilienfonds L. (nachfolgend: Fonds).
Der Fonds investierte in sechs eigenständige Büro- und Verwaltungsgebäude am S. . Hauptmieter der Fondsgebäude war der B. , mit dem ein Mietvertrag mit einer Vertragslaufzeit von zehn Jahren, der eine Verlängerungsoption enthielt, geschlossen worden war. Der Kläger beteiligte sich mit einer Beteiligungssumme von 1 Mio. DM, wobei, wie im Prospekt vorgesehen, das Beteiligungskapital zu 73,1% aus Eigenmitteln des Anlegers und zu 26,9% über eine obligatorische Anteilsfinanzierung aufgebracht wurde. Neben seiner Beitrittserklärung unterzeichnete der Kläger einen Übernahme-/Darlehensvertrag über 269.000 DM. Mittels dieses Vertrages übernahm der Kläger entsprechend dem Konzept des Fonds anteilig ein von der M. bei der früheren Beklagten zu 2) aufgenommenes Darlehen. Mit der früheren Beklagten zu 3) wurde vereinbart, dass diese die aus der Beteiligung erwachsenen Rechte des Klägers treuhänderisch für diesen wahrnehmen sollte.
Die mit dem B. geschlossenen Mietverträge liefen im Jahr 2008 aus und wurden von diesem nicht verlängert. Infolge der ausbleibenden Mietzahlungen in Höhe von mehr als 1 Mio. DM monatlich kam die Fondsgesellschaft in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Da eine Neuvermietung nur nach umfassenden baulichen Maßnahmen möglich gewesen wäre, wurden die Fondsobjekte im Jahr 2008 veräußert. Der Erlös von gut 37 Mio. € reichte nicht aus, um die Restverbindlichkeiten aus der Immobilienfinanzierung vollständig zu decken.
Die Ausschüttungen des Fonds kamen in Höhe von 47.396,30 € dem Kläger direkt zugute. In Höhe von 79.107,07 € wurden die Ausschüttungen dazu verwendet, das Darlehen des Klägers bei der früheren Beklagten zu 2) zu bedienen. Das Darlehen war tilgungsfrei. Zurückgezahlt wurden nur Zinsen und Auslagen.
Der Kläger hat die Beklagte unter anderem deswegen auf Schadensersatz in Anspruch genommen, weil deren Mitarbeiter nicht über vereinnahmte Rückvergütungen informiert habe. Das Landgericht hat unter vollständiger Abweisung der Klage gegen die früheren Beklagten zu 2) und zu 3) der Klage des Klägers gegen die Beklagte zu 1) unter Abweisung im Übrigen in Höhe von 326.358,17 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Abtretung der Kommanditanteile sowie wegen vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 4.890,66 € nebst Zinsen stattgegeben. Ebenso hat es den gegen die Beklagte zu 1) gerichteten Anträgen auf Feststellung der Ersatzpflicht für weitere Schäden und des Annahmeverzuges stattgegeben. Auf die Widerklage der früheren Beklagten zu 2) hat das Landgericht den Kläger verurteilt, an diese den noch offenen Darlehensbetrag in Höhe von 140.288,27 € nebst 2,5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. Mai 2008 zu zahlen. Gegen dieses Urteil haben der Kläger und die Beklagte zu 1) Berufung eingelegt. Das landgerichtliche Urteil ist wegen Berufungsrücknahme des Klägers im Verhältnis zu den früheren Beklagten zu 2) und 3) (Klageabweisung und Widerklageverurteilung) rechtskräftig geworden. In der Berufungsinstanz hat die Beklagte zu 1) die vollständige Klageabweisung begehrt. Der Kläger hat demgegenüber neben seinem Schaden in voller Höhe von 450.775,37 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Abtretung seiner Kommanditanteile, den vorgerichtlichen Kosten in Höhe von 4.890,66 € und den beiden Feststellungsanträgen auch die Freistellung von dem Darlehensrückzahlungsanspruch der früheren Beklagten zu 2) in Höhe von 140.288,27 € nebst Zinsen geltend gemacht. Das Berufungsgericht hat unter Zurückweisung der Berufung des Klägers auf die Berufung der Beklagten zu 1) die gegen sie gerichtete Klage abgewiesen. Der Senat hat die Revision des Klägers gegen das Berufungsurteil nur zugelassen, soweit es um den Vorwurf der unterbliebenen oder fehlerhaften Aufklärung über die von der Beklagten zu 1) vereinnahmten Provisionen oder Rückvergütungen geht. In diesem Umfang verfolgt der Kläger sein Klagebegehren gegenüber der Beklagten zu 1) weiter.
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - im Wesentlichen ausgeführt: Die Beklagte habe ihre aus einem Anlageberatungsvertrag fließende Pflicht, über Rückvergütungen aufzuklären, nicht verletzt. Die Beklagte habe eine Innenprovision erhalten, keine Rückvergütung. Der Umstand, dass die Provision aus den offen im Prospekt ausgewiesenen Eigenkapitalvermittlungskosten geflossen sei, ändere an dieser Einordnung nichts, da die offen ausgewiesenen Eigenkapitalvermittlungskosten nicht aus offen ausgewiesenen Provisionen, sondern aus dem Anlagevermögen gezahlt worden seien.
II.
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand.
1. Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts ist zwischen dem Kläger und der Beklagten stillschweigend ein Anlageberatungsvertrag zustande gekommen.
2. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht eine Aufklärungspflichtverletzung aus diesem Beratungsvertrag in Bezug auf die von der Beklagten vereinnahmte Provision verneint.
a) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats ist eine Bank aus dem Anlageberatungsvertrag verpflichtet, über die von ihr vereinnahmte Rück-vergütung aus offen ausgewiesenen Vertriebsprovisionen ungefragt aufzuklären. Aufklärungspflichtige Rückvergütungen in diesem Sinne sind - regelmäßig umsatzabhängige - Provisionen, die im Gegensatz zu versteckten Innenprovisionen nicht aus dem Anlagevermögen, sondern aus offen ausgewiesenen Provisionen wie zum Beispiel Ausgabeaufschlägen und Verwaltungsvergütungen gezahlt werden, deren Rückfluss an die beratende Bank aber nicht offenbart wird, sondern hinter dem Rücken des Anlegers erfolgt. Hierdurch kann beim Anleger zwar keine Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit der Anlage entstehen, er kann jedoch das besondere Interesse der beratenden Bank an der Empfehlung gerade dieser Anlage nicht erkennen (vgl. nur Senatsbeschluss vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 25 und Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 17). Danach handelt es sich, entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts, auch dann um aufklärungspflichtige Rückvergütungen, wenn diese nicht aus einem Agio oder aus Verwaltungsgebühren, sondern aus sonstigen offen ausgewiesenen Vertriebskosten fließen, wobei es auch nicht darauf ankommt, ob die Zahlung des Anlegers "über die Bank" oder direkt an die Fondsgesellschaft erfolgt (vgl. Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 18 mwN).
bb) Die Beklagte hat nach den Feststellungen des Berufungsgerichts sowie den von ihm in Bezug genommenen Feststellungen des Landgerichts eine Provision in Höhe von 50.000 DM aus den im Prospekt in Höhe von ca. 7,9 Mio. DM ausgewiesenen Kosten für die Eigenkapitalbeschaffung erhalten. Dabei handelt es sich - wie der erkennende Senat zum selben Fonds bereits entschieden hat (Senatsurteil vom 11. September 2012 - XI ZR 363/10, BKR 2012, 513 Rn. 17) - um eine Rückvergütung im Sinne der Senatsrechtsprechung, über die die Beklagte den Kläger ungefragt hätte aufklären müssen. Das hat der Mitarbeiter der Beklagten nach den Feststellungen des Berufungsgerichts bzw. des Landgerichts unstreitig nicht getan. Auch aus dem Prospekt war nicht zu ersehen, dass die Beklagte einen Teil der Eigenkapitalbeschaffungskosten erhalten sollte.
III.
Das Berufungsurteil ist deshalb aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Sollte es im weiteren Verfahren auf die Frage der Kausalität oder der Verjährung ankommen, weist der Senat auf die Ausführungen in seinen Urteilen vom 8. Mai 2012 (XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 28 ff.) und vom 26. Februar 2013 (XI ZR 498/11, WM 2013, 609 Rn. 26 ff.) hin. Ferner weist der Senat darauf hin, dass wegen der Rücknahme der Berufung des Klägers gegen die frühere Beklagte zu 2) am 6. Juni 2011 die auf die Widerklage der Beklagten zu 2) erfolgte Verurteilung des Klägers vor Erlass des Berufungsurteils rechtskräftig geworden ist und daher die Änderung des landgerichtlichen Tenors im Berufungsurteil insofern ins Leere ging, was bei der erneuter Tenorierung zu beachten sein wird.
Wiechers Joeres Ellenberger
Matthias Menges