Bundesgerichtshof

Entscheidungsdatum: 20.11.2018


BGH 20.11.2018 - X ZR 115/16

Überleitung des Rückforderungsanspruchs des Schenkers wegen Verarmung auf den Sozialhilfeträger: Notbedarfseinrede des Beschenkten


Gericht:
Bundesgerichtshof
Spruchkörper:
10. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
20.11.2018
Aktenzeichen:
X ZR 115/16
ECLI:
ECLI:DE:BGH:2018:201118UXZR115.16.0
Dokumenttyp:
Urteil
Vorinstanz:
vorgehend OLG Stuttgart, 28. Oktober 2016, Az: 9 U 118/16vorgehend LG Stuttgart, 20. Mai 2016, Az: 19 O 37/16
Zitierte Gesetze

Leitsätze

1. Hat der Sozialhilfeträger den Anspruch des Schenkers auf Rückgabe des Geschenks wegen Verarmung auf sich übergeleitet, kann der Beschenkte grundsätzlich bei einer Gefährdung seines eigenen angemessenen Unterhalts die Rückgabe des Geschenks auch dann verweigern, wenn er bei Erfüllung des Rückforderungsanspruchs seinerseits Sozialhilfe von dem betreffenden Träger beanspruchen könnte.

2. Dem Beschenkten ist jedoch die Notbedarfseinrede nach Treu und Glauben verwehrt, wenn der Schenker dem Beschenkten einen Vermögensgegenstand zuwendet, den er zur Deckung seines Unterhaltsbedarfs benötigt, dieser Unterhaltsbedarf deshalb vom Sozialhilfeträger befriedigt werden muss und der Beschenkte annehmen muss, den zugewendeten Gegenstand mit der Schenkung einer Verwertung zur Deckung des Unterhaltsbedarfs des Schenkers zu entziehen.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird der Beschluss des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 28. Oktober 2016 aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin macht gegen die Beklagte aus übergegangenem Recht Ansprüche auf Herausgabe einer Schenkung wegen Verarmung geltend.

2

Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 27. Januar 2014 schenkten die Eltern der Beklagten dieser eine Eigentumswohnung in S.         ; im Schenkungsvertrag ist der Wert der Wohnung mit 70.000 € angegeben. Am 25. Februar 2014 beantragten die Beklagte und ihr Bruder aufgrund von Generalvollmachten für ihre Eltern bei der Klägerin Sozialhilfe, die die Klägerin den Eltern mit Wirkung ab dem 1. Februar 2014 gewährte. Die Aufwendungen für die Mutter der Beklagten endeten mit deren Ableben am 28. Februar 2015. Die seitdem fortwährend an den Vater der Beklagten geleisteten Sozialhilfezahlungen betrugen zuletzt 406,90 € monatlich.

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Die Klägerin hat die Beklagte auf Erstattung der bis zum 29. Februar 2016 geleisteten Sozialhilfezahlungen (32.905,13 €) sowie auf Zahlung der zukünftig anfallenden Aufwendungen bis zu einer Gesamthöhe von 70.000 € in Anspruch genommen. Die Beklagte hat geltend gemacht, dass ihr aus ihren Einkünften kein angemessener Selbstbehalt in Höhe von 1.800 € mehr verbliebe, wenn sie die geltend gemachte Schenkungsrückforderung erfüllen müsste.

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Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die dagegen eingelegte Berufung ist erfolglos geblieben. Die Beklagte erstrebt mit der vom Senat zugelassenen Revision weiterhin die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

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I. Das Berufungsgericht ist der Auffassung, der Klägerin stünden die auf sie übergeleiteten Ansprüche auf Herausgabe der Schenkung zu.

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Die Beklagte sei zur Herausgabe im Wege der Zahlung eines der Bedürftigkeit der Schenker entsprechenden Wertanteils verpflichtet, bis der Wert der zugewendeten Eigentumswohnung erschöpft sei, den die Parteien übereinstimmend auf mindestens 70.000 € bemessen hätten. Bereits aufgrund des Sozialhilfebezugs sei zu vermuten, dass die Eltern der Beklagten außerstande gewesen seien, ihren angemessenen Unterhalt zu bestreiten. Gegenüber diesem Anspruch könne sich die Beklagte nicht auf einen eigenen Notbedarf berufen.

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Allerdings wäre der angemessene Unterhalt der Beklagten gefährdet, wenn deren Angaben zu ihren Vermögensverhältnissen zuträfen. Die Berufung auf die Notbedarfseinrede sei auch kein Rechtsmissbrauch. Eine unzulässige Rechtsausübung liege erst vor, wenn der Beschenkte seine Bedürftigkeit in Kenntnis des Notbedarfs des Schenkers und des Rückforderungsrechts mutwillig herbeigeführt habe. Diese Voraussetzung sei nicht erfüllt. Zwar habe die Beklagte gewusst, dass bei ihren Eltern ein Notbedarf entstehen werde. Sie habe aber nicht ihre eigene Bedürftigkeit herbeigeführt, denn sie selbst beziehe keine Sozialleistungen. Ihr drohe allenfalls eine Bedürftigkeit, wenn sie den Anspruch der Klägerin zu erfüllen habe.

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Nach Treu und Glauben sei der Beklagten diese Einrede jedoch gegenüber der Klägerin als Sozialhilfeträger ihres Wohnorts verwehrt. Denn stünden dem Beschenkten keine ausreichenden Mittel zur Verfügung, um seinen Bedarf zu bestreiten, habe der Sozialhilfeträger dem in seinem Zuständigkeitsbereich wohnhaften Beschenkten seinerseits Unterhalt durch Sozialhilfe zu gewähren.

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II. Die dagegen gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann die ausgesprochene Verurteilung keinen Bestand haben.

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1. Im Ausgangspunkt hat das Berufungsgericht zutreffend und in Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BGH, Urteil vom 17. April 2018 - X ZR 65/17, NJW 2018, 3775 Rn. 8; Urteil vom 20. Mai 2003 - X ZR 246/02, BGHZ 155, 57, 59 [zu 2]; Urteil vom 29. März 1985 - V ZR 107/84, BGHZ 94, 141, 143 f. [zu 3]) gesehen, dass die auf die Klägerin übergegangenen Ansprüche gemäß § 528 Abs. 1, § 818 Abs. 2 BGB auf Zahlung einer dem Wert der Schenkung entsprechenden Geldsumme gerichtet und sämtliche Voraussetzungen dieser anspruchsbegründenden Normen erfüllt sind.

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2. Die Begründung, mit der das Berufungsgericht es der Beklagten versagt hat, sich nach § 529 Abs. 2 BGB auf den Ausschluss des Rückforderungsanspruchs zu berufen, begegnet jedoch durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht der Beklagten die Notbedarfseinrede versagt, weil die Klägerin ihr als für ihren Wohnsitz zuständiger Sozialhilfeträger Sozialhilfe zu gewähren hätte, wenn sie infolge der Rückgabe des Geschenks nicht mehr in der Lage wäre, ihren Unterhalt zu bestreiten. Der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) steht in einer solchen Konstellation der Notbedarfseinrede nicht entgegen.

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a) Das Berufungsgericht berücksichtigt insoweit schon nicht hinreichend, dass die Eröffnung der Notbedarfseinrede auf der Erwägung beruht, dass die Rechtsordnung kein Interesse daran haben kann, dass der Beschenkte durch die Rückgabe des Geschenks in eine Notlage gestürzt wird, nur um den Schenker einer solchen Lage zu entreißen (vgl. BGH, NJW 2001, 1207 [zu III 2 a]). Soweit nach der Schenkung auch bei einer Rückgabe des Geschenks für einen der daran Beteiligten ein Notbedarf nicht zu vermeiden ist, soll es bei der mit der Schenkung gewollten Vermögensverschiebung verbleiben. Weder der Anspruch nach § 528 Abs. 1 BGB noch die Notbedarfseinrede nach § 529 Abs. 2 BGB ist darauf gerichtet, das Geschenk zur Deckung des beiderseitigen Unterhaltsbedarfs der Parteien des Schenkungsvertrags einer bestmöglichen Verwertung zuzuführen. Es lässt sich deshalb auch nicht aus dem Zweck dieser Vorschriften rechtfertigen, den Wert des Geschenks im Falle eines beim Beschenkten bestehenden oder drohenden Notbedarfs einem dem Schenker Sozialhilfe leistenden Sozialhilfeträger zukommen zu lassen, damit dessen Finanzierungslast - zumindest teilweise - ausgeglichen werden kann.

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Das Berufungsgericht hat in diesem Zusammenhang auch nicht beachtet, dass die Bemessungsgrundlage für den Empfang von Sozialhilfeleistungen nicht zwangsläufig mit derjenigen übereinstimmt, die für die Erhebung der Notbedarfseinrede nach § 529 Abs. 2 BGB durch den Beschenkten gilt und nach der der Anspruch auf Herausgabe des Geschenks schon dann ausgeschlossen ist, wenn der Beschenkte außer Stande ist, das Geschenk herauszugeben oder dessen Wert zu erstatten, ohne seinen angemessenen Unterhalt zu gefährden (s. zu den Bemessungsgrundsätzen BGH, Urteile vom 11. Juli 2000 - X ZR 126/98, NJW 2000, 3488 [zu II 2 a]; vom 5. November 2002 - X ZR 140/01, NJW 2003, 1384 [zu V 1]).

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b) Auch im Übrigen ist es nicht gerechtfertigt, dem Beschenkten die Berufung auf die Notbedarfseinrede gegenüber dem Sozialhilfeträger im Hinblick auf dessen sozialhilferechtliche Verpflichtungen zu verwehren.

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Der Sozialhilfeträger ist nicht von Anfang an an dem durch den Schenkungsvertrag begründeten Schuldverhältnis beteiligt, sondern ist nach Anspruchsüberleitung nur wie ein Zessionar der neue Gläubiger der Ansprüche des Schenkers. Die ohne die Zustimmung des Schuldners und gegebenenfalls gegen dessen Willen erfolgende Anspruchsüberleitung darf dessen Rechtsstellung in Bezug auf den Bestand, die Höhe und den Inhalt des Anspruchs nicht verschlechtern. Dem Beschenkten verbleiben folglich alle gegenüber dem ursprünglichen Gläubiger begründeten Rechtseinwendungen auch gegenüber dem Sozialhilfeträger. Dieser sich aus § 404 BGB ergebende Grundsatz gilt nicht nur gemäß § 412 BGB bei einem gesetzlichen Forderungsübergang, sondern gleichermaßen bei einem Forderungsübergang durch Hoheitsakt (vgl. BAGE 23, 226 [zu 1 a]). Der Schenker kann indessen der Notbedarfseinrede des Beschenkten nicht entgegenhalten, dass der Beschenkte seinen angemessenen Unterhalt gegebenenfalls mit Hilfe des Sozialhilfeträgers bestreiten kann, denn der Anspruch auf Sozialhilfe ist gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 SGB XII nachrangig und darf nicht dazu führen, dass zivilrechtliche Rechtspositionen deshalb versagt werden, weil der Anspruch auf Sozialhilfe einen entsprechenden Unterhalt gewähren kann. Demnach muss grundsätzlich auch der Sozialhilfeträger die Notbedarfseinrede gemäß § 529 Abs. 2 BGB in entsprechender Anwendung der §§ 412, 404 BGB gegen sich gelten lassen.

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III. Der angefochtene Beschluss kann danach mit der gegebenen Begründung keinen Bestand haben und ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil der Rechtsstreit auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO).

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IV. Im neu eröffneten Berufungsrechtszug wird das Berufungsgericht zu prüfen haben, ob der Beklagten die Berufung auf die Notbedarfseinrede deshalb zu versagen ist, weil sie bei Vollzug des Schenkungsvertrags wusste oder sich grob fahrlässig der Erkenntnis verschlossen hat, dass die Schenker infolge der Vollziehung der Schenkung für ihren Unterhalt nicht mehr würden aufkommen können und auf Leistungen des Sozialhilfeträgers angewiesen sein würden.

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1. Die Vollziehung eines Schenkungsvertrags verstößt regelmäßig gegen die guten Sitten (§ 138 BGB), wenn der Schenker dem Beschenkten einen Vermögensgegenstand zuwendet, den er zur Deckung seines Unterhaltsbedarfs benötigt, dieser Unterhaltsbedarf deshalb vom Sozialhilfeträger befriedigt werden muss und der Beschenkte annehmen muss, den zugewendeten Gegenstand mit der Schenkung einer Verwertung zur Deckung des Unterhaltsbedarfs des Schenkers zu entziehen.

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a) Insoweit ist die § 519 Abs. 1 BGB zugrunde liegende Wertung zu beachten. Danach darf die Erfüllung eines schenkweise erteilten Versprechens verweigert werden, soweit bei dessen Erfüllung der eigene angemessene Unterhalt des Schenkers gefährdet würde. Geht mit dem Vollzug der Schenkung für die Beteiligten erkennbar einher, dass der Schenker für seinen Lebensunterhalt auf staatliche Sozialleistungen angewiesen ist, kann dies in vergleichbarer Weise sittlich anstößig sein wie der Abschluss einer Unterhaltsvereinbarung, mit der die Ehegatten auf der Ehe beruhende Familienlasten zum Nachteil des Sozialleistungsträgers dergestalt regeln, dass der über den gesetzlichen Unterhalt hinaus zahlungspflichtige Ehegatte finanziell nicht mehr in der Lage ist, seine eigene Existenz zu sichern und deshalb ergänzender Sozialleistungen bedarf (BGH, Urteil vom 5. November 2008 - XII ZR 157/06, BGHZ 178, 322 Rn. 36 f.).

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b) So verhält es sich regelmäßig, wenn der Schenker und der Beschenkte mit der Schenkung bewusst oder zumindest grob fahrlässig den Bezug von Sozialhilfeleistungen herbeiführen und der Sozialhilfeträger den geschenkten Gegenstand nicht im Wege des Rückgriffs verwerten kann. Eine solche Schenkung ist mit den guten Sitten nicht zu vereinbaren, denn die Vertragsfreiheit im Sinne von Art. 2 Abs. 1 GG endet dort, wo ihr die Rechtspositionen Dritter entgegenstehen (vgl. BGH, Urteile vom 8. Dezember 1982 - IVb ZR 333/81, BGHZ 86, 82, 87 f. [zu 3]; vom 9. Juli 1953 - IV ZR 242/52, BGHZ 10, 228, 233 [zu 2]). Vertragsparteien, die wie bei einer Schenkung gemäß den §§ 519, 528, 529 Abs. 2 BGB auf die Fähigkeit der jeweils anderen Vertragspartei zur Bestreitung des eigenen Unterhalts Rücksicht zu nehmen haben, missachten die guten Sitten, wenn sie versuchen, eine Unterstützungsbedürftigkeit zu Lasten des Sozialhilfeträgers herbeizuführen (vgl. BGHZ 178, 322 Rn. 36 f.). Dies ist grundsätzlich anzunehmen, wenn die maßgeblichen Umstände den Vertragsparteien bei Abschluss des Schenkungsvertrags bekannt sind oder sie sich diesen Erkenntnissen grob fahrlässig verschließen (vgl. BGHZ 178, 322 Rn. 40; BGHZ 86, 82, 89 [zu 4 a]). Dafür ist nicht erforderlich, dass der Beschenkte die Möglichkeit der Notbedarfseinrede gegenüber einem Rückforderungsanspruch des Sozialhilfeträgers erkennt; ausreichend ist vielmehr die allgemeine Vorstellung, mit der Zuwendung den Vermögensgegenstand dem Zugriff des Sozialhilfeträgers zu entziehen.

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2. Aus einem solchen Sittenverstoß folgt regelmäßig nicht die Nichtigkeit des Schenkungsvertrags. Vielmehr ist dem Beschenkten die Erhebung der Notbedarfseinrede verwehrt.

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a) Aus der sittenwidrigen Zielrichtung eines Rechtsgeschäfts folgt nicht stets dessen vollständige Nichtigkeit. In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass die Nichtigkeitsfolge insbesondere dann zu beschränken ist, wenn die Sittenwidrigkeit nur in Bezug auf eine eindeutig abgrenzbare Regelung des Rechtsgeschäfts besteht wie etwa eine sittenwidrige Nebenabrede in einem im Übrigen nicht gegen die guten Sitten verstoßenden Vertrag; der Verstoß hat in einem solchen Fall nur die Unwirksamkeit der sittenwidrigen Regelung zur Folge (vgl. BGH, Urteile vom 7. Januar 1993 - IX ZR 199/91, NJW 1993, 1587 [zu II 2 a]; vom 14. November 2000 - XI ZR 248/99, BGHZ 146, 37, 47 [zu B 1]; MünchKomm.BGB/Armbrüster, 8. Aufl., § 138 Rn. 159 mwN; Palandt/Ellenberger, BGB, 77. Aufl., § 138 Rn. 19).

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b) Die Schenkung einer Immobilie, die einen wesentlichen Teil des Vermögens des Schenkers bildet, ist nicht schon dann als solche sittenwidrig, wenn der Schenker deshalb nicht mehr in der Lage ist, seinen angemessenen Unterhalt zu bestreiten. Den Schenker trifft keine Verpflichtung, für sein Alter vorzusorgen. Im Falle der Verarmung sieht der Anspruch aus § 528 Abs. 1 BGB einen Ausgleich vor, der mittelbar auch die Interessen der Allgemeinheit schützt, weil grundsätzlich der Wert des Geschenks zur Deckung eines später eintretenden Notbedarfs herangezogen werden und eine Belastung des Sozialhilfeträgers insoweit vermieden werden kann (vgl. BGH, Urteile vom 17. Dezember 2009 - Xa ZR 6/09, NJW 2010, 2655 Rn. 16 mwN; vom 6. Februar 2009 - V ZR 130/08, NJW 2009, 1346 Rn. 11). Vielmehr ergibt sich der Verstoß gegen die guten Sitten erst aus der Vereitelung des Rückgriffs des Sozialhilfeträgers auf das Geschenk oder dessen Wert durch die Erhebung der Notbedarfseinrede des Beschenkten.

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c) Da die Notbedarfseinrede nicht auf einer Vertragsbestimmung beruht, sondern sich gemäß § 529 Abs. 2 BGB unmittelbar aus dem Gesetz ergibt, unterliegt sie als solche nicht der Nichtigkeitsfolge gemäß § 138 Abs. 1 BGB. Der gerade in der Eröffnung dieser Einrede liegende Verstoß der Vertragsparteien gegen die guten Sitten führt nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) stattdessen dazu, dass der Beschenkte die Notbedarfseinrede gemäß § 529 Abs. 2 BGB nicht erheben darf.

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d) Dem steht nicht entgegen, dass ein solcher Ausschluss der Notbedarfseinrede nur eintritt, wenn der Anspruch des Schenkers auf den Sozialhilfeträger übergegangen ist. Denn der Verstoß gegen die guten Sitten liegt in der in Rede stehenden Konstellation gerade darin, dass dem Sozialhilfeträger der Rückforderungsanspruch, den dieser auf sich überleiten kann, faktisch abgeschnitten wird, weil die Vertragsparteien entweder wissen, dass eine Rückgabe des Geschenks den angemessenen Unterhalt des Beschenkten gefährdete, oder der Beschenkte zumindest keinen Anlass zu der Annahme hat, er werde einen Rückforderungsanspruch des Sozialhilfeträgers ohne Gefährdung seines eigenen angemessenen Unterhalts erfüllen können. Dies rechtfertigt es, dem Sozialhilfeträger als neuem Gläubiger - entgegen § 404 BGB - gestützt auf den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) eine rechtliche Stellung einzuräumen, die dem Schenker vor dem Anspruchsübergang nicht zustand.

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3. Eine andere Beurteilung erscheint auch dann nicht geboten, wenn es dem Beschenkten verwehrt wird, seinen Unterhaltsbedarf gemäß § 529 Abs. 2 BGB gegenüber einem Rückgriffsanspruch gemäß § 528 Abs. 1 BGB einzuwenden, obwohl er seinerseits einen Anspruch auf Sozialleistungen gegenüber dem Sozialhilfeträger hat. Ein (im Wesentlichen) in gleicher Höhe entstehender Anspruch des Beschenkten auf Sozialhilfe hätte zwar im Ergebnis ein Hin- und Herzahlen zur Folge, bei dem weder auf Seiten des Beschenkten noch auf Seiten des Sozialhilfeträgers im Saldo eine finanzielle Einbuße einträte. Diesem Gesichtspunkt kann aber im Rahmen des sozialrechtlichen Ermessens bei der Geltendmachung des auf § 528 Abs. 1 BGB gestützten Rückgriffsanspruchs gemäß § 93 Abs. 1 Satz 1 SGB XII Rechnung getragen werden.

Meier-Beck     

        

     Gröning     

        

Hoffmann

        

Richter am Bundesgerichtshof

Dr. Deichfuß ist erkrankt und

kann deshalb nicht unterschreiben.

                          
        

Meier-Beck

        

Kober-Dehm