Entscheidungsdatum: 13.01.2014
Fond Memories
§ 6 Abs. 1 SortG ist mangels einer einheitlichen Regelung über eine kürzere Frist innerhalb der Europäischen Union dahin auszulegen, dass eine Sorte als neu gilt, wenn Pflanzen oder Pflanzenteile der Sorte mit Zustimmung des Berechtigten oder seines Rechtsvorgängers vor dem Antragstag nicht oder nur innerhalb eines Zeitraums von einem Jahr im Inland oder von vier Jahren (bei Reben und Baumarten sechs Jahren) im Ausland zu gewerblichen Zwecken an andere abgegeben worden sind.
Auf die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des 36. Senats (Beschwerdesenats für Sortenschutzsachen) des Bundespatentgerichts vom 6. September 2012 aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Entscheidung an das Bundespatentgericht zurückverwiesen.
A. Die Antragstellerin hat am 23. April 2008 Antrag auf Sortenschutz für die Waldrebsorte Clematis florida mit der Bezeichnung "Fond Memories" gestellt. Hierbei hat sie angegeben, dass Vermehrungsmaterial oder Erntegut der Sorte erstmals am 1. Juni 2004 in Großbritannien zu gewerblichen Zwecken an andere abgegeben worden sei. Das Bundessortenamt hat den Sortenschutzantrag unter Hinweis auf §§ 1, 6 Abs. 1 Nr. 1 SortG mit der Begründung zurückgewiesen, die Sorte sei nicht neu, weil Pflanzen oder Pflanzenteile der Sorte mit Zustimmung des Berechtigten früher als ein Jahr vor dem Antragstag innerhalb der Europäischen Union zu gewerblichen Zwecken an andere abgegeben worden seien. Den Widerspruch der Antragstellerin hat der Widerspruchsausschuss des Bundessortenamts zurückgewiesen. Die Beschwerde der Antragstellerin zum Patentgericht ist erfolglos geblieben. Dagegen richtet sich die vom Patentgericht zugelassene Rechtsbeschwerde der Antragstellerin, mit der sie Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das Patentgericht erstrebt.
B. Die kraft Zulassung statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet.
I. Das Patentgericht hat zur Begründung der angefochtenen Entscheidung (BPatGE 53, 277 = GRUR Int. 2013, 243) im Wesentlichen ausgeführt: Die Zurückweisung des Sortenschutzantrags entspreche der am Anmeldetag geltenden Regelung des Sortenschutzgesetzes. Nach den Angaben der Antragstellerin sei Pflanzenmaterial der angemeldeten Sorte weit vor der einjährigen Neuheitsschonfrist nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SortG in Großbritannien verbreitet worden. Sie gelte daher nicht mehr als neu. Die genannte gesetzliche Bestimmung sei rechtsgültig, obwohl sie gegen die völkerrechtliche Verpflichtung verstoße, die Deutschland durch die Unterzeichnung und Ratifizierung des Internationalen Übereinkommens zum Schutz von Pflanzenzüchtungen vom 2. Dezember 1961 (PflZÜ) und der Revisionen dieses Übereinkommens eingegangen sei.
Nach Art. 6 der am 19. März 1991 revidierten Fassung des Internationalen Übereinkommens zum Schutz von Pflanzenzüchtungen (BlPMZ 1998, 232 ff., im Folgenden: Übereinkommen) stehe es der erforderlichen Neuheit einer Sorte entgegen, wenn sie zum Anmeldetag bereits mit Zustimmung des Züchters oder seines Rechtsnachfolgers seit mehr als einem Jahr im Hoheitsgebiet des Anmeldestaates oder seit mehr als vier Jahren - für langsam wachsende Pflanzen seit mehr als sechs Jahren - im Hoheitsgebiet eines anderen Staates feilgehalten oder gewerbsmäßig vertrieben worden sei. Mit der Möglichkeit, die Sorte vor der Anmeldung vier bzw. sechs Jahre im Ausland zu vertreiben, solle es dem Züchter ermöglicht werden, die Sorte zunächst im Ausland zu erproben und erst später im Inland anzumelden. An diesem Regelungsgefüge habe sich durch die seit dem Übereinkommen von 1991 bestehende Möglichkeit, dass eine zwischenstaatliche Organisation als Mitglied beitreten könne, nichts geändert. Dies habe lediglich eine Anpassung der Begriffsbestimmungen in Art. 1 des Übereinkommens erfordert, wonach als Hoheitsgebiet in einem solchen Fall das Gebiet anzusehen sei, in dem der diese zwischenstaatliche Organisation gründende Vertrag Anwendung finde. Art. 6 Abs. 3 des Übereinkommens sehe die Möglichkeit einer Gleichstellung von Handlungen im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates mit Handlungen im Hoheitsgebiet aller Mitgliedstaaten derselben zwischenstaatlichen Organisation nur für den Fall vor, dass alle Mitgliedstaaten dieser Organisation gemeinsam handelten.
Vor diesem Hintergrund entspreche § 6 Abs. 1 SortG in der zum Zeitpunkt der Anmeldung geltenden, durch das Gesetz zur Änderung des Sortenschutzgesetzes vom 17. Juli 1997 eingeführten Fassung nicht den vom deutschen Gesetzgeber zu beachtenden Vorgaben des Übereinkommens. Entgegen Art. 6 Abs. 1 dieses Übereinkommens stelle § 6 Abs. 1 SortG für die nationale Anmeldung bezüglich des Hoheitsgebiets nicht mehr auf Deutschland, sondern auf das Gebiet der Europäischen Union ab. Die Bestimmung führe damit zu einer Benachteiligung von Anmeldern, die - wie im vorliegenden Fall - nationalen Schutz für eine Sorte in Deutschland begehrten und die Sorte innerhalb von vier (bzw. sechs) Jahren im Gebiet der Europäischen Union abgegeben hätten. Sie könne weder auf Art. 6 des Übereinkommens gestützt noch mit einem Hinweis auf die Regelungen in der Verordnung (EG) Nr. 2100/94 des Rates vom 27. Juli 1994 über den gemeinschaftlichen Sortenschutz (GemSortVO, ABl. L 227 vom 1. September 1994) begründet werden. Durch die dargestellte Fassung von § 6 Abs. 1 SortG verstoße Deutschland gegen seine völkerrechtliche Verpflichtung, als Mitgliedstaat des Internationalen Verbandes zum Schutz von Pflanzenzüchtungen einen denselben Kriterien wie in den übrigen Vertragsstaaten unterliegenden Sortenschutz zur Verfügung zu stellen.
Dies habe allerdings nicht zur Folge, dass Art. 6 Abs. 1 des Übereinkommens unmittelbar anzuwenden sei und § 6 Abs. 1 SortG verdränge. Es handele sich nicht um eine allgemeine Regel des Völkerrechts im Sinne von Art. 25 Abs. 2 GG. Der Norm komme auch kein Anwendungsvorrang zu, wie er den Vorschriften der Europäischen Union zuerkannt werde. Daran habe der Beitritt der Europäischen Union zu dem Übereinkommen nichts geändert. Aus Art. 59 Abs. 2 GG ergebe sich vielmehr, dass das Übereinkommen den Regelungen des Sortenschutzgesetzes gleichrangig sei.
Der Widerspruch zwischen der völkerrechtlichen Verpflichtung Deutschlands und § 6 Abs. 1 SortG lasse sich auch nicht im Wege einer völkerrechtsfreundlichen Auslegung oder durch Anwendung der allgemeinen Kollisionsregeln lösen. Für eine korrigierende Auslegung sei angesichts des klaren Wortlauts von § 6 Abs. 1 SortG und des erklärten Willens des Gesetzgebers kein Raum. Aus den allgemeinen Kollisionsregeln ergebe sich nichts anderes. Es sei bereits zweifelhaft, ob ein echter Normenkonflikt zwischen § 6 SortG und Art. 6 des Übereinkommens vorliege, weil letzterer keine national unmittelbar anwendbare Regelung enthalte, sondern nur den Staat als Völkerrechtssubjekt verpflichte. Auch wenn das Übereinkommen durch das Zustimmungsgesetz vom 25. März 1998 (BGBl. II 1998, S. 258) in Kraft getreten und damit jünger als § 6 SortG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Sortenschutzgesetzes vom 17. Juli 1997 sei, sei jedenfalls § 6 SortG als lex specialis und deshalb als vorrangig anzusehen. Der Verstoß des deutschen Gesetzgebers gegen seine völkerrechtlichen Verpflichtungen aus dem Übereinkommen begründe lediglich einen Anspruch der übrigen Vertragsparteien auf Erfüllung der Umsetzungspflicht, ermögliche dem nationalen Gericht jedoch keine Auslegung gegen den klaren Wortlaut des Gesetzes. Eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 1 GG scheide aus, da ein Verfassungsverstoß weder geltend gemacht noch ersichtlich sei.
II. Diese Beurteilung hält den Angriffen der Rechtsbeschwerde in einem entscheidenden Punkt nicht stand.
Das Patentgericht hat zutreffend zugrunde gelegt, dass der Antrag auf Erteilung von Sortenschutz nach dem Wortlaut der gesetzlichen Regelung keinen Erfolg haben könnte. Die Erteilung von Sortenschutz setzt nach § 1 Abs. 1 SortG voraus, dass die Sorte neu ist. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SortG gilt eine Sorte nur dann als neu, wenn Pflanzen oder Pflanzenteile mit Zustimmung des Berechtigten oder seines Rechtsvorgängers vor dem Antragstag nicht oder nur innerhalb eines Jahres innerhalb der Europäischen Union zu gewerblichen Zwecken an andere abgegeben worden sind. Nachdem Vermehrungsmaterial oder Erntegut der Sorte bereits am 1. Juni 2004 in Großbritannien zu gewerblichen Zwecken an andere abgegeben worden ist, war die Sorte am Antragstag in diesem Sinne nicht neu. Aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift ergibt sich jedoch unter Berücksichtigung des Gebots der völkerrechtskonformen Auslegung, dass § 6 Abs. 1 Nr. 1 SortG enger zu verstehen ist, als dies der Wortlaut vorzugeben scheint.
1. Die Neufassung von § 6 Abs. 1 SortG durch das Gesetz zur Änderung des Sortenschutzgesetzes vom 17. Juli 1997 (BGBl. I 1997, S. 1854) sollte, wie sich aus der Begründung des Gesetzesentwurfs ergibt, der Anpassung des Sortenschutzgesetzes an die neuen Regelungen des im Jahre 1991 revidierten Übereinkommens dienen (BT-Drucks. 13/7038, S. 1, 10).
a) Nach Art. 6 Abs. 1 des Übereinkommens wird eine Sorte als neu angesehen, wenn am Tag der Einreichung des Antrags auf Erteilung eines Züchterrechts Vermehrungsmaterial oder Erntegut der Sorte im Hoheitsgebiet der Vertragspartei, in der der Antrag eingereicht worden ist, nicht früher als ein Jahr und im Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei nicht früher als vier Jahre oder im Fall von Bäumen und Reben nicht früher als sechs Jahre durch den Züchter oder mit seiner Zustimmung zum Zwecke der Auswertung der Sorte verkauft oder auf andere Weise an andere abgegeben wurde. Vertragspartei ist nach Art. 1 vii des Übereinkommens ein Vertragsstaat oder eine zwischenstaatliche Organisation, die eine Vertragsorganisation dieses Übereinkommens ist. Unter dem Hoheitsgebiet ist nach Art. 1 viii des Übereinkommens das Hoheitsgebiet eines Staates zu verstehen, wenn dieser Vertragspartei ist. Handelt es sich bei der Vertragspartei um eine zwischenstaatliche Organisation, ist damit das Hoheitsgebiet gemeint, in dem der diese zwischenstaatliche Organisation gründende Vertrag Anwendung findet. Danach ergibt sich, dass bei Einreichung eines Antrags auf Erteilung nationalen Sortenschutzes als neuheitsschädlich nach Art. 6 Abs. 1 des Übereinkommens nur Handlungen in Betracht kommen, die vor mehr als einem Jahr im Hoheitsgebiet des betreffenden Staates stattgefunden haben. Dem Übereinkommen lässt sich nicht entnehmen, dass das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates des Übereinkommens, der zugleich Mitglied einer zwischenstaatlichen Organisation ist, die dem Übereinkommen ebenfalls beigetreten ist, abweichend von Art. 6 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 viii zu bestimmen ist.
b) Das revidierte Übereinkommen eröffnet in Art. 6 Abs. 3 und in Art. 16 Abs. 3 die Möglichkeit, dass Vertragsparteien, die Mitgliedstaaten derselben zwischenstaatlichen Organisation sind, gemeinsam vorgehen, um hinsichtlich der Regelungen über die Neuheit einer Sorte (Art. 6 Abs. 1) oder über die Erschöpfungswirkung (Art. 16 Abs. 1) Handlungen in Hoheitsgebieten der Mitgliedstaaten dieser zwischenstaatlichen Organisation mit Handlungen in ihrem jeweiligen eigenen Hoheitsgebiet gleichzustellen, sofern dies die Vorschriften dieser Organisation erfordern. Diese Regelung wurde vorsorglich für den Fall in das Übereinkommen aufgenommen, dass eine zwischenstaatliche Organisation, etwa die Europäische Union, eine entsprechende Harmonisierung beschließt.
Unter Hinweis auf diese Möglichkeit hat sich der Gesetzgeber zu einer Änderung von § 6 Abs. 1 Nr. 1 und 2 SortG veranlasst gesehen. In der Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Sortenschutzgesetzes heißt es dazu (BT-Drucks. 13/7038, S. 12):
"Für den räumlichen Bereich des neuheitsschädlichen Abgebens wird im Hinblick auf Artikel 6 Abs. 3 des Übereinkommens und Artikel 10 Abs. 1 der EG-Verordnung künftig statt auf das Inland auf das Gebiet der Europäischen Gemeinschaft abgestellt."
c) Die hierfür nach dem revidierten Übereinkommen erforderlichen Voraussetzungen liegen jedoch derzeit nicht vor. Die unionsrechtlichen Bestimmungen enthalten derzeit keine Bestimmung, wonach bei der nationalen Anmeldung einer Sorte Handlungen im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten der Union in Bezug auf die Neuheit Handlungen im Gebiet der Union gleichzustellen sind. Das Übereinkommen eröffnet zudem nicht die Möglichkeit, dass einzelne Mitgliedstaaten einer zwischenstaatlichen Organisation das Gebiet, das für neuheitsschädliche Handlungen maßgeblich ist, abweichend bestimmen. Nach den nationalen Sortenschutzgesetzen der anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union stehen - soweit dem Senat bekannt - nur Handlungen im Hoheitsgebiet des jeweiligen Staates, die vor mehr als einem Jahr erfolgten, der Neuheit der Sorte entgegen.
Nach den Vorgaben des Übereinkommens steht daher bislang eine Abgabe von Pflanzen oder Pflanzenteilen einer Sorte deren Neuheit nur dann entgegen, wenn diese Handlungen innerhalb eines Jahres vor dem Antragstag im Inland stattgefunden haben. Würde die gesetzliche Regelung in § 6 Abs. 1 SortG nach ihrem Wortlaut angewendet, hätte das eine Schlechterstellung des Züchters zur Folge, weil er in der Bundesrepublik Deutschland, anders als in anderen Staaten der Europäischen Union, keinen nationalen Sortenschutz erlangen könnte, wenn Vermehrungsmaterial oder Erntegut innerhalb eines Zeitraums von mehr als einem Jahr in einem anderen Staat der Europäischen Union durch ihn oder mit seiner Zustimmung verkauft oder in anderer Weise an andere abgegeben worden wären.
2. Die in dieser Fassung von § 6 Abs. 1 SortG liegende Abweichung vom Übereinkommen beruht ersichtlich auf einem Versehen des Gesetzgebers.
a) Aus den Materialien zum Gesetz zur Änderung des Sortenschutzgesetzes ergibt sich, dass der Gesetzgeber in der Absicht handelte, das Sortenschutzgesetz den Regelungen des revidierten Übereinkommens anzupassen (BT-Drucks. 13/7038, S. 1, 10). Es sind keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber sich bewusst dafür entschieden haben könnte, von den Regelungen des Übereinkommens abzuweichen.
b) Gegen eine solche Intention spricht insbesondere, dass in einer solchen Regelung zugleich eine Verletzung der von der Bundesrepublik Deutschland eingegangenen völkervertragsrechtlichen Pflicht zur Umsetzung des Übereinkommens läge. Durch den Abschluss des Übereinkommens ist die Bundesrepublik Deutschland die Verpflichtung eingegangen, Züchterrechte zu erteilen und zu schützen und dabei die Vorgaben des Übereinkommens zu beachten. Der Bundestag hat dem revidierten Übereinkommen durch Gesetz vom 25. März 1998 zugestimmt (BGBl. I 1998, S. 232). Dadurch hat das Übereinkommen innerstaatlich den Rang eines einfachen Bundesgesetzes erhalten. Das Übereinkommen räumt den Vertragsparteien zwar teilweise Spielräume bei der Umsetzung ein, etwa in Art. 15 Abs. 2 hinsichtlich der Möglichkeit der Verwendung von Erntegut durch Landwirte. Überwiegend enthält es jedoch bindende Vorgaben, die einen einheitlichen Standard hinsichtlich der Züchterrechte in den beteiligten Staaten gewährleisten sollen. Eine solche bindende Vorgabe enthält auch Art. 6 Abs. 1 des Übereinkommens hinsichtlich der Anforderungen an die Neuheit einer Sorte. Bei der Umsetzung des Übereinkommens in das nationale Recht dürfen die Vertragsparteien weder geringere noch höhere Anforderungen an die Neuheit einer Sorte stellen. Die Voraussetzungen, unter denen eine abweichende Bestimmung des Hoheitsgebiets nach Art. 6 Abs. 3 des Übereinkommens zulässig ist, liegen - wie ausgeführt - derzeit nicht vor.
3. Vor diesem Hintergrund kann dem Wortlaut von § 6 Abs. 1 SortG keine ausschlaggebende Bedeutung beigemessen werden, vielmehr ist eine völkerrechtskonforme Auslegung der Norm geboten.
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts folgt aus der Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes, das die Betätigung staatlicher Souveränität durch Völkervertragsrecht und internationale Zusammenarbeit fördert, die Verpflichtung der staatlichen Organe, das nationale Recht so anzuwenden, dass ein Konflikt mit völkerrechtlichen Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland nicht entsteht. Nachdem völkerrechtliche Verträge, denen der Gesetzgeber zugestimmt hat, im Range eines Bundesgesetzes stehen, haben die Gerichte das anwendbare Völkervertragsrecht wie anderes Gesetzesrecht des Bundes im Rahmen methodisch vertretbarer Auslegung zu beachten und anzuwenden (BVerfG, Beschluss vom 26. März 1987 - 2 BvR 589/79 u.a., BVerfGE 74, 358, 379; Beschluss vom 14. Oktober 2004 - 2 BvR 1481/04, BVerfGE 111, 307, 317 f.; Beschluss vom 19. September 2006 - 2 BvR 2115/01 u.a., NJW 2007, 499, 501).
b) Die Möglichkeiten einer völkerrechtsfreundlichen Auslegung enden allerdings dort, wo diese nach anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung und Verfassungsinterpretation nicht mehr vertretbar erscheint (BVerfGE 111, 307, 329; BVerfG, Urteil vom 4. Mai 2011 - 2 BvR 2333/08 u.a., BVerfGE 128, 326, 371). Eine völkerrechtskonforme Auslegung ist insbesondere dann nicht möglich, wenn ihr der Wortlaut und der klare Wille des Gesetzgebers entgegenstehen (Bernhardt in Festschrift für Helmut Steinberger, 2002, S. 391, 392). Eine solche Konstellation liegt hier jedoch nicht vor, weil der Gesetzgeber, wie dargelegt, die Absicht hatte, das Sortenschutzgesetz an die Regelungen des revidierten Übereinkommens anzupassen.
4. § 6 Abs. 1 SortG ist mithin - solange die in Art. 6 Abs. 3 des Übereinkommens aufgestellten Voraussetzungen für eine abweichende Bestimmung des Hoheitsgebiets noch nicht vorliegen - dahin auszulegen, dass eine Sorte als neu gilt, wenn Pflanzen oder Pflanzenteile der Sorte mit Zustimmung des Berechtigten oder seines Rechtsvorgängers vor dem Antragstag nicht oder nur innerhalb eines Zeitraums von einem Jahr im Inland oder von vier Jahren (bei Reben und Baumarten sechs Jahren) im Ausland zu gewerblichen Zwecken an andere abgegeben worden sind.
III. Der angefochtene Beschluss ist demnach aufzuheben und die Sache zu neuer Entscheidung an das Patentgericht zurück zu verweisen.
Meier-Beck Bacher Hoffmann
Deichfuß Kober-Dehm