Entscheidungsdatum: 17.07.2013
NV: Ein Ehegatte hat auch dann einen Anspruch auf isolierte Aufhebung der Einspruchsentscheidung, wenn seine Klage ansonsten als unzulässig abzuweisen ist .
I. Mit Schreiben vom 20. Dezember 2005 legte der Ehemann der Klägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin) Einspruch gegen die Einkommensteuerbescheide 2001, 2002 und 2003, jeweils vom 12. Dezember 2005 ein. Mit Entscheidung vom 4. Mai 2007 wies der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) den Einspruch teilweise als unbegründet zurück. Adressat dieser Einspruchsentscheidung war auch die Klägerin. Das Finanzgericht gab der Klage des Ehemanns und der Klägerin durch Urteil vom 1. September 2010 (Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 1314) statt und änderte die im Klageverfahren auch gegenüber der Klägerin ergangenen Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre entsprechend dem Antrag der Klägerin und des Ehemanns ab.
Hiergegen wendet sich das FA mit der Revision. Der erkennende Senat hat mit Beschluss vom 17. Juli 2013 das Revisionsverfahren der Klägerin vom Verfahren des Ehemanns abgetrennt.
Das FA beantragt,
das Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
II. 1. Die Revision des FA ist zulässig. Auch wenn das FA die Revision erst mehr als einen Monat nach Zustellung des Urteils eingelegt hat, ist sie nicht verspätet.
Nach § 55 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Revision innerhalb eines Jahres einzulegen, wenn in dem finanzgerichtlichen Urteil eine Rechtsmittelbelehrung unterblieben oder unrichtig erteilt ist. Nennt eine Entscheidung --wie im Streitfall-- nicht das richtige Rechtsmittel, ist sie fehlerhaft, da in diesem Fall die verfahrensrechtliche Lage nicht zutreffend wiedergegeben wird (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 19. Dezember 1995 IX R 48/92, BFHE 179, 386, BStBl II 1996, 198).
Mit Bekanntgabe eines --die richtige Rechtsmittelbelehrung beinhaltenden-- Berichtigungsbeschlusses beginnt eine neue Rechtsmittelfrist (BFH-Urteil vom 27. Juli 2004 IX R 44/01, BFH/NV 2005, 188), hier als neue Revisionsfrist. Diese Frist beträgt einen Monat nach Zustellung des Berichtigungsbeschlusses. Das FA hat innerhalb dieser neuen Rechtsmittelfrist Revision eingelegt.
2. Die Revision des FA ist hinsichtlich der Klage der Klägerin gegen die Einkommensteuerfestsetzungen unbegründet, soweit sie die isolierte Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 4. Mai 2007 betrifft. Das FA hätte die Einspruchsentscheidung nicht auch gegen die Klägerin richten dürfen, weil diese keinen Einspruch eingelegt hat. Gegen die Einkommensteuerbescheide hat der Prozessbevollmächtigte mit Schreiben vom 20. Dezember 2005 ausdrücklich nur im Namen des Klägers Einspruch eingelegt. Soll der von nur einem der Ehegatten eingelegte Rechtsbehelf auch für den anderen gelten, muss im Einspruchsschreiben unmissverständlich zum Ausdruck kommen, dass der Einspruch auch für den anderen --mit ihm zusammen veranlagten-- Ehegatten wirken soll (so Senatsurteil vom 20. Juni 2012 X R 17/12, BFH/NV 2012, 1939, m.w.N.). Dies ist hier nicht erfolgt. Unerheblich ist, dass der Prozessbevollmächtigte im weiteren Einspruchsverfahren beide Kläger im Rubrum aufgeführt hat. Die Klägerin hat somit einen Anspruch auf isolierte Aufhebung der Einspruchsentscheidung (vgl. Senatsurteil vom 22. August 2012 X R 27/12, BFH/NV 2013, 560, m.w.N.). Insofern war ihre Klage auch zulässig, denn ihr in dem finanzgerichtlichen Verfahren gestellter Klageantrag, der auf Änderung der Einkommensteuerbescheide 2001 bis 2003 vom 22. Mai 2009 --also der nach Ergehen der Einspruchsentscheidung vom 4. Mai 2007 erlassenen Änderungsbescheide-- gerichtet war, beinhaltete zugleich das Begehren der Klägerin auf isolierte Aufhebung der gegen sie gerichteten und durch diese Änderungsbescheide geänderten Einspruchsentscheidung. Diesem Klageantrag ist im Urteil auch entsprochen worden.
3. Die Revision ist begründet, soweit auch die Klägerin Klage gegen die Einkommensteuerfestsetzungen erhoben hat. Denn die von der Klägerin erhobene Klage war mangels Durchführung eines Vorverfahrens unzulässig.
Da das Revisionsgericht das Vorliegen der Sachentscheidungsvoraussetzungen von Amts wegen zu prüfen hat, kann es dazu eigene Feststellungen treffen (BFH-Urteil vom 20. Dezember 2012 III R 59/12, BFH/NV 2013, 709, m.w.N.).