Entscheidungsdatum: 29.08.2012
1. NV: Für den zeitlichen Anwendungsbereich des § 7g EStG in der vor den Änderungen durch das Unternehmenssteuerreformgesetz 2008 geltenden Fassung hält der Senat daran fest, dass die erforderliche Prognose der "voraussichtlichen" Investition bei einem noch nicht eröffneten Betrieb nur durch eine verbindliche Bestellung der wesentlichen Betriebsgrundlagen konkretisiert werden kann .
2. NV: Auch für Zwecke der Anwendung des § 7g EStG ist erst dann von einer abgeschlossenen Betriebseröffnung auszugehen, wenn sämtliche wesentlichen Betriebsgrundlagen vorhanden sind, die nach dem Betriebskonzept des Gründers für die Führung des Betriebs erforderlich sind .
3. NV: Hat das FG sein Urteil kumulativ auf mehrere Begründungen gestützt, von denen jede für sich das Entscheidungsergebnis trägt, ist die Revision nur zuzulassen, wenn für jede dieser Begründungen ein Zulassungsgrund i.S.d. § 115 Abs. 2 FGO schlüssig dargelegt wird und vorliegt .
I. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) sind Ehegatten, die zur Einkommensteuer zusammenveranlagt werden. Der Kläger war bis Ende 2004 als Gesellschafter-Geschäftsführer einer landwirtschaftlichen GmbH tätig. Im Streitjahr 2005 veräußerte er seine Geschäftsanteile unter Erzielung eines Veräußerungsgewinns in Höhe von rund 164.000 €. Seit dem 1. Juli 2006 bezieht er eine Rente.
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Zum 1. Dezember 2004 meldete der Kläger eine Tätigkeit als landwirtschaftlicher Berater an. Er erklärte hieraus für das Jahr 2004 Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von ./. 36 €. Für das Streitjahr 2005 erklärte er Einkünfte in Höhe von ./. 140.009 €, die sich wie folgt zusammensetzten: |
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Einnahmen |
3.420 € |
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laufende Betriebsausgaben |
./. 3.429 € |
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Ansparabschreibung nach § 7g des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (EStG) |
./. 140.000 € |
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Dabei gab er für die anzuschaffenden Wirtschaftsgüter die folgenden voraussichtlichen Anschaffungskosten an: |
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Pkw VW Phaeton |
125.000 € |
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Transporter |
40.000 € |
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Vermessungsgerät |
60.000 € |
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Bodenprobenset |
20.000 € |
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Laboreinrichtung |
37.500 € |
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PC mit Monitor |
4.500 € |
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Laserdrucker |
4.000 € |
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Präsentationstechnik |
17.000 € |
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Kopierer |
8.000 € |
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Telefonanlage |
3.000 € |
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Faxgerät |
1.500 € |
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Schreibtisch |
4.500 € |
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Bürodrehstuhl |
1.500 € |
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Aktenschrank |
8.000 € |
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Regale |
4.500 € |
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Sitzgruppe |
6.500 € |
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Getränkeautomat |
4.500 € |
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Summe |
350.000 € |
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davon 40 % Ansparabschreibung |
140.000 € |
Zum 31. Dezember 2005 besaß der Kläger noch keine Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens. Im Folgejahr 2006 erwarb er einen Pkw Toyota, einen PC mit Monitor sowie einen Laserdrucker. Die tatsächlichen Anschaffungskosten waren jeweils erheblich geringer als die vom Kläger in der Einkommensteuererklärung für 2005 angegebenen voraussichtlichen Anschaffungskosten, so dass er aus der Auflösung der Rücklage und dem vorzunehmenden Gewinnzuschlag Betriebseinnahmen in Höhe von 55.720 € ansetzte. Im Übrigen erklärte er für 2006 Betriebseinnahmen (einschließlich der Privatnutzungsanteile) von 8.933 € sowie laufende Betriebsausgaben von 13.181 €.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) berücksichtigte die für 2005 geltend gemachte Ansparabschreibung nicht. Er vertrat die Auffassung, der Kläger hätte die wesentlichen Betriebsgrundlagen verbindlich bestellen müssen, weil es sich um eine Betriebsneugründung, zumindest aber um eine wesentliche Betriebserweiterung gehandelt habe.
Im Klageverfahren behauptete der Kläger, für seine betriebliche Tätigkeit im Jahr 2005 Wirtschaftsgüter seines Privatvermögens genutzt zu haben, ohne diese ins Betriebsvermögen einzulegen. Die Betriebseröffnung sei spätestens mit der Abrechnung der ersten Beratungsaufträge im Jahr 2005 abgeschlossen gewesen. Da er lediglich immaterielle Dienstleistungen erbringe, benötige er keine wesentlichen Betriebsgrundlagen.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Als wesentliche Betriebsgrundlagen seien nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung diejenigen Wirtschaftsgüter anzusehen, ohne die der Betrieb nicht geführt werden könne. Da am 31. Dezember 2005 die --nach dem Betriebskonzept des Klägers wesentlichen-- Wirtschaftsgüter wie das Bodenprobenset und die Laboreinrichtung noch nicht angeschafft worden seien, sei die Gründungsphase des Betriebs noch nicht abgeschlossen gewesen. Allein durch mündliche Beratungen ohne Laboranalysen seien die Kunden des Klägers nicht zufriedenzustellen. Selbst wenn aber die im Jahr 2005 erzielten geringfügigen Umsätze den Abschluss der Betriebseröffnung anzeigen sollten, hätte der Kläger jedenfalls eine wesentliche Betriebserweiterung geplant, da die anzuschaffenden Wirtschaftsgüter ihm die Erbringung qualitativ wesentlich höherwertiger Beratungsleistungen ermöglichen würden. Auf die behauptete Verwendung von Wirtschaftsgütern des Privatvermögens komme es nicht an, weil diese nicht in das Betriebsvermögen eingelegt worden seien. Zudem zeige die Nutzung des privaten Pkw und der Büroeinrichtung, dass es sich um wesentliche Betriebsgrundlagen gehandelt habe, weil der Kläger sein Unternehmen nicht ohne diese Wirtschaftsgüter habe führen können.
Mit seiner Beschwerde begehrt der Kläger die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache, zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung.
Das FA hält die Beschwerde für unzulässig.
II. Die Beschwerde ist --bei Zweifeln daran, ob die gesetzlichen Darlegungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) überhaupt erfüllt sind-- jedenfalls unbegründet.
1. Die Revision ist nicht wegen einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) zuzulassen. Die Darlegung dieses Zulassungsgrunds setzt voraus, dass die Beschwerdebegründung konkrete Rechtsfragen bezeichnet und auf deren Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit im angestrebten Revisionsverfahren sowie auf deren über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung eingeht (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 18. November 2010 VII B 12/10, BFH/NV 2011, 406, unter II.1., m.w.N.). Daran fehlt es.
a) Die erste von den Klägern formulierte Rechtsfrage geht dahin, ob durch die betriebliche Nutzung privater Wirtschaftgüter die wesentlichen Betriebsgrundlagen als im Betrieb vorhanden gälten, so dass die Betriebseröffnungsphase abgeschlossen sei.
Diese Rechtsfrage wäre in einem künftigen Revisionsverfahren im Streitfall nicht klärungsfähig. Denn das FG hat den Sachverhalt ausdrücklich dahingehend gewürdigt, dass das Bodenprobenset und die Laboreinrichtung zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen gehört haben, diese aber im Privatvermögen des Klägers im Jahr 2005 nicht vorhanden waren und daher auch nicht betrieblich genutzt werden konnten. Für die Entscheidung des Streitfalls kommt es daher nicht darauf an, ob weitere Wirtschaftsgüter (Pkw, Büroeinrichtung) im Streitjahr bereits im Privatvermögen vorhanden waren. Denn die Betriebseröffnung ist erst abgeschlossen, wenn "die wesentlichen Grundlagen des Betriebs" vorhanden sind (BFH-Urteil vom 10. Juli 1991 VIII R 126/86, BFHE 164, 565, BStBl II 1991, 840, unter 1.b). Dies bedeutet, dass sämtliche wesentlichen Grundlagen vorhanden sein müssen, die nach dem Betriebskonzept des Gründers für die Führung des Betriebs erforderlich sind (vgl. auch Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 25. Februar 2004, BStBl I 2004, 337, Rz 17).
b) Ferner werfen die Kläger die Frage auf, ob an der Rechtsprechung festzuhalten sei, wonach im zeitlichen Anwendungsbereich des § 7g EStG in der vor den Änderungen durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 (UntStRefG) vom 14. August 2007 (BGBl I 2007, 1912) geltenden Fassung für Wirtschaftsjahre, die vor dem Abschluss der Eröffnung eines neu gegründeten Betriebs lägen, die erforderliche Prognose nur durch eine verbindliche Bestellung der wesentlichen Betriebsgrundlagen konkretisiert werden könne.
Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der BFH in ständiger Rechtsprechung für die im Streitjahr geltende Fassung des § 7g EStG an diesem Erfordernis festhält (vgl. aus jüngerer Zeit Senatsurteile vom 15. September 2010 X R 16/08, BFH/NV 2011, 33, und vom 20. Juni 2012 X R 42/11, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2012, 1795, unter II.2.b aa). Diese Frage ist daher nicht mehr klärungsbedürftig, zumal die Kläger --über den bloßen Hinweis auf vereinzelte abweichende Stimmen in der Instanzrechtsprechung und der Literatur hinaus-- nicht darlegen, aus welchen Gründen eine erneute Entscheidung des BFH über diese Frage im Interesse der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung erforderlich sein könnte (vgl. zu diesem Darlegungserfordernis BFH-Beschluss vom 29. Dezember 2010 IV B 46/09, BFH/NV 2011, 634, unter 2.).
Lediglich für die --weniger gestaltungsanfällige-- Vorschrift des § 7g EStG in der Fassung des UntStRefG setzt der Nachweis der Investitionsabsicht bei noch in Gründung befindlichen Betrieben nicht zwingend eine Bestellung der wesentlichen Betriebsgrundlagen voraus (vgl. Senatsurteil in DStR 2012, 1795).
c) Die Rechtsfrage, ob die Möglichkeit zur Erbringung qualitativ wesentlich höherwertiger Beratungsleistungen als wesentliche Betriebserweiterung anzusehen sei, betrifft lediglich die Hilfsbegründung des finanzgerichtlichen Urteils. Denn das FG hat seine Entscheidung in erster Linie darauf gestützt, dass die Betriebsgründung im Streitjahr noch nicht abgeschlossen gewesen sei.
Hat das FG sein Urteil kumulativ auf mehrere Begründungen gestützt, von denen jede für sich das Entscheidungsergebnis trägt, ist die Revision nur zuzulassen, wenn mit der Nichtzulassungsbeschwerde für jede dieser Begründungen ein Zulassungsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 FGO schlüssig dargelegt wird und vorliegt (BFH-Beschluss vom 26. Oktober 2010 V B 104/09, BFH/NV 2011, 609, m.w.N.). Da hinsichtlich der Hauptbegründung des angefochtenen Urteils --wie vorstehend ausgeführt-- kein Zulassungsgrund gegeben ist, kann die Beschwerde schon aus diesem Grund mit Einwendungen gegen die Hilfsbegründung keinen Erfolg haben.
Im Übrigen betrifft die von den Klägern formulierte Rechtsfrage --wie das FA in seiner Beschwerdeerwiderung zutreffend aufzeigt-- lediglich den entschiedenen Einzelfall; eine grundsätzliche Bedeutung kommt ihr auch deshalb nicht zu.
d) Schließlich begehren die Kläger die Klärung der Frage, ob sich das spätere Unterschreiten des geplanten Investitionsvolumens schädlich auf die Prognoseentscheidung auswirke. Auch diese Rechtsfrage bezieht sich nur auf eine Hilfsbegründung des FG-Urteils und kann daher --weil zur Hauptbegründung keine Zulassungsgründe durchgreifen-- nicht zur Revisionszulassung führen.
2. Bei dem Zulassungsgrund der Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) handelt es sich um einen speziellen Unterfall des Zulassungsgrunds der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache. Für seine Darlegung gelten daher regelmäßig die an eine auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO gestützte Beschwerdebegründung zu stellenden Anforderungen (ständige Rechtsprechung; vgl. aus jüngerer Zeit nur BFH-Beschluss vom 30. November 2010 VI B 100/10, BFH/NV 2011, 574, unter 2.). Da das Vorbringen der Kläger insoweit über ihren Vortrag zur grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nicht hinausgeht, kann eine Zulassung im Streitfall auch nicht auf das Erfordernis einer Rechtsfortbildung gestützt werden.
3. Wird die Beschwerde darauf gestützt, dass die Revisionszulassung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) erforderlich sei, weil das FG von der Entscheidung eines anderen Gerichts abgewichen sei, setzt die Darlegung dieses Zulassungsgrunds die Gegenüberstellung einander widersprechender abstrakter Rechtssätze aus dem angefochtenen Urteil des FG einerseits und der herangezogenen Divergenzentscheidung andererseits voraus (Senatsbeschluss vom 18. Januar 2011 X B 34/10, BFH/NV 2011, 813, unter 1.c, m.w.N.). Daran fehlt es im Streitfall.