Entscheidungsdatum: 22.08.2018
Für das Bestehen der Pflicht des Vermieters, die Wohnung gemäß § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB zum vertragsgemäßen Gebrauch zu überlassen und sie fortlaufend in diesem Zustand zu erhalten, ist es unerheblich, ob der Mieter die Sache tatsächlich nutzt und ihn ein Mangel daher subjektiv beeinträchtigt.
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil der 17. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 14. März 2017 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung der Kläger
- hinsichtlich des Klageantrags zu Ziffer 1c (Gastherme) einschließlich der hierauf bezogenen Ziffer 2,
- hinsichtlich der nach dem Klageantrag zu Ziffer 3 begehrten Feststellung einer Minderungsquote von 15 % wegen der nach dem Klageantrag zu Ziffer 1c beanspruchten Instandsetzungsmaßnahme und
- hinsichtlich der auf die Widerklage erkannten Miet- und Nebenkostenzahlbeträge, soweit dabei eine Minderungsquote von 15 % versagt worden ist,
zurückgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerde- und des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Die Kläger sind seit dem 1. Mai 2014 Mieter einer Wohnung der Beklagten in Bad Homburg. Die monatliche Bruttomiete beläuft sich auf 834,68 €; die Grundmiete beträgt 589,68 €.
Die Parteien streiten im Wege von Klage und Widerklage über verschiedene Instandsetzungsarbeiten, die Feststellung einer Berechtigung der Kläger zur Mietminderung sowie über die Zahlung von Miete und Betriebskostennachforderungen. Im Revisionsverfahren stehen nur noch Ansprüche wegen eines behaupteten Defekts der Gastherme im Streit, wofür die Kläger eine Minderungsquote von 15 % ansetzen.
Das Amtsgericht hat die auf Vornahme näher bezeichneter Instandsetzungsarbeiten, auf Feststellung einer vollständigen Mietminderung sowie auf Zahlung vorgerichtlicher Anwaltskosten gerichtete Klage abgewiesen und der auf Zahlung rückständiger Miete und einer Betriebskostennachforderung gerichteten Widerklage stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Berufung der Kläger hat lediglich hinsichtlich der vorgerichtlichen Anwaltskosten und bezüglich der Widerklage insoweit Erfolg gehabt, als darin eine Nebenkostenvorauszahlung für das Jahr 2015 enthalten ist.
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger hat der Senat die Revision - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsbehelfs - in dem aus dem Urteilstenor ersichtlichen Umfang zugelassen. In diesem Umfang verfolgen die Kläger ihr Klagebegehren sowie bezüglich der Widerklage ihr Klageabweisungsbegehren weiter.
Die Revision hat Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - im Wesentlichen ausgeführt:
Den Klägern fehle für eine auf die Instandsetzung der Gastherme und eine auf deren Defekt basierende Minderung der Miete gerichtete Klage bereits das Rechtsschutzbedürfnis, weil die Wohnung seit dem Jahr 2016 nicht von ihnen, sondern von einem Dritten bewohnt werde, der auch die laufende Miete entrichte. Der Kläger zu 1 habe in seiner Anhörung in erster Instanz selbst angegeben, die Wohnung werde von seiner Tochter und seinem Schwager bewohnt, der auch die Miete zahle. Soweit in der Berufung demgegenüber behauptet worden sei, bei der Klägerin zu 2 handele es sich entgegen der Angabe in der Klageschrift nicht um die Ehefrau, sondern um die dort wohnende Tochter des Klägers zu 1, sei dies nicht unter Beweis gestellt worden. Die Kläger hätten auch keinen Anspruch auf Feststellung der Minderung; die Wohnung sei den Klägern vertragsgemäß zur Verfügung gestellt worden, so dass die Miete nicht gemindert und die Widerklage auf Zahlung rückständiger Miete begründet sei.
II.
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein Anspruch der Kläger aus § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB auf Instandsetzung der Gastherme sowie auf Feststellung einer auf den Defekt der Gastherme gestützten Mietminderung in Höhe von 15 % (§ 536 Abs. 1 Satz 2 BGB) nicht verneint und ein mit der Widerklage geltend gemachter Zahlungsanspruch in Höhe einer Minderungsquote von 15 % nicht bejaht werden.
1. Wie die Revision mit Recht rügt, fehlt es der auf Instandsetzung der defekten Therme gerichteten Klage weder an dem erforderlichen Rechtsschutzinteresse, noch kann sie insoweit auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen als unbegründet angesehen werden.
a) Bei Leistungsklagen ergibt sich ein Rechtsschutzbedürfnis regelmäßig schon aus der Nichterfüllung des behaupteten materiellen Anspruchs, dessen Vorliegen für die Prüfung des Interesses an seiner gerichtlichen Durchsetzung zu unterstellen ist (st. Rspr.; BGH, Urteile vom 30. September 2009 - VIII ZR 238/08, NJW 2010, 1135 Rn. 7; vom 4. Juni 2014 - VIII ZR 4/13, WuM 2014, 558 Rn. 17; vom 21. September 2017 - I ZR 58/16, WRP 2017, 1488 Rn. 37; jeweils mwN). Nur ausnahmsweise können besondere Umstände das Verlangen des Klägers, in die materiell-rechtliche Prüfung seines Anspruchs einzutreten, als nicht schutzwürdig erscheinen lassen.
Anhaltspunkte dafür, dass mit der Klage prozessfremde Ziele verfolgt werden und die Kläger die Gerichte als Teil der Staatsgewalt "unnütz bemüht" haben (vgl. Senatsurteil vom 4. Juni 2014 - VIII ZR 4/13, aaO Rn. 18; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 23. Aufl., vor § 253 Rn. 154) sind vom Berufungsgericht nicht im Ansatz festgestellt und auch sonst nicht ersichtlich.
Da die Beklagte den Instandsetzungsanspruch der Kläger bestreitet, sind diese auf die gerichtliche Geltendmachung angewiesen. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist es für die Frage des Rechtsschutzinteresses nicht von Bedeutung, ob die Kläger selbst in der von ihnen angemieteten Wohnung leben oder sie nahen Familienangehörigen überlassen haben. Dieser Umstand lässt das Rechtsschutzinteresse der Kläger an der gerichtlichen Klärung der zwischen den Parteien streitigen Begehren nicht entfallen. Sofern das Berufungsgericht mit seinem Hinweis auf die Überlassung der Wohnung an Familienangehörige gemeint haben sollte, dem Anspruch der Kläger stehe wegen dieses Umstands der Einwand rechtsmissbräuchlichen Verhaltens (§ 242 BGB) entgegen, so handelte es sich hierbei um einen allein materiell-rechtlichen Einwand, der nicht geeignet ist, bereits das Rechtsschutzinteresse der Kläger an der materiell-rechtlichen Prüfung des von ihnen erhobenen Anspruchs zu verneinen.
b) Die Entscheidung des Berufungsgerichts über den Instandsetzungsanspruch bezüglich der Gastherme stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Insbesondere kann das Bestehen dieses Anspruchs nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht verneint werden. Der - revisionsrechtlich zu unterstellende - längere Ausfall der Gastherme stellt einen Mangel dar. Da die Wohnung mit Heizung vermietet wurde, schuldet die Beklagte die Versorgung mit Wärme, mithin die Überlassung einer intakten Heizanlage und unabhängig von der genauen technischen Ausgestaltung damit auch die Warmwasserversorgung (vgl. Senatsurteil vom 22. Januar 2014 - VIII ZR 391/12, NJW 2014, 1951 Rn. 15; MünchKommBGB/Häublein, 7. Aufl., § 535 Rn. 76). Die Kläger haben hinreichend substantiiert zur Mangelhaftigkeit vorgetragen.
c) Auch die Überlassung der Wohnung an Dritte vermag einen Anspruch auf Instandsetzung der Gastherme nicht auszuschließen. Den Vermieter trifft die Pflicht, die Wohnung "zum vertragsgemäßen Gebrauch" zu überlassen und sie fortlaufend in diesem Zustand zu erhalten, § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB (vgl. Senatsurteil vom 19. November 2014 - VIII ZR 191/13, BGHZ 203, 256 Rn. 25). Für das Bestehen dieser Hauptleistungspflicht ist es unerheblich, ob der Mieter die Sache tatsächlich nutzt und ihn der Mangel daher subjektiv beeinträchtigt.
d) Die Kläger sind schließlich auch nicht unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben (§ 242 BGB) - im Hinblick auf die vom Berufungsgericht angenommene Überlassung der Wohnung an Familienangehörige - an der Geltendmachung des Instandsetzungsanspruchs gehindert. Ob den Klägern insoweit ein vertragswidriges Verhalten anzulasten ist, kann dahinstehen, weil durch eine etwaige Vertragsverletzung der Kläger die Pflicht der Beklagten, die Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu erhalten, angesichts des mangels Kündigung fortbestehenden Mietverhältnisses nicht berührt würde.
2. Das weiter geltend gemachte Begehren auf Feststellung einer Minderungsquote kann mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung ebenfalls nicht verneint werden.
a) Das Feststellungsinteresse (§ 256 Abs. 1 ZPO) folgt schon daraus, dass die Mietminderung zwischen den Parteien streitig ist. Es ist auch nicht durch die Erhebung der auf Zahlung gerichteten Widerklage entfallen, da es an der Identität der Streitgegenstände fehlt. Die Minderung als Gegenstand der Feststellungsklage ist bezüglich der Zahlungsklage der Beklagten lediglich eine entscheidungsrelevante Vorfrage. Damit ist nur ein Teilaspekt betroffen und liegt nicht der gleiche Streitstoff vor (vgl. BGH, Urteil vom 21. Dezember 1989 - IX ZR 234/88, NJW-RR 1990, 1532 unter I 2; BeckOK ZPO/Bacher, Stand: 1. März 2018, § 256 Rn. 10).
b) Nach dem revisionsrechtlich zu unterstellenden Sachvortrag der Kläger ist von dem Bestehen eines Minderungsrechts auszugehen. Angesichts der essentiell notwendigen Versorgung einer Wohnung mit warmem Wasser liegt ein Mangel vor, der auch eine nicht unerhebliche Minderung der Gebrauchstauglichkeit der Wohnung im Sinne von § 536 Abs. 1 Satz 3 BGB nach sich zieht (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juni 2004 - XII ZR 251/02, NJW-RR 2004, 1450 unter II 3 a aa).
Auch dem Minderungsbegehren steht die Überlassung der Wohnung an Dritte nicht entgegen. Die Minderung nach § 536 Abs. 1 BGB tritt kraft Gesetzes ein. Daher kann der Vermieter ebenso wie bei der Instandhaltungspflicht nicht mit Erfolg einwenden, der Mieter hätte die Mietsache, auch wenn sie zum vertragsgemäßen Gebrauch tauglich gewesen wäre, doch nicht genutzt (Senatsurteile vom 11. Februar 1958 - VIII ZR 12/57, NJW 1958, 785 unter I; vom 29. Oktober 1986 - VIII ZR 144/85, NJW 1987, 432 unter II 1 c; Staudinger/V. Emmerich, BGB, Neubearb. 2018, § 536 Rn. 93).
c) Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung haben die Kläger hinreichend dazu vorgetragen, dass die Gastherme von Anfang an nicht funktioniert habe. Jedenfalls aus der Gesamtschau des Vorbringens wird deutlich, dass die Kläger mit der Rüge des bereits zum Überlassungszeitpunkt unbewohnbaren Zustands der Räumlichkeiten auch die Gastherme als umfasst ansahen.
Anders als die Revisionserwiderung meint, ist auch die Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht als untaugliches Beweismittel anzusehen. Denn es ist nicht ausgeschlossen, dass ein Sachverständiger - ggf. in Verbindung mit weiteren Angaben aus einer Parteianhörung - aus dem Ist-Zustand der Therme Rückschlüsse auf deren Funktion in der Vergangenheit ziehen kann.
3. Auch die Widerklageforderung auf Zahlung rückständiger Miete kann, soweit die Kläger im streitigen Zeitraum eine Minderung in Höhe von 15 % wegen der defekten Gastherme geltend gemacht haben, mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung nicht als begründet erachtet werden, denn das Berufungsgericht hat die erforderlichen Feststellungen zur entscheidenden Frage des vertragsgemäßen Zustands der Therme bisher nicht getroffen.
III.
Nach alledem ist das Berufungsurteil aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist noch nicht zur Endentscheidung reif (§ 563 Abs. 3 ZPO) und ist daher zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Dr. Milger |
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Dr. Schneider |
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Dr. Fetzer |
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Kosziol |
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Dr. Schmidt |
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