Entscheidungsdatum: 20.02.2013
1. Zur Frage der Doppelkausalität bei einer Schadensverursachung durch Mängel eng zusammengehöriger Arbeitsvorgänge zur Herstellung eines Bodenbelags (Bestätigung von BGH, Urteil vom 7. Mai 2004, V ZR 77/03, NJW 2004, 2526).
2. Bei der Abwägung der beiderseitigen Verursachungsanteile nach § 254 BGB können nur solche Umstände zu Lasten des Geschädigten anspruchsmindernd berücksichtigt werden, von denen feststeht, dass sie eingetreten und für die Entstehung des Schadens (mit)ursächlich geworden sind (st. Rspr.; vergleiche BGH, Urteil vom 20. März 2012, VI ZR 3/11, VersR 2012, 865).
Auf die Revision der Klägerin und die Anschlussrevision der Beklagten wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 29. September 2011 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Die Parteien streiten über Kaufpreis- und Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit der Lieferung von Baustoffen zur Verlegung von Fliesen.
Die Klägerin wurde von der Arbeitsgemeinschaft "J. V. Z. - C. D. " (im Folgenden: ARGE), die eine pharmazeutische Fabrik in Irland zu errichten hatte, im Jahr 2004 mit der Erstellung der Bodenbeläge auf einer Gesamtfläche von knapp 3.500 m² beauftragt. Die Böden sollten mit Fliesen belegt werden und über die Fugen elektrisch ableitfähig sein. Die Klägerin ihrerseits beauftragte die - inzwischen insolvente - A. A. GmbH (im Folgenden: A. GmbH) mit der Ausführung der Verlegearbeiten. Sie bestellte bei der Beklagten die dafür erforderlichen Materialien, mit denen nach einer Bestätigung der Beklagten die Herstellung eines ableitfähigen Bodens möglich sein sollte. Hierbei handelte es sich um die Kontaktschlämme B. , den Fugenmörtel Bo. und zugehörige Systemkomponenten ("sonstige Materialien").
Der Fugenmörtel besteht aus einer pulverförmigen und einer flüssigen Komponente, die erst unmittelbar vor der Verarbeitung vermischt werden. Der Zeuge L. - ein Mitarbeiter der Beklagten, der die Mitarbeiter der A. GmbH in die Verarbeitung der Baustoffe einzuweisen hatte - legte im Februar 2005 auf der Baustelle das Mischungsverhältnis der Komponenten fest.
Eine Teilfläche von knapp 2.100 m² wurde mit dem von der Beklagten gelieferten Fugenmörtel verfugt. Im März 2005 wurden Mängel - Ausblühungen und Abplatzungen - an der Verfugung dieser Fläche reklamiert. Es zeigte sich, dass den Fugenoberflächen teilweise eine ausreichende mechanische Festigkeit fehlte. Sie waren zum Teil brüchig und zeigten keine ausreichende Haftung an den Fliesenflanken. In Teilbereichen fehlte es an einem ausreichenden Verbund zwischen Erst- und Zweitverfugung.
Nachdem kein Einvernehmen über die Ursache der Mängel und deren Beseitigung erzielt worden war, entschied die ARGE im April 2005, dass der Boden auf dieser Fläche vollständig entfernt und neu erstellt werden sollte. Die Klägerin teilte der Beklagten die Entscheidung der ARGE mit Schreiben vom 9. Mai 2005 mit und forderte sie unter Fristsetzung bis zum 19. Mai 2005 unter anderem zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 200.000 € auf. Mit den Abbrucharbeiten wurde am 9. Mai 2005 begonnen. Zunächst wurde eine Teilfläche von 1.700 m² durch eine vollständige Entfernung der bereits verlegten Fliesen und eine Neuverfliesung saniert. Nachdem die verbleibende Fläche von knapp 400 m² im Rahmen eines von der Klägerin eingeleiteten selbständigen Beweisverfahrens von dem Sachverständigen Dr. S. begutachtet worden war, wurde Ende 2005 auch diese Fläche entsprechend saniert.
Auf einer weiteren Fläche von 1.382 m² wurden die Fliesen ebenfalls mit der von der Beklagten gelieferten Kontaktschlämme verlegt, aber nicht mehr mit dem Fugenmörtel der Beklagten verfugt. Auf dieser Fläche traten keine Mängel auf.
Die Klägerin hat die Beklagte auf Zahlung von Schadensersatz wegen der Sanierungskosten in Höhe von 315.126 € in Anspruch genommen. Die Beklagte hat widerklagend die Bezahlung der von ihr gelieferten und mit 67.918,30 € in Rechnung gestellten Materialien verlangt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat die Klägerin auf die Widerklage hin verurteilt, an die Beklagte 7.225,40 € nebst Zinsen - den Kaufpreis für nicht beanstandete sonstige Materialien - zu zahlen, und hat die Widerklage im Übrigen abgewiesen. Gegen diese Entscheidung haben beide Parteien Berufung eingelegt.
Im zweiten Rechtszug hat die Klägerin ihren Schadensersatzanspruch in Höhe von 309.695 € weiterverfolgt. Sie hat mit diesem Anspruch die Aufrechnung erklärt gegenüber der von ihr in Höhe von 13.708,19 € anerkannten Kaufpreisforderung der Beklagten für die Kontaktschlämme B. und die sonstigen Materialien, soweit diese auf der mangelfreien Teilfläche von 1.382 m² verwendet worden sind, und verlangt daher noch Zahlung von 295.986,81 € nebst Zinsen. Die Beklagte hat im zweiten Rechtszug widerklagend den gesamten Kaufpreis für die Kontaktschlämme B. und die sonstigen Materialien (insgesamt 34.425,40 €) geltend gemacht und dementsprechend die Verurteilung der Klägerin zur Zahlung weiterer 27.200 € nebst Zinsen begehrt. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat es die Klägerin verurteilt, an die Beklagte - unter Einschluss der erstinstanzlichen Verurteilung - den anerkannten Betrag von 13.708,19 € nebst Zinsen zu zahlen. Die weitergehende Berufung der Beklagten hat es zurückgewiesen.
Die Klägerin begehrt mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision weiterhin Schadensersatz in der im zweiten Rechtszug bezifferten Höhe und vollständige Abweisung der Widerklage. Die Beklagte verfolgt mit der Anschlussrevision ihren Kaufpreisanspruch weiter, soweit er vom Berufungsgericht abgewiesen worden ist.
Die Revision der Klägerin und die Anschlussrevision der Beklagten haben Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
1. Die Berufung der Beklagten habe teilweise Erfolg. Auf die Widerklage hin sei die Klägerin zur Zahlung eines Teilkaufpreises in Höhe von 13.708,19 € zu verurteilen. Insoweit reklamiere die Klägerin keine Mängel; sie räume ein, dass dieser Teil der gelieferten Materialien für sie brauchbar gewesen sei.
Ein weitergehender Kaufpreisanspruch der Beklagten bestehe jedoch nicht. Denn hinsichtlich der Materialien für die sanierte Teilfläche von rund 2.100 m² habe die Klägerin gegen die Beklagte einen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung aus § 437 Nr. 3, § 280 Abs. 1 und 3, § 281 BGB, dessen Geltendmachung zum Erlöschen der weitergehenden Kaufpreisforderung führe. Die Beklagte habe insoweit ihre Verpflichtung nach § 433 Abs. 1 Satz 2 BGB verletzt, der Klägerin die Kaufsache frei von Sach- und Rechtsmängeln zu liefern. Ein Sachmangel sei nach § 434 Abs. 2 Satz 2 BGB auch dann gegeben, wenn bei einer zur Montage bestimmten Sache die Montageanleitung fehlerhaft sei. Die Vorgaben des Zeugen L. zur Verarbeitung des Fugenmörtels seien als Montageanleitung im Sinne des § 434 Abs. 2 Satz 2 BGB anzusehen. Diese Anweisungen seien fehlerhaft gewesen und hätten dazu geführt, dass die Verfugung der Teilfläche von rund 2.100 m² unbrauchbar gewesen sei.
Für die durch den Zeugen L. begangene Pflichtverletzung habe die Beklagte nach § 278 BGB einzustehen. Einer Fristsetzung zur Nacherfüllung habe es nicht bedurft, weil die Klägerin vor dem Hintergrund der Entscheidung der ARGE, dass die Fliesen auf dieser Fläche insgesamt entfernt und neue Fliesen - ohne den Fugenmörtel der Beklagten - verlegt werden sollten, für eine Nachlieferung der Beklagten keine Verwendung gehabt habe.
Gegen das insoweit berechtigte Schadensersatzbegehren der Klägerin könne die Beklagte nicht geltend machen, dass für die Entstehung des Schadensbildes weitere, durch die Mitarbeiter der A. GmbH begangene Verarbeitungsfehler mitursächlich gewesen seien. Unabhängig davon, dass die seitens der Beklagten insoweit behaupteten Fehler zumindest zum Teil schon nicht bewiesen seien, stehe aufgrund der Ausführungen des Sachverständigen fest, dass bereits die fehlerhaften Verarbeitungshinweise des Zeugen L. für sich genommen die vollständige Unbrauchbarkeit der Leistung der Beklagten bewirkt hätten. Selbst wenn weitere Umstände das dadurch hervorgerufene Schadensbild verschlimmert hätten, könnten diese nicht dazu führen, dass der Beklagten ein Anspruch auf teilweise Bezahlung ihrer Kaufpreisforderungen zustünde.
2. Die Berufung der Klägerin sei dagegen nicht begründet. Die Klägerin habe gegen die Beklagte keinen Schadensersatzanspruch auf Erstattung der Sanierungskosten für die mangelbehaftete Teilfläche von 2.100 m² aus § 437 Nr. 3, § 280 Abs. 1 und 3, § 281 BGB. Die Beklagte müsse sich zwar die durch den Zeugen L. erteilten fehlerhaften Verarbeitungshinweise bezüglich der Anmischung des Fugenmörtels als Pflichtverletzung im Sinne des § 280 BGB zurechnen lassen. Zudem habe es keiner Fristsetzung zur Nacherfüllung bedurft, sondern die sofortige Geltendmachung von Schadensersatz sei wegen besonderer Umstände im Sinne des § 281 Abs. 2 BGB gerechtfertigt gewesen.
Gleichwohl bestehe kein Schadensersatzanspruch, weil nicht feststehe, dass die von der Klägerin geltend gemachten Sanierungskosten als ersatzfähiger Schaden anzusehen seien. Die insoweit beweisbelastete Klägerin sei hinsichtlich der haftungsausfüllenden Kausalität beweisfällig geblieben. Nach dem Ergebnis der zweitinstanzlichen Beweisaufnahme könne nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden, dass die Sanierungskosten durch die fehlerhaften Verarbeitungshinweise des Zeugen L. zumindest mitverursacht worden seien.
Der Sachverständige habe folgendes ausgeführt: Die Fliesen seien nicht nur fehlerhaft verfugt, sondern auch bereits fehlerhaft verlegt worden. Der Fliesenboden habe daher unabhängig von etwaigen Fehlern der Verfugung entfernt und neu verlegt werden müssen. Bezüglich der Teilfläche von 400 m² habe er schon bei der Probenentnahme mit Hammer und Meißel in nicht unerheblichem Umfang Hohllagen der Fliesen festgestellt. Angesichts dieser durch Abklopfen gewonnenen Erkenntnisse und der bei einem erheblichen Teil der entnommenen Fliesenproben fehlenden Mörtelanhaftungen sei davon auszugehen, dass sich unter der Teilfläche von 400 m² bereits nach der Verlegung des Fliesenbodens in so erheblichem Umfang Hohllagen befunden hätten, dass der Boden unabhängig von der fehlerhaften Verfugung habe vollständig neu verlegt werden müssen. Ein solches Erfordernis bestehe bereits dann, wenn nur etwa 40 % der Gesamtfläche von den Hohllagen betroffen gewesen seien. Ob sich unter der zum Zeitpunkt seiner Beauftragung bereits vollständig sanierten Teilfläche von 1.700 m² ursprünglich in demselben Umfang Hohllagen befunden hätten, könne er nicht mit ausreichender Sicherheit feststellen. Es fehle eine hinreichende Erkenntnisgrundlage.
Diese Ausführungen des Sachverständigen seien nachvollziehbar und in sich schlüssig. Für 400 m² der verlegten Fläche sei daher sicher festzustellen, dass die dort im Rüttelverfahren aufgebrachten Fliesen hohl gelegen hätten mit der Folge, dass eine Erneuerung des Bodens bereits deswegen erforderlich gewesen sei. Für die weiteren 1.700 m² der verlegten Fläche sei festzustellen, dass es jedenfalls wahrscheinlich sei, dass die dort aufgebrachten Fliesen ebenfalls hohl gelegen hätten und bereits dies eine Erneuerung des Bodens erforderlich gemacht habe. Es lasse sich mithin nicht feststellen, dass der von der Klägerin reklamierte Schaden (Kosten des Bodenaustausches) auf der Pflichtverletzung der Beklagten (falsche Verarbeitungshinweise für das Fugenmaterial) beruhe.
Das gelte zunächst für die 400 m², für die sich sicher feststellen lasse, dass bereits allein die mangelhafte Verlegung im Rüttelverfahren, die einen Verbund der Fliesen mit dem Untergrund nicht hergestellt habe, die Bodenerneuerung erfordert habe. Wirkten sich zwei Ursachen eines Schadens (mangelhafte Verlegung einerseits, falsche Verarbeitungshinweise andererseits) zu unterschiedlichen Zeitpunkten (zuerst die Verlegung, danach die Verfugung) unabhängig voneinander aus, gehe es nicht um verschiedene gleichzeitig wirkende Umstände, bei denen die Grundsätze der sogenannten Gesamt- oder Doppelkausalität anzuwenden wären. Vielmehr sei der "Zweitschädiger" in solchen Fällen nur dann für den Schaden verantwortlich, wenn er den bereits durch die erste Ursache (Fliesen ohne Verbund zum Untergrund gelegt) herbeigeführten Schaden (Austausch erforderlich) vergrößert habe. Eine Vergrößerung des Schadens (notwendiger Bodenaustausch) durch die fehlerhafte Anweisung der Beklagten (Einbringung Fugenmaterial) lasse sich nicht feststellen. Die Klägerin habe daher bereits wegen eigener Versäumnisse (kein ausreichender Haftverbund der Fliesen mit der Unterlage) ihrem Auftraggeber den Austausch des Bodens geschuldet.
Dies gelte im Ergebnis auch für die weitere Fläche von 1.700 m². Da eine Wahrscheinlichkeit dafür bestehe, dass die Fliesen dort ebenfalls hohl gelegen hätten, lasse sich auch hier nicht feststellen, dass die fehlerhafte Anweisung zur Mischung des Fugenmaterials den Schaden verursacht, ihn mitverursacht oder einen bestehenden Schaden vergrößert habe. Es lasse sich nicht ausschließen, dass die für den Austausch dieser Fläche angefallenen Kosten auch ohne die fehlerhaften Verarbeitungshinweise angefallen wären.
II.
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
A. Revision der Klägerin
1. Der von der Klägerin geltend gemachte Schadensersatzanspruch aus § 437 Nr. 3, § 280 Abs. 1 BGB auf Erstattung der Kosten für den Austausch des Fliesenbelags auf der sanierten Teilfläche von rund 2.100 m² kann mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung nicht verneint werden.
a) Zu Recht hat das Berufungsgericht die fehlerhaften Hinweise des Zeugen L. zur Verarbeitung des Fugenmörtels, die nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts bereits für sich genommen die vollständige Unbrauchbarkeit der mit dem Fugenmörtel verfugten Teilfläche bewirkt haben, als Sachmangel im Sinne von § 434 Abs. 2 Satz 2 BGB angesehen, den sich die Beklagte als Pflichtverletzung im Sinne des § 280 Abs. 1 BGB zurechnen lassen muss. Dies ist im Revisionsverfahren nicht im Streit.
b) Rechtsfehlerhaft ist jedoch die Annahme des Berufungsgerichts, dass diese Pflichtverletzung der Beklagten den erforderlichen Austausch des Fliesenbelags nicht zumindest mitverursacht habe und deshalb das - auch nach Auffassung des Berufungsgerichts - im Grundsatz berechtigte Schadensersatzbegehren an dem von der Klägerin zu erbringenden Nachweis der haftungsausfüllenden Kausalität scheitere. Das Berufungsgericht hat verkannt, dass hier ein Fall der "Doppelkausalität" vorliegt, wenn nicht nur die fehlerhaften Verarbeitungshinweise der Beklagten, sondern - wovon das Berufungsgericht ausgegangen ist - auch eine der Klägerin zuzurechnende fehlerhafte Verlegung der Fliesen einen kompletten Austausch des Bodenbelags erforderlich gemacht haben.
aa) Ist ein bestimmter Schaden durch mehrere gleichzeitig oder nebeneinander wirkende Umstände, etwa durch mehrere Mängel einer Sache, verursacht worden und hätte jede dieser Ursachen für sich allein ausgereicht, um den ganzen Schaden herbeizuführen, dann sind nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sämtliche Umstände als rechtlich ursächlich zu behandeln, obwohl keiner von ihnen als "conditio sine qua non" qualifiziert werden kann. In diesen Fällen der sogenannten Doppelkausalität bedarf es einer entsprechenden Modifikation der Äquivalenztheorie, weil der eingetretene Schadenserfolg ansonsten auf keine der tatsächlich wirksam gewordenen Ursachen zurückgeführt werden könnte (st. Rspr.; BGH, Urteile vom 13. März 2012 - II ZR 50/09, WM 2012, 990 Rn. 25; vom 23. März 2006 - IX ZR 134/04, WM 2006, 1211 Rn. 20; vom 7. Mai 2004 - V ZR 77/03, NJW 2004, 2526 unter II 2 a; vom 16. Mai 1983 - III ZR 89/82, VersR 1983, 731 unter II 1 b; vom 6. Mai 1971 - VII ZR 302/69, VersR 1971, 818 unter 4 b; jeweils mwN).
Das Berufungsgericht hat in seiner Begründung für die Zulassung der Revision zwar gesehen, dass seine Entscheidung der höchstrichterlichen Rechtsprechung entgegenstehen könnte, hat einen Widerspruch aber zu Unrecht verneint. Dies beruht darauf, dass es den Begriff "gleichzeitig wirkende Umstände" zu eng aufgefasst hat, indem es zusammengehörige Arbeitsvorgänge - hier: Verlegung und Verfugung der Fliesen als notwendige Bestandteile der Herstellung des Bodenbelags - sachwidrig voneinander getrennt hat.
bb) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts wies der Fliesenbelag nach Abschluss der Arbeiten der als Subunternehmerin tätigen A. GmbH zwei Mängel auf.
Zum einen war die Verfugung aufgrund fehlerhafter Verarbeitungshinweise seitens des Mitarbeiters der Beklagten auf der gesamten Fläche von 2.100 m² mangelhaft mit der Folge, dass bereits aus diesem Grund die Fliesen entfernt und neu verlegt werden mussten. Zum anderen lagen die Fliesen auf der vom Sachverständigen begutachteten Teilfläche von 400 m² aufgrund fehlerhafter Verlegung durch die Subunternehmerin der Klägerin, die A. GmbH, in einem Umfang hohl, der ebenfalls eine Erneuerung des Bodenbelags erforderlich machte. Hinsichtlich der weiteren Teilfläche von 1.700 m² hat das Berufungsgericht entsprechende Hohllagen als wahrscheinlich angesehen und eine Erneuerungsbedürftigkeit wegen fehlerhafter Verlegung auf dieser Teilfläche ebenfalls seiner Entscheidung zugrunde gelegt. Davon ist auch im Revisionsverfahren auszugehen. Bereits das Vorliegen eines der beiden Mängel hätte somit ausgereicht, um einen kompletten Austausch des mangelhaften Bodenbelags erforderlich zu machen.
Es handelt sich damit um gleichzeitig wirkende Umstände im Sinne der Rechtsprechung zur Doppelkausalität. Denn die Mängel der Verlegung und der Verfugung lagen bei dem fertiggestellten Boden nebeneinander vor. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist hier nicht auf den ohnehin nur sehr geringen zeitlichen Abstand zwischen der fehlerhaften Verlegung der Fliesen und der fehlerhaften Verfugung aufgrund der zuvor erteilten fehlerhaften Verarbeitungshinweise abzustellen. Denn bei der Verlegung und der Verfugung der Fliesen handelt es sich um notwendige und eng zusammengehörige Arbeitsvorgänge zur Herstellung des Bodenbelags, die bei wertender Betrachtung als einheitlicher Vorgang zu beurteilen sind. Ungeachtet der Tatsache, dass diese Arbeiten nacheinander durchgeführt wurden, wirken sich die dabei unterlaufenen Fehler im Ergebnis - bei dem fertiggestellten Boden - nebeneinander aus. Es kommt daher nicht darauf an, in welchem der beiden Arbeitsvorgänge zuerst ein Fehler unterlaufen ist.
cc) Soweit die Revisionserwiderung in der fehlerhaften Verlegung der Fliesen eine die Haftung der Beklagten ausschließende Reserveursache sehen will, geht dies bereits deshalb fehl, weil die Verlegung den eingetretenen Schaden nicht nur hypothetisch, sondern real, wenn auch in Konkurrenz mit der Verfugung, herbeigeführt hat (vgl. BGH, Urteil vom 7. Mai 2004 - V ZR 77/03, aaO unter II 2 b). Damit liegt ein Fall der entlastenden Reserveursache nicht vor.
2. Die Klägerin kann jedoch von der Beklagten nicht ohne Weiteres in vollem Umfang Ersatz der geltend gemachten Sanierungskosten verlangen. Da die Beklagte nur für eine der beiden Ursachen - die fehlerhafte Verfugung - verantwortlich ist, während die andere Ursache - die fehlerhafte Verlegung der Fliesen - nach dem revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Sachverhalt zumindest teilweise von der Subunternehmerin der Klägerin gesetzt wurde und damit in den Verantwortungsbereich der Klägerin fällt (arg. § 278 BGB), ist die Vorschrift des § 254 Abs. 1 BGB anwendbar (vgl. BGH, Urteil vom 16. Mai 1983 - III ZR 89/82, aaO unter II 2). Diese Vorschrift, die zu einer Anspruchsminderung entsprechend dem Gewicht der beiderseitigen Verursachungsanteile führt, hat das Berufungsgericht - infolge seiner unzutreffenden Beurteilung der Kausalität - zu Unrecht nicht in den Blick genommen.
Bei der Abwägung der beiderseitigen Verursachungsanteile nach § 254 BGB können allerdings nur solche Umstände zu Lasten des Geschädigten anspruchsmindernd berücksichtigt werden, von denen feststeht, dass sie eingetreten und für die Entstehung des Schadens (mit)ursächlich geworden sind (vgl. BGH, Urteil vom 20. März 2012 - VI ZR 3/11, VersR 2012, 865 Rn. 12). Die Beweislast für die Mitursächlichkeit von Umständen aus dem Verantwortungsbereich des Geschädigten trägt der Schädiger (vgl. BGH, Urteil vom 30. September 2003 - XI ZR 232/02, WM 2003, 2286 unter II 2 b bb (1) (c) mwN). Danach hat die Beklagte - und nicht die Klägerin - zu beweisen, in welchem Umfang die in den Verantwortungsbereich der Klägerin fallende Verlegung fehlerhaft und daher mitursächlich für die Notwendigkeit der Erneuerung des Bodenbelags war.
Diesen Beweis hat die Beklagte bislang nur hinsichtlich der vom Sachverständigen begutachteten Teilfläche von 400 m² erbracht, nicht aber hinsichtlich der weiteren Fläche von 1.700 m², für die das Berufungsgericht eine der Klägerin anzulastende fehlerhafte Verlegung bislang lediglich als wahrscheinlich, nicht aber als bewiesen angesehen hat. Hinsichtlich dieser Teilfläche wird das Berufungsgericht die Beweiswürdigung unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles erneut vorzunehmen haben.
a) Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei festgestellt, dass die Verlegung auf der vom Sachverständigen begutachteten Teilfläche von 400 m² wegen hohl liegender Fliesen mangelhaft war mit der Folge, dass eine Erneuerung des Bodenbelags auf dieser Fläche nicht nur wegen der fehlerhaften Verfugung, sondern auch aus diesem Grund erforderlich war. Die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe die Ausführungen des von der Klägerin vorgelegten Privatgutachtens nicht hinreichend berücksichtigt, bleibt ohne Erfolg.
aa) Einwände, die sich aus einem Privatgutachten gegen das Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen ergeben, muss das Gericht ernst nehmen, ihnen nachgehen und den Sachverhalt weiter aufklären. Dazu kann es den Sachverständigen zu einer schriftlichen Ergänzung seines Gutachtens veranlassen oder ihn gemäß § 411 Abs. 3 ZPO mündlich - gegebenenfalls unter Gegenüberstellung mit dem Privatgutachter - anhören (BGH, Beschlüsse vom 12. Januar 2011 - IV ZR 190/08, VersR 2011, 552 Rn. 5; vom 18. Mai 2009 - IV ZR 57/08, VersR 2009, 975 Rn. 7; Senatsurteil vom 9. Januar 2002 - VIII ZR 304/00, NJW 2002, 1651 unter II 3 b; jeweils mwN).
bb) Diesen Anforderungen ist das Berufungsgericht nachgekommen. Im Rahmen der Anhörung des gerichtlichen Sachverständigen ist dieser auch auf das Privatgutachten eingegangen. Der Privatsachverständige war ebenfalls anwesend und hat auch Fragen gestellt. In der Urteilsbegründung hat sich das Berufungsgericht sodann mit rechtsfehlerfreien Erwägungen dem Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen angeschlossen und entscheidend auf die Umstände abgestellt, die durch das Privatgutachten nicht angezweifelt worden waren. Damit hat das Berufungsgericht das Privatgutachten nicht verfahrensfehlerhaft übergangen.
Das Privatgutachten wendet sich allein gegen die Annahme des gerichtlichen Sachverständigen, dass das Fehlen von Mörtelanhaftungen auf den Fliesen auf einen unzureichenden Haftungsverbund mit dem darunter liegenden Boden schließen lasse. Nach Ansicht des Privatgutachtens kann nur durch ein sogenanntes Haftzugverfahren geklärt werden, ob die Fliesen in erforderlichem Maße mit dem Untergrund verbunden sind. Der gerichtliche Sachverständige stützt sich jedoch entscheidend darauf, dass er schon bei den Probeentnahmen durch das Abklopfen der Fläche mit Hammer und Meißel in nicht unerheblichem Umfang Hohllagen der Fliesen festgestellt habe. Das Berufungsgericht ist diesen Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen gefolgt. Das ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
b) Hinsichtlich der Teilfläche von 1.700 m² hat das Berufungsgericht festgestellt, es sei nach dem Gutachten wahrscheinlich, wenn auch nicht bewiesen, dass die dort aufgebrachten Fliesen ebenfalls hohl gelegen hätten und bereits dies eine Erneuerung des Bodens erforderlich gemacht habe. Das Berufungsgericht hat mit dieser Wahrscheinlichkeit seine Beweislastentscheidung zum Nachteil der Klägerin hinsichtlich der haftungsausfüllenden Kausalität begründet. Das ist rechtsfehlerhaft. Das Berufungsgericht hätte, wie die Revision mit Recht rügt, prüfen müssen, ob die Beklagte bewiesen hat, dass die Fliesen auch auf der Teilfläche von 1.700 m² in erheblichem Umfang hohl lagen und dies mitursächlich für die erforderliche Sanierung war. Denn die Beweislast dafür, dass der Klägerin gemäß § 254 BGB eine fehlerhafte Verlegung der Fliesen anspruchsmindernd anzulasten ist, liegt, wie ausgeführt, bei der Beklagten. Das ist keine Frage der haftungsausfüllenden Kausalität. Es bedarf daher einer erneuten Beweiswürdigung unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles (§ 286 ZPO).
aa) Im Rahmen des § 286 ZPO kommt es auf die "freie Überzeugung" des Richters von der Wahrheit einer Behauptung an. Diese Überzeugung erfordert keine absolute oder unumstößliche Gewissheit, die kaum je zu erreichen ist. Es genügt ein für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (BGH, Urteil vom 14. Dezember 1993 - VI ZR 221/92, NJW-RR 1994, 567 unter II 2 a mwN).
bb) Das Berufungsgericht beruft sich auf den Sachverständigen, der ausgeführt habe, er könne nicht mit ausreichender Sicherheit feststellen, ob sich unter der - zum Zeitpunkt seiner Beauftragung bereits vollständig sanierten - Teilfläche von 1.700 m² ursprünglich in dem gleichen Umfang Hohllagen befunden hätten wie unter der begutachteten Teilfläche von 400 m²; insoweit fehle ihm eine hinreichende Erkenntnisgrundlage. Zwar sprächen einige Umstände mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit dafür, dass auch diese Teilfläche von Anfang an erhebliche Hohllagen aufgewiesen habe, doch lasse sich eine entsprechende Feststellung aus sachverständiger Sicht nicht mit der erforderlichen Sicherheit treffen.
Dass der Sachverständige erhebliche Hohllagen auch auf dieser Teilfläche zwar als wahrscheinlich angesehen hat, nach den Regeln seines Fachgebiets aber nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen konnte, schließt nicht ohne Weiteres aus, dass der Tatrichter den für die Überzeugungsbildung gemäß § 286 ZPO ausreichenden Grad an persönlicher Gewissheit vom Vorhandensein solcher Hohllagen gewinnt. Dies hängt von der Würdigung der Umstände ab, aus denen der Sachverständige - und ihm folgend das Berufungsgericht - hergeleitet hat, dass Hohllagen der Fliesen auch auf dieser Teilfläche (jedenfalls) wahrscheinlich seien.
Das Berufungsgericht hat die Frage, ob das Vorhandensein erheblicher Hohllagen (auch) auf der Teilfläche von 1.700 m² bewiesen ist, ersichtlich nicht unter Würdigung aller Umstände abschließend beurteilt. Denn das Berufungsgericht hat bei der haftungsausfüllenden Kausalität seine Beweislastentscheidung zum Nachteil der Klägerin damit begründet, es lasse sich "nicht ausschließen", dass die für den Austausch der Fliesen auf dieser Fläche entstandenen Kosten auch ohne die fehlerhaften Verarbeitungshinweise der Beklagten angefallen wären. Gemeint sind damit der Klägerin anzulastende Verlegungsfehler der A. GmbH. Insoweit hat das Berufungsgericht jedoch, wie ausgeführt, die Beweislast verkannt. Anzulasten sind der Klägerin etwaige Verlegungsfehler der A. GmbH nicht schon dann, wenn diese nicht auszuschließen sind, sondern nur dann, wenn das Berufungsgericht die gemäß § 286 ZPO erforderliche Überzeugung vom Vorliegen derartiger Fehler gewonnen hat.
Das Berufungsgericht wird deshalb unter Berücksichtigung aller Umstände des vorliegenden Falles zu prüfen haben, ob der Beklagten der Nachweis gelungen ist, dass die Fliesen nicht nur auf der begutachteten Teilfläche von 400 m², sondern auch auf der vorab sanierten Teilfläche von 1.700 m² aufgrund fehlerhafter Verlegung durch die A. GmbH in erheblichem Umfang hohl lagen. Dabei kann neben den vom Sachverständigen angeführten Umständen, die mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit für solche Fehler sprechen, auch von Bedeutung sein, dass keine Umstände vorgetragen oder ersichtlich sind, aus denen sich ergäbe, dass die Verlegung auf der Teilfläche von 1.700 m² auf andere Weise, unter anderen Gegebenheiten oder durch andere Personen vorgenommen worden wäre als die Verlegung auf der Teilfläche von 400 m², bei der es zu Hohllagen in erheblichem Umfang gekommen ist.
c) Entgegen der Ansicht der Beklagten liegt allerdings keine Beweisvereitelung seitens der Klägerin darin, dass die Klägerin eine Sanierung der Teilfläche von 1.700 m² vor einer Begutachtung durch einen Sachverständigen hat durchführen lassen. Denn dazu war die Klägerin aufgrund der fehlerhaften Verarbeitungshinweise der Beklagten, die zur mangelhaften Verfugung der Fliesen geführt hatten, berechtigt. Der Vorwurf der Beweisvereitelung kann nicht allein daraus hergeleitet werden, dass die Klägerin im Zuge berechtigter Mängelbeseitigung den Bodenbelag verändert hat (vgl. BGH, Urteil vom 23. Oktober 2008 - VII ZR 64/07, NJW 2009, 360 Rn. 20).
B. Anschlussrevision der Beklagten
Die Anschlussrevision hat insoweit Erfolg, als über den mit der Widerklage noch geltend gemachten Kaufpreisanspruch der Beklagten in Höhe weiterer 20.717,21 € für die Kontaktschlämme und sonstigen Materialien, die bei der Erstellung des unbrauchbaren Fliesenbelags auf der Teilfläche von 2.100 m² verarbeitet worden sind, nicht entschieden werden kann, bevor nicht feststeht, in welcher Höhe die Klägerin Schadensersatz wegen der fehlerhaften Verarbeitungshinweise der Beklagten hinsichtlich des Fugenmörtels beanspruchen kann. Die weitergehende Widerklage kann deshalb derzeit nicht mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung abgewiesen werden.
Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Klägerin zur Bezahlung dieser Materialien nicht verpflichtet ist, soweit diese aufgrund der fehlerhaften Verarbeitungshinweise der Beklagten hinsichtlich des Fugenmörtels und der dadurch erforderlich gewordenen Sanierung des Bodenbelags unbrauchbar geworden sind. Denn insoweit steht der Klägerin, wie auch das Berufungsgericht nicht verkannt hat, dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch zu. Von dessen Höhe und insbesondere der Abwägung der beiderseitigen Verursachungsanteile nach § 254 BGB, zu der das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen getroffen hat, hängt es ab, ob der Beklagten noch ein Restkaufpreisanspruch für die an sich mangelfreien, infolge der Sanierung aber zerstörten und dadurch wertlos gewordenen Materialien zusteht.
III.
Nach alledem kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben; es ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO).
Die Sache ist, da der Rechtsstreit nicht zur Endentscheidung reif ist, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit die erforderlichen Feststellungen getroffen werden können (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Erst nach der vom Berufungsgericht gemäß § 254 Abs. 1 BGB vorzunehmenden Abwägung der beiderseitigen Verursachungsbeiträge der Parteien zur Entstehung des Schadens und der Feststellung der Höhe der Sanierungskosten kann bestimmt werden, in welcher Höhe der Schadensersatzanspruch der Klägerin besteht, ob die Aufrechnung der Klägerin mit ihrem Schadensersatzanspruch gegen die von ihr nicht bestrittene Kaufpreisforderung in Höhe von 13.708,19 € durchgreift und ob der Beklagten der mit der Widerklage geltend gemachte weitere Kaufpreisanspruch in Höhe von 20.717,21 € zusteht.
Ball Dr. Frellesen Dr. Milger
Dr. Fetzer Dr. Bünger