Entscheidungsdatum: 21.02.2012
Der Senat beabsichtigt, die zugelassene Revision der Kläger gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 14. April 2011 durch einstimmigen Beschluss nach § 552a ZPO zurückzuweisen.
1. Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor (§ 552a Satz 1, § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Nr. 2 ZPO).
a) Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Ob die Ausübung eines Rechts verwirkt ist, richtet sich nach den vom Tatrichter festzustellenden und zu würdigenden Umständen des Einzelfalls und entzieht sich einer grundsätzlichen Betrachtung (vgl. BGH, Urteil vom 17. November 2010 - XII ZR 124/09, NJW 2011, 445 Rn. 15).
b) Das Berufungsgericht bewegt sich mit seiner rechtlichen Würdigung zur Verwirkung des Anspruchs der Kläger auch auf dem Boden der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, so dass keine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.
Ein Recht ist verwirkt, wenn der Berechtigte es längere Zeit hindurch nicht geltend gemacht und der Verpflichtete sich darauf eingerichtet hat und nach dem gesamten Verhalten darauf einrichten durfte, dass dieser das Recht auch in Zukunft nicht geltend machen werde. Die Annahme einer Verwirkung setzt somit neben dem Zeitablauf das Vorliegen besonderer ein solches Vertrauen des Verpflichteten begründender Umstände voraus (st. Rspr.; BGH, Urteile vom 17. November 2010 - XII ZR 124/09, aaO; vom 20. Juni 2001 - XII ZR 20/99, juris Rn. 13; vom 20. Oktober 1988 - VII ZR 302/87, BGHZ 105, 290, 298; jeweils mwN). Von diesen rechtlichen Erwägungen ist das Berufungsgericht ausgegangen.
2. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg.
a) Entgegen der Auffassung der Revision bleibt das Rechtsinstitut der Verwirkung auch nach der durch das Mietrechtsreformgesetz (2001) eingeführten Frist des § 556 Abs. 3 Satz 2, 3 BGB, nach deren Ablauf der Vermieter mit Nebenkostennachforderungen ausgeschlossen ist, anwendbar. Zwar mag dessen Bedeutung im Betriebskostenrecht durch die Neuregelung geringer geworden sein (vgl. hierzu Staudinger/Weitemeyer, Neubearb. 2011, § 556 Rn. 139; Schmidt-Futterer/Langenberg, Mietrecht, 10. Aufl., § 556 BGB, Rn. 521). Die weitergehende Ansicht der Revision, mit der Einführung der Ausschlussfrist zum 1. Januar 2002 sei kein Raum mehr für eine Verwirkung von Nebenkostennachforderungsansprüchen, da der Gesetzgeber mit dieser Neuregelung sämtliche früher über das Verwirkungsrecht gelöste Fallgestaltungen ausdrücklich geregelt habe und somit der Umkehrschluss gerechtfertigt sei, dass eine Verwirkung im Übrigen ausscheide, findet indes in den Gesetzesmaterialien keine Stütze.
b) Das Berufungsgericht hat jedenfalls im Ergebnis mit Recht angenommen, dass der Anspruch der Kläger auf Zahlung der Betriebskostennachforderung für das Jahr 2005 verwirkt ist.
aa) Das für die Annahme der Verwirkung notwendige Zeitmoment ist im Streitfall gegeben. Es ist darin zu sehen, dass die Kläger, nachdem sie mit Schreiben vom 30. Juni 2006 die Betriebskosten für das Jahr 2005 gegenüber dem Beklagten abgerechnet hatten, dreieinhalb Jahre haben verstreichen lassen, ehe sie den Nachforderungsanspruch kurz vor der am 31. Dezember 2009 ablaufenden Verjährungsfrist (§§ 195, 199 Abs. 1 BGB) gerichtlich geltend machten.
Im Ansatz zutreffend weist die Revision allerdings darauf hin, dass - wie sich aus § 556 Abs. 3 Satz 1 BGB ergibt - das Recht und die Pflicht, über die Nebenkosten abzurechnen, nach Ablauf eines Jahres jeweils neu entsteht, so dass der zeitliche Anknüpfungspunkt für das Zeitmoment der Verwirkung des Nachforderungsanspruchs der Kläger für das Jahr 2005 - anders als es das Berufungsgericht offenbar annimmt - nicht das Jahr 2001, sondern das Jahr 2006 ist, in dem die Betriebskostenabrechnung vorgenommen wurde. Auch ist der Revision darin zuzustimmen, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hinsichtlich der zeitlichen Voraussetzung der Verwirkung der allgemeine Grundsatz gilt, dass umso seltener Raum für eine Verwirkung sein wird, je kürzer die Verjährungsfrist ist. Eine Verwirkung vor Ablauf der Verjährungsfrist kann nur aus ganz besonderen Gründen angenommen werden (BGH, Urteile vom 20. Juni 2001 - XII ZR 20/99, aaO Rn. 13; vom 6. Dezember 1988 - XI ZR 119/88, NJW-RR 1989, 818 unter 3; jeweils mwN). Solche Gründe, die im Streitfall zugleich das für die Verwirkung notwendige Umstandsmoment darstellen, liegen indes vor.
bb) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts wurden sämtliche von den Klägern beziehungsweise der von ihr beauftragten Verwaltungsgesellschaft für die Jahre 2001 bis 2007 (fristgerecht) erstellten Nebenkostenabrechnungen von dem Bevollmächtigten des Beklagten mit im Wesentlichen gleich lautenden Schreiben in elf konkret genannten Punkten beanstandet. Eine Reaktion der Kläger erfolgte in keinem Fall. Die sich aus den Abrechnungen für die Jahre 2001 bis 2004 ergebenden Nachforderungsansprüche haben die Kläger verjähren lassen und nicht gerichtlich geltend gemacht.
Soweit die Revision rügt, das Berufungsgericht habe in diesem Zusammenhang den unstreitigen Vortrag der Kläger übersehen, dass diese auf das erste Beanstandungsschreiben des Beklagten, betreffend das Abrechnungsjahr 2001, mit Schreiben vom 20. August 2002 ausführlich geantwortet hätten, kann sie mit diesem Vortrag nicht gehört werden, da das Berufungsgericht in seinem für das Revisionsgericht nach § 314 ZPO bindenden Tatbestand ausdrücklich festgestellt hat, dass auch auf dieses Schreiben von Seiten der Kläger nicht reagiert wurde. Ein Tatbestandsberichtigungsantrag ist diesbezüglich nicht gestellt worden.
Aus der Tatsache, dass die Kläger auf die Beanstandungen des Beklagten hin keine Bemühungen unternahmen, ihre Forderungen aus den Jahren 2001 bis 2004 weiter außergerichtlich oder (in unverjährter Zeit) gerichtlich weiter zu verfolgen, konnte sich über die Jahre bei dem Beklagten der Eindruck verfestigen, dass seine Beanstandungen Erfolg hatten und die Kläger zwar Betriebskostenabrechnungen vorlegen, aber die sich daraus ergebenden Nachzahlungsansprüche auf sich beruhen lassen und nicht gerichtlich durchsetzen werden. Dieser über die Jahre immer gleiche Ablauf konnte bei dem Beklagten in den Jahren 2006 bis 2009 das berechtigte Vertrauen entstehen lassen, die Kläger würden auch den Nachforderungsanspruch aus der Abrechnung für das Jahr 2005, die er in gleicher Weise beanstandet hatte wie die Abrechnungen zuvor, gegen ihn nicht klageweise geltend machen.
Darüber hinaus hat das Berufungsgericht im Streitfall einem weiteren Umstand zu Recht erhebliche Bedeutung zugemessen: Am 6. März 2007 erwarb der Beklagte die streitgegenständliche Wohnung im Wege der Zwangsversteigerung zu Eigentum. Damit war das Mietverhältnis mit den Klägern beendet. Auch in den Monaten danach traten die Kläger wegen des Ausgleichs offener Nebenkostennachforderungen nicht an den Beklagten heran, sondern ließen weitere 34 Monate verstreichen, ehe sie kurz vor Ablauf der Verjährungsfrist mit der am 30. Dezember 2009 eingereichten Klageschrift den Nachforderungsanspruch für das Jahr 2005 rechtshängig machten.
In ihrer Gesamtheit reichen diese Umstände jedenfalls aus, um im Streitfall die Verwirkung des Anspruchs der Kläger anzunehmen.
3. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses.
Ball Dr. Frellesen Dr. Hessel
Dr. Achilles Dr. Schneider
Hinweis:
Das Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme erledigt worden.