Entscheidungsdatum: 08.05.2012
In einem auf eine Vorabentscheidungsvorlage des Bundesgerichtshofs geführten Vorabentscheidungsverfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Union steht einem bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt, der seine Partei auch im Vorabentscheidungsverfahren vertritt, für diese Tätigkeit eine 1,6-fache Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3206 RVG-VV zu. Darüber hinaus kann er selbst dann, wenn im Vorabentscheidungsverfahren ohne mündliche Verhandlung entschieden wird, eine 1,5-fache Terminsgebühr nach Nr. 3210 RVG-VV beanspruchen.
Auf die Rechtsbeschwerden der Klägerin und der Beklagten werden der Beschluss des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 5. Januar 2011 aufgehoben und der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Chemnitz vom 30. September 2010 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses des Oberlandesgerichts Dresden vom 5. Januar 2011 dahin abgeändert, dass die von der Klägerin an die Beklagte aufgrund des Beschlusses des Bundesgerichtshofs vom 15. Juni 2010 zu erstattenden Kosten auf insgesamt 76.582,40 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juli 2010 festgesetzt werden.
Von den Kosten der Beschwerdeverfahren haben die Klägerin 2/3 und die Beklagte 1/3 zu tragen.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 24.411,20 € festgesetzt.
I.
1. Die Parteien streiten im Kostenfestsetzungsverfahren um die Erstattung der Rechtsanwaltsgebühren, die bei der Beklagten durch die Teilnahme ihres Revisionsanwalts an dem vor dem Gerichtshof der Europäischen Union (im Folgenden: Gerichtshof) geführten und durch Urteil vom 25. Februar 2010 abgeschlossenen Vorabentscheidungsverfahren C-381/08 (Slg. 2010, I-1255, Car Trim GmbH/KeySafety Systems Srl) angefallen sind. Dem zu Grunde liegt eine Vorabentscheidungsvorlage des Senats in dem von der Klägerin geführten Revisionsverfahren VIII ZR 184/07, in welchem die Klägerin sich gegen die von den Vorinstanzen erkannte Klageabweisung gewandt hat. Im Vorabentscheidungsverfahren vor dem Gerichtshof hat sich die Beklagte durch ihren für das Revisionsverfahren bestellten, beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen, der für sie eine schriftliche Stellungnahme abgegeben hat. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Gerichtshof ist von den Parteien nicht beantragt worden. Im Anschluss an das im schriftlichen Verfahren ergangene Urteil des Gerichtshofs hat die Klägerin ihre Revision zurückgenommen. Ihr sind daraufhin durch Beschluss des Senats vom 15. Juni 2010 die Kosten der Revision einschließlich der Kosten des Verfahrens vor dem Gerichtshof auferlegt worden.
Die Beklagte begehrt für das Revisionsverfahren vor dem Senat wie auch für das Vorabentscheidungsverfahren vor dem Gerichtshof gegen die Klägerin die Festsetzung von Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von jeweils 42.184,80 €. Dem liegen jeweils eine nach einem Streitwert von 3.167.279 € mit einem 2,3-fachen Satz bemessene Verfahrensgebühr und eine mit einem 1,5-fachen Satz bemessene Terminsgebühr gemäß § 13 RVG, Nr. 3208, 3210 VV-RVG zugrunde.
Das Landgericht hat unter Einschluss der zwischen den Parteien unstreitigen Kosten des Revisionsverfahrens gegen die Klägerin insgesamt 67.724,80 € nebst Zinsen festgesetzt. Dabei hat es für das Vorabentscheidungsverfahren die Verfahrensgebühr nach einem 2,3-fachen Satz zugebilligt, die Terminsgebühr dagegen abgesetzt. Die hiergegen gerichteten sofortigen Beschwerden beider Parteien hat das Oberlandesgericht unter Berichtigung des Kostenfestsetzungsbeschlusses auf einen zu erstattenden Betrag auf 67.725,60 € zurückgewiesen. Mit den zugelassenen Rechtsbeschwerden verfolgt die Beklagte die Festsetzung der angemeldeten Terminsgebühr weiter, während die Klägerin die Herabsetzung der Verfahrensgebühr auf einen Satz von 1,6 gemäß Nr. 3206 VV-RVG erstrebt.
II.
Die Rechtsbeschwerden sind gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthaft und auch sonst zulässig (§ 575 ZPO). Sie haben jeweils auch in der Sache Erfolg.
1. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
Dem im Revisionsverfahren vor dem Bundesgerichtshof tätig gewordenen Rechtsanwalt der Beklagten stehe für das Betreiben des ihm im Vorabentscheidungsverfahren vor dem Gerichtshof übertragenen Geschäfts eine 2,3-fache Verfahrensgebühr schon deshalb gemäß Nr. 3208, Vorbemerkung 3 Abs. 2 VV-RVG, § 78 Abs. 1 Satz 3 ZPO zu, weil das Vorabentscheidungsverfahren Teil des Revisionsverfahrens sei. Aus § 38 Abs. 1 Satz 1 RVG folge nichts Gegenteiliges, da diese Bestimmung - anders als die Vorgängerregelung des § 113a Abs. 1 Satz 2 BRAGO - die Anwendung des auf die besondere Anwaltszulassung zugeschnittenen Gebührentatbestandes gemäß Nr. 3208 VV-RVG zulasse.
Dagegen sei eine Terminsgebühr gemäß Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 VV-RVG im Vorabentscheidungsverfahren nicht entstanden. Das hätte vorausgesetzt, dass das Urteil des Gerichtshofs aufgrund einer mündlichen Verhandlung hätte ergehen müssen, von der das Gericht nur im Einverständnis der Parteien oder aus besonderen Gründen hätte absehen dürfen. Hier habe es Art. 104 § 4 VerfO EuGH dem Gerichtshof aber im Grundsatz freigestellt, über das Vorabentscheidungsersuchen mündlich zu verhandeln.
2. Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts kann die Beklagte für die Tätigkeit ihrer Revisionsanwälte im Vorabentscheidungsverfahren vor dem Gerichtshof nur die Erstattung einer mit dem 1,6-fachen Satz anzusetzenden Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3206 VV-RVG beanspruchen. Zusätzlich ist jedoch eine mit dem 1,5-fachen Satz zu bemessende Terminsgebühr nach Nr. 3210 VV-RVG angefallen, deren Erstattung die Beklagte gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 ZPO ebenfalls verlangen kann.
a) Zu den gesetzlichen Gebühren eines Rechtsanwalts, der in einem Vorabentscheidungsverfahren vor dem Gerichtshof tätig wird, ordnet § 38 Abs. 1 Satz 1 RVG eine entsprechende Geltung der Vorschriften in Teil 3 Abschnitt 2 VV-RVG an. Insoweit entspricht es allgemeiner Auffassung, dass mit dieser Verweisung die Gebührentatbestände in Unterabschnitt 2 betreffend die Revision, also Nr. 3206 ff. VV-RVG, gemeint sind (Riedel/Sußbauer/Schneider, RVG, 9. Aufl., § 38 Rn. 4; AnwK-RVG/Wahlen, 5. Aufl., § 38 Rn. 7; Mayer in Mayer/Kroiß, RVG, 4. Aufl., § 38 Rn. 11; Hartung/Römermann/Schons, RVG, 2. Aufl., § 38 Rn. 5; Burhoff in Gerold/Schmidt/Madert, RVG, 19. Aufl., § 38 Rn. 4; Jungbauer in Bischof/Jungbauer/Bräuer/Curkovic/Mathias/Uher, RVG, 3. Aufl., § 38 Rn. 24; Hartung/Schons/Enders, RVG, 2011, § 38 Rn. 8; Houben in Baumgärtel/Hergenröder/Houben, RENOKommentar RVG, 14. Aufl., § 38 RVG Rn. 4). Dem ist zu folgen.
Das ergibt sich zwar nicht schon daraus, dass der Gesetzgeber, nach dessen Vorstellung auch im Vorabentscheidungsverfahren vor dem Gerichtshof die für Rechtsmittelverfahren in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten vorgesehenen Gebühren entstehen sollten, die Gebührenregelung des § 38 RVG entsprechend der für das Vorabentscheidungsverfahren getroffene Vorgängerregelung des § 113a BRAGO gestalten wollte (BT-Drucks. 15/1971, S. 197). Denn in dessen Abs. 1 Satz 2 war lediglich vorgesehen, dass die Gebühren sich nach § 11 Abs. 1 Satz 4 BRAGO richten sollten, der seinerseits ohne weitere Differenzierung nach den Instanzen für das Berufungs- und das Revisionsverfahren eine Erhöhung der jeweils maßgeblichen vollen Gebühr um drei Zehntel vorsah. Die Anwendbarkeit des Unterabschnitts 2 ergibt sich aber aus einem Vergleich mit § 38 Abs. 2 RVG, in dem für Vorabentscheidungsverfahren in Strafsachen auf die revisionsrechtlichen Gebührentatbestände nach Nr. 4130, 4132 VV-RVG verwiesen wird, sowie aus einem Vergleich mit § 37 Abs. 2 Satz 1 RVG, in dem für sonstige Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht oder dem Verfassungsgericht eines Landes ausdrücklich eine entsprechende Geltung der Vorschriften in Teil 3 Abschnitt 2 Unterabschnitt 2 VV-RVG angeordnet ist. Vor diesem Hintergrund kann nicht angenommen werden, dass der Gesetzgeber die anwaltliche Tätigkeit in Vorabentscheidungsverfahren vor dem Gerichtshof geringer honoriert wissen wollte als in den entsprechenden strafrechtlichen Vorabentscheidungsverfahren oder in Verfahren vor den innerstaatlichen Verfassungsgerichten, so dass die fehlende Benennung des Unterabschnitts 2 lediglich als ein bereits in den vorangegangenen Vorschriften der BRAGO angelegtes gesetzgeberisches Versehen zu werten ist (Burhoff, aaO; Mayer, aaO; Hartung/Römermann/Schons, aaO; AnwK-RVG/Wahlen, aaO; Jungbauer, aaO; Houben, aaO).
b) Entgegen der von der Rechtsbeschwerde der Beklagten vertretenen Auffassung wird von dem Verweis auf Nr. 3206 ff. VV-RVG aber nicht der Gebührentatbestand gemäß Nr. 3208 erfasst, wonach sich die 1,6-fache Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3206 VV-RVG in Verfahren, in denen sich die Parteien nur durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen können, auf den 2,3-fachen Satz beläuft.
aa) Anders als die Rechtsbeschwerde der Beklagten meint, hat das Vorabentscheidungsverfahren vor dem Gerichtshof gebührenrechtlich nicht zum Revisionsrechtszug vor dem Senat gezählt, in dem die Parteien sich gemäß § 78 Abs. 1 Satz 3 ZPO nur durch einen bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen konnten.
(1) Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Vorabentscheidungsverfahren vor dem Gerichtshof ein Zwischenstreit innerhalb des bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreits, so dass auch die Kostenentscheidung Sache des vorlegenden Gerichts ist (EuGH, Slg. 2010, I-1255 Rn. 63; 2001, I-9687 Rn. 24, 27 - Clean Car Autoservice GmbH/Stadt Wien und Republik Österreich). Ebenso bestimmen sich in Ermangelung gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften die Kostenfestsetzung und die Erstattungsfähigkeit von Aufwendungen der Parteien des Ausgangsverfahrens für das Vorabentscheidungsverfahren nach den auf das Ausgangsverfahren anwendbaren Vorschriften des nationalen Rechts. Dieses hat die insoweit anwendbaren Vorschriften zu bestimmen und insbesondere festzulegen, unter welchen Voraussetzungen und nach welchen Modalitäten die Kosten einer der Parteien auferlegt oder zwischen beiden geteilt werden können oder aber jede Partei ihre eigenen Kosten zu tragen hat (EuGH, Slg. 2001, I-9687 Rn. 26 f.).
(2) Die geforderten innerstaatlichen Regelungen hat der deutsche Gesetzgeber für den vorliegenden Fall zum einen in § 38 RVG durch die Bestimmung der gesetzlichen Gebühren für die am Vorabentscheidungsverfahren beteiligten Rechtsanwälte und zum anderen in § 91 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 ZPO getroffen, wonach die gesetzlichen Gebühren des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei in allen Prozessen als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig zu erstatten sind. Dabei hat er abweichend von der in § 15 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2, § 19 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 3 RVG aufgestellten Regel, wonach die Gebühren des Rechtsanwalts seine gesamte Tätigkeit in jedem Rechtszug bis zur Erledigung der Angelegenheit abgelten und wonach zu dem Rechtszug auch Zwischenstreite gehören, unter Fortführung der bereits in § 113a BRAGO zum Ausdruck gebrachten Sichtweise in § 38 RVG bestimmt, dass das Vorabentscheidungsverfahren vor dem Gerichtshof wegen seiner besonderen Bedeutung gebührenrechtlich als ein eigenständiger Rechtszug zu behandeln ist (vgl. BT-Drucks. 15/1971, S. 193, 197). Zugleich hat er hinsichtlich der dabei anfallenden Rechtsanwaltsgebühren auf die in Nr. 3206 ff. VV-RVG aufgeführten Gebührentatbestände verwiesen. Denn das Vorabentscheidungsverfahren erfordert nach seinem Inhalt wie auch nach seiner in den Verfahrensvorschriften zum Ausdruck kommenden äußeren Form, die sich von Verfahren vor deutschen Gerichten erheblich unterscheidet, regelmäßig ein umfangreiches Tätigwerden des Rechtsanwalts, welches allein durch die Gebühren des Ausgangsverfahrens nicht mehr angemessen abgegolten wird (vgl. BT-Drucks. 7/2016, S. 105 f. [zu § 113a BRAGO]; Schumann/Geißinger, BRAGO, 2. Aufl., § 113a Rn. 3; AnwK-RVG/Wahlen, aaO Rn. 4; Riedel/Sußbauer/Schneider, aaO Rn. 2).
Angesichts dieser gebührenrechtlichen Eigenständigkeit des außerhalb des Ausgangsverfahrens nach eigenen verfahrensrechtlichen Regeln geführten Vorabentscheidungsverfahrens kann deshalb für die jeweilige Gebührenentstehung auch nicht an das Ausgangsverfahren und dessen verfahrensrechtliche Gegebenheiten angeknüpft werden. Maßgeblich ist vielmehr das Verfahrensrecht des Vorabentscheidungsverfahrens, wie es seinen Ausdruck insbesondere in Art. 267 AEUV, Art. 23 der Satzung des Gerichtshofs vom 26. Februar 2001 (ABl. Nr. C 80 S. 53; im Folgenden: Satzung EuGH) und Art. 103 ff. der Verfahrensordnung des Gerichtshofs vom 19. Juni 1991 (ABl. L 176 S. 7; im Folgenden VerfO EuGH) gefunden hat. Das gilt nicht nur für die Frage, ob und zu welchem Zeitpunkt nach dem betreffenden Verfahrensrecht eine Terminsgebühr anfällt (dazu nachstehend unter II 2 c). Das gilt genauso für die Frage, ob sich nach diesem Verfahrensrecht eine vom Rechtsanwalt im Vorabentscheidungsverfahren entfaltete Tätigkeit gebührenrechtlich als Teil oder jedenfalls zwangsläufige Fortsetzung seiner Tätigkeit im Ausgangsverfahren darstellt und deshalb ein Verfahren vorliegt, in dem sich - wie von Nr. 3208 VV-RVG gefordert - die Parteien nur durch einen bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen können. Dies ist zu verneinen.
(a) Bereits bei der Vorgängerregelung des § 113a BRAGO, dem § 38 RVG nachgebildet ist (vgl. BT-Drucks. 15/1971, S. 197), findet sich in Absatz 1 Satz 2 für die entstehenden Gebühren nur die Verweisung auf § 11 Abs. 1 Satz 4 BRAGO, nach dem sich im Berufungs- und Revisionsverfahren die Beträge der jeweiligen vollen Gebühr um drei Zehntel erhöhen. Nicht in die Verweisung aufgenommen war dagegen § 11 Abs. 1 Satz 5 BRAGO, der vergleichbar mit Nr. 3208 VV-RVG bestimmt hat, dass sich im Revisionsverfahren die Prozessgebühr um zehn Zehntel erhöht, soweit sich die Parteien nur durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen können. Dementsprechend sind die angefallenen Gebühren unabhängig davon, in welchem Rechtszug die Vorabentscheidungsvorlage ergangen war, für die im Vorabentscheidungsverfahren nach Maßgabe der ihnen dort eingeräumten Vertretungsberechtigung tätig gewordenen Rechtsanwälte eigenständig nach dem in § 11 Abs. 1 Satz 4 BRAGO bestimmten Erhöhungssatz und nicht nach dem - möglicherweise nach oben oder nach unten abweichenden - Gebührensatz des Ausgangsverfahrens bemessen worden (Gerold/Schmidt/Madert, BRAGO, 15. Aufl., § 113a Rn. 5; AnwK-BRAGO/Wahlen, 2002, § 113a Rn. 6).
(b) Dass der Gesetzgeber hiervon bei Schaffung des § 38 Abs. 1 RVG abrücken und die im Vorabentscheidungsverfahren nach Maßgabe der ihnen in Art. 19 Abs. 3, 4 Satzung EuGH eingeräumten Vertretungsberechtigung tätig gewordenen Rechtsanwälte nicht mehr gleich vergütet wissen wollte, sondern dass er stattdessen erwogen hat, bei Bemessung der Vergütung etwa an die Gebührensätze des Ausgangsverfahrens anzuknüpfen oder sonst einer bestimmten Gruppe von Rechtsanwälten höhere Gebührensätze zuzubilligen, ist nicht erkennbar. Er hat die nach Maßgabe der Nr. 3206 ff. VV-RVG anfallenden Gebühren vielmehr jedem in einem Vorabentscheidungsverfahren tätig geworden Rechtsanwalt zubilligen wollen, der gemäß Art. 19 Abs. 4 Satzung EuGH berechtigt ist, vor einem Gericht eines Mitgliedstaats oder eines anderen Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum und dementsprechend auch vor dem Gerichtshof als Vertreter einer Partei aufzutreten. Das schließt umgekehrt eine Anwendbarkeit von Nr. 3208 VV-RVG aus. Denn diese Bestimmung knüpft abweichend von der Postulationsfähigkeit nach Art. 19 Abs. 4 Satzung EuGH für die Zubilligung des erhöhten Vergütungssatzes an die im Vorabentscheidungsverfahren unanwendbare Regelung des § 78 Abs. 1 Satz 3 ZPO an, nach der sich vor dem Bundesgerichtshof die Parteien durch einen bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen müssen.
Etwas anderes ergibt sich entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde der Beklagten auch nicht aus Art. 104 § 2 VerfO EuGH, wonach der Gerichtshof hinsichtlich einer Vertretung der Parteien des Ausgangsverfahrens im Vorabentscheidungsverfahren den vor den jeweiligen nationalen Gerichten geltenden Verfahrensvorschriften Rechnung trägt. Denn das bedeutet - wie bereits das vorliegende Vorabentscheidungsverfahren zeigt, in dem die Klägerin nicht durch einen bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt vertreten war - nicht, dass abweichend von Art. 19 Abs. 4 Satzung EuGH die besondere Vertretungsregelung des § 78 Abs. 1 Satz 3 ZPO auch in einem Vorabentscheidungsverfahrens vor dem Gerichtshof gelten soll, wenn das Ausgangsverfahren vor dem Bundesgerichtshof anhängig ist (vgl. auch Wägenbaur, VerfO EuGH, 2008, Art. 19 Satzung EuGH Rn. 6, Art. 104 VerfO EuGH Rn. 5, jeweils mwN zur Praxis des Gerichtshofs). Das Rücksichtnahmegebot hat sich vielmehr darin erschöpft, dass die nach Art. 23 Abs. 1 Satz 2 Satzung EuGH vorzunehmende Zustellung der Vorabentscheidungsvorlage entsprechend § 172 Abs. 1 Satz 1 ZPO an den für das Revisionsverfahren bestellten Prozessbevollmächtigten der Beklagten bewirkt worden ist. Diese Zustellung hat jedoch weder zur Folge gehabt, dass die Parteien sich im Vorabentscheidungsverfahren nur durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen konnten, noch hat sie - anders als die Rechtsbeschwerde der Beklagten meint - sonst eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3208 VV-RVG ausgelöst. Denn die Entgegennahme der Zustellung hat gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 9 RVG jedenfalls gebührenrechtlich noch zum anhängigen Ausgangsverfahren vor dem Bundesgerichtshof gezählt und war durch die dort bereits verdiente Verfahrensgebühr des Rechtsanwalts mit abgegolten (vgl. AnwK-RVG/Mock, aaO, § 19 Rn. 81).
bb) Gleichwohl ist im kostenrechtlichen Schrifttum umstritten, ob sich trotz des Umstandes, dass bei einer Vorabentscheidungsvorlage des Bundesgerichtshofs die Vertretungsregelung des § 78 Abs. 1 Satz 3 ZPO im anschließenden Vorabentscheidungsverfahren vor dem Gerichtshof keine Anwendung findet, die Verfahrensgebühr für eine Teilnahme am Vorabentscheidungsverfahren nach Nr. 3208 VV-RVG bemisst. Teilweise wird die Auffassung vertreten, dass der an sich entgegenstehende Wortlaut, wonach sich die Parteien im Verfahren nur durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen können, hinter der besonderen Bedeutung der Verfahren vor dem Gerichtshof, insbesondere in Anbetracht der Ausstrahlungswirkung der in solchen Verfahren ergehenden Entscheidungen, zurückstehen müsse und es nicht angemessen erscheine, eine andere als die höchste der in Betracht kommenden Gebühren in Ansatz zu bringen. Eine auf Sinn und Zweck des § 38 RVG abstellende Auslegung müsse deshalb zur Folge haben, dass dem Rechtsanwalt für seine Tätigkeit im Vorabentscheidungsverfahren die Verfahrensgebühr nach Nr. 3208 VV-RVG zustehe, und zwar unabhängig davon, ob er beim Bundesgerichtshof zugelassen sei oder nicht (Hartung/Römermann/Schons, aaO Rn. 7 f.; Hartung/Schons/Enders, aaO Rn. 10; Riedel/Sußbauer/Schneider, aaO Rn. 9). Diese Auffassung wird allerdings überwiegend unter Hinweis auf den eindeutigen und insoweit nicht erweiterungsfähigen Wortlaut von Nr. 3208 VV-RVG abgelehnt (Mayer, aaO Rn. 13; AnwK-RVG/Wahlen, aaO Rn. 8; Jungbauer, aaO Rn. 25, 28; Houben, aaO Rn. 5; wohl auch Burhoff, aaO). Dem ist zu folgen.
Abgesehen davon, dass bereits der Wortlaut von Nr. 3208 VV-RVG der vorgeschlagenen generellen Erweiterung auf die in einem Vorabentscheidungsverfahren vor dem Gerichtshof entstehende Verfahrensgebühr entgegensteht, bietet auch das Gesetzgebungsverfahren keinen Anhalt für eine derartige Auslegung. Im Gegenteil hat der Gesetzgeber die in § 113a Abs. 1 Satz 2 BRAGO vorgenommene Verweisung auf § 11 Abs. 1 Satz 4 BRAGO, von der die Nr. 3208 VV-RVG entsprechende Bestimmung in § 11 Abs. 1 Satz 5 BRAGO ausdrücklich nicht erfasst war, in § 38 Abs. 1 Satz 1 RVG nur fortschreiben und auf die in Nr. 3206 ff. VV-RVG neu gefassten Gebührentatbestände umsetzen wollen (BT-Drucks. 15/1971, aaO). Dass er dabei die allgemein für Revisionsverfahren in Ansatz zu bringenden Gebühren als dem Vorabentscheidungsverfahren nicht mehr angemessen erachtet hat und sonst zu einer generellen Gebührenerhöhung für das Vorabentscheidungsverfahren gelangen wollte, ist nicht erkennbar.
c) Die von der Beklagten angemeldete Terminsgebühr nach Nr. 3210 VV-RVG haben die Vorinstanzen dagegen zu Unrecht abgesetzt. Zwar hat der Gerichtshof im Vorabentscheidungsverfahren ohne mündliche Verhandlung entschieden. Gleichwohl kann der Rechtsanwalt der Beklagten für das Vorabentscheidungsverfahren die Terminsgebühr beanspruchen. Denn nach der für Nr. 3210 VV-RVG entsprechend geltenden Anmerkung 1 Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV-RVG entsteht eine Terminsgebühr auch dann, wenn in einem Verfahren, für das eine mündliche Verhandlung vorgesehen ist, im Einverständnis der Parteien oder Beteiligten ohne eine solche entschieden wurde. Ein solcher Fall liegt hier vor.
aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Gebührentatbestand, wie er in Anmerkung 1 Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV-RVG beschrieben ist, auch dann gegeben, wenn in einer nach dem Gesetz grundsätzlich zu verhandelnden Sache durch das Gericht ausnahmsweise ohne eine mündliche Verhandlung entschieden werden kann, und zwar selbst wenn dazu keine Zustimmung der Parteien nötig ist. Namentlich für das Verfahren in Wohnungseigentumssachen, in dem gemäß § 44 Abs. 1 WEG aF für den Regelfall eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben war, ist der Anfall einer Terminsgebühr auch dann bejaht worden, wenn das Gericht abweichend von der Regel ohne eine mündliche Verhandlung entschieden hat. Denn hier kann das Gericht von der – auch dem Grundsatz des rechtlichen Gehörs dienenden - mündlichen Verhandlung nur dann absehen, wenn dem mit der Verhandlung verfolgten Zweck einer umfassenden Sachaufklärung bereits durch die vorbereitenden Schriftsätze in ausreichender Weise Rechnung getragen worden ist und zusätzliche Erkenntnisse in einem Verhandlungstermin nicht zu erwarten sind. In einem derartigen Fall gebietet es aber der von Anmerkung 1 Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV-RVG verfolgte Regelungszweck, dem Rechtsanwalt eine zusätzliche Gebühr für seine besonders gründliche und umfassende schriftliche Vorarbeit, die mit der eine mündliche Verhandlung entbehrlich machenden entscheidungsreifen Darstellung des Sachverhalts verbunden ist, genauso zuzubilligen wie im schriftlichen Verfahren nach § 128 Abs. 2 ZPO beziehungsweise § 495a ZPO, bei dem in vergleichbarer Weise auf Grund einer Ausnahmevorschrift im Einzelfall eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung getroffenen werden kann (BGH, Beschlüsse vom 24. Juli 2003 - V ZB 12/03, NJW 2003, 2133 unter II 2 b aa [zu § 35 BRAGO]; vom 9. März 2006 - V ZB 164/05, NJW 2006, 2495 Rn. 5 ff.; vom 28. September 2006 - V ZB 105/06, NZM 2007, 43 Rn. 16).
bb) Eine derartige Konstellation liegt auch im Vorabentscheidungsverfahren gemäß Art. 267 AEUV vor. Art. 20 Satzung EuGH sieht für das Verfahren vor dem Gerichtshof eine Aufgliederung in einen schriftlichen und einen mündlichen Teil des Verfahrens vor. Darauf anknüpfend regelt Art. 104 § 4 Satz 1 VerfO EuGH für das Vorabentscheidungsverfahren, dass dieses auch eine mündliche Verhandlung umfasst. Zwar kann der Gerichtshof nach Durchführung des in der Einreichung beziehungsweise Abgabe der in Art. 23 Satzung EuGH bezeichneten Schriftsätze oder Erklärungen bestehenden schriftlichen Teils des Verfahrens auf Bericht des Berichterstatters nach Anhörung des Generalanwalts und nach Unterrichtung der zur Einreichung von Schriftsätzen oder Abgabe von Erklärungen berechtigten Beteiligten etwas anderes beschließen, wenn kein Beteiligter einen Antrag stellt, in welchem die Gründe anzuführen sind, aus denen er gehört werden will. Gleichwohl bildet die mündliche Verhandlung, in der sich den Beteiligten zudem erstmals die Gelegenheit bietet, auf die Stellungnahmen der jeweils anderen Verfahrensbeteiligten einzugehen (vgl. Abschnitt C 2 der amtlichen Hinweise für die Prozessvertreter der Verfahrensbeteiligten für das schriftliche und das mündliche Verfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, Stand Februar 2009), den Regelfall, es sei denn, die Sach- und Rechtslage ist bereits aufgrund des schriftlichen Verfahrens derart eindeutig, dass die mündliche Verhandlung zur Entscheidungsfindung nichts mehr beizutragen vermag (Borchardt, Der Europäische Gerichtshof, 2000, Art. 234 Rn. 64; Gaitanides in von der Groeben/Schwarze, Kommentar zum EU-/EG-Vertrag, 6. Aufl., Art. 234 EG Rn. 80; Hackspiel in Rengeling/Middeke/Gellermann, Handbuch des Rechtsschutzes in der EU, 2. Aufl., § 25 Rn. 2 ff. mit Beispielen aus der Verfahrenspraxis des Gerichtshofs; Middeke in Rengeling/Middeke/Gellermann, aaO, § 10 Rn. 84; Wägenbaur, aaO, Art. 104 VerfO Rn. 9; Karpenstein in Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, 40. Aufl., Art. 234 EGV Rn. 81, 84).
Hat der Gerichtshof - wie hier - nach dem schriftlichen Verfahren die der Gewährung rechtlichen Gehörs dienende mündliche Verhandlung für entbehrlich gehalten, ist es deshalb ebenso etwa wie im Fall des § 44 Abs. 1 WEG aF gerechtfertigt, dem Rechtsanwalt nach dem von Anmerkung 1 Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV-RVG verfolgten Regelungszweck eine Terminsgebühr für die aufgewandte Mühe zuzubilligen, die mit der entscheidungsreifen Vorbereitung der Sache verbunden war (ebenso auch AnwK-RVG/Wahlen, aaO Rn. 10).
III.
Da die Rechtsbeschwerden der Klägerin und der Beklagten begründet sind, ist die angefochtene Beschwerdeentscheidung aufzuheben und der ihr zugrunde liegende Kostenfestsetzungsbeschluss abzuändern, soweit es um die Festsetzung der von der Beklagten angemeldeten Rechtsanwaltsgebühren für das Vorabentscheidungsverfahren vor dem Gerichtshof geht (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO). Da in der Sache keine weiteren Feststellungen zu treffen sind, sondern der Sachverhalt zur Endentscheidung reif ist, hat der Senat gemäß § 577 Abs. 5 ZPO nach Maßgabe vorstehender Beschlussformel in der Sache selbst zu entscheiden.
Ball Dr. Milger Dr. Achilles
Dr. Schneider Dr. Fetzer