Entscheidungsdatum: 08.11.2012
Der Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision wird stattgegeben.
Das Urteil des 13. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 31. August 2011 wird gemäß § 544 Abs. 7 ZPO aufgehoben, soweit zum Nachteil des Klägers entschieden worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Streitwert: 21.476,65 €
I.
Der Kläger macht gegen die Beklagte Gewährleistungsansprüche im Zusammenhang mit von der Beklagten ausgeführten Klinkerarbeiten an einem Einfamilienhaus in F. geltend. Die Beklagte hat widerklagend Restwerklohn gefordert.
Am 29. Juli 2004 beauftragte der Kläger als Vertreter seiner Mutter die Beklagte mit der Verklinkerung eines Einfamilienhauses. Die Mutter des Klägers ist am 30. März 2005 verstorben. Der Kläger behauptet, Alleinerbe seiner Mutter zu sein. Außerdem behauptet er, der Beklagten nach dem Tod seiner Mutter die Verklinkerung des Hauses zu gleichen Bedingungen wie im Vertrag vom 29. Juli 2004 selbst auf eigene Rechnung in Auftrag gegeben zu haben.
Der Kläger hat in erster Instanz beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Betrag in Höhe von insgesamt 21.476,65 € nebst Zinsen zu zahlen. Die Beklagte hat in erster Instanz beantragt, die Klage abzuweisen und den Kläger zu verurteilen, an sie 5.312,51 € nebst Zinsen zu zahlen. Der Kläger hat beantragt, die Widerklage abzuweisen.
Das Landgericht hat die Beklagte verurteilt, an den Kläger 15.300,50 € nebst Zinsen zu zahlen, und die Klage im Übrigen abgewiesen. Auf die Widerklage hat das Landgericht den Kläger verurteilt, an die Beklagte 5.312,51 € nebst Zinsen zu zahlen. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht die Widerklage und auf die Anschlussberufung der Beklagten die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Revision nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Klägers, mit der dieser die Zulassung der Revision erstrebt, soweit zu seinem Nachteil entschieden worden ist.
II.
1. Das Berufungsgericht ist der Auffassung, dem Kläger fehle die Aktivlegitimation. Grundsätzlich zutreffend habe das Landgericht ausgeführt, dass der Kläger nach §§ 1922, 1924 BGB als Erbe nach seiner Mutter in Betracht komme. Die Erbenstellung sei indes von der Beklagten durchgehend bestritten worden. Weder sei bekannt, ob nicht noch weitere Erben vorhanden seien, noch, ob ein Testament bestehe. Aus mehreren Umständen ergäben sich erhebliche Zweifel, ob der Kläger tatsächlich Erbe seiner Mutter geworden sei. Diese Zweifel habe er mit seiner Erklärung, er sei der einzige Abkömmling und es bestehe kein Testament, nicht ausgeräumt.
Der Kläger habe auch nicht substantiiert vorgetragen, dass er mit der Beklagten selbst einen gleichlautenden Vertrag geschlossen habe und nunmehr aus eigenem Recht zur Geltendmachung der Ansprüche berechtigt sei. Dies gelte auch, soweit er vortrage, dass nach Erhalt eines Schreibens der Beklagten vom 6. Juni 2005 eine Auftragserteilung durch den Kläger auf der Baustelle erfolgt sei. Hierfür werde die Zeugin B. zum Beweis angeboten. Der Beweisantritt sei jedoch unsubstantiiert, denn es fehle die zeitliche Angabe, wann diese Begegnung auf der Baustelle erfolgt sei und welchen konkreten Inhalt sie gehabt habe. Daher würde die Vernehmung der angebotenen Zeugin B. auf einen Ausforschungsbeweis hinauslaufen. Im Übrigen wäre auch bei Annahme eines solchen Vertragsschlusses kein Vertrag mit dem Kläger zustande gekommen. Denn Rechtsnachfolger der Verstorbenen seien deren Erben. Ein Eintreten des Klägers in diesen Vertrag und damit ein Verdrängen der Erben würde einen Vertrag zu Lasten Dritter darstellen, der unzulässig wäre.
2. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision hat Erfolg. Das Berufungsurteil beruht auf einer Verletzung des Anspruchs des Klägers auf rechtliches Gehör, Art. 103 Abs. 1 GG. Es ist deshalb, soweit zum Nachteil des Klägers entschieden worden ist, aufzuheben, und die Sache ist im Umfang der Aufhebung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, § 544 Abs. 7 ZPO. Das Berufungsgericht verletzt den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör, Art. 103 Abs. 1 GG, indem es die vom Kläger vorgetragene Behauptung, er habe der Beklagten auf der Baustelle einen Auftrag zu gleichen Bedingungen wie im Vertrag vom 29. Juli 2004 erteilt, als unsubstantiiert eingestuft und die vom Kläger zum Beweis für diese Behauptung angebotene Zeugin B. nicht vernommen hat.
a) Die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebots verstößt gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze mehr findet (BVerfG, NJW 2009, 1585; BGH, Beschluss vom 22. August 2012 - VII ZR 2/11, juris Rn. 14 m.w.N.). Das ist unter anderem dann der Fall, wenn ein Gericht die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs missachtet, wonach die Ablehnung eines Beweisantrags für eine erhebliche Tatsache nur zulässig ist, wenn diese so ungenau bezeichnet ist, dass ihre Erheblichkeit nicht beurteilt werden kann oder wenn sie ins Blaue hinein aufgestellt worden ist (vgl. BVerfG, ZIP 1996, 1761, 1762). Die der Beweiserhebung vorgeschaltete Handhabung der Substantiierungsanforderungen verletzt Art. 103 Abs. 1 GG, wenn sie offenkundig unrichtig ist (BGH, Beschluss vom 22. August 2012 - VII ZR 2/11, juris Rn. 14; BGH, Beschluss vom 16. November 2010 - VIII ZR 228/08, juris Rn. 14).
b) Eine derartige Verletzung des Rechts des Klägers auf rechtliches Gehör liegt hier vor.
aa) Sachvortrag ist erheblich, wenn Tatsachen vorgetragen werden, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, den geltend gemachten Anspruch zu begründen (vgl. BGH, Urteil vom 30. September 2003 XI ZR 232/02, NJW-RR 2004, 45 m.w.N.). Die Angabe näherer Einzelheiten ist nur dann erforderlich, wenn diese für die Rechtsfolgen von Bedeutung sind. Der Sachvortrag bedarf im Hinblick auf die Erwiderung des Gegners nur dann der Ergänzung, wenn er infolge dieser Einlassung unklar wird und nicht mehr den Schluss auf die Entstehung des geltend gemachten Rechts zulässt. Eine Beweisaufnahme zu einem bestrittenen erheblichen Vorbringen darf nicht abgelehnt werden, wenn die Behauptung konkret genug ist, um eine Stellungnahme des Gegners zu ermöglichen und die Erheblichkeit des Vorbringens zu beurteilen (vgl. BGH, Urteil vom 19. November 2008 - VIII ZR 138/07, NJW 2009, 502 Rn. 32).
bb) Gemessen an diesen Grundsätzen ist der Vortrag des Klägers zur Erteilung eines Auftrags auf der Baustelle zu gleichen Bedingungen wie im Vertrag vom 29. Juli 2004 hinreichend substantiiert. Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 9. Mai 2008 vorgetragen, er habe im Anschluss an das Schreiben der Beklagten vom 6. Juni 2005 gegenüber dem Geschäftsführer der Beklagten auf der Baustelle zum zweiten Mal den Auftrag erteilt. Ferner hat der Kläger mit Schriftsatz vom 9. Mai 2008 vorgetragen, dass der Geschäftsführer der Beklagten daraufhin im Beisein der Zeugin B. bestätigt habe, der Kläger sei nunmehr auf jeden Fall Auftraggeber. Zum Beweis für diesen Vortrag hat der Kläger die Vernehmung der Zeugin B. angeboten. Außerdem hat der Kläger mit Schriftsatz vom 30. Januar 2009 den genannten Vortrag dahingehend präzisiert, dass er bei einem Termin auf der Baustelle Ende Juni 2005 dem Geschäftsführer der Beklagten nochmals die telefonische Beauftragung vom 23. Mai 2005 bestätigt habe und dass sich der Geschäftsführer der Beklagten bei dieser Gelegenheit in Gegenwart der Zeugin B. mit dem Kläger als Auftraggeber einverstanden erklärt habe. Zum Beweis für diesen Vortrag hat der Kläger die Vernehmung der Zeugin B. angeboten. Mit der Nichterhebung des genannten Zeugenbeweises hat das Berufungsgericht das Recht des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt.
c) Auf dem Verfahrensverstoß kann das Urteil des Berufungsgerichts auch beruhen; denn es ist nicht auszuschließen, dass das Berufungsgericht bei Erhebung des genannten Zeugenbeweises von einem Vertragsschluss zwischen den Parteien aufgrund eines vom Kläger im eigenen Namen zu gleichen Bedingungen wie beim Vertragsschluss vom 29. Juli 2004 erteilten Auftrags ausgegangen wäre. Die Entscheidungserheblichkeit kann auch nicht mit der Erwägung des Berufungsgerichts verneint werden, ein Eintreten des Klägers in den von seiner Mutter geschlossenen Vertrag würde einen Vertrag zu Lasten Dritter, nämlich der verdrängten Erben, darstellen, der unzulässig wäre. Denn der Vortrag des Klägers geht nicht dahin, dass er in den von seiner Mutter geschlossenen Vertrag an deren Stelle eingetreten wäre, sondern dahin, dass er nach dem Tod seiner Mutter selbst auf eigene Rechnung die Verklinkerung des Hauses zu gleichen Bedingungen wie im Vertrag vom 29. Juli 2004 in Auftrag gegeben habe.
d) Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit, sich gegebenenfalls mit den weiteren Rügen des Klägers in der Nichtzulassungsbeschwerde auseinanderzusetzen. Zutreffend weist dieser darauf hin, dass die vom Berufungsgericht geäußerten Zweifel an seiner Erbenstellung wegen der dargelegten Umstände nicht nachvollziehbar sind. Diese Umstände lassen keinen Rückschluss darauf zu, dass der alleinige Sohn der Verstorbenen nicht deren Erbe ist.
Kniffka Safari Chabestari Eick
Kosziol Kartzke