Entscheidungsdatum: 22.01.2015
In Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftraggebers eines Bauvertrags enthaltene Vertragsklauseln, wonach Gewährleistungsansprüche bis zur vorbehaltlosen Annahme der Schlusszahlung des Auftraggebers in Höhe von 8% der Auftrags- bzw. Abrechnungssumme durch Bürgschaften gesichert sind, benachteiligen den Auftragnehmer unangemessen und sind daher unwirksam (im Anschluss an BGH, Urteil vom 1. Oktober 2014, VII ZR 164/12, BauR 2015, 114 = NZBau 2014, 759).
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 19. Mai 2014 aufgehoben.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Wiesbaden vom 18. Oktober 2013 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Von Rechts wegen
Die Klägerin nimmt die Beklagte aus einer Vertragserfüllungsbürgschaft auf Zahlung in Anspruch.
Die Klägerin ist Eigentümerin des stadions in E. Sie erteilte der M. GmbH (im Folgenden: Auftragnehmerin) am 30. Juni 1999 den Auftrag, eine neue Flutlichtanlage zu bauen. Die Auftragnehmerin war nach dem Vertrag verpflichtet, vier Flutlichtmasten zu liefern und zu montieren sowie die Beleuchtung und die Elektroanlagen zu erstellen. Neben der VOB/B waren die Besonderen Vertragsbedingungen BVB-VOB (im Folgenden: BVB) und die Zusätzlichen Vertragsbedingungen ZVB-VOB (im Folgenden: ZVB) vereinbart.
Unter der Überschrift "Sicherheitsleistung (§ 17)" enthält Nr. 6 BVB u.a. folgende Regelungen:
"6.1 Als Sicherheit für die Vertragserfüllung nach § 33.1 ZVB-VOB hat der AN eine Bürgschaft nach Vordruck B U in Höhe von 5,0 v.H. der Auftragssumme einschl. Nachträge zu stellen.
Leistet der AN die Sicherheit nicht innerhalb von 18 Werktagen nach Vertragsabschluß (Zugang des Auftragsschreibens bzw. der Nachtragsvereinbarung), ist der AG berechtigt, die Abschlagszahlungen einzubehalten, bis der Sicherheitsbetrag erreicht ist.
Nach Empfang der Schlußzahlung und Erfüllung aller bis dahin erhobenen Ansprüche kann der AN verlangen, daß die Bürgschaft in eine Gewährleistungsbürgschaft (siehe auch 6.2) in Höhe von 3,0 v.H. der Abrechnungssumme umgewandelt wird.
6.2 Als Sicherheit für die Gewährleistung nach Nr. 33.2 ZVB-VOB hat der AN eine Bürgschaft nach Vordruck B U in Höhe von 3,0 v.H. der Auftragssumme einschl. aller Nachträge zu stellen. Nach Feststellung der Abrechnungssumme ist diese maßgebend.
Liegt die Bürgschaft nicht vor, wird der entsprechende Betrag nach Feststellung der Abrechnungssumme vom AG einbehalten.
…"
Nr. 33 ZVB - "Sicherheitsleistung (§ 17)" - lautet:
"33.1 Die Sicherheit für Vertragserfüllung erstreckt sich auf die Erfüllung sämtlicher Verpflichtungen aus dem Vertrag, insbesondere für die auftragsgemäße Ausführung der Leistung einschließlich Abrechnung, Gewährleistung und Schadensersatz sowie auf die Erstattung von Überzahlungen, einschließlich der Zinsen.
33.2 Die Sicherheit für Gewährleistung erstreckt sich auf die Erfüllung der Ansprüche auf Gewährleistung einschließlich Schadensersatz sowie auf die Erstattung von Überzahlungen einschließlich der Zinsen."
Unter der Überschrift "Bürgschaften (§§ 16 und 17)" enthält Nr. 34 ZVB u.a. folgende Regelungen:
"34.1 Ist Sicherheit durch Bürgschaft für
- Vertragserfüllung,
- Gewährleistung,
- Abschlagszahlungen oder
- Vorauszahlungen
zu leisten, sind Formblätter des AG zu verwenden.
…
34.3 Die Bürgschaftsurkunden enthalten folgende Erklärungen des Bürgen:
'Der Bürge übernimmt für den AN die selbstschuldnerische Bürgschaft nach deutschem Recht. Auf die Einreden der Anfechtung und der Aufrechnung sowie der Vorausklage gemäß §§ 770, 771 BGB wird verzichtet. Die Bürgschaft ist unbefristet; sie erlischt mit der Rückgabe der Bürgschaftsurkunde. …'
…
34.6 Die Urkunde über die Vertragserfüllungsbürgschaft wird nach vorbehaltloser Annahme der Schlußzahlung zurück gegeben, wenn der AN
- die Leistung vertragsgemäß erfüllt hat,
- etwaige erhobene Ansprüche (einschließlich Ansprüche Dritter) befriedigt hat und
- eine vereinbarte Sicherheit für Gewährleistung geleistet
hat."
Die Auftragnehmerin stellte der Klägerin eine Bürgschaft der Beklagten in Höhe von 122.000 DM (= 62.377,61 €) für die Ausführung der Leistung "gemäß VOB, Teil B § 4". Noch vor der Abnahme knickte Ende 1999 ein von der Auftragnehmerin errichteter Lichtmast ab. Um das Stadion rasch wieder in Betrieb nehmen zu können, vereinbarte die Klägerin mit der Auftragnehmerin, dass sie die Mängelbeseitigung selbst vorfinanzieren und die Verursachungsfrage gerichtlich geklärt werden sollte. Mit rechtskräftigem Urteil des Thüringischen Oberlandesgerichts vom 21. Juli 2011 wurde die Auftragnehmerin verurteilt, an die Klägerin 301.407,43 € und - als Gesamtschuldnerin mit der eingeschalteten Planerin - weitere 191.400 € zu zahlen. Die Planerin glich diesen Zahlungsbetrag gegenüber der Klägerin aus. Die Auftragnehmerin leistete auf die titulierte Forderung lediglich einen Betrag in Höhe von 10.000 €. Über ihr Vermögen wurde inzwischen das Insolvenzverfahren eröffnet.
Die Klägerin hat die Beklagte als Bürgin auf Zahlung von 62.377,61 € in Anspruch genommen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht die Beklagte zur Zahlung von 62.377,61 € zuzüglich Zinsen verurteilt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Die Revision der Beklagten hat Erfolg.
Auf das Schuldverhältnis der Parteien sind das Bürgerliche Gesetzbuch und das Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen in der Fassung anzuwenden, die für bis zum 31. Dezember 2001 geschlossene Verträge gilt, Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB.
I.
Das Berufungsgericht ist der Auffassung, der Klägerin stehe gegen die Beklagte ein Zahlungsanspruch aus der Bürgschaft in Höhe der Klageforderung gemäß § 765 Abs. 1 BGB zu. Die Beklagte könne dem Anspruch der Klägerin nicht die Einrede der Unwirksamkeit der zugrunde liegenden Sicherungsabrede gemäß §§ 821, 812, 768 Abs. 1 BGB entgegenhalten. Die Sicherungsabrede aus dem Bauvertrag zwischen der Klägerin und der Auftragnehmerin sei wirksam. Die Vertragsbedingungen zur Sicherheitsleistung durch Bürgschaft unter Nr. 6.1 und 6.2 der BVB und Nr. 33 und 34 der ZVB benachteiligten die Auftragnehmerin weder für sich genommen noch in ihrem Zusammenhang unangemessen im Sinne von § 9 Abs. 1 und 2 AGBG. Die Pflicht, eine Vertragserfüllungsbürgschaft in Höhe von 5 % zu stellen, sei für sich genommen ebenso wenig zu beanstanden wie die Pflicht zur Stellung einer Gewährleistungsbürgschaft in Höhe von 3 %. Zwar treffe es zu, dass hier für einen gewissen Zeitraum über die Abnahme hinaus eine Doppelsicherung der Klägerin eintrete. Eine unangemessene Benachteiligung ergebe sich jedoch noch nicht daraus, dass der Auftragnehmer über einen gewissen Zeitraum zwei Sicherheiten gleichzeitig zu stellen habe. Für vergleichbare Sicherungsabreden sei eine Verdoppelung der Sicherheit auf eine Höhe von insgesamt 6 % nicht zu beanstanden. Auch bei einer Kumulation von Vertragserfüllungs- und Gewährleistungsbürgschaft auf eine Höhe von 8 % sei die Sicherungsabrede nicht zu beanstanden. Denn der Zeitraum, in dem diese kumulierte Sicherheit zu stellen sei, ende mit dem Empfang der Schlusszahlung und der Erfüllung aller bis dahin erhobenen Ansprüche und dauere nicht noch darüber hinaus an. Damit unterscheide sich die hier verwendete Klausel maßgeblich von solchen, die den Austausch der Vertragserfüllungsbürgschaft durch eine weniger hohe Gewährleistungsbürgschaft von der vorbehaltlosen Annahme der Schlusszahlung durch den Auftragnehmer abhängig machten und keine frühere Umwandlung in eine Gewährleistungsbürgschaft vorsähen. Nach den vorliegenden Vertragsbedingungen sei die Urkunde über die Vertragserfüllungsbürgschaft zwar erst nach vorbehaltloser Annahme der Schlusszahlung zurückzugeben (Nr. 34.6 ZVB), doch habe sie bereits vorher unter den genannten Bedingungen in die niedrigere Gewährleistungsbürgschaft umgewandelt werden können.
Auch der unter Nr. 34.3 der ZVB vorgesehene Ausschluss der Einreden der Aufrechenbarkeit, der Anfechtbarkeit und der Vorausklage gemäß §§ 770, 771 BGB führe nicht zur Unwirksamkeit der Sicherungsabrede. Selbst wenn man davon ausginge, dass dieser Einredeausschluss als unangemessene Benachteiligung ganz oder teilweise unwirksam sei, führe dies nicht zur Unwirksamkeit der Sicherungsabrede insgesamt, sondern habe nur zur Folge, dass die Teilklausel zum Einredeverzicht unwirksam sei, der Bürge die Einrede dennoch erheben könne.
Der Umstand, dass die Formblätter für die Bürgschaften, auf die in Nr. 34.1 ZVB Bezug genommen werde, den Ausschreibungsunterlagen nicht beigelegen hätten, führe nicht zu einem Verstoß gegen das Transparenzgebot. Zum Verständnis der Regelung über die Bürgschaft sei die Kenntnis der Formblätter nicht erforderlich, da sich die Pflichten des Auftragnehmers bereits vollständig aus dem Wortlaut der Vertragsbedingungen selbst ergäben.
II.
Dies hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Beklagte kann der Inanspruchnahme aus der von ihr übernommenen Vertragserfüllungsbürgschaft mit Erfolg die Einrede nach § 768 Abs. 1 Satz 1, § 821 BGB entgegenhalten, die Auftragnehmerin habe die Bürgschaft ohne rechtlichen Grund gestellt. Die der Bürgschaft zugrunde liegende Sicherungsabrede ist unwirksam.
1. Dem Bürgen stehen gemäß § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB die Einwendungen des Schuldners aus der Sicherungsabrede mit dem Gläubiger zu. Hat der Bürge eine Sicherung gewährt, obwohl die Sicherungsabrede zwischen Hauptschuldner und Gläubiger unwirksam ist, so kann er sich gegenüber dem Leistungsverlangen des Gläubigers auf die Unwirksamkeit der Sicherungsabrede und auf die Einrede des Hauptschuldners berufen, dass der Gläubiger die Inanspruchnahme des Bürgen zu unterlassen hat. Das folgt aus dem Sinn und Zweck des Akzessorietätsgedankens, der sicherstellen soll, dass der Bürge grundsätzlich nicht mehr zu leisten hat als der Hauptschuldner (BGH, Urteil vom 1. Oktober 2014 - VII ZR 164/12, BauR 2015, 114 Rn. 15 = NZBau 2014, 759; Urteil vom 12. Februar 2009 - VII ZR 39/08, BGHZ 179, 374 Rn. 9; Urteil vom 23. Januar 2003 - VII ZR 210/01, BGHZ 153, 311, 316 m.w.N.).
2. Der Senat kann offen lassen, ob die Bestimmung in Nr. 34.1 ZVB in Verbindung mit Nr. 34.3 ZVB hinreichend transparent ist und ob der nach Nr. 34.3 ZVB formularmäßig ausbedungene Verzicht des Bürgen auf die Einrede der Aufrechenbarkeit und der Anfechtbarkeit für die zu stellende Vertragserfüllungsbürgschaft die Unwirksamkeit der Sicherungsabrede zur Folge hat, wie die Revision geltend macht. Denn die der Vertragserfüllungsbürgschaft zugrunde liegende Sicherungsabrede in Nr. 6.1 BVB ist unwirksam, weil sie in Verbindung mit Nr. 34.6 ZVB und im Zusammenwirken mit Nr. 6.2 BVB eine Übersicherung des Auftraggebers für Gewährleistungsansprüche zur Folge hat, die ihm für den nach der Abnahme der Werkleistung liegenden Zeitraum zustehen können. Dies benachteiligt den Auftragnehmer im Sinne des § 9 Abs. 1 AGBG unangemessen.
a) Nach den von der Klägerin gestellten Vertragsbestimmungen hat der Auftragnehmer eine Vertragserfüllungsbürgschaft in Höhe von 5 % der Auftragssumme zu stellen, die nicht nur Vertragserfüllungs- und Überzahlungsansprüche, sondern auch Gewährleistungsansprüche absichert. Die Bürgschaftsurkunde wird gemäß Nr. 34.6 ZVB nach vorbehaltloser Annahme der Schlusszahlung zurückgegeben, wenn der Auftragnehmer vertragsgemäß erfüllt, etwaige Ansprüche (einschließlich Ansprüche Dritter) befriedigt und eine vereinbarte Sicherheit für die Gewährleistung geleistet hat. Diese Regelung ermöglicht es dem Auftraggeber, die Vertragserfüllungsbürgschaft auch noch längere Zeit nach der Abnahme zu behalten. Denn eine vorbehaltlose Annahme der Schlusszahlung durch den Auftragnehmer ist nicht zwingend, sondern es kann Streit über noch offene Forderungen des Auftragnehmers entstehen, der sich sogar über Jahre hinziehen kann, etwa dann, wenn er in einem Rechtsstreit ausgetragen wird. Die Klausel soll dem Auftraggeber nach der maßgeblichen kundenfeindlichsten Auslegung das Recht verschaffen, die Vertragserfüllungsbürgschaft so lange so zu behalten, bis die Höhe der dem Auftragnehmer zustehenden Forderung feststeht. Auf diese Weise werden jedenfalls bis zu diesem Zeitpunkt entstandene Gewährleistungsansprüche über die Vertragserfüllungsbürgschaft mitgesichert (vgl. BGH, Urteil vom 1. Oktober 2014 - VII ZR 164/12, BauR 2015, 114 Rn. 22 = NZBau 2014, 759; Urteil vom 5. Mai 2011 - VII ZR 179/10, BauR 2011, 1324 Rn. 23 = NZBau 2011, 410).
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts sind die Vertragsbestimmungen in Nr. 6.1 BVB und Nr. 34.6 ZVB nicht dahin auszulegen, dass der Auftragnehmer bereits nach Empfang der Schlusszahlung und Erfüllung aller bis dahin erhobenen Ansprüche verlangen kann, dass die Vertragserfüllungsbürgschaft in eine Gewährleistungsbürgschaft in Höhe von 3 % der Abrechnungssumme umgewandelt wird. Die Vertragsbestimmung in Nr. 6.1 BVB ist nicht isoliert zu betrachten. Sie wird vielmehr durch die Bestimmung in Nr. 34.6 ZVB ergänzt, nach der die Urkunde über die Vertragserfüllungsbürgschaft erst nach vorbehaltloser Annahme der Schlusszahlung zurückzugeben ist. Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Vertragsbestimmung in Nr. 34.6 ZVB betreffe nur den Zeitpunkt, zu dem die Bürgschaftsurkunde, nicht aber die Bürgschaft zurückzugeben ist, ist unzutreffend. Sie berücksichtigt nicht, dass die Verpflichtung zur Rückgabe der Bürgschaftsurkunde in dem Zeitpunkt entsteht, in dem auch die Vertragserfüllungsbürgschaft nach Ausübung des Rechts, diese in eine Gewährleistungsbürgschaft umzuwandeln, zurückzugeben ist. Der sich danach ergebende Widerspruch hinsichtlich des Zeitpunkts, zu dem die Vertragserfüllungsbürgschaft zurückzugeben ist, ist bei der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung dahin aufzulösen, dass der Anspruch gemäß Nr. 6.1 Abs. 3 BVB erst nach vorbehaltloser Annahme der Schlusszahlung entsteht.
b) Das von der Klägerin gestellte Klauselwerk führt mit diesem Inhalt zu einer unangemessenen Benachteiligung des Auftragnehmers, weil er für einen nicht unerheblichen Zeitraum über die Abnahme hinaus wegen möglicher Gewährleistungsansprüche des Auftraggebers eine Sicherheit von 8 % der Auftrags- bzw. Abrechnungssumme leisten muss. Das ist durch das Sicherungsinteresse des Auftraggebers nicht mehr gedeckt. Wie der Bundesgerichtshof bereits entschieden hat, liegt eine unangemessene Benachteiligung des Auftragnehmers vor, wenn die vom Auftraggeber gestellten Allgemeinen Geschäftsbedingungen dazu führen, dass der Auftragnehmer für einen jedenfalls erheblichen Zeitraum über die Abnahme hinaus für mögliche Gewährleistungsansprüche des Auftraggebers eine Sicherheit durch selbstschuldnerische Bürgschaft in Höhe von 7 % der Auftragssumme zu leisten hat (vgl. BGH, Urteil vom 1. Oktober 2014 - VII ZR 164/12, BauR 2015, 114 Rn. 24 = NZBau 2014, 759). Die hier in Rede stehende Sicherungsabrede führt für einen - unter Umständen - erheblichen Zeitraum nach der Abnahme der Werkleistung zu einer Sicherung des Auftraggebers im Umfang von 8 %. Der Auftragnehmer hat nach der Vertragsbestimmung in Nr. 6.1 BVB eine Vertragserfüllungsbürgschaft in Höhe von 5 % der Auftragssumme zu stellen. In Höhe von weiteren 3 % der Auftrags- bzw. Abrechnungssumme ist der Auftraggeber zur Vornahme eines Sicherheitseinbehalts für Gewährleistung gemäß Nr. 6.2 BVB berechtigt, der durch Stellen einer unbefristeten selbstschuldnerischen Bürgschaft abgelöst werden kann. Hierdurch wird der Auftragnehmer unangemessen benachteiligt mit der Folge, dass die Sicherungsabrede gemäß § 9 Abs. 1 AGBG unwirksam ist.
c) Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin darauf, es verbliebe auch dann noch eine sinnvolle Regelung, wenn die Teilregelung "nach vorbehaltloser Annahme der Schlusszahlung" entfiele. Die Klausel in Nr. 34.6 ZVB kann nicht in einen inhaltlich zulässigen und einen inhaltlich unzulässigen Teil zerlegt und etwa mit dem Inhalt aufrechterhalten werden, der sich nach Streichung des Passus "nach vorbehaltloser Annahme der Schlusszahlung" ergibt. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs können inhaltlich voneinander trennbare, einzeln aus sich heraus verständliche Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen Gegenstand einer gesonderten Wirksamkeitsprüfung sein, auch wenn sie in einem äußeren sprachlichen Zusammenhang mit anderen - unwirksamen - Regelungen stehen. Nur dann, wenn der als wirksam anzusehende Rest im Gesamtgefüge des Vertrages nicht mehr sinnvoll, insbesondere der als unwirksam beanstandete Klauselteil von so einschneidender Bedeutung ist, dass von einer gänzlich neuen, von der bisherigen völlig abweichenden Vertragsgestaltung gesprochen werden muss, ergreift die Unwirksamkeit der Teilklausel die Gesamtklausel (BGH, Urteil vom 1. Oktober 2014 - VII ZR 164/12, BauR 2015, 114 Rn. 27 = NZBau 2014, 759; Urteil vom 12. Februar 2009 - VII ZR 39/08, BGHZ 179, 374 Rn. 15, Urteil vom 10. Oktober 1996 - VII ZR 224/95, BauR 1997, 302, 303 m.w.N.). So liegt der Fall hier. Mit der Streichung der Formulierung über die vorbehaltlose Annahme der Schlusszahlung in Nr. 34.6 ZVB erhielte die Klausel einen von ihrem ursprünglichen Inhalt grundsätzlich abweichenden Regelungsgehalt, der letztlich zu einer der Intention des Klauselverwenders entgegenstehenden abweichenden Vertragsgestaltung führen würde (vgl. BGH, Urteil vom 1. Oktober 2014 - VII ZR 164/12, aaO Rn. 27).
d) Die von der Revisionsbeklagten in der mündlichen Verhandlung angeregte Möglichkeit, die Klausel für eine Übergangszeit für wirksam zu halten, kommt nicht in Betracht. Die Revisionsbeklagte hat keinen Tatbestand dargelegt, der ein Vertrauen des Auftraggebers dahingehend begründen könnte, die Klausel halte einer Inhaltskontrolle stand. Allein der Umstand, dass über die Wirksamkeit dieser Klausel noch keine Entscheidung ergangen ist, begründet keinen Vertrauenstatbestand (vgl. BGH, Urteil vom 1. Oktober 2014 - VII ZR 164/12, aaO Rn. 28).
e) Ein Rechtsgrund für die gestellte Vertragserfüllungsbürgschaft ergibt sich entgegen der Auffassung der Revisionsbeklagten auch nicht aus einer von den Parteien getroffenen Individualvereinbarung, mit der die Sicherungsabrede nachträglich dahin abgeändert worden sein soll, dass sich die Verpflichtung zur Stellung einer Vertragserfüllungsbürgschaft auf die ausgereichte Bürgschaft beschränkt. Ein solcher Erklärungswert kann weder der Übergabe einer von der Sicherungsabrede abweichenden Bürgschaftsurkunde noch deren Annahme beigemessen werden.
3. Die Sicherungsabrede wäre im Übrigen auch dann unwirksam, wenn das Klauselwerk eine Bestimmung wie in Nr. 34.6 ZVB nicht enthielte, da bereits die Klausel in Nr. 6.1 BVB isoliert betrachtet gemäß § 9 Abs. 1 AGBG unwirksam ist. Auch sie führt schon zu einer unangemessenen Benachteiligung des Auftragnehmers, weil er für einen nicht unerheblichen Zeitraum über die Abnahme hinaus für mögliche Gewährleistungsansprüche des Auftraggebers eine überhöhte Sicherheit zu leisten hat. Denn zum einen steht es im Belieben des Auftraggebers, wann er die Schlusszahlung leistet. Zum anderen kann er durch das Erheben von Ansprüchen, ohne dass deren Berechtigung feststünde, das Entstehen des Anspruchs des Auftragnehmers auf Umwandlung der Vertragserfüllungsbürgschaft in eine Gewährleistungsbürgschaft für einen erheblichen Zeitraum hinausschieben (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 6. August 2013 - 19 U 99/12, juris Rn. 46-55).
4. Die Entscheidung des Berufungsgerichts kann danach keinen Bestand haben und ist aufzuheben. Die Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des Landgerichts ist auf ihre Kosten zurückzuweisen. Der Senat kann gemäß § 563 Abs. 3 ZPO in der Sache selbst entscheiden, weil lediglich eine Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis in Rede steht und die Sache zur Endentscheidung reif ist.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Eick Halfmeier Jurgeleit
Graßnack Feilcke