Entscheidungsdatum: 05.05.2011
1. Die Erhebung einer Zwischenfeststellungsklage des Sicherungsnehmers gegen den Bürgen über die Wirksamkeit einer Sicherungsabrede in einem Bauvertrag ist zulässig, wenn nicht ausgeschlossen ist, dass dem Sicherungsnehmer vom Sicherungszweck umfasste Forderungen gegen den Sicherungsgeber zustehen, die nicht Gegenstand des Klageverfahrens in der Hauptsache sind (Fortführung von BGH, Urteil vom 17. Mai 1977, VI ZR 174/74, BGHZ 69, 37) .
2. Ein in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftraggebers eines Bauvertrags enthaltenes Klauselwerk, wonach Gewährleistungsansprüche und Überzahlungsansprüche bis zur vorbehaltlosen Annahme der Schlusszahlung des Auftraggebers in Höhe von 10% der Auftrags-, bzw. Abrechnungssumme gesichert sind, benachteiligt den Auftragnehmer unangemessen .
Auf die von der Streithelferin der Beklagten geführte Revision wird das Teilurteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 19. Oktober 2010 aufgehoben.
Die Zwischenfeststellungsklage wird abgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens einschließlich der durch die Streithilfe entstandenen Kosten werden der Klägerin auferlegt.
Von Rechts wegen
Die Klägerin nimmt die Beklagte aus einer Bürgschaft in Anspruch.
Die Klägerin beauftragte die W.-GmbH (im Folgenden: Auftragnehmerin) am 11. Juli 2002 zum Pauschalpreis von 3.667.000 € netto mit Sanierungsarbeiten an der Bühnentechnik im Forum S. in L. Der Vertrag wurde geschlossen unter Einbeziehung der VOB/B sowie der von der Klägerin gestellten "Zusätzlichen Vertragsbedingungen" (ZVB) und "Besonderen Vertragsbedingungen" (BVB).
In den BVB heißt es unter Ziffer 6 "Sicherheitsleistung":
"Für Bürgschaften gilt Nr. 34 ZVB".
Ziffer 6.1 BVB lautet:
"Ab einer Auftragssumme von € 50.000,-- gilt folgendes:
Als Sicherheit für die Vertragserfüllung nach Nr. 33.1 ZVB hat der
Auftragnehmer eine Bürgschaft nach dem Formblatt KEFB.Sich1 in Höhe von 5 v.H. der Auftragssumme zu stellen.
…
Nach Vorlage der Schlussrechnung und Erfüllung aller bis dahin erhobenen Ansprüche kann der Auftragnehmer verlangen, dass die Bürgschaft in eine Gewährleistungsbürgschaft gemäß Formblatt KEFB.Sich2 in Höhe von 5 v.H. der Abrechnungssumme (Bruttosumme) umgewandelt wird.“
Ziffer 6.2 BVB lautet:
"Ab einer Auftragssumme von € 50.000,-- gilt folgendes:
Als Sicherheit für die Erfüllung der Gewährleistungsansprüche einschl. Schadensersatz und für die Erstattung von Überzah-lungen werden 5 v.H. der Auftragssumme einschl. der Nachträge (Bruttosumme) einbehalten, nach Feststellung der Abrechnungs-summe ist diese maßgebend.
Der Auftragnehmer kann stattdessen eine Gewährleistungsbürgschaft nach dem Formblatt KEFB.Sich2 stellen"
Nr. 33 ZVB lautet:
"33.1 Die Sicherheit für Vertragserfüllung erstreckt sich auf die Erfüllung sämtlicher Verpflichtungen aus dem Vertrag, insbesondere für die vertragsgemäße Ausführung der Leistung einschließlich Abrechnung, Gewährleistung und Schadensersatz, sowie auf die Erstattung von Überzahlungen einschließlich der Zinsen.
33.2 Die Sicherheit für Gewährleistung erstreckt sich auf die Erfüllung der Ansprüche auf Gewährleistung einschließlich Schadensersatz sowie auf die Erstattung von Überzahlungen einschließlich der Zinsen.“
Nr. 34.4 ZVB lautet:
"Bei Bürgschaften hat sich der Bürge zu verpflichten, auf erste Anforderung an den Auftraggeber zu zahlen."
Nr. 34.6 ZVB lautet:
"Die Urkunde über die Vertragserfüllungsbürgschaft wird nach vorbehaltloser Annahme der Schlusszahlung zurückgegeben, wenn der Auftragnehmer die Leistung vertragsgemäß erfüllt hat
- etwaige erhobene Ansprüche (einschließlich Ansprüche Dritter) befriedigt hat und
- eine vereinbarte Sicherheit für die Gewährleistung geleistet hat.“
Am 7. August 2002 stellte die Auftragnehmerin der Klägerin eine Vertragserfüllungs- und Gewährleistungsbürgschaft der Beklagten, in der diese sich zur Zahlung auf erstes Anfordern verpflichtete.
Nach Ausführung der Arbeiten verweigerte die Klägerin wegen angeblicher Mängel die Abnahme der Gesamtleistung. Stattdessen erfolgte am 4. Dezember 2003 eine im Bauabnahmeprotokoll so bezeichnete Teilabnahme. Nacharbeiten führten nach Auffassung der Klägerin nicht zu befriedigenden Ergebnissen. Durch Beschluss des Amtsgerichts vom 27. Dezember 2005 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Auftragnehmerin eröffnet. Mit Schreiben vom 27. April 2006 lehnte der Insolvenzverwalter die Erfüllung des Werkvertrages mit der Klägerin gemäß § 103 Abs. 2 InsO ab.
Die Klägerin, die die Leistungen der Auftragnehmerin an der Untermaschinerie der Bühnenkonstruktion für nicht vertragsgerecht hält, ermittelte unter Berücksichtigung der geleisteten Abschlagszahlungen eine Überzahlung der Auftragnehmerin von 385.653,18 €. Wegen des sich hieraus ergebenden Rückzahlungsanspruchs forderte sie die Beklagte zur Zahlung der Bürgschaftssumme auf, wobei sie klarstellte, die Bürgschaft als selbstschuldnerische Bürgschaft geltend machen zu wollen.
Das Landgericht hat die auf Zahlung der Bürgschaftssumme nebst Zinsen, auf Feststellung des Annahmeverzuges mit der Rücknahme der Bürgschaftsurkunde sowie auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten gerichtete Klage abgewiesen. Auf die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht ein Teilurteil mit der von der Klägerin beantragten Zwischenfeststellung erlassen, dass die Sicherungsabrede gemäß Ziffer 6.1 BVB in Verbindung mit Nr. 33.1 ZVB des Vertrages - mit der Verpflichtung einer nicht auf erstes Anfordern lautenden selbstschuldnerischen Bürgschaft - wirksam ist. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen und von der Streithelferin eingelegten Revision trägt diese darauf an, das Teilurteil des Berufungsgerichts aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Teilurteils des Berufungsgerichts und zur Abweisung der Zwischenfeststellungsklage.
I.
Das Berufungsgericht hält die Zwischenfeststellungsklage der Klägerin für zulässig. Sie sei auf die Feststellung eines für die Entscheidung in der Hauptsache vorgreiflichen Rechtsverhältnisses gerichtet, weil die Klägerin ihren Bürgschaftsanspruch auf verschiedene Hauptforderungen stütze. Geltend gemacht würden verschiedene selbständige prozessuale Ansprüche, die im Bauvertrag und in der Bürgschaft der Beklagten lediglich eine gemeinsame Grundlage hätten.
Den Ansprüchen der Klägerin aus der Bürgschaft stehe die von der Beklagten erhobene Bereicherungseinrede nach § 821 BGB nicht entgegen. Der Rechtsgrund für die Stellung der Vertragserfüllungsbürgschaft, die auch Überzahlungen absichere, ergebe sich aus den in den Besonderen Vertragsbedingungen (BVB) und den Zusätzlichen Vertragsbedingungen (ZVB) niedergelegten Regelungen des Bauvertrages zwischen der Klägerin und der Auftragnehmerin. Diese Regelungen seien nicht deshalb unwirksam, weil die Auftragnehmerin nach Nr. 34.4 ZVB und dem gemäß Ziffer 6.1 der BVB zur Verwendung vorgeschriebenen Formblatt KEFB.Sich1 eine Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern zu stellen hatte. Vielmehr sei die Sicherungsabrede nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dahin auszulegen, dass der Unternehmer eine unbefristete, selbstschuldnerische Bürgschaft schulde. Mit diesem Inhalt sei sie trotz der nach Ziffer 6.1 BVB in Verbindung mit Nr. 33.1 ZVB vorgesehenen Einbeziehung von Gewährleistungsansprüchen wirksam.
Die Sicherungsabrede zur Stellung einer Vertragserfüllungsbürgschaft sei nicht aus dem Gesichtspunkt einer Übersicherung unwirksam. Zwar könnten die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin getroffenen Abreden zu einer Kumulierung der Sicherheiten von maximal 10 % der Auftrags- bzw. Abrechnungssumme führen. Dies belaste den Auftragnehmer im Hinblick auf den vereinbarten Sicherungszweck, der nicht nur Erfüllungs- und Gewährleistungsansprüche, sondern auch Überzahlungen und Schadensersatzansprüche umfasse, nicht unangemessen.
Die der Vertragserfüllungsbürgschaft zu Grunde liegende Sicherungsabrede sei auch nicht deshalb unwirksam, weil die Auftragnehmerin deren Ablösung nicht mit zumutbaren Mitteln bewirken könne und auf sie ein unangemessener Druck ausgeübt worden sei, unberechtigte oder vom Rechtsgrund unklare Forderungen der Klägerin zu akzeptieren.
II.
Die Zwischenfeststellungsklage nach § 256 Abs. 2 ZPO ist zulässig.
Gegenstand einer Zwischenfeststellungsklage kann gemäß § 256 Abs. 2 ZPO nur das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses sein. Damit sind die aus einem konkreten Lebenssachverhalt entstandenen Rechtsbeziehungen von Personen zu Personen oder von Personen zu Sachen gemeint. Nicht zulässig sind nach der in der höchstrichterlichen Rechtsprechung gefestigten Auffassung hingegen Feststellungen zur Klärung einzelner Vorfragen oder Elemente eines Rechtsverhältnisses oder zur Klärung der Berechnungsgrundlagen eines Anspruchs oder einer Leistungspflicht (BGH, Urteil vom 3. Mai 1977 - VI ZR 36/74, BGHZ 68, 332; Urteil vom 3. März 1982 - VIII ZR 10/81, NJW 1982, 1878, 1879; Urteil vom 16. Dezember 2004 - VII ZR 174/03, BauR 2005, 588 = NZBau 2005, 163 = ZfBR 2005, 260). Hier hat die Klägerin auf Feststellung angetragen, dass vertragliche Sicherungsabreden zwischen ihr und der Auftragnehmerin aus dem Bauvertrag vom 11. Juli 2002 wirksam seien. Das berührt die Berechtigung der Klägerin, die ihr von der Auftragnehmerin gestellte Vertragserfüllungsbürgschaft ihrem Sicherungszweck entsprechend verwenden zu dürfen und damit ihr Rechtsverhältnis zur Auftragnehmerin.
Dass die Beklagte an diesem Rechtsverhältnis nicht beteiligt ist, steht der Erhebung der Zwischenfeststellungsklage nicht entgegen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann auch ein Drittrechtsverhältnis Gegenstand einer Feststellungsklage sein (BGH, Urteil vom 16. Juni 1993 - VIII ZR 222/92, BGHZ 123, 44 m.w.N.; Urteil vom 25. Februar 1982 - II ZR 174/80, BGHZ 83, 122, 125). Das gilt ebenso für die Zwischenfeststellungsklage, sofern das zu klärende Rechtsverhältnis für die Entscheidung der Hauptsache präjudiziell ist und die Entscheidung über den Streitgegenstand hinaus Bedeutung gewinnen kann (BGH, Beschluss vom 7. November 1997 - BLw 26/97, WM 1997, 2403). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die Inanspruchnahme der Beklagten aus der Bürgschaft würde an der von ihr gemäß § 768 Abs. 1 BGB erhobenen Bereicherungseinrede der Auftragnehmerin (§ 821 BGB) scheitern, wenn die Sicherungsabrede im Bauvertrag unwirksam wäre. Wird auf Antrag der Klägerin das Gegenteil festgestellt, so folgt daraus, dass die Klägerin die Bürgschaft mit Rechtsgrund erhalten hat und dass sie insoweit nicht ungerechtfertigt bereichert ist. Die darin begründete Vorgreiflichkeit des Drittrechtsverhältnisses für die Entscheidung in der Hauptsache ersetzt zugleich das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche berechtigte Interesse der Klägerin an der begehrten Feststellung (BGH, Urteil vom 17. Mai 1977 - VI ZR 174/74, BGHZ 69, 37).
Die Erhebung einer Zwischenfeststellungsklage ist nur dann zulässig, wenn die zu klärenden Rechtsbeziehungen nicht bereits durch die Entscheidung in der Hauptsache erschöpfend geregelt würden. Allerdings genügt grundsätzlich schon die bloße Möglichkeit, dass das inzidenter ohnehin zu klärende Rechtsverhältnis zwischen den Parteien noch über den gegenwärtigen Streitgegenstand hinaus Bedeutung hat oder gewinnen kann (BGH, Urteil vom 17. Mai 1977 - VI ZR 174/74, BGHZ 69, 37 m.w.N.). Hierzu hat das Berufungsgericht festgestellt, dass die Klägerin mit der Hauptklage mehrere selbständige Ansprüche aus demselben Rechtsverhältnis verfolgt. Die Entscheidung darüber, ob diese, vor allem auf Mängel der Bauleistung und Überzahlungen gestützten Ansprüche die Inanspruchnahme der Beklagten aus der von ihr übernommenen Bürgschaft rechtfertigen, schließt nicht aus, dass der Klägerin noch andere vom Sicherungszweck der Bürgschaft umfasste Forderungen gegen die Auftragnehmerin aus der in Rede stehenden Vertragsbeziehung zustehen, die nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens in der Hauptsache sind. Auch insoweit käme es dann auf die Wirksamkeit der Sicherungsabrede an, worüber in der Hauptsache nicht rechtskraftfähig entschieden wird.
III.
In der Sache hat die Revision Erfolg. Die Zwischenfeststellungsklage ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts unbegründet. Die Sicherungsabrede in Ziffer 6.1 BVB in Verbindung mit Nr. 33.1 ZVB ist unwirksam, weil sie zu einer unangemessenen Benachteiligung des Auftragnehmers führt, § 307 Abs. 1 BGB.
1. Das Klauselwerk in dem von der Klägerin gestellten Vertrag zeichnet sich dadurch aus, dass der Auftragnehmer eine Vertragserfüllungsbürgschaft in Höhe von 5 % der Auftragssumme zu stellen hat, die nicht nur Vertragserfüllungs- und Überzahlungsansprüche, sondern auch Gewährleistungsansprüche absichert. Diese Bürgschaft wird gemäß Nr. 34.6 ZVB nach vorbehaltloser Annahme der Schlusszahlung zurückgegeben, wenn der Auftragnehmer vertragsgemäß erfüllt, etwaige Ansprüche befriedigt und eine vereinbarte Sicherheit für die Gewährleistung geleistet hat. Das Klauselwerk ermöglicht es dem Auftraggeber durch diese Regelung, die Vertragserfüllungsbürgschaft auch noch längere Zeit nach der Abnahme zu behalten. Denn eine vorbehaltlose Annahme der Schlusszahlung durch den Auftragnehmer ist nicht zwingend, sondern es kann Streit über noch offene Forderungen des Auftragnehmers entstehen, der sich sogar über Jahre hinziehen kann, etwa dann, wenn er in einem Prozess ausgetragen wird. Die Klausel soll dem Auftraggeber nach der maßgeblichen kundenfeindlichsten Auslegung das Recht verschaffen, die Vertragserfüllungsbürgschaft solange zurückzubehalten, bis die Höhe der dem Auftragnehmer zustehenden Forderung feststeht. Auf diese Weise werden jedenfalls bis zu diesem Zeitpunkt entstandene Gewährleistungsansprüche über die Vertragserfüllungsbürgschaft mitgesichert.
Das Berufungsgericht ist allerdings der Auffassung, dass die Vertragserfüllungsbürgschaft gemäß Ziffer 6.1 BVB auch dann bereits nach Vorlage der Schlussrechnung und Erfüllung aller bis dahin erhobenen Ansprüche zurückzugeben sei, wenn der Auftragnehmer keinen Gebrauch von der dort ab diesem Zeitpunkt eingeräumten Möglichkeit mache, die Vertragserfüllungsbürgschaft in eine Gewährleistungsbürgschaft umzuwandeln. Die dem entgegenstehende Abrede in Nr. 34.6 ZVB sei nicht anwendbar. Aus der Einleitung in Ziffer 6 und Ziffer 6.1 BVB ergebe sich, dass für Bürgschaften Nr. 34 ZVB und ab einer Auftragssumme von über 50.000 € die Regelung in Ziffer 6.1 BVB gelte. Weil die Auftragssumme hier mehr als 50.000 € betrage, werde die Regelung in Nr. 34.6 ZVB durch diejenige in Ziffer 6.1 BVB verdrängt.
Das ist unzutreffend. Der Senat kann die Auslegung selbst vornehmen, weil die Klausel nicht nur im Bezirk des Berufungsgerichts verwendet wird (vgl. BGH, Urteil vom 5. Juli 2005 - X ZR 60/04, BGHZ 163, 321, 323 f.). Die Auslegung der maßgebenden Vertragsklauseln ergibt zweifelsfrei, dass die Regelungen in Nr. 34 ZVB alle nach dem Vertrag vorgesehenen Bürgschaften betreffen, die nach Ziffer 6 BVB im Übrigen überhaupt nur bei Verträgen mit einer Auftragssumme von mindestens 50.000 € zu stellen sind. Ziffer 6 BVB verhält sich über Inhalt und Umfang der ausbedungenen Sicherheiten; soweit danach die Stellung von Bürgschaften vorgesehen ist, regelt Nr. 34 ZVB deren Ausgestaltung. Dazu gehört, wie sich aus Nr. 34.6 bis Nr. 34.9 ZVB ergibt, auch die Bestimmung der Zeitpunkte, in denen die nach Ziffer 6.1 BVB vorgesehenen Bürgschaftsurkunden zurückgegeben werden müssen. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Vertragsparteien diesen Regelungszusammenhang auf Verträge mit einer Auftragssumme von weniger als 50.000 € haben beschränken wollen. Aus dem Regelungsgehalt der Klauseln in Ziffer 6.1 BVB und Nr. 34.6 ZVB folgt nichts anderes. Sie betreffen unterschiedliche Anknüpfungspunkte für die Beendigung der Verpflichtung zur Stellung einer Vertragserfüllungsbürgschaft und stehen in der Weise nebeneinander, dass die Bürgschaft frühestens nach vorbehaltloser Annahme der Schlusszahlung zurückgegeben werden muss, wenn sie nicht gemäß Ziffer 6.1 BVB zuvor in eine Gewährleistungsbürgschaft umgewandelt wurde.
2. Das Klauselwerk führt nach der zutreffenden Auslegung zu einer unangemessenen Benachteiligung des Auftragnehmers, weil er für einen Zeitraum über die Abnahme hinaus wegen Gewährleistungsansprüchen eine Sicherheit von 10 % der Auftrags- bzw. Abrechnungssumme leisten muss. Das ist durch das Sicherungsinteresse des Auftraggebers nicht mehr gerechtfertigt.
a) In Höhe von 5 % der Auftragssumme muss der Auftragnehmer gemäß Ziffer 6.1 BVB die Vertragserfüllungsbürgschaft stellen. In Höhe von weiteren 5 % der Auftrags- bzw. Abrechnungssumme erfolgt ein Sicherheitseinbehalt gemäß Ziffer 6.2 BVB. Der Auftragnehmer ist zwar gemäß Ziffer 6.2 Satz 2 BVB berechtigt, den Sicherheitseinbehalt mit einer Gewährleistungsbürgschaft abzulösen. Das kann nach Vorlage der Schlussrechnung und Erfüllung aller bis dahin erhobenen Ansprüche durch die nach Ziffer 6.1 BVB ermöglichte Umwandlung der Vertragserfüllungsbürgschaft in eine Gewährleistungsbürgschaft in Höhe von 5 % der Auftrags- bzw. Abrechnungssumme geschehen. Diese Möglichkeit hat aber bei der Bewertung, für welchen Zeitraum der Auftragnehmer eine Sicherheit von 10 % zu stellen hat, unberücksichtigt zu bleiben. Denn sie ist für den Auftragnehmer unangemessen belastend und deshalb für ihn nicht zumutbar. Er kann die Reduzierung der Sicherheit auf 5 % nur dadurch erreichen, dass er eine Bürgschaft auf erstes Anfordern stellt. Auf diese Weise wird er nach dem Klauselwerk gezwungen, zur Reduzierung der Sicherheit dem Auftraggeber jederzeitigen und auch ungerechtfertigten Zugriff auf seine Liquidität einzuräumen. Das belastet ihn unangemessen, denn der Auftragnehmer hat ein schützenswertes Interesse daran, den ihm nach der Abnahme zustehenden Werklohn bis zur Klärung etwaiger Ansprüche des Auftraggebers liquide zu erhalten (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Mai 2007 - VII ZR 210/06, BauR 2007, 1575, 1576 = NZBau 2007, 583 = ZfBR 2007, 671 m.w.N.), während das Sicherungsinteresse des Auftraggebers ausreichend mit einer Sicherung durch einfache selbstschuldnerische Bürgschaft gewahrt ist (vgl. BGH, Urteil vom 13. November 2003 - VII ZR 57/02, BGHZ 157, 29; Urteil vom 26. Februar 2004 - VII ZR 247/02, BauR 2004, 841 = NZBau 2004, 323 = ZfBR 2004, 372). Eine Klausel, die die Ablösung eines Gewährleistungseinbehalts durch eine Bürgschaft auf erstes Anfordern vorsieht, kann nicht in der Weise aufrecht erhalten werden, dass der Auftragnehmer berechtigt ist, den Sicherheitseinbehalt durch eine selbstschuldnerische Bürgschaft abzulösen (BGH, Beschluss vom 24. Mai 2007 - VII ZR 210/06, aaO; Urteil vom 9. Dezember 2004 - VII ZR 265/03, BauR 2005, 539 = NZBau 2005, 219 = ZfBR 2005, 255; Urteil vom 8. März 2001 - IX ZR 236/00, BGHZ 147, 99, 105 f.; Versäumnisurteil vom 22. November 2001 - VII ZR 208/00, BauR 2002, 463 = NZBau 2002, 151 = ZfBR 2002, 249 m.w.N.). Hat danach die im Klauselwerk der Klägerin vorgesehene Möglichkeit, die Vertragserfüllungsbürgschaft abzulösen, als dem Auftragnehmer nicht zumutbar außer Betracht zu bleiben, kommt es darauf an, ob ihn die Belastung mit einer Sicherheit von 10 % für die Zeit bis zur vorbehaltlosen Annahme der Schlusszahlung unangemessen benachteiligt.
b) Das ist der Fall. Der Bundesgerichtshof hat Gewährleistungsbürgschaften in Höhe von 5 % der Auftragssumme bisher nicht beanstandet. Er hat auch eine Vereinbarung als noch wirksam angesehen, die eine Sicherheit durch eine kombinierte Vertragserfüllungs- und Gewährleistungsbürgschaft von 6 % vorgesehen hat, mit der gleichzeitig Überzahlungs- und Gewährleistungsansprüche abgesichert worden sind (BGH, Urteil vom 25. März 2004 - VII ZR 453/02, BauR 2004, 1143 = NZBau 2004, 322 = ZfBR 2004, 550). Eine Sicherheit von insgesamt 10 % übersteigt jedoch das unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen von Auftraggeber und Auftragnehmer angemessene Maß. In § 14 Nr. 2 VOB/A a.F. bzw. § 9 Abs. 7 VOB/A n.F. ist vorgesehen, dass die Sicherheit für Mängelansprüche 3 % der Abrechnungssumme nicht überschreiten soll. Diese Regelung ist auf entsprechende Erfahrungswerte zurückzuführen, nach denen eine Sicherheit in dieser Höhe im Allgemeinen als angemessen und ausreichend und somit im Normalfall für Verträge mit der öffentlichen Hand als gewerbeüblich angesehen werden kann (Joussen in: Ingenstau/Korbion, 17. Aufl., VOB Teil A, § 9 Rn. 91). In der Praxis der privaten Bauwirtschaft hat sich eine Gewährleistungsbürgschaft von höchstens 5 % der Auftrags- bzw. Abrechnungssumme durchgesetzt. Diese Höhe der Sicherheit trägt dem Umstand Rechnung, dass das Sicherungsinteresse des Auftraggebers nach der Abnahme deutlich geringer ist als in der Vertragserfüllungsphase. Sie nimmt vor allem Rücksicht darauf, dass die Belastung des Auftragnehmers durch Sicherheiten nach der Abnahme schon mit Rücksicht darauf, dass er den Vertrag erfüllt hat, und dem Auftraggeber wegen des geschuldeten Werklohns auch noch Leistungsverweigerungsrechte zustehen können, gering zu halten ist. Dazu zählt auch eine Belastung mit Avalzinsen. Eine deutlich höhere Sicherung über einen Zeitraum weit über die Abnahme hinaus ist nicht mehr hinnehmbar. Der Umstand, dass auch Überzahlungsansprüche abgesichert sind, führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Es mag zwar ein Interesse des Auftraggebers erkennbar sein, auch nach der Abnahme Überzahlungsansprüche abzusichern. Ein schützenswertes Interesse an einer Sicherung in der vorgesehenen Höhe ist jedoch nicht gegeben. Dabei muss berücksichtigt werden, dass Abschlagszahlungen ohnehin nur auf jeweils nachgewiesene vertragsgemäße Leistungen gewährt werden, § 16 Nr. 1 VOB/B a.F., § 16 Abs. 1 VOB/B n.F., und es der Auftraggeber durch eine entsprechende Prüfung selbst in der Hand hat, Überzahlungen weitgehend zu vermeiden (OLG Dresden, Urteil vom 15. Juli 2008 - 12 U 781/08 bei juris Rn. 11).
c) Inwieweit Ziffer 6.1 BVB für sich genommen wirksam ist, kann dahinstehen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann die belastende Wirkung einer für sich allein gesehen noch hinnehmbaren Klausel durch eine oder mehrere weitere Vertragsbestimmungen derart verstärkt werden, dass der Vertragspartner des Verwenders im Ergebnis unangemessen benachteiligt wird. Ergibt sich die unangemessene Benachteiligung des Auftragnehmers erst aus der Gesamtwirkung zweier, jeweils für sich genommen nicht zu beanstandender Klauseln, sind beide Klauseln unwirksam. Denn es ist nicht Sache des Gerichts auszusuchen, welche der beiden Klauseln bestehen bleiben soll. Gleiches gilt unter den genannten Voraussetzungen im Ergebnis auch für den Fall, dass die weitere Klausel - wie hier die Regelung unter Ziffer 6.2 BVB - für sich genommen bereits unwirksam ist. Denn der Verwender von zwei Sicherungsklauseln, von denen eine nur Bestand haben kann, wenn die andere unwirksam ist, kann sich zur Begründung der Wirksamkeit der erstgenannten Klausel nicht darauf berufen, dass letztgenannte, ebenfalls von ihm selbst gestellte Klausel unangemessen und damit unwirksam ist (vgl. BGH, Urteil vom 9. Dezember 2010 - VII ZR 7/10, BauR 2011, 677 = ZfBR 2011, 241).
d) Die Klausel kann nicht aufrechterhalten werden, soweit sie Vertragserfüllungsansprüche sichert. Das scheitert schon an der Formulierung, wonach gemäß Nr. 33.1 ZVB sämtliche Ansprüche aus dem Vertrag abgesichert sind. Die folgende Aufzählung der Ansprüche ist rein deklaratorisch.
IV.
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