Entscheidungsdatum: 19.09.2017
Zu den im Rahmen der Bemessung des Erwerbsschadens an die Darlegung der hypothetischen Entwicklung des Geschäftsbetriebs eines Selbständigen (hier: Zahnarztpraxis) zu stellenden Anforderungen.
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 14. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 17. Oktober 2016 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des Klägers erkannt ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Die Beklagten sind dem Kläger aufgrund eines Verkehrsunfalls vom 26. Oktober 2006 dem Grunde nach uneingeschränkt zum Schadensersatz verpflichtet. Der Kläger, ein selbständiger Zahnarzt, hat bei dem Unfall unter anderem eine Verletzung am linken Handgelenk erlitten, die ihn bei seiner zahnärztlichen Tätigkeit dauerhaft beeinträchtigt.
Mit seiner Klage nimmt er die Beklagten auf Schmerzensgeld abzüglich bereits gezahlter 2.000 €, Verdienstausfall für sieben Fehltage nach dem Unfall in Höhe von 6.033,08 € und für den Zeitraum vom 1. November 2006 bis zum 31. Oktober 2011 in Höhe von weiteren 85.500 €, Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten und Feststellung in Anspruch. Das Landgericht hat die Beklagten zur Zahlung von (weiterem) Schmerzensgeld in Höhe von 10.000 €, Verdienstausfall für sieben Fehltage in Höhe von 6.033,08 € sowie Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten in entsprechender Höhe verurteilt und die begehrte Feststellung in Bezug auf zukünftige materielle Schäden getroffen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.
Das Berufungsgericht hat das Urteil auf die Berufungen beider Parteien unter Berufungszurückweisung im Übrigen abgeändert und - in Höhe von mit der Berufung der Beklagten nicht angegriffener 2.000 € Schmerzensgeld klarstellend - dahin neu gefasst, dass die Beklagten zur Zahlung eines weiteren Schmerzensgeldes in Höhe von 7.000 € sowie Verdienstausfall in Höhe von 5.824,79 € nebst Freistellung verurteilt sind. Die Feststellung hat es auch auf zukünftige immaterielle Schäden erstreckt. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.
Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Ansprüche auf Schmerzensgeld in Höhe von (weiteren) 3.000 € und Verdienstausfall für sieben Fehltage im Zeitraum vom 26. Oktober bis 5. November 2006 in Höhe von zusätzlich 208,29 € (6.033,08 - 5.824,79 €) und in Höhe von 85.500 € für den Zeitraum vom 1. November 2006 bis 31. Oktober 2011 weiter.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, ein Schmerzensgeld in Höhe von 12.000 € übersteige Schmerzensgeldbeträge, die andere Gerichte bei vergleichbaren oder ähnlichen Verletzungsfolgen den Geschädigten zugesprochen hätten. Eine weitere Aufklärung der Unfallfolgen sei nicht angezeigt. Dabei könne dahinstehen, ob der neue Sachvortrag des Klägers im Hinblick auf die täglichen Ausfallzeiten wegen der Handgelenksverletzung gemäß § 531 Abs. 2 ZPO überhaupt zuzulassen sei. Einen weiteren therapeutischen Bedarf habe der Kläger nicht bewiesen. Aus Sicht des Sachverständigen seien allein drei Minuten pro Stunde zur Entlastung des Handgelenks erforderlich. Die Einholung eines zahnmedizinischen Gutachtens komme nicht in Betracht, da ein Zahnmediziner nicht die Sachkunde besitze, um die Erforderlichkeit einer weiteren Entlastung beurteilen zu können.
Unter Berücksichtigung der von dem Kläger ersparten Aufwendungen - Laborkosten, Betriebsbedarf und Praxiswäsche - sei der Verdienstausfall wegen der sieben Fehltage vom 26. Oktober bis 5. November 2006 nur auf 5.824,79 € - nicht auf 6.033,08 € - zu schätzen.
Zu Recht habe das Landgericht die Klage wegen des vom Kläger geltend gemachten Verdienstausfalls im Zeitraum vom 1. November 2006 bis 31. Oktober 2011 abgewiesen. Zwar bestünden aufgrund des Vorbringens des Klägers und des Ergebnisses der Beweisaufnahme Anhaltspunkte dafür, dass ihm ein Anspruch aus § 252 BGB zustehen könne. Der Kläger habe jedoch einen entgangenen Gewinn für diese Zeit der Höhe nach nicht schlüssig dargelegt. Zwar habe er auf den Hinweis des Senats in der Berufungsinstanz seine Gewinnermittlungen für die Jahre 2003 bis 2011 sowie Steuererklärungen und Festsetzungsbescheide des Finanzamts vorgelegt. Aus diesen lasse sich aber nicht entnehmen, dass er einen unfallbedingten Gewinnrückgang zu verzeichnen gehabt habe. Vielmehr habe er seinen Gewinn in den Jahren 2007 und 2008 gegenüber der Zeit vor dem Unfall noch gesteigert. Insoweit hätten die Feststellungen für die Jahre 2007 und 2008 auch Fernwirkung für die weiteren Jahre 2009 bis 2011. Es sei davon auszugehen, dass sich in den ersten beiden Jahren nach dem Unfall der Schaden bereits voll entfaltet habe.
Soweit der Kläger zu seinen Gewinnermittlungen für die Jahre 2003 bis 2005 ausführe, er habe in seinem Privathaus eine Zweigpraxis eingerichtet oder einrichten wollen, so dass die unter Stelle 10 der Gewinnermittlung bzw. Konto 4260 gebuchten Ausgaben in Höhe von 15.524,53 € (2003), 17.153,54 € (2004), 31.657,98 € (2005) und 27.737,80 € (2006) herausgerechnet werden müssten, sei dies für das Gericht nicht nachvollziehbar. Zudem würden auch im Jahr 2007 unter dem Konto 4260 höhere Instandhaltungskosten als 2.000 € verbucht. Rechne man auch diese heraus, ergebe sich nach wie vor in Bezug auf die Gewinnsituation kein signifikanter Unterschied zwischen den Jahren 2003 und 2007.
Ein Anspruch des Klägers sei vor dem Hintergrund der nahezu unverändert gebliebenen oder gar verbesserten Gewinnsituation in den Jahren 2007 und 2008 nur denkbar, wenn er Einsparungen veranlasst habe, die keiner Schadensminderungspflicht entsprächen. Denn grundsätzlich sei der Geschädigte verpflichtet, seinen Betrieb so umzustrukturieren, dass keine Gewinnausfälle entstünden. Sofern der Kläger sich darauf berufe, er habe in den Jahren 2006 bis 2008 die Material- und Laborkosten gegenüber den Jahren 2003 bis 2005 erheblich verringert, seien dies keine Einsparungen, denen keine Schadensminderungspflicht gegenüberstehe. Die Material- und Laborkosten würden letztlich den Patienten in Rechnung gestellt und seien damit lediglich ein durchlaufender Posten.
Sofern der Kläger vortrage, dass er eine Mitarbeiterin entlassen habe, deren Tätigkeit von seiner Ehefrau in Vollzeit wahrgenommen werde, diese aber nach wie vor nur das für eine Teilzeittätigkeit vereinbarte Bruttoarbeitsentgelt beziehe, könne dies zwar eine Einsparung darstellen, der keine Schadensminderungspflicht gegenüberstehe. Allerdings habe der Kläger nach seinem Vortrag im Jahr 2007 gegenüber dem Vorjahr 2006 Personalkosten in Höhe von ca. 13.500 € eingespart und im Jahr 2008 seine Personalkosten um ca. 17.500 € gegenüber dem Jahr 2006 reduziert. Ziehe man diese Beträge von den Gewinnen ab, ergebe sich immer noch kein signifikanter Gewinnrückgang gegenüber den Jahren 2003 bis 2005. Von daher lasse sich aus dem Vortrag des Klägers zur Entwicklung der Gewinnsituation der Praxis nicht der Rückschluss ziehen, dass sich die Gewinne aufgrund des streitgegenständlichen Unfalls verringert hätten. Bereits vor dem Unfall habe es nicht unerhebliche Gewinnschwankungen gegeben, die auch nicht ungewöhnlich seien. Deutlich zurückgegangen seien die Umsätze und Gewinne des Klägers erst ab dem Jahr 2009. Hinsichtlich dieses Gewinnrückgangs lasse sich aber kein Zusammenhang zu dem streitgegenständlichen Unfall mehr herstellen; der deutliche Gewinnrückgang ab dem Jahr 2009 müsse offenbar andere Ursachen haben.
II.
Die Revision hat Erfolg. Mit der Begründung des Berufungsgerichts kann ein Anspruch auf Ersatz des weiter geltend gemachten Verdienstausfalls sowie auf Zahlung weiteren Schmerzensgeldes nicht verneint werden, §§ 842, 249 Abs. 1, § 252 Satz 2, § 253 Abs. 2 BGB, § 287 Abs. 1 ZPO.
1. Die Revision rügt zu Recht, dass das Berufungsgericht keinen über einen Betrag von 5.824,79 € hinausgehenden Verdienstausfallschaden des Klägers hat feststellen können. Zwar ist die Bemessung der Höhe des Schadensersatzanspruches in erster Linie Sache des nach § 287 ZPO besonders freigestellten Tatrichters. Sie ist revisionsrechtlich nur daraufhin überprüfbar, ob der Richter Rechtsgrundsätze der Schadensbemessung verkannt, wesentliche Bemessungsfaktoren außer Betracht gelassen oder seiner Schätzung unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt hat (Senat, Urteil vom 9. November 2010 - VI ZR 300/08, VersR 2011, 229 Rn. 16 mwN; BGH, Urteil vom 6. Dezember 2012 - VII ZR 84/10, NJW 2013, 525 Rn. 17 mwN). Solche Rechtsfehler hat die Revision hier indes aufgezeigt.
a) Der Ausfall der Arbeitskraft als solcher ist kein Vermögensschaden. Dem in seiner Arbeitsfähigkeit Geschädigten entsteht ein gegebenenfalls zu ersetzender Vermögensschaden erst dann, wenn sich der Ausfall oder die Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit konkret und sichtbar ausgewirkt hat. Das muss sich allerdings nicht im Verlust bisher bezogener Einnahmen zeigen, sondern kann auch dadurch sichtbar werden, dass ohne die Schädigung zu erwartende, gegebenenfalls auch gesteigerte Gewinne nicht gemacht werden konnten (Senatsurteile vom 5. Mai 1970 - VI ZR 212/68, BGHZ 54, 45, 50 ff.; vom 31. März 1992 - VI ZR 143/91, NJW-RR 1992, 852 unter II 1; vom 12. Januar 2016 - VI ZR 491/14, VersR 2016, 415 Rn. 17).
Wie der Senat wiederholt ausgesprochen hat, bedarf es daher bei selbständig Tätigen zur Beantwortung der Frage, ob diese einen Verdienstausfallschaden erlitten haben, der Prüfung, wie sich das von ihnen betriebene Unternehmen ohne den Unfall voraussichtlich entwickelt hätte. Für die Grundlagen der danach erforderlichen Prognose des erzielbaren Gewinns ist nicht auf den Zeitpunkt des Schadensereignisses, sondern auf denjenigen der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen (Senatsurteil vom 27. Oktober 1998 - VI ZR 322/97, DB 1999, 379 unter II 1 mwN).
Dabei kommen dem Geschädigten die Darlegungs- und Beweiserleichterungen nach § 252 BGB, § 287 ZPO zugute. Diese Erleichterungen ändern nichts daran, dass es im Rahmen der notwendigen Prognose des entgangenen Gewinns im Sinn des § 252 Satz 2 BGB ebenso wie für die Ermittlung des Erwerbsschadens nach § 287 ZPO konkreter Anknüpfungstatsachen bedarf, die der Geschädigte darlegen und zur Überzeugung des Gerichts nachweisen muss. Dabei wird es in der Regel erforderlich und angebracht sein, an die Geschäftsentwicklung und die Geschäftsergebnisse in den letzten Jahren vor dem Unfall anzuknüpfen (Senat, Urteil vom 6. Februar 2001 - VI ZR 339/99, NJW 2001, 1640 unter II 2 b aa mwN).
An die schwierige Darlegung der hypothetischen Entwicklung des Geschäftsbetriebs eines Selbständigen dürfen aber keine zu strengen Maßstäbe angelegt werden (st. Rspr., Senatsurteile vom 6. Juli 1993 - VI ZR 228/92, NJW 1993, 2673 unter II; vom 23. Februar 2010 - VI ZR 331/08, NJW 2010, 1532 Rn. 13 mwN; BGH, Urteil vom 27. Oktober 2010 - XII ZR 128/09, GE 2010, 1741 unter 1 a). Die Klage darf nicht wegen lückenhaften Vortrags zur Schadensentstehung und Schadenshöhe abgewiesen werden, solange greifbare Anhaltspunkte für eine Schadensschätzung vorhanden sind (BGH, Urteil vom 22. Oktober 1987 - III ZR 197/86, NJW-RR 1988, 410 unter II 3 a).
b) Diesen Grundsätzen wird die Entscheidung des Berufungsgerichts nicht gerecht. Es ist zum einen von einem fehlerhaften Rechtsgrundsatz ausgegangen und hat zum anderen die Anforderungen an einen schlüssigen Vortrag des Geschädigten überspannt.
aa) Rechtsfehlerhaft meint das Berufungsgericht, ein im Rahmen der Darlegungen zu § 252 Satz 2 BGB, § 287 ZPO schlüssiger Vortrag des Geschädigten setze voraus, dass er einen deutlichen Rückgang gegenüber der vor dem Unfall erzielten Gewinne aufzeige. Für die vom Berufungsgericht aufgestellte Voraussetzung der "Deutlichkeit" gibt es nach den obigen Grundsätzen keine Grundlage. Schon auf der Basis der von dem Berufungsgericht zugunsten des Klägers für die streitgegenständlichen Jahre unterstellten Gewinnentwicklung hätte das Berufungsgericht einen (Mindest-)schaden schätzen können.
Das Berufungsgericht hat zugunsten des Klägers unterstellt, dass er aufgrund von überpflichtmäßigen, den Beklagten nicht zugutekommenden Anstrengungen seiner Ehefrau (vgl. BGH, Urteil vom 8. November 2001 - IX ZR 64/01, NJW 2002, 292 unter II 1 b bb) seine Personalkosten in den Jahren 2007 und 2008 um 13.500 € sowie 17.500 € habe verringern können. Unter Zugrundelegung der von dem Berufungsgericht angesetzten Gewinne in Höhe von 194.500 € im Jahr 2007 und 192.000 € im Jahr 2008 ergibt sich auf dieser Grundlage schlüssig eine gegenüber dem durchschnittlichen Gewinn in Höhe von 187.333,33 € vor dem Unfallereignis unfallbedingte Verringerung des Gewinns von 6.333,33 € für das Jahr 2007 (194.500 € abzüglich 13.500 €, mithin 181.000 €) und in Höhe von 12.833,33 € für das Jahr 2008 (192.000 € abzüglich 17.500 €, mithin 174.500 €). Dem Kläger steht (schon) danach mehr als die Hälfte des von ihm für beide Jahre geforderten Einnahmeausfalls in Höhe von 34.000 € zu. Sind - wozu das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen hat - die vorgelegten Gewinnermittlungen um die Ausgaben des Klägers für die von ihm geplante Zweigpraxis zu bereinigen, steht der geltend gemachte Anspruch dem Kläger bei Abzug der - unterstellt - eingesparten überpflichtmäßigen Personalkosten sogar in voller Höhe zu.
bb) Das Berufungsgericht hat die von ihm festgestellten und von dem Kläger vorgetragenen konkreten Anhaltspunkte dafür, dass die erlittenen Verletzungen zu einem Gewinnrückgang geführt haben, übergangen und die Anforderungen an einen schlüssigen Vortrag deutlich überspannt (§ 287 ZPO). Es hat sich bei seiner Betrachtung zu Unrecht auf die beiden Jahre nach dem Unfallereignis beschränkt und die Entwicklungen, die sich danach ergeben haben, außer Acht gelassen.
(1) Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass der Kläger bei dem Verkehrsunfall am 26. Oktober 2006 einen Dauerschaden im Bereich der linken Hand erlitten hat, die zu einer funktionellen Beeinträchtigung bei seiner Tätigkeit als Zahnarzt führt. Danach muss er während der Eingriffe teilweise kurze Pausen einlegen, um das Handgelenk zu lockern und entsprechende Bewegungs- und Dehnübungen zu machen. Nach den Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. S. in seinem Gutachten vom 4. Februar 2015 in Verbindung mit dem fachradiologischen Zusatzgutachten vom 27. Mai 2015 ist die Einschränkung der zahnärztlichen Tätigkeit auf Dauer mit 5 % oder in einer Größenordnung von 24 Minuten pro Behandlungstag zu beziffern.
(2) Der Kläger hat diese Bewertung des Sachverständigen - wie die Revision zutreffend aufzeigt - bereits in erster Instanz angegriffen. Er hat vorgetragen, die vom Sachverständigen zugrunde gelegte zeitliche Einschränkung stelle lediglich eine Schätzung dar, die keinen Bestand haben könne. Die Schädigung wirke sich auch dahingehend aus, dass der Kläger neben rein zeitlich zu bestimmenden Verlusten auch eine Einschränkung seines Behandlungsspektrums in dem Sinne erleide, dass er endodontische Behandlungsmaßnahmen nicht mehr selbst durchführen sowie dass er aufwendige Zahnbehandlungen nicht mehr in einer Sitzung vornehmen könne. Dies könne nur ein zahnmedizinisch tätiger Sachverständiger beurteilen.
In der Berufung hat er gerügt, dass dieser Vortrag übergangen worden sei. Zusätzlich hat er ausgeführt, der Zeitaufwand für die erforderlichen Lockerungs- und Dehnungsübungen steige über den Arbeitstag hinweg an und belaufe sich auf 57 Minuten. Eine Kompensation dieser unfallbedingten Pausen sei nicht oder nur durch einen erhöhten Einsatz des Klägers möglich, der dem Schädiger nicht zugutekommen dürfe. Tatsächlich sei ein Ausgleich auch nicht möglich, da der Kläger abends so starke Schmerzen habe, dass er nicht weiterarbeiten könne.
Der Kläger hat seinen Vortrag durch Vorlage der Quartalsabrechnungen der Kassenärztlichen Vereinigung untermauert und dargelegt, dass seine Umsätze für konservierend chirurgische Leistungen und Zahnersatz nach dem Unfallereignis in den Jahren 2007 und 2008 um 59.535,90 € jährlich gesunken seien und sich seither kontinuierlich weiter reduziert hätten, so dass sich seine Einnahmen nunmehr jährlich durchschnittlich lediglich auf 230.000 € bis 250.000 € beliefen.
Die vorgelegten Gewinnermittlungen für die Jahre 2003 bis 2011 und die entsprechenden Steuerbescheide belegten, dass sich die körperlichen und seelischen Belastungen und Einschränkungen des Klägers seit dem Unfallereignis auf seine zahnärztliche Tätigkeit ausgewirkt hätten, was der unfallchirurgische Sachverständige aufgrund seiner fehlenden zahnärztlichen Sachkunde nicht gewürdigt habe. Dabei hätten sich diese Beeinträchtigungen in einem schleichenden Prozess immer mehr intensiviert. Auch wenn sich die unfallbedingten Einschränkungen des Klägers besonders deutlich erst in den Jahren 2009 bis 2011 gezeigt hätten, habe er auch in den Jahren 2007 und 2008 bereits erhebliche Einnahmeausfälle hinnehmen müssen, die sich (nur) aufgrund der überpflichtmäßigen Kostenreduzierungen bei den Personalkosten geringer ausgewirkt hätten.
(3) Diesen Vortrag hat das Berufungsgericht zu Unrecht für unschlüssig gehalten. Es hat die angesichts der bereits sachverständig festgestellten unfallbedingten Körperschäden und Beeinträchtigungen der zahnärztlichen Tätigkeit des Klägers ohnehin geringen Substantiierungsanforderungen in unvertretbarer Weise überspannt, § 252 BGB, § 287 ZPO.
Entgegen der nicht begründeten Ansicht des Berufungsgerichts ist es nicht von vornherein unmöglich, dass unfallbedingte Einnahmeausfälle erst nach einiger Zeit eintreten. Trifft es zu, dass - was zugunsten des Klägers revisionsrechtlich zu unterstellen ist und wofür angesichts der seit dem Unfallereignis insoweit gesunkenen Umsätze einiges spricht - der Kläger wegen seiner Beeinträchtigungen seit dem Unfall bestimmte endodontische Behandlungen nicht mehr vornehmen kann und die Patienten an andere Ärzte weiterverweist, kann ein solches Vorgehen beispielsweise dazu führen, dass sich der Patientenstamm mit der Zeit insgesamt verkleinert. Es erscheint auch nicht von vornherein ausgeschlossen, dass Beeinträchtigungen wie Verspannungen und dauerhafte Schmerzen aufgrund eines eingetretenen Körperschadens zwar anfänglich ausgeglichen werden können, dies aber nach einer gewissen Zeit nicht mehr möglich oder auch im Rahmen der dem Geschädigten grundsätzlich obliegenden Pflicht zur Schadensminderung nicht mehr zumutbar ist und die unfallbedingten Beeinträchtigungen daher (erst) mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung zu Einnahmeausfällen führen.
cc) Das Berufungsgericht hätte dem Vortrag des Klägers daher nachgehen müssen. Wenn es die Einholung des von dem Kläger bereits in erster Instanz und erneut in der Berufungsinstanz angebotenen zahnmedizinischen oder arbeitsmedizinischen Gutachtens im Rahmen des ihm zustehenden pflichtgemäßen Ermessens (§ 287 Abs. 1 Satz 2 ZPO) nicht für geboten erachtete, hätte es zunächst den Sachverständigen Prof. S. in Bezug auf die Behauptungen des Klägers ergänzend befragen können, § 411 ZPO.
Der Gutachter hatte angesichts der ihm in erster Instanz gestellten Beweisfrage - es sei aufgrund der unfallbedingten Verletzungen der linken Hand mit einer vorzeitigen Arthrose und einer berufsbedingten Arbeitsunfähigkeit zu rechnen - keine Veranlassung, sich im Einzelnen damit auseinanderzusetzen, ob der Kläger aufgrund der erlittenen dauerhaften Beeinträchtigungen bestimmte aufwendigere Zahnbehandlungen nicht mehr vornehmen kann und welche Auswirkungen die Beeinträchtigungen auf die Tätigkeit des Klägers in der Vergangenheit gehabt haben. Soweit der Sachverständige die Einschränkung der Arbeitsfähigkeit des Klägers annäherungsweise mit dauerhaft 5 % angenommen hat, war dies unter dem Blickwinkel des Beweisthemas möglicherweise ausreichend, ist aber im Hinblick auf den Anspruch auf Verdienstausfall für den streitgegenständlichen Zeitraum nur von eingeschränkter Relevanz. Gleiches gilt für die Aussage des Sachverständigen, eine arbeitsmedizinische Zusatzbegutachtung sei nicht erforderlich. Diese ist zudem ohne Begründung geblieben, was für sich allein schon eine weitere Aufklärung nahelegt.
Das Berufungsgericht hätte ferner in Ausübung seines pflichtgemäßen Ermessens ggf. unter Hinzuziehung eines Sachverständigen die für die maßgeblichen Jahre zugrunde zu legenden Gewinne ermitteln und aufklären müssen, ob und in welcher Höhe der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum durch überpflichtmäßige Anstrengungen seiner Ehefrau Personalkosten eingespart hat.
c) Das Berufungsurteil ist auch aufzuheben, soweit die Klage wegen des weitergehenden Verdienstausfalls für sieben Fehltage im Zeitraum vom 26. Oktober bis 5. November 2006 nach dem Unfall abgewiesen worden ist. Das Berufungsgericht hat der Klage auf Verdienstausfall im Hinblick auf den Zeitraum vom 1. bis 5. November 2006 einerseits (teilweise) stattgegeben, andererseits aber ausgeführt, sie sei mangels ausreichenden Vortrags unschlüssig. Dabei hat es übersehen, dass für den denselben Zeitraum nur eine einheitliche Entscheidung ergehen kann (§ 287 ZPO).
2. Die unter 1 festgestellten Mängel des Berufungsurteils wirken sich - was die Revision zutreffend aufzeigt - auch auf den von dem Kläger geltend gemachten Anspruch auf Schmerzensgeld aus, weil die von dem Berufungsgericht vorgenommene Schätzung der Höhe des Schmerzensgeldes aufgrund der nicht ausreichenden Berücksichtigung des Vortrags des Klägers und unterbliebenen Aufklärung des Sachverhalts revisionsrechtlich erhebliche Mängel aufweist, § 253 Abs. 2 BGB, § 287 Abs. 1 ZPO.
III.
Das Berufungsurteil kann daher keinen Bestand haben, sondern ist aufzuheben und mangels Entscheidungsreife zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
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