Entscheidungsdatum: 27.07.2011
NV: Es ist nicht klärungsbedürftig, ob bei einem Bezug von Aktienoptionen ein geldwerter Vorteil zu einem Wert zu versteuern ist, der später bei der Veräußerung der Aktien tatsächlich nicht erzielt werden konnte. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist der Zufluss eines geldwerten Vorteils im Zeitpunkt des späteren Erwerbs der Aktien nach Ausübung der Option zu dem dann maßgeblichen Börsenpreis anzunehmen; ein Verlust aus der späteren Veräußerung der Aktien kann dann als privater Veräußerungsverlust i.S. des § 23 EStG nicht mit den Einkünften aus dem Bezug der Aktienoptionen ausgeglichen werden (§ 23 Abs. 3 Satz 8 EStG a.F.).
Die Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) ist als unbegründet zurückzuweisen. Die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 56 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) war zu gewähren, der Rechtssache kommt aber weder grundsätzliche Bedeutung zu (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) noch dient sie der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO); zudem liegt auch kein Verfahrensmangel vor (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO).
1. Die Darlegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache verlangt substantiierte Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit einer hinreichend bestimmten Rechtsfrage, die im konkreten Streitfall voraussichtlich auch klärbar ist und deren Beurteilung von der Klärung einer zweifelhaften oder umstrittenen Rechtslage abhängig ist (so z.B. Senatsbeschluss vom 4. März 2009 VI B 105/08, BFH/NV 2009, 1140). An der Klärungsbedürftigkeit fehlt es, wenn die Rechtsfrage offensichtlich so zu beantworten ist, wie es das Finanzgericht (FG) getan hat, die Rechtslage also eindeutig ist und nicht (erst) in einem Revisionsverfahren geklärt werden muss (ständige Rechtsprechung, z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 3. November 2010 X B 101/10, BFH/NV 2011, 285; vgl. hierzu auch Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 115 Rz 28, m.w.N.).
a) Wenn der Kläger sinngemäß die Rechtsfrage formuliert, ob bei einem Bezug von Aktienoptionen ein geldwerter Vorteil zu einem Wert zu versteuern ist, der später bei Veräußerung der Aktien tatsächlich nicht erzielt werden konnte, ist diese Rechtsfrage nicht klärungsbedürftig. Die Rechtslage ist eindeutig.
aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats wird Arbeitslohn, der nicht als laufender Arbeitslohn gezahlt wird (sonstige Bezüge), in dem Kalenderjahr bezogen, in dem er dem Arbeitnehmer zufließt (§ 11 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 38a Abs. 1 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes --EStG--). Das Innehaben von Ansprüchen oder Rechten führt den Zufluss von Einnahmen regelmäßig noch nicht herbei, der Anspruch auf die Leistung begründet noch keinen gegenwärtigen Zufluss von Arbeitslohn (vgl. BFH-Urteil vom 27. Mai 1993 VI R 19/92, BFHE 172, 46, BStBl II 1994, 246). Folglich fließt bei dem Versprechen des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer einen Gegenstand zuzuwenden, Arbeitslohn nicht bereits mit der wirksamen Zusage, sondern erst in dem Zeitpunkt zu, in dem der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer das wirtschaftliche Eigentum verschafft (BFH-Urteile vom 26. Juli 1985 VI R 200/81, BFH/NV 1986, 306, und vom 10. November 1989 VI R 155/85, BFH/NV 1990, 290). Der Zufluss eines geldwerten Vorteils als steuerpflichtiger sonstiger Bezug ist daher nicht bereits im Zeitpunkt der Einräumung des Optionsrechts zu einem bestimmten Übernahmepreis anzunehmen, sondern im Zeitpunkt des späteren Erwerbs der Aktien nach Ausübung der Option zu dem dann maßgeblichen Börsenpreis abzüglich der Erwerbsaufwendungen (BFH-Urteil vom 20. November 2008 VI R 25/05, BFHE 223, 419, BStBl II 2009, 382, m.w.N.).
bb) Werden die auf diese Weise erworbenen Aktien später veräußert, handelt es sich um ein privates Veräußerungsgeschäft i.S. des § 23 Abs. 1 EStG. Der Wortlaut des § 23 Abs. 3 Satz 8 EStG schließt einen sog. vertikalen Verlustausgleich zwischen privaten Veräußerungsverlusten i.S. des § 23 Abs. 1 EStG und positiven Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausdrücklich aus. Danach sind Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften nur bis zur Höhe des Gewinns, den der Steuerpflichtige im gleichen Kalenderjahr aus privaten Veräußerungsgeschäften erzielt hat, auszugleichen, nicht aber nach § 10d EStG abzuziehen. Sie mindern lediglich nach Maßgabe des § 10d EStG die Einkünfte, die der Steuerpflichtige in dem unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeitraum oder in den folgenden Veranlagungszeiträumen aus privaten Veräußerungsgeschäften nach § 23 Abs. 1 EStG erzielt hat oder erzielt (§ 23 Abs. 3 Satz 9 EStG).
Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH ist diese Regelung verfassungsgemäß (BFH-Urteil vom 18. Oktober 2006 IX R 28/05, BFHE 215, 202, BStBl II 2007, 259, m.w.N.), da insbesondere die Besonderheiten der privaten Veräußerungsgeschäfte und ihrer einkommensteuerrechtlichen Erfassung in § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG es rechtfertigen, für daraus erzielte Verluste nicht die für Verluste aus anderen Einkunftsarten geltenden Regelungen für den Verlustabzug (einschließlich des vertikalen Verlustausgleichs) anzuwenden, sondern Sonderregelungen wie diejenigen in § 23 Abs. 3 Sätze 8 und 9 EStG vorzusehen.
b) Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) kann nicht bereits dann angenommen werden, wenn das FG die in der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten abstrakten Rechtsgrundsätze zum Ausgangspunkt seiner konkreten Würdigung genommen hat und lediglich im Rahmen der Einzelfallbeurteilung zu einem von dem Kläger nicht für zutreffend gehaltenen Ergebnis gelangt (vgl. auch BFH-Beschluss vom 1. April 2008 X B 257/07, www.bundesfinanzhof.de). So verhält es sich aber hier.
Gleiches gilt für den Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung im Grundsätzlichen (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO).
2. Verfahrensmängel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO sind nur Verstöße gegen das Gerichtsverfahrensrecht, die das FG bei der Handhabung seines Verfahrens begeht und die zur Folge haben, dass eine ordnungsgemäße Grundlage für die Entscheidung im Urteil fehlt (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschlüsse vom 17. Oktober 2006 X S 5/06 (PKH), BFH/NV 2007, 94; vom 9. Januar 2006 XI B 25/05, BFH/NV 2006, 1106; vgl. auch Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 76 und 82; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 115 FGO Rz 108; jeweils m.w.N.). Derartige Verstöße hat der Kläger nicht dargelegt.
Der vom Kläger gerügte Verfahrensmangel, das FG habe kein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union gerichtet, liegt schon deshalb nicht vor, weil das FG als Instanzgericht hierzu nicht verpflichtet war (BFH-Beschluss vom 29. November 2007 III S 30/06 (PKH), BFH/NV 2008, 777, m.w.N.). Allein der behauptete europarechtliche Bezug einer Sache begründet auch noch keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (BFH-Beschlüsse vom 29. Mai 2002 VII B 288/01, juris; vom 7. Dezember 2000 VII B 207/00, juris).