Entscheidungsdatum: 03.11.2010
NV: Betrifft eine Rechtsfrage ausgelaufenes Recht, kommt ihr regelmäßig keine grundsätzliche Bedeutung mehr zu.
Die Beschwerde ist -bei Zweifeln an ihrer Zulässigkeit- zumindest unbegründet. Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--), auf den der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) seine Beschwerde stützen will, ist nicht gegeben. Eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) erforderlich.
1. a) Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Die Rechtsfrage muss im konkreten Fall klärungsbedürftig und in einem künftigen Revisionsverfahren klärungsfähig sein (ständige Rechtsprechung, s. etwa BFH-Beschluss vom 24. Juli 2008 VI B 7/08, BFH/NV 2008, 1838). Eine klärungsbedürftige Rechtsfrage wird nicht aufgeworfen, wenn die streitige Rechtsfrage offensichtlich so zu beantworten ist, wie es das Finanzgericht (FG) getan hat, die Rechtslage also eindeutig ist (ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. z.B. Beschluss vom 6. Mai 2004 V B 101/03, BFHE 205, 416, BStBl II 2004, 748).
Betrifft die Rechtsfrage ausgelaufenes Recht, müssen in der Beschwerdebegründung besondere Gründe geltend gemacht werden, die ausnahmsweise eine Abweichung von der Regel rechtfertigen, wonach Rechtsfragen, die solches Recht betreffen, regelmäßig keine grundsätzliche Bedeutung mehr zukommt (Senatsbeschluss vom 17. März 2009 X B 34/08, BFH/NV 2009, 1141).
b) Der Kläger ist der Ansicht, die Rechtssache habe im Hinblick auf die Frage grundsätzliche Bedeutung, ob ein Billigkeitserlass aus sachlichen Gründen auch dann nach den Vorgaben des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 27. März 2003 IV A 6 -S 2140- 8/03 (BStBl I 2003, 240) möglich sei, wenn es sich um Forderungsverzichte von Banken aus den Jahren 2000 bzw. 2001 handele und der Sanierungsgewinn den Aufgabegewinn und somit die Einkommensteuerfestsetzung des Jahres 1997 betreffe. Er führt weiter aus, die Beschränkungen des BMF-Schreibens dürften im Streitfall nicht gelten.
Der Zulassung der Revision wegen dieser Rechtsfrage steht im Streitfall zunächst entgegen, dass im Streitjahr 1997 Sanierungsgewinne nach § 3 Nr. 66 des Einkommensteuergesetzes (EStG) a.F. steuerfrei waren, diese Vorschrift durch Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29. Oktober 1997 (BGBl I 1997, 2590, BStBl I 1997, 928) aufgehoben wurde und nach Tz 13 das BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 240 nur auf Sanierungsgewinne anzuwenden ist, für die die Regelung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. nicht mehr gilt.
Der Zulassung der Revision steht weiterhin entgegen, dass die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage in einem Revisionsverfahren nicht klärungsfähig wäre. Die Einkommensteuer 1997, deren Erlass der Kläger begehrt, resultiert aus dem Aufgabegewinn einer 1997 beendeten Grundstücksgesellschaft. Da diese ihre werbende Tätigkeit bereits 1997 und damit vor dem Schuldenerlass in den Jahren 2000 bzw. 2001 eingestellt hat, ist im Streitfall nach der Rechtsprechung (vgl. beispielsweise Senatsurteil vom 12. Oktober 2005 X R 42/03, BFH/NV 2006, 715) von einer unternehmerbezogenen Sanierung auszugehen. Nicht der Fortbestand der Grundstücksgesellschaft sollte gesichert, sondern dem Kläger und seinem Partner durch den Erlass eine schuldenfreie Liquidierung ihres Unternehmens und der Aufbau einer Existenz in selbständiger oder nichtselbständiger Position ermöglicht werden. Da Billigkeitsmaßnahmen nach den Vorgaben des BMF-Schreibens in BStBl I 2003, 240 in Fällen von unternehmerbezogenen Sanierungen nicht möglich sind (Senatsurteil vom 14. Juli 2010 X R 34/08, BFHE 229, 502), wäre die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage in einem Revisionsverfahren auch nicht klärungsfähig.
2. Die vom Kläger behauptete Abweichung der angefochtenen Entscheidung von den Urteilen des FG Münster vom 27. Mai 2004 2 K 1307/02 AO, Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2004, 1572, bzw. des FG Köln vom 24. April 2008 6 K 2488/06, EFG 2008, 1555, liegt schon deshalb nicht vor, weil die behaupteten Divergenzentscheidungen nicht zu vergleichbaren Sachverhalten ergangen sind. Sowohl in dem der Entscheidung des FG Münster in EFG 2004, 1572 zugrunde liegenden Streitfall als auch in dem Steuerfall, den das FG Köln in EFG 2008, 1555 zu beurteilen hatte, beantragten die Kläger den Erlass von Einkommensteuer für Jahre, in denen § 3 Nr. 66 EStG a.F. nicht mehr anwendbar war (Streitjahre 1998 bzw. 1998 bis 2002).
3. Ergänzend weist der Senat auf Folgendes hin:
Zutreffend ging das FG davon aus, dass im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Feststellung von Einkünften darüber zu entscheiden ist, ob bestimmte Einkünfte infolge der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 66 EStG a.F. nicht der Einkommensteuer unterliegen (BFH-Urteil vom 3. Juli 1997 IV R 31/96, BFHE 183, 509, BStBl II 1997, 690). Das FG konnte über die Steuerfreiheit nicht im Rahmen der Veranlagung des Klägers befinden, weil die Frage, ob ein bei einer Personengesellschaft angefallener Gewinn ein steuerfreier Sanierungsgewinn ist, die Personengesellschaft unmittelbar berührt. Bei ihrer Beantwortung spielt die Sanierungsbedürftigkeit des Unternehmens der Gesellschaft eine wesentliche Rolle und zwar auch dann, wenn man auf die Förderung bzw. Wiederherstellung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eines Gesellschafters abstellt (BFH-Urteil vom 12. Juni 1980 IV R 150/79, BFHE 131, 299, BStBl II 1981, 8). Selbst wenn --wie vom Kläger im Erörterungstermin vorgetragen-- er im Verfahren wegen der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte der Grundstücksgesellschaft vom damaligen Berichterstatter explizit auf die Möglichkeit eines Erlasses hingewiesen und dieser Rechtsstreit nur deshalb durch Hauptsacheerledigungserklärung einvernehmlich beendet worden wäre, hätte das FG zu Recht angenommen, dass die Voraussetzungen eines sachlichen Billigkeitserlasses nicht vorliegen. Dem fachlich qualifizierten Kläger (Steuerberater) hätte es oblegen, im Feststellungsverfahren die Voraussetzungen der Steuerfreiheit des Sanierungsgewinns nach § 3 Nr. 66 EStG a.F. darzulegen, also nachzuweisen, dass die Grundstücksgesellschaft sanierungsbedürftig und der Schuldenerlass sanierungsgeeignet war (ihm durch den Erlass eine schuldenfreie Liquidierung seines Unternehmens und der Aufbau einer Existenz in selbständiger oder nichtselbständiger Position ermöglicht wurde) und die Gläubiger in Sanierungsabsicht gehandelt haben (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 10. April 2003 IV R 63/01, BFHE 202, 452, BStBl II 2004, 9).