Bundesgerichtshof

Entscheidungsdatum: 04.11.2011


BGH 04.11.2011 - V ZR 239/10

Pfandrecht an Rechten: Verjährung des Anspruchs des Pfandgläubigers gegen den Verpflichteten auf Auszahlung der verpfändeten Forderung


Gericht:
Bundesgerichtshof
Spruchkörper:
5. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
04.11.2011
Aktenzeichen:
V ZR 239/10
Dokumenttyp:
Urteil
Vorinstanz:
vorgehend Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, 28. Oktober 2010, Az: 8 U 476/09 - 126vorgehend LG Saarbrücken, 14. August 2009, Az: 1 O 135/08
Zitierte Gesetze

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 8. Zivilsenats des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 28. Oktober 2010 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Rechtsvorgängerin der Klägerin (nachfolgend einheitlich: Klägerin) gewährte der inzwischen insolventen T.    GmbH ein Darlehen über 870.000 DM. Zur Sicherung aller Ansprüche aus der Geschäftsbeziehung zwischen der Klägerin und der T.    GmbH bestellte deren damaliger Geschäftsführer am 2. Februar 1993 der Klägerin ein Pfandrecht an einem Teilbetrag von 100.000 DM an seinem Termingeldguthaben bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten (nachfolgend einheitlich: Beklagte). Mit Schreiben vom gleichen Tag zeigte er der Beklagten die Verpfändung an; den Erhalt dieser Anzeige bestätigte die Beklagte der Klägerin am 3. Februar 1993.

2

Das Termingeld war im Februar 1993 fällig. Die Beklagte zahlte es am 3. September 1993 an den Geschäftsführer der T.    GmbH aus, ohne die Klägerin hiervon in Kenntnis zu setzen.

3

Mit Schreiben vom 21. Juli 1999 kündigte die Klägerin die Geschäftsbeziehung mit der T.    GmbH und stellte ihre Forderung von 892.275,58 DM zur sofortigen Rückzahlung fällig. Am 10. Mai 2007 forderte die Klägerin die Beklagte zur Auflösung des Termingelds und zur Überweisung des verpfändeten Betrags auf. Die Beklagte erhob die Einrede der Verjährung.

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Die auf die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 51.129,19 € (100.000 DM) nebst Zinsen gerichtete Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Antrag weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe

I.

5

Nach Auffassung des Berufungsgerichts sind etwaige Ansprüche der Klägerin verjährt. Abzustellen sei auf die Verjährung des verpfändeten Auszahlungsanspruchs des Geschäftsführers der T.    GmbH gegen die Beklagte. Für diesen Anspruch habe zunächst die Regelverjährungsfrist von 30 Jahren gegolten. Die Frist habe mit der Fälligkeit des Termingelds zu laufen begonnen, spätestens am 28. Februar 1993; zu einer Prolongationsabrede habe keine der Parteien vorgetragen. Ab dem 1. Januar 2002 habe der Anspruch der dreijährigen Verjährungsfrist unterlegen. Verjährung sei deshalb mit Ablauf des 31. Dezember 2004 eingetreten.

II.

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Das hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand.

7

1. Die Klägerin hat keinen Anspruch nach § 1282 BGB, weil der verpfändete Auszahlungsanspruch - in dem rechtlichen Verhältnis zwischen den Parteien - bei Klageerhebung verjährt war.

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a) Termingeldeinlagen sind zivilrechtlich als Darlehen (§§ 488 ff. BGB bzw. §§ 607 ff. BGB aF) zu qualifizieren; die Laufzeitvereinbarung und das Zinsinteresse des Kunden stehen gegenüber seinem Hinterlegungsinteresse im Vordergrund (OLG Dresden, WM 2001, 803, 804; Derleder/Knops/Bamberger/Baterau, Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, 2. Aufl., § 40 Rn. 23; FA-BKR/Barleon, 2. Aufl., Kapitel 6 Rn. 21; Schimansky/Bunte/Lwowski/Schürmann, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 70 Rn. 7). Der Darlehensrückzahlungsanspruch des Geschäftsführers der T.     GmbH aus § 607 Abs. 1 BGB aF war nach den Feststellungen des Berufungsgerichts im Februar 1993 fällig; in diesem Zeitpunkt begann nach Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 2 EGBGB, § 198 Satz 1 BGB aF der Lauf der dreißigjährigen Verjährungsfrist (§ 195 BGB aF).

9

b) Die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe übersehen, dass nach dem unstreitigen Parteivortrag für das Termingeld eine automatische monatliche Prolongation vereinbart gewesen sei, bleibt ohne Erfolg. Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass weder die Klägerin noch die Beklagte behauptet hätten, zwischen der Beklagten und dem Geschäftsführer der T.    GmbH sei eine Prolongationsabrede getroffen worden. An diese Feststellung ist der Senat gemäß § 559 Abs. 1, § 314 ZPO gebunden. Denn hierbei handelt es sich um eine tatbestandliche Darstellung des Parteivorbringens in den Urteilsgründen im Sinne von § 559 Abs. 1 ZPO, die nach § 314 ZPO den Beweis für das mündliche Parteivorbringen in der Berufungsinstanz erbringt. Dieser Beweis kann nur durch das Sitzungsprotokoll, nicht jedoch durch den Inhalt der Schriftsätze entkräftet werden (BGH, Urteil vom 8. Januar 2007 - II ZR 334/04, NJW-RR 2007, 1434, 1435). Eine etwaige Unrichtigkeit solcher tatbestandlicher Darstellungen in dem Berufungsurteil kann nur in einem - von der Klägerin nicht angestrengten - Berichtigungsverfahren nach § 320 ZPO behoben werden, nicht aber mit einer Verfahrensrüge nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO (BGH, Urteil vom 23. April 2010 - LwZR 20/09, RdL 2010, 237, 238; Urteil vom 8. Januar 2007 - II ZR 334/04, NJW-RR 2007, 1434, 1435). Im Übrigen hätte eine Prolongationsabrede allenfalls bis zu der Auszahlung des Geldes im September 1993 Bestand gehabt. An der Verjährung änderte sich deshalb nichts.

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c) Da die dreißigjährige Verjährungsfrist am 1. Januar 2002 noch nicht abgelaufen war, unterlag der Rückzahlungsanspruch ab diesem Zeitpunkt nach Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB der nunmehr dreijährigen Verjährungsfrist (§ 195 BGB). Da sowohl der Geschäftsführer der T.    GmbH als auch die Klägerin nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts in diesem Zeitpunkt Kenntnis von der Fälligkeit des Rückzahlungsanspruchs hatten, begann der Lauf der dreijährigen Verjährungsfrist am 1. Januar 2002 (vgl. BGH, Urteil vom 23. Januar 2007 - XI ZR 44/06, BGHZ 171, 1 Rn. 19 ff.). Verjährung ist deshalb mit Ablauf des 31. Dezember 2004 eingetreten. Der Klägerin gegenüber war die Auszahlung des Festgeldguthabens entgegen der Regelung in § 1281 BGB allein an den Geschäftsführer der T.    GmbH unwirksam. Die Beklagte muss sich von der Klägerin so behandeln lassen, als hätte sie das Guthaben nicht ausgezahlt, so dass sie weiterhin zur Leistung an die Klägerin verpflichtet blieb (siehe nur RGZ 77, 250, 254; BayObLG, NJW 1968, 705, 706 f.; Palandt/Bassenge, BGB, 70. Aufl., § 1281 Rn. 3; Staudinger/Wiegand, BGB [2009], § 1281 Rn. 7).

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d) Ohne Erfolg macht die Revision geltend, nach der Fälligkeit des Termingeldes habe ein Verwahrungsvertrag im Sinne von § 700 Abs. 1 BGB zwischen der Beklagten und dem Geschäftsführer der T.     GmbH hinsichtlich des fälligen Guthabens bestanden, so dass die Verjährung des Rückzahlungsanspruchs erst mit einem wirksamen Auszahlungsverlangen im Jahr 2007 begonnen habe. Diese Ansicht findet in dem von dem Berufungsgericht - auch durch Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen in dem erstinstanzlichen Urteil - festgestellten Sachverhalt keine Stütze. Für den ausdrücklichen oder stillschweigenden Abschluss eines unregelmäßigen Verwahrungsvertrags gibt es keine Anhaltspunkte. Es ist nicht festgestellt, dass die Beklagte das verpfändete Festgeld nach der Fälligkeit Ende Februar 1993 bis zur Auszahlung an den Geschäftsführer der T.    GmbH im September 1993 auf dessen Girokonto umgebucht hat mit der Folge, dass es sich dann um eine Sichteinlage gehandelt hätte, die als unregelmäßige Verwahrung anzusehen wäre (siehe nur Schimansky/Bunte/Lwowski/Schürmann, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 70 Rn. 2, 3). Auch gibt es keinen Hinweis darauf, dass das interne Verrechnungskonto, welchem nach der Feststellung des Landgerichts die Beklagte "den aus der Termineinlage erwachsenen Rückzahlungsanspruch" gutgeschrieben hat, als ein Sichteinlagekonto geführt worden ist. Somit kommt es auf den von dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erhobenen Einwand, das Pfandrecht der Klägerin habe sich nicht auf das nach der Fälligkeit auf einem anderen Konto gebuchte Geld erstreckt, nicht an.

12

e) Die Verjährungseinrede kann die Beklagte der Klägerin nach §§ 1275, 404 BGB entgegenhalten. Bei der Verpfändung des Rückzahlungsanspruchs war dessen Fälligkeit bereits vereinbart. Die Verjährungseinrede war somit in dem zwischen der Beklagten und dem Geschäftsführer der T.    GmbH bestehenden Schuldverhältnis angelegt und damit bei der Verpfändung "begründet" im Sinne des § 404 BGB (vgl. BGH, Urteil vom 19. Oktober 2005 – XII ZR 224/03, NJW 2006, 219, 220).

13

2. Ohne Erfolg macht die Revision geltend, der Klägerin stünde ein Schadensersatzanspruch zu.

14

Es kann dahinstehen, ob ein Pfandrecht an einer Forderung ein absolutes Recht im Sinne von § 823 Abs. 1 BGB ist (bejahend RGZ 138, 252, 255; Palandt/Bassenge, BGB, 70. Aufl., vor § 1204 Rn. 1; Staudinger/Wiegand, BGB [2009], § 1281 Rn. 7; verneinend BayObLG, NJW 1968, 705, 706; Erman/Schiemann, BGB, 12. Aufl., § 823 Rn. 37; MünchKomm-BGB/Wagner, 5. Aufl., § 823 Rn. 147; Soergel/Habersack, BGB, 13. Aufl., vor § 1204 Rn. 4, jeweils mwN) und ob zwischen den Parteien aufgrund des Pfandrechts ein gesetzliches Schuldverhältnis bestand (vgl. dazu Soergel/Habersack, BGB, 13. Auflage, § 1281, Rn. 4). Denn ein Anspruch scheitert daran, dass es an einem Schaden der Klägerin fehlt. Wegen der ihr gegenüber unwirksamen Auszahlung allein an den Geschäftsführer der T.    GmbH konnte sie ihre Rechte aus dem Pfandrecht gegenüber der Beklagten weiterhin geltend machen (siehe vorstehend unter 1. c)). Eine Verschlechterung der Vermögenslage der Klägerin ist durch die Auszahlung somit nicht eingetreten (vgl. RGZ 138, 252, 257; MünchKomm-BGB/Damrau, 5. Aufl., § 1281 Rn. 5). Dass der Anspruch jetzt nicht mehr durchsetzbar ist, beruht nicht auf der gegen die Regelung in § 1281 Satz 1 BGB verstoßenden Auszahlung, sondern in der fehlenden Geltendmachung des Anspruchs durch die Klägerin über einen längeren Zeitraum hinweg. Die Auszahlung hatte - entgegen der von dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vertretenen Ansicht - auch nicht zur Folge, dass die Klägerin nunmehr lediglich einen der Verjährung unterliegenden Anspruch und damit einen Schaden in der Form der Vermögensgefährdung erlitten hat. Denn ohne die Auszahlung unterläge der Anspruch ebenfalls der Verjährung.

III.

15

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Lemke                                    Schmidt-Räntsch                                      Roth

                    Brückner                                                 Weinland