Entscheidungsdatum: 21.03.2013
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten wird das Urteil des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 26. Juli 2012 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 151.090,25 €.
I.
Mit notariellem Vertrag vom 28. Juli 2008 verkaufte der Beklagte an die Kläger ein Grundstück, das er 1988 mit einem Einfamilienhaus bebaut hatte. Vereinbart wurde ein Gewährleistungsausschluss, wobei die Haftung des Verkäufers wegen Vorsatz und Arglist unberührt bleiben sollte.
Die Kläger, die den Rücktritt von dem Kaufvertrag erklärt haben, verlangen die Rückabwicklung des Vertrages und die Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 13.551,96 € wegen von dem Beklagten arglistig verschwiegener Mängel.
Das Landgericht hat der Klage überwiegend stattgegeben. Während die Berufung des Beklagten zurückgewiesen worden ist, hat die Berufung der Kläger teilweise Erfolg gehabt. Das Oberlandesgericht hat den Beklagten zur Zahlung von 134.668,49 € Zug um Zug gegen Rückübereignung des Grundstücks sowie von Schadensersatz in Höhe von 13.421,76 € verurteilt. Ferner hat es auf den im Berufungsverfahren gestellten Feststellungsantrag hin ausgesprochen, dass der Beklagte verpflichtet ist, den Klägern die Kosten, die ihnen aus Anlass der Rückübereignung entstehen werden, zu erstatten. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.
II.
Nach Ansicht des Berufungsgerichts ist das Landgericht zutreffend davon ausgegangen, dass der Beklagte das Vorhandensein von Feuchtigkeit und Feuchtigkeitsschäden im Keller arglistig verschwiegen hat. Die Beweiswürdigung des Landgerichts sei nicht zu beanstanden. Daran änderten auch die Angriffe des Beklagten auf der Grundlage der mit der Berufungsbegründung vorgelegten Stellungnahmen eines Privatgutachters nichts. Auch ohne die darin angegriffenen Feststellungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen und des von diesem hinzugezogenen weiteren Sachverständigen stehe zur Überzeugung des Senats fest, dass die Ursache der Feuchtigkeit im Keller die mangelhafte Außenabdichtung des Gebäudes sei. Dass der Beklagte bereits vor dem Abschluss des Kaufvertrages Kenntnis von den Feuchtigkeitsproblemen gehabt habe oder gehabt haben müsse, folge aus seinem eigenen Verhalten. Zu nennen sei hier der Einbau einer Pumpe im Keller, das Streichen der Wände auch noch kurz vor dem Verkauf und das Eingeständnis des Beklagten, Flecken am Sandkalkstein und das Abblättern von Farbe an Wänden im Keller wahrgenommen zu haben. Diese Punkte habe er nicht überzeugend und widerspruchsfrei erklären können.
III.
Das angefochtene Urteil ist nach § 544 Abs. 7 ZPO aufzuheben, weil das Berufungsgericht den Anspruch des Beklagten auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat, indem es die Ausführungen des vom ihm vorgelegten Privatgutachtens nicht in der gebotenen Weise berücksichtigt und es rechtsfehlerhaft unterlassen hat, die darin aufgeworfenen Fragen aufzuklären. Dies hat seine Ursache in einer unzulässigen Beweisantizipation, da das Berufungsgericht diesen Fragen im Hinblick auf seine bereits gewonnene Entscheidung kein Gewicht mehr beigemessen hat (vgl. BVerfG, NJW-RR 2001, 1006, 1007).
1. Der Bundesgerichtshof hat wiederholt ausgesprochen, dass der Tatrichter allen Unklarheiten, Zweifeln oder Widersprüchen von Amts wegen nachzugehen hat; insbesondere hat er Einwendungen einer Partei gegen das Gutachten eines gerichtlichen Sachverständigen zu berücksichtigen und ist verpflichtet, sich mit von der Partei vorgelegten Privatgutachten auseinander zu setzen und auf die weitere Aufklärung des Sachverhalts hinzuwirken, wenn sich ein Widerspruch zum Gerichtsgutachten ergibt (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Mai 2009 – IV ZR 57/08, NJW-RR 2009, 1192, 1193 Rn. 7; Beschluss vom 12. Januar 2011 – IV ZR 190/08, NJW-RR 2011, 609 Rn. 5 jeweils mwN). Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht nicht beachtet.
2. Der Beklagte hat mit dem Privatgutachten, dessen Ausführungen er sich zu Eigen gemacht hat, zentrale Punkte, auf welche das Landgericht seine Beweiswürdigung gestützt hat, angegriffen.
a) In Bezug auf das Gutachten des gerichtlich bestellten Sachverständigen Prof. Dr. V. wird in dem Privatgutachten beanstandet, dass dieser die Erkenntnisse des Wasserverbandes nicht habe übernehmen dürfen, die anhand eines 670 m entfernten und 4 m tiefen Grundwasserpegels gewonnen worden seien. Die Grundwasseroberfläche in der Umgebung sei aber keineswegs so glatt und homogen reagierend, wie es für eine auch nur annähernd zuverlässige Übertragung von Spiegelschwankungen nötig wäre. Dieser Angriff kann ohne die erforderliche Sachkunde und die Kenntnis der geologischen Gegebenheiten vor Ort nicht entkräftet werden. Soweit das Berufungsgericht nicht auf die Ausführungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen Prof. Dr. V. , sondern auf die Auskunft der zuständigen Wasserbehörde abstellen will, verkennt es, dass mit ihr nur eine allgemeine Aussage zur Ortslage getroffen wird. Der Beklagte stellt aber mit den Ausführungen seines Privatgutachters gerade die Tragfähigkeit der zugrundeliegenden Annahme zu den Grundwasserständen in Bezug auf sein Grundstück in Abrede.
b) Weiterhin werden in dem Privatgutachten die Aussagen des Sachverständigen Dr. K. in Frage gestellt. Darin wird ausgeführt, dass ein Bitumenanstrich an Kelleraußenwänden wechselnden Angriffen des Grundwassers und weiteren Einwirkungen (Frost, Trockenheit etc.) ausgesetzt sei. Durch diese Einflüsse verliere er zwangsläufig an Festigkeit und Wirksamkeit. Außerdem trete Grundwasser beim Entstehen von Undichtigkeit nur langsam ein. Eine Durchfeuchtung der Kellerwände habe daher durchaus erst nach dem Verkauf des Hauses unvermittelt einsetzen können. Soweit das Berufungsgericht in diesem Punkt an der Sachkunde des Privatgutachters Zweifel äußert, vermag dies die Erheblichkeit des Einwandes nicht in Frage zu stellen. Die Darstellung eines zeitlichen Abnutzungsprozesses, dem die Bitumenschicht ausgesetzt ist, ist in sich schlüssig. Auch der Gesichtspunkt, dass der Privatgutachter in diesem Punkt keine konkreten Zeiträume nennt, nimmt diesem Ansatz nicht die Stimmigkeit, da dies von der Qualität der Ausführung des Anstriches und den konkreten Einwirkungen auf ihn abhängig ist. Vor diesem Hintergrund kann der im Privatgutachten formulierte Einwand nicht von vornherein als ein möglicher Geschehensablauf ausgeschlossen werden. Dies gilt auch für den Hinweis des Berufungsgerichts, das Privatgutachten berücksichtige nicht die Ausführungen des Sachverständigen Dr. K. , wonach der Bitumenanstrich nicht fachgerecht aufgebracht worden sei. Aus dessen Gutachten geht nicht hervor, welchen Maßgaben der Bitumenanstrich nicht entspricht und welche konkreten Auswirkungen sich hieraus in Bezug auf die Dichtigkeit und Haltbarkeit der Bitumenschicht ergeben. Infolgedessen kann die Erheblichkeit des aus dem Privatgutachten herrührenden Einwandes auch in diesem Punkt ohne eine bei dem Richter vorhandene Sachkunde nur durch einen Sachverständigen beantwortet werden.
3. Die Angriffe gegen die gerichtlich eingeholten Sachverständigengutachten sind auch entscheidungserheblich. Soweit das Berufungsgericht auf die verbleibenden, von den vorgenannten Einwendungen nicht betroffenen Indiztatsachen hinweist und der weiteren Sachverhaltsaufklärung kein Gewicht mehr beimisst, handelt es sich um eine unzulässige, vorweggenommene tatrichterliche Würdigung. Mag auch eine Behauptung recht unwahrscheinlich sein, so ist doch die Möglichkeit nicht auszuschließen, dass durch die weitere Beweiserhebung die bisherige Überzeugung des Gerichts erschüttert wird (vgl. BVerfG, NJW-RR 2001, 1006, 1007).
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