Entscheidungsdatum: 17.01.2013
1. Die Bezeichnung des Grundstücks in der Terminsbestimmung nur unter Angabe der Gemarkung genügt den Anforderungen des § 37 Nr. 1 ZVG regelmäßig nicht, wenn die Gemarkung für eine ortsunkundige Person ohne Heranziehung weiterer Informationsquellen keine Rückschlüsse auf den Ortsnamen zulässt.
2. Wird der Versteigerungstermin in beiden gemäß § 39 Abs. 1 ZVG zur Wahl gestellten Veröffentlichungsmedien bekannt gemacht, liegt eine ordnungsgemäße Bekanntmachung auch dann vor, wenn nur in einer der beiden Veröffentlichungen der Ortsname genannt ist.
Den Schuldnern wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde gewährt.
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 7. Zivilkammer des Landgerichts Gießen vom 5. März 2012 wird zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt für die Gerichtsgebühren 137.000 € und für die anwaltliche Vertretung der Schuldner 170.000 €.
I.
Auf Antrag der Gläubigerin ordnete das Amtsgericht im Juli 2010 die Zwangsversteigerung des in der Stadt F. belegenen Grundstücks der Schuldner an. Mit Beschluss vom 5. September 2011 bestimmte es den Versteigerungstermin auf den 11. November 2011 und ordnete die öffentliche Bekanntmachung des Termins im Staatsanzeiger für das Land Hessen und im Internetportal an. In der im Staatsanzeiger veröffentlichten Terminsbestimmung wurde das Grundstück unter Angabe der Gemarkung N. -M. sowie der Straße und Hausnummer bezeichnet. Die in dem Zwangsversteigerungsportal veröffentlichte Terminsbestimmung enthielt zusätzlich die Angabe des Ortsnamens F. samt Postleitzahl. Der Verkehrswert des Grundstücks war auf 170.000 € festgesetzt worden. In dem Versteigerungstermin blieben die Beteiligten zu 4 und 5 Meistbietende mit einem Bargebot von 137.000 €. Das Amtsgericht hat ihnen durch Beschluss vom 16. Januar 2012 den Zuschlag erteilt.
Die Zuschlagsbeschwerde, die die Schuldner auf eine fehlerhafte Terminsbestimmung stützen, ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgen sie ihren Antrag auf Versagung des Zuschlags weiter.
II.
Nach Ansicht des Beschwerdegerichts genügt die sowohl im Staatsanzeiger als auch im Internetportal veröffentlichte Terminsbestimmung den Anforderungen des § 37 Nr. 1 ZVG. Sie enthalte die notwendigen Informationen. Bereits die Gemarkungsbezeichnung N. -M. ermögliche in Verbindung mit der Angabe von Straße und Hausnummer eine eindeutige und keinem Missverständnis zugängliche Feststellung der Lage des Grundstücks. Sie sei sogar genauer als die Ortsbezeichnung F. , da N. -M. ein Ortsteil von F. sei. Darüber hinaus biete die Internetveröffentlichung Interessenten die Möglichkeit, sich weitere Informationen zu verschaffen. Dort könne die Information, dass das Versteigerungsobjekt in F. , Ortsteil N. -M. , belegen ist, abgerufen werden.
III.
1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 96 ZVG, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthaft und im Übrigen zulässig. Den Schuldnern ist gemäß § 233 ZPO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde zu gewähren. Sie waren ohne ihr Verschulden gehindert, die Frist zu wahren, weil sie zur Fertigung der Begründung auf die - rechtzeitig beantragte - Bewilligung von Prozesskostenhilfe angewiesen waren, der Senat diese aber erst nach Ablauf der Begründungsfrist ausgesprochen hat. Die Frist des § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO ist gewahrt.
2. Die Rechtsbeschwerde ist aber unbegründet. Der Versteigerungstermin ist gemäß § 43 Abs. 1 ZVG ordnungsgemäß bekannt gemacht worden, so dass der Zuschlagsversagungsgrund des § 83 Nr. 7 ZVG nicht gegeben ist.
a) § 43 Abs. 1 Satz 1 ZVG, wonach die Terminsbestimmung sechs Wochen vor dem Versteigerungstermin bekannt gemacht sein muss, ist verletzt, wenn die Bekanntmachung inhaltlich nicht den zwingenden Vorgaben des § 37 ZVG genügt (Senat, Beschluss vom 29. September 2011 - V ZB 65/11, NJW-RR 2012, 145 Rn. 6; Beschluss vom 30. September 2010 - V ZB 160/09, WM 2010, 2365). Hierzu zählt auch die Bezeichnung des Grundstücks gemäß § 37 Nr. 1 ZVG.
b) Die an die Bezeichnung des Grundstücks nach § 37 Nr. 1 ZVG zu stellenden Anforderungen ergeben sich aus den beiden Zwecken der Terminsbestimmung. Sie soll zum einen denjenigen, deren Rechte durch die Zwangsversteigerung betroffen werden können, die Wahrnehmung ihrer Rechte im Verfahren ermöglichen und zum anderen Erwerbsinteressenten auf den Termin aufmerksam machen, um durch eine Konkurrenz von Bietern eine Versteigerung des Grundstücks zu einem seinem Wert möglichst entsprechenden Gebot zu erreichen (Senat, Beschluss vom 29. September 2011 - V ZB 65/11, NJW-RR 2012, 145 Rn. 7 mwN).
aa) Die Terminsbestimmung muss danach das zu versteigernde Grundstück so bezeichnen, dass für die Beteiligten wie für einen Dritten eindeutig erkennbar ist, auf welches Grundstück sich die Bekanntmachung der Versteigerung bezieht (Senat, Beschluss vom 22. März 2007 - V ZB 138/06, NJW 2007, 2995, 2998). Dem genügt eine Bezeichnung des Grundstücks nach Gemarkung, Flur, Flurstücknummer sowie der Angabe von Straße und Hausnummer, da sie die sichere Identifizierung des Grundstücks ermöglicht (vgl. Hintzen in Dassler/Engels/Rellermeyer, ZVG, 14. Aufl. § 37 Rn. 5; Stöber, ZVG, 20. Aufl., § 37 Rn. 2.2; Böttcher, ZVG, 5. Aufl., § 37 Rn. 3).
bb) Damit die Beschreibung in der öffentlichen Bekanntmachung ihre weitere Funktion erfüllen kann, bei einem möglichst großen Kreis ein Bietinteresse zu wecken, muss sie aber auch erkennen lassen, in welcher Stadt oder Gemeinde sich das Versteigerungsobjekt befindet. Gerade die örtliche Lage einer Immobilie stellt ein maßgebliches Kriterium für mögliche Interessenten dar, sich weitere Informationen zu dem Objekt zu beschaffen und möglicherweise als Bieter an der Versteigerung teilzunehmen. Daher genügt die bloße Angabe der Gemarkung regelmäßig nicht, wenn sie für eine ortsunkundige Person ohne Heranziehung weiterer Informationsquellen keine Rückschlüsse auf den Ortsnamen zulässt.
c) Danach entspricht die im Internetportal erfolgte Bekanntmachung den Anforderungen des § 37 Nr. 1 ZVG, nicht dagegen die Veröffentlichung im Staatsanzeiger.
aa) Die Bekanntmachung im Staatsanzeiger enthielt nur die Bezeichnung der Gemarkung, nicht aber den hiervon abweichenden Namen der Stadt. Der Umstand, dass es sich bei der benannten Gemarkung um einen Ortsteil der Stadt handelt, ändert nichts daran, dass für einen mit den örtlichen Verhältnissen nicht vertrauten Erwerbsinteressenten die Angabe lediglich des Ortsteils N. -M. nicht mit einer Aussage darüber verbunden ist, in welcher Gemeinde oder Stadt sich das Grundstück befindet.
bb) Anders verhält es sich hingegen mit der hier zusätzlich erfolgten Veröffentlichung des Versteigerungstermins im Internetportal. Nach § 39 Abs. 1 ZVG muss die Terminsbestimmung durch einmalige Einrückung in das für Bekanntmachungen des Gerichts bestimmte Blatt oder in einem für das Gericht bestimmten elektronischen Informations- und Kommunikationssystem öffentlich bekannt gemacht werden. Das Land Hessen hat das Portal „www.zvg-portal.de“ als elektronisches Informations- und Kommunikationssystem bestimmt (vgl. § 2 Abs. 2 des Runderlasses des Hessischen Ministerium der Justiz vom 25. August 2010, 1243 - II/B1 - 2010/2070 - I/A, JMBl. S. 238). Nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts enthält die Veröffentlichung im Internet neben detaillierten Lageinformationen auch die Information über Postleitzahl und Ort, in dem das Versteigerungsobjekt belegen ist.
d) Die fehlende Ortsangabe im Amtsblatt steht einer ordnungsgemäßen Bekanntmachung nicht entgegen, wenn - wie hier - das zu versteigernde Grundstück im Internetportal den Anforderungen des § 37 Nr. 1 ZVG entsprechend bezeichnet ist.
aa) Die öffentliche Bekanntmachung soll im Interesse einer bestmöglichen Verwertung des Grundstücks ein möglichst breites Publikum ansprechen, diejenigen, deren Rechte von der Versteigerung berührt werden, zur Wahrung ihrer Rechte veranlassen und Bietinteressenten eine Orientierungshilfe für die Entscheidung an die Hand geben, ob sie am Verfahren teilnehmen und bis zu welcher Höhe sie Gebote abgeben wollen (Senat, Beschlüsse vom 19. Juni 2008 - V ZB 129/07, WM 2008, 1833, 1834 und vom 16. Oktober 2008 - V ZB 94/08, NJW 2008, 3708, 3710 Rn. 27). Sie ist damit eine der auch unter Berücksichtigung des Eigentumsschutzes (Art. 14 GG) notwendigen verfahrensmäßigen Vorkehrungen, die eine - auch im Interesse der Gläubiger liegende - angemessene Verwertung des beschlagnahmten Grundstücks fördern und seiner Verschleuderung entgegenwirken (Senat, Beschluss vom 16. Oktober 2008 - V ZB 94/08, NJW 2008, 3708, 3710 Rn. 27). Dieser Zweck wird nach der Entscheidung des Gesetzgebers erreicht, wenn das Vollstreckungsgericht den Versteigerungstermin in einem der beiden in § 39 Abs. 1 ZVG zur Wahl gestellten Veröffentlichungsmedien bekannt macht.
bb) Daran ändert es nichts, wenn der Termin in beiden für die Veröffentlichung vorgesehenen Medien bekannt gemacht wird, aber nur eine dieser Bekanntmachungen den gesetzlichen Anforderungen entspricht (vgl. Senat, Beschluss vom 16. Oktober 2008 - V ZB 94/08, NJW 2008, 3708, 3710 Rn. 29). Denn letztere erreicht den Interessentenkreis, den sie erreichen soll und dessen Ansprache nach der Entscheidung des Gesetzgebers ausreicht. Der Fehler in der anderen Bekanntmachung mag dazu führen, dass diese ihren Zweck nicht oder - wie hier - nicht vollständig erreicht. Damit entfiele aber nur ein zusätzlicher Verbreitungseffekt, der nicht gesetzlich vorgeschrieben ist. Nicht entschieden werden muss, wie zu verfahren ist, wenn die Parallelbekanntmachung inhaltliche Abweichungen enthält, die geeignet sind, die Versteigerungsinteressenten zu verunsichern oder gar in die Irre zu führen. Einen solchen Effekt löst das bloße Weglassen der Angabe des Orts, zu dem die Gemarkung gehört, nicht aus.
IV.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Dass die Schuldner die Gerichtskosten des von ihnen erfolglos betriebenen Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen haben, folgt aus dem Gesetz; ein Ausspruch über die außergerichtlichen Kosten scheidet aus, weil sich die Beteiligten bei der Zuschlagsbeschwerde grundsätzlich, und so auch hier, nicht als Parteien im Sinne der Zivilprozessordnung gegenüberstehen (vgl. Senat, Beschluss vom 25. Januar 2007 - V ZB 125/05, BGHZ 170, 378, 381 Rn. 7).
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens ist für die Gerichtsgebühren nach dem Wert des Zuschlagsbeschlusses zu bestimmen, dessen Aufhebung die Schuldner erreichen wollen (§ 47 Abs. 1 Satz 1 GKG). Er entspricht dem Meistgebot (§ 54 Abs. 2 Satz 1 GKG). Der Wert für die anwaltliche Vertretung der Schuldner richtet sich nach dem Wert des versteigerten Objekts und beträgt daher 170.000 € (§ 26 Nr. 2 RVG).
Stresemann Schmidt-Räntsch Roth
Brückner Weinland