Entscheidungsdatum: 22.10.2015
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird der Beschluss der 7. Zivilkammer des Landgerichts Krefeld vom 9. Februar 2015 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens und des Verfahrens vor dem Landgericht, an das Amtsgericht Krefeld zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 5.000 €.
I.
Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 20. August 2014 gegen den Betroffenen Sicherungshaft bis zum 15. Oktober 2014 angeordnet. Mit Anwaltsschriftsatz vom 29. September 2014, eingegangen bei Gericht am selben Tag, hat der Betroffene beantragt, „die Haft nach § 426 Abs. 2 FamFG aufzuheben“ und im Falle einer Haftentlassung festzustellen, dass der Haftbeschluss ihn in seinen Rechten ab Eingang dieses Schreibens bei Gericht verletzt habe. Am 30. September 2014 ist der Betroffene in den Kosovo abgeschoben worden. Mit Schriftsatz vom 6. Oktober 2014 hat die Verfahrensbevollmächtigte des Betroffenen den „Haftaufhebungsantrag“ begründet. Das Amtsgericht hat durch Beschluss vom 7. November 2014 „dem Rechtsmittel von Rechtsanwältin N. vom 6. Oktober 2014 gegen den Beschluss vom 20. August 2014“ nicht abgeholfen und die Sache dem Landgericht vorgelegt. Das Landgericht hat den „Antrag des Betroffenen vom 6. Oktober 2014 auf Feststellung, dass der Beschluss des Amtsgericht Krefeld vom 20. August 2014 ihn in seinen Rechten verletzt hat“, zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde will der Betroffene die Rechtswidrigkeit der Freiheitsentziehung für den Zeitraum vom 29. September bis zum 30. September 2014 feststellen lassen.
II.
Das Beschwerdegericht meint, der Betroffene habe sich mit seiner befristeten Beschwerde vom 6. Oktober 2014 gegen den Beschluss des Amtsgerichts vom 20. August 2014 gewandt. Der nach § 62 FamFG statthafte Antrag festzustellen, dass die Entscheidung des Amtsgerichts den Betroffenen in seinen Rechten verletzt habe, sei zulässig, erweise sich jedoch als unbegründet. Das Amtsgericht habe zu Recht Zurückschiebungshaft angeordnet, diese Anordnung habe ihn daher nicht in seinen Rechten verletzt.
III.
Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg.
1. Das Rechtsmittel ist zulässig. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist eine Rechtsbeschwerde auch dann ohne Zulassung nach § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 FamFG statthaft, wenn - wie hier - das Beschwerdegericht über einen Feststellungsantrag nach § 62 Abs. 1 FamFG entschieden hat und in dem Rechtsbeschwerdeverfahren die Überprüfung dieser Entscheidung verlangt wird (Senat, Beschlüsse vom 28. April 2011 - V ZB 292/10, FGPrax 2011, 200 Rn. 9 und vom 6. Oktober 2011 - V ZB 314/10, FGPrax 2012, 44 Rn. 5).
2. Die Rechtsbeschwerde ist auch in der Sache begründet. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts kann bereits deshalb keinen Bestand haben, weil es an einer Beschwerde fehlt.
a) Eine (befristete) Beschwerde des Betroffenen vom 6. Oktober 2014 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Krefeld vom 20. August 2014 gibt es nicht. Er hat in dem Schriftsatz lediglich seinen auf gemäß § 426 Abs. 2 FamFG gestützten Haftaufhebungsantrag vom 29. September 2014 begründet. Eine Auslegung dieser Schriftsätze als Rechtsmittel gegen den Haftanordnungsbeschluss vom 20. August 2014 scheidet aus. Der Wortlaut der von einer Rechtsanwältin verfassten Schriftsätze ist eindeutig und unmissverständlich. Darüber hinaus war im Zeitpunkt des Eingangs des Schriftsatzes vom 29. September 2014 die einmonatige Frist zur Einlegung einer Beschwerde gegen den Haftanordnungsbeschluss bereits abgelaufen, so dass es auch allein interessegerecht war, einen Antrag gemäß § 426 Abs. 2 FamFG zu stellen. Der Eintritt der formellen Rechtskraft der Haftanordnung ändert nichts daran, dass während des Haftvollzugs jederzeit ein solcher Antrag gestellt werden kann (vgl. Senat, Beschluss vom 29. November 2012 - V ZB 115/12, InfAuslR 2013, 158 Rn. 4). Von dieser Rechtsschutzmöglichkeit hat der Betroffene Gebrauch gemacht.
b) Dem Beschwerdegericht lag auch keine - theoretisch mögliche - Beschwerde des Betroffenen gegen eine zu seinem Nachteil ergangene Entscheidung in einem Haftaufhebungsverfahren gemäß § 426 FamFG vor. Dies scheitert bereits daran, dass das Amtsgericht ausdrücklich keine Entscheidung über den am 29. September 2014 gestellten Antrag auf Haftaufhebung gemäß § 426 Abs. 2 FamFG getroffen, sondern durch Beschluss vom 7. November 2014 lediglich über die Abhilfe bezogen auf eine tatsächlich nicht vorliegende Beschwerde gegen die Haftanordnung befunden hat. Konsequenterweise ist dem Beschluss auch keine ansonsten gemäß § 39 FamFG erforderliche Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt worden. Die Auslegung dieses Beschlusses als konkludente Ablehnung des Aufhebungsantrags des Betroffenen scheidet deshalb aus.
Unabhängig davon fehlt es jedenfalls an einer hiergegen eingelegten Beschwerde. Die bei dem Beschwerdegericht eingereichten Schriftsätze können jedenfalls deshalb nicht als Beschwerde gegen eine mögliche Entscheidung des Amtsgerichts gemäß § 426 Abs. 2 FamFG gewertet werden, weil eine solche Beschwerde gemäß § 64 Abs. 1 FamFG rechtswirksam nur bei dem Ausgangsgericht und damit bei dem Amtsgericht hätte eingelegt werden können. Das in einem Beschwerdeverfahren nach der Zivilprozessordnung dem Beschwerdeführer eingeräumte Wahlrecht der Einlegung der Beschwerde entweder bei dem Ausgangsgericht oder bei dem Beschwerdegericht (vgl. § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO) gibt es bei einer sofortigen Beschwerde nach dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der Freiwilligen Gerichtsbarkeit nicht.
c) Eine Entscheidungsbefugnis des Beschwerdegerichts lässt sich schließlich auch nicht auf § 62 Abs. 1 FamFG stützen. Nach dieser Vorschrift spricht das Beschwerdegericht auf Antrag aus, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat, wenn sich die angefochtene Entscheidung in der Hauptsache erledigt hat. Eine solche Feststellung durch das Beschwerdegericht, die auch bei einer Erledigung vor Einlegung der Beschwerde möglich ist (Senat, Beschluss vom 6. Oktober 2011 - V ZB 314/14, FGPrax 2012, 211 Rn. 7), kommt allerdings nur in Betracht, wenn die Beschwerde innerhalb der Beschwerdefrist eingelegt worden ist (vgl. Senat, Beschluss vom 20. Januar 2011 - V ZB 116/10, FGPrax 2011, 143 Rn. 8). Vorliegend war die einmonatige Beschwerdefrist aber bei Eingang des Antrags vom 29. September 2014 bereits abgelaufen.
In einem solchen Fall hat ein Betroffener nur die Möglichkeit, die Rechtswidrigkeit der Haftanordnung im Rahmen eines Haftaufhebungsverfahrens vor dem Amtsgericht gemäß § 426 Abs. 2 FamFG feststellen zu lassen. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass die Haftentlassung und damit die Erledigung nicht bereits vor Eingang des Aufhebungsantrages bei dem Amtsgericht erfolgt war (vgl. hierzu Senat, Beschluss vom 24. September 2015 - V ZB 3/15, zur Veröffentlichung bestimmt). Vorliegend war am 29. September 2014, dem Eingangszeitpunkt des Haftaufhebungs- bzw. Feststellungsantrags noch keine Erledigung eingetreten, so dass das Amtsgericht nach der am 30. September 2014 erfolgten Abschiebung über den Antrag, die Rechtswidrigkeit des Haftbeschlusses ab Eingang des Haftaufhebungsantrags vom 29. September 2014 festzustellen, hätte entscheiden müssen.
IV.
Die angefochtene Entscheidung kann danach keinen Bestand haben. Weil das Amtsgericht bislang nur eine Abhilfeentscheidung hinsichtlich der Haftanordnung getroffen hat, sieht der Senat die Zurückverweisung an das Gericht des ersten Rechtszugs als geboten an (§ 74 Abs. 6 Satz 2 FamFG), das sich mit dem Feststellungsantrag des Betroffenen auch unter Berücksichtigung der Rechtsbeschwerdebegründung zu befassen hat.
Stresemann Schmidt-Räntsch Brückner
Göbel Haberkamp