Entscheidungsdatum: 12.07.2018
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen der Beschluss des Landgerichts Arnsberg - 5. Zivilkammer - vom 3. August 2017 aufgehoben, soweit die Beschwerde für den Zeitraum vom 7. Juni 2017 bis zum 21. Juli 2017 zurückgewiesen worden ist.
Es wird festgestellt, dass der Beschluss des Amtsgerichts Soest vom 5. Mai 2017 den Betroffenen in seinen Rechten verletzt hat, soweit Sicherungshaft für den Zeitraum vom 7. Juni 2017 bis 21. Juli 2017 angeordnet wurde.
Von den gerichtlichen Kosten trägt der Betroffene 22 %. Weitere gerichtliche Kosten werden nicht erhoben. Der Kreis Soest trägt 78 % der außergerichtlichen Kosten des Betroffenen. Im Übrigen trägt sie dieser selbst.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 5.000 €.
I.
Der Betroffene, ein marokkanischer Staatangehöriger, reiste am 2. Juni 2014 in das Bundesgebiet ein und stellte am 16. Juni 2014 unter einem Aliasnamen einen Asylantrag. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) stellte mit Bescheid vom 4. April 2016, bestandskräftig geworden am 23. April 2016, das Asylverfahren ein. Der Betroffene wurde aufgefordert, innerhalb einer Woche das Bundesgebiet zu verlassen; seine Abschiebung nach Algerien wurde angedroht. Der Betroffene kam der Ausreisepflicht nicht nach und war unbekannten Aufenthalts. Im November 2016 wurde er aus den Niederlanden nach Deutschland rücküberstellt. Er ersuchte im Dezember 2016 um Asyl; einen förmlichen Asylantrag stellte er nicht. Das BAMF änderte mit Bescheid vom 28. Juli 2017 die Abschiebungsandrohung dahingehend, dass dem Betroffenen eine Abschiebung nach Marokko angedroht wurde.
Auf Antrag der beteiligten Behörde hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 5. Mai 2017 Haft zur Sicherung der Abschiebung bis zum 5. August 2017 angeordnet. Am 7. Juni 2017 hat der Betroffene beantragt, die Haft aufzuheben und festzustellen, dass der Beschluss des Amtsgerichts ihn ab dem Eingang des Haftaufhebungsantrags bei Gericht in seinen Rechten verletzt hat. Das Amtsgericht hat den Antrag auf Aufhebung der Haft mit Beschluss vom 28. Juni 2017 zurückgewiesen. Auf die Beschwerde hat es mit Beschluss vom 21. Juli 2017 die angeordnete Haft für den Zeitraum nach dem 4. August 2017 aufgehoben; im Übrigen hat es der Beschwerde nicht abgeholfen. Das Landgericht hat die Beschwerde zurückgewiesen. Mit seiner Rechtsbeschwerde möchte der Betroffene, der am 4. August 2017 nach Marokko abgeschoben worden ist, weiterhin die Feststellung erreichen, dass der Beschluss des Amtsgerichts ihn für die Zeit vom 7. Juni 2017 bis zum 4. August 2017 in seinen Rechten verletzt hat. Die beteiligte Behörde beantragt die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde.
II.
Die mit dem Feststellungsantrag analog § 62 FamFG statthafte (§ 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 FamFG) und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist zum Teil begründet. Der Haftanordnungsbeschluss des Amtsgerichts hat den Betroffenen in der Zeit vom 7. Juni 2017 bis zum 21. Juli 2017 in seinen Rechten verletzt. Dies hätte sowohl das Amtsgericht als auch das Beschwerdegericht feststellen müssen.
1. Der Betroffene hat bereits bei dem Amtsgericht die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Haft beantragt. Dieser Antrag ist zulässig. Nach der Rechtsprechung des Senats kann ein Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit eines Haftanordnungsbeschlusses entgegen dem insoweit zu engen Wortlaut des § 62 Abs. 1 FamFG nicht nur im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens, sondern auch im Rahmen eines Haftaufhebungsverfahrens gemäß § 426 Abs. 2 Satz 1 FamFG gestellt werden (Senat, Beschluss vom 24. September 2015 - V ZB 3/15, InfAuslR 2016, 56 Rn. 8 mwN). Da die formelle Rechtskraft der Entscheidung über die Haftanordnung nicht durch einen Antrag auf Haftaufhebung durchbrochen werden kann, kann die Rechtswidrigkeit der Haft allerdings erst ab dem Zeitpunkt des Eingangs des Haftaufhebungsantrags bei Gericht festgestellt werden (Senat, Beschluss vom 29. November 2012 - V ZB 170/12, InfAuslR 2013, 157 Rn. 7; Beschluss vom 24. September 2015 - V ZB 3/15, aaO Rn. 10; Beschluss vom 26. April 2018 - V ZB 95/17, juris Rn. 5); dies hat der Betroffene bei der Antragstellung beachtet.
2. Der Feststellungsantrag ist teilweise begründet.
a) Das Beschwerdegericht geht im Ausgangspunkt zutreffend davon aus, dass die Haftanordnung nicht hätte ergehen dürfen, weil es an einem zulässigen Haftantrag fehlte. Die Angaben der beteiligten Behörden in dem Haftantrag vom 5. Mai 2017 zur erforderlichen Dauer der Haft (§ 417 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 FamFG) waren unzureichend. Auf die Einwände gegen die Anordnung der Haft konnte der Haftaufhebungsantrag auch gestützt werden (Senat, Beschluss vom 28. April 2011 - V ZB 292/10, FGPrax 2011, 200 Rn. 17; Beschluss vom 26. Mai 2011 - V ZB 318/10, juris Rn. 16; Beschluss vom 15. Dezember 2011 - V ZB 302/10, juris Rn. 13; Beschluss vom 29. November 2012 - V ZB 115/12, InfAuslR 2013, 158 Rn. 4).
b) Rechtsfehlerhaft ist aber die Auffassung des Beschwerdegerichts, wegen der Heilung des Mangels des Haftantrags im Beschwerdeverfahren sei die angeordnete Haft insgesamt nicht rechtswidrig gewesen. Der Mangel des Haftantrags ist zwar nachträglich geheilt worden, Heilung ist aber erst mit Wirkung ab dem 21. Juli 2017 eingetreten.
aa) Auch im Haftaufhebungsverfahren ist zu berücksichtigen, dass Fehler im Haftanordnungsverfahren für die Zukunft heilbar sind. Deshalb ist eine rechtskräftige, aber mangels zulässigen Haftantrags rechtswidrige (rechtskräftig gewordene) Haftanordnung nicht nach § 426 FamFG aufzuheben, wenn die fehlenden Angaben und Feststellungen im Aufhebungsverfahren nachgeholt werden; einer persönlichen Anhörung des Betroffenen nach § 420 FamFG bedarf es in diesem Fall nicht (dazu Senat, Beschluss vom 1. Juni 2017 - V ZB 39/17 InfAuslR 2017, 347 Rn. 15; Beschluss vom 1. Juni 2017 - V ZB 42/17, juris Rn. 11). Die auf dieser Grundlage vollzogene Haft ist dann nicht rechtswidrig.
bb) Diese Nachholung der den Haftantrag heilenden Feststellungen erfolgte hier am 21. Juli 2017. An diesem Tag hat das Amtsgericht der Beschwerde (teilweise) abgeholfen und festgestellt, dass die Behörde für den 4. August 2017 einen Flug zur Abschiebung des Betroffenen nach Marokko gebucht hat. Daraus ergab sich, dass dieser Abschiebetermin der frühest mögliche und die bis dahin angeordnete Haft erforderlich war.
Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde ist der Haftantrag nicht erst ab dem 31. Juli 2017 zulässig geworden. Insoweit macht der Betroffene geltend, der Beschluss des Amtsgerichts lasse nicht erkennen, woraus es die Flugbuchung für den 4. August 2017 entnehme. Ergänzende Angaben zu dem Haftantrag habe die beteiligte Behörde erst mit Schriftsatz vom 27. Juli 2017 gemacht; dazu habe der Verfahrensbevollmächtigte des Betroffenen erst nach Erhalt des Schriftsatzes am 31. Juli 2017 Stellung nehmen können. Darauf kommt es aber nicht an. Die Heilung tritt allerdings mit der Entscheidung über die Aufrechterhaltung der Haft ein (vgl. Senat, Beschluss vom 25. Januar 2018 - V ZB 71/17, InfAusIR 2018, 218 Rn. 9). Der Eintritt der Heilung ist hier nicht von einer persönlichen Anhörung des Betroffenen abhängig. Einer persönlichen Anhörung nach § 420 FamFG bedarf es im Haftaufhebungsverfahren, anders als bei einer Fehlerkorrektur im Haftanordnungsverfahren (dazu: Senat, Beschluss vom 16. Juli 2014 - V ZB 80/13, InfAuslR 2014, 384 Rn. 21 ff.; Beschluss vom 11. Februar 2016 - V ZB 24/14, juris Rn. 9; Beschluss vom 15. September 2016 - V ZB 30/16, juris Rn. 9; Beschluss vom 31. März 2017 - V ZB 74/17, InfAuslR 2017, 295 Rn. 3), nicht (vgl. Senat, Beschluss vom 1. Juni 2017 - V ZB 39/17, InfAuslR 2017, 347 Rn. 15, 18).
3. Im Übrigen ist die Rechtsbeschwerde unbegründet. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 74 Abs. 7 FamFG abgesehen.
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