Bundesgerichtshof

Entscheidungsdatum: 11.06.2015


BGH 11.06.2015 - V ZB 160/14

Widerspruch gegen den Teilungsplan nach Grundstückszwangsversteigerung: Nachweis der Klageeinreichung innerhalb der Monatsfrist


Gericht:
Bundesgerichtshof
Spruchkörper:
5. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
11.06.2015
Aktenzeichen:
V ZB 160/14
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend LG Köln, 10. Juli 2014, Az: 6 T 180/14vorgehend AG Köln, 12. März 2014, Az: 92 K 146/03
Zitierte Gesetze

Leitsätze

Bei einem Widerspruch gegen den Teilungsplan wird die Monatsfrist gemäß § 115 Abs. 1 Satz 2 ZVG i.V.m. § 878 Abs. 1 Satz 1 ZPO nur gewahrt, wenn der Widersprechende dem Vollstreckungsgericht innerhalb der Frist die Klageeinreichung (also die Fertigung der Klageschrift und deren Eingang bei Gericht) sowie das Vorliegen der Voraussetzungen für die Zustellung nachweist; als Nachweis der Klageeinreichung reicht es aus, wenn entweder eine mit einem anwaltlichen Beglaubigungsvermerk und der Eingangsbestätigung des Prozessgerichts versehene Kopie der Klageschrift eingereicht oder das genaue Aktenzeichen des Verfahrens mitgeteilt wird.

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des Gläubigers wird der Beschluss der 6. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 10. Juli 2014 aufgehoben.

Die sofortige Beschwerde des Schuldners gegen den Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 12. März 2014 wird zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 9.243,69 €.

Gründe

I.

1

Der Beteiligte zu 1 (Gläubiger) betrieb die Zwangsversteigerung des im Rubrum bezeichneten Grundstücks des Beteiligten zu 2 (Schuldner). Der Zuschlag erfolgte mit rechtskräftigem Beschluss vom 21. Juni 2011. In dem Verteilungstermin vom 17. Januar 2012 erhob der Schuldner Widerspruch gegen zwei in den Teilungsplan aufgenommene Ansprüche des Gläubigers in Höhe von 38.050 € (Zuteilung D IIa) und von 13.303,77 € (Zuteilung D IIc). Das Amtsgericht ordnete die Hinterlegung bis zur Erledigung der Widerspruchsprozesse an. Am 15. Februar 2012 teilte der Verfahrensbevollmächtigte des Schuldners dem Vollstreckungsgericht mit, er habe hinsichtlich beider Ansprüche Widerspruchsklage eingereicht, und übersandte eine Kopie der Klageschrift vom 14. Februar 2012 sowie einen Beleg über die Einzahlung der von ihm nach einem Gegenstandswert von 3.081,23 € errechneten Gerichtskosten. Die Klage wurde dem Gläubiger am 14. März 2012 zugestellt. Mit Beschluss vom 29. Oktober 2012 setzte das Amtsgericht den Streitwert auf 9.243,69 € fest und verwies den Rechtsstreit auf Antrag des Schuldners an das Landgericht. Dieses forderte im Hinblick auf den höheren Streitwert einen weiteren Kostenvorschuss an, den der Schuldner nicht zahlte. Die Sache ist bisher nicht weiterbetrieben worden.

2

Auf Antrag des Gläubigers hat das Amtsgericht die Auszahlung der Zuteilungen D IIa und D IIc jeweils nebst Hinterlegungszinsen an den Gläubiger angeordnet. Auf die sofortige Beschwerde des Schuldners hat das Landgericht den Beschluss aufgehoben und den Antrag des Gläubigers zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde will der Gläubiger die Zurückweisung der sofortigen Beschwerde erreichen.

II.

3

Das Beschwerdegericht nimmt an, der Schuldner habe die Widerspruchsklage mit Schriftsatz vom 14. Februar 2012 unter gleichzeitiger Einzahlung des Vorschusses erhoben. Den erforderlichen Nachweis der Klageerhebung innerhalb der Monatsfrist (§ 115 Abs. 1 Satz 2 ZVG, § 878 Abs. 1 Satz 1 ZPO) habe er durch die Mitteilung dieser Vorgänge gegenüber dem Vollstreckungsgericht erbracht. Die fehlende sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts für die Klage schließe den Nachweis nicht aus, weil die Verfahrenseinheit ungeachtet der erfolgten Verweisung wegen sachlicher Unzuständigkeit gewahrt worden sei. Dass der Schuldner den angeforderten weiteren Vorschuss nicht eingezahlt habe, sei unerheblich, weil das Prozessgericht - anders als bei einer Klageerweiterung im Sinne von § 12 Abs. 1 Satz 2 GKG - die Förderung des Verfahrens hiervon nicht habe abhängig machen dürfen.

III.

4

Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Widerspruchsklage des Schuldners steht der von dem Vollstreckungsgericht angeordneten Ausführung des Teilungsplans und der Auszahlung des hinterlegten Betrags an den Gläubiger nicht entgegen.

5

1. Im Ausgangspunkt zutreffend geht das Beschwerdegericht davon aus, dass der Schuldner zum Widerspruch berechtigt sein kann. Einem nicht vollstreckbaren Anspruch kann der Schuldner wie jeder andere Beteiligte widersprechen (§ 115 Abs. 1 Satz 2 ZVG i.V.m. § 878 Abs. 1 Satz 1 ZPO, vgl. Stöber, ZVG, 20. Aufl., § 115 Rn. 6.1). Wird der Widerspruch im Verteilungstermin nicht erledigt (§ 115 Abs. 1 Satz 2 ZVG i.V.m. § 876 Satz 3 ZPO), hat eine Erledigung als Vollstreckungsgegenklage nur dann zu erfolgen, wenn sich der Widerspruch des Schuldners gegen einen vollstreckbaren Anspruch richtet (§ 115 Abs. 3 ZVG). Hat das Vollstreckungsgericht dagegen- wie hier - keine Anhaltspunkte dafür, dass dem Anspruch ein Vollstreckungstitel zugrunde liegt, hat es davon auszugehen, dass der Widerspruch nach § 115 Abs. 1 Satz 2 ZVG i.V.m. §§ 876 bis 882 ZPO zu behandeln ist (Stöber, ZVG, 20. Aufl., § 115 Rn. 6.1).

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2. Das Beschwerdegericht geht weiter im Grundsatz zutreffend davon aus, dass das Vollstreckungsgericht berechtigt ist, den Teilungsplan zur Ausführung zu bringen, wenn der Schuldner nicht fristgerecht die Erhebung der Widerspruchsklage nachweist. Gemäß § 115 Abs. 1 Satz 2 ZVG i.V.m. § 878 Abs. 1 Satz 1 ZPO muss der Widersprechende ohne vorherige Aufforderung binnen einer Frist von einem Monat, die mit dem Terminstag beginnt, dem Gericht nachweisen, dass er gegen die beteiligten Gläubiger Klage erhoben habe. Erfolgt der Nachweis nicht innerhalb der gesetzlichen (und gemäß § 224 Abs. 2 ZPO nicht verlängerbaren) Monatsfrist, wird die Ausführung des Verteilungsplanes ohne Rücksicht auf den Widerspruch angeordnet (§ 115 Abs. 1 Satz 2 ZVG i.V.m. § 878 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Die Monatsfrist bezieht sich daher nicht auf die Klageerhebung als solche, sondern auf deren Nachweis gegenüber dem Vollstreckungsgericht (vgl. RGZ 99, 202, 205).

7

3. Zu Recht wendet sich der Gläubiger jedoch gegen die nicht näher begründete rechtliche Würdigung des Beschwerdegerichts, der Schuldner habe die fristgerechte Einreichung der Klage nachgewiesen. Wie sich aus dem in der Rechtsbeschwerdebegründung in Bezug genommenen Schriftsatz vom 15. Februar 2012 ergibt, hat der Verfahrensbevollmächtigte des Schuldners dem Gericht lediglich unter Beifügung einer einfachen Kopie der Klageschrift und des Belegs über die Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses mitgeteilt, er habe Klage eingereicht. Dies reicht als Nachweis nicht aus.

8

a) Innerhalb der Frist nachzuweisen sind die Klageeinreichung (also die Fertigung der Klageschrift und deren Eingang bei Gericht) sowie das Vorliegen der Voraussetzungen für die Zustellung der Widerspruchsklage durch das Gericht. Zu Letzterem gehört insbesondere die Einzahlung des Kostenvorschusses (bzw. die Einreichung eines vollständigen Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe). Dagegen muss, obwohl in § 878 Abs. 1 Satz 1 ZPO von der Klageerhebung die Rede ist, die hierfür erforderliche (vgl. § 253 Abs. 1 ZPO) Zustellung der Klage als solche nicht innerhalb der Frist nachgewiesen werden. Weil diese von Amts wegen unverzüglich erfolgen muss (§ 271 Abs. 1 ZPO), genügt es, wenn der Widersprechende nachweist, die Voraussetzungen für die Zustellung geschaffen zu haben (vgl. Stöber, ZVG, 20. Aufl., § 115 Rn. 5.9 unter a); MüKoZPO/Eickmann, 4. Aufl., § 878 Rn. 7).

9

b) Welche Anforderungen an den Nachweis zu stellen sind, wird in § 878 Abs. 1 Satz 1 ZPO allerdings nicht näher geregelt.

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aa) Häufig wird ausgeführt, der Nachweis könne schriftlich (§§ 130 ff. ZPO) oder zu Protokoll der Geschäftsstelle erfolgen (so etwa Wieczorek/Schütze/Bittmann, ZPO, 4. Aufl., § 878 Rn. 5; MüKoZPO/Eickmann, 4. Aufl., § 878 Rn. 8; Becker in Musielak/Voit, ZPO, 12. Aufl., § 878 Rn. 2; Hk-ZPO/Kindl, 6. Aufl., § 878 Rn. 3). Dies besagt allerdings nichts über die maßgebliche Frage, mit welchen Beweismitteln der Nachweis gegenüber dem Vollstreckungsgericht zu erfolgen hat. Die von der Rechtsbeschwerde herangezogene Rechtsprechung zu dem fristgerechten Nachweis der Klageerhebung gemäß § 189 InsO (als Voraussetzung für die Berücksichtigung bestrittener Forderungen im Insolvenzverfahren) ist auf die Auslegung von § 878 ZPO nicht ohne weiteres übertragbar. Denn der in § 189 InsO vorgesehene Nachweis ist nicht gegenüber dem Gericht, sondern gegenüber dem Insolvenzverwalter zu erbringen (zu den insoweit maßgeblichen Anforderungen ausführlich BGH, Beschluss vom 13. September 2012- IX ZB 143/11, NJW-RR 2012, 1397 f.).

11

bb) Für den Nachweis im Sinne von § 878 Abs. 1 Satz 1 ZPO wird im Hinblick auf die Klageeinreichung eine Eingangsbestätigung des Prozessgerichts oder die Bezugnahme auf dessen Akten als ausreichend angesehen (Löhnig/Hannemann, ZVG, § 115 Rn. 30; Hintzen in Hintzen/Engels/Rellermeyer, ZVG, 14. Aufl., § 115 Rn. 29; Böttcher, ZVG, 5. Aufl., § 115 Rn. 34), letzteres jedenfalls dann, wenn das Prozessgericht und das Vollstreckungsgericht demselben Amtsgericht angehören (mit dieser Einschränkung Becker in Musielak/Voit, ZPO, 12. Aufl., § 878 Rn. 2; MüKoZPO/Eickmann, 4. Aufl., § 878 Rn. 8; Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 22. Aufl., § 878 Rn. 4). Teilweise wird auch die Bezugnahme auf die Prozessakten des übergeordneten Landgerichts als ausreichend erachtet (Stöber, ZVG, 20. Aufl., § 115 Rn. 5.9 unter b); Böttcher, ZVG, 5. Aufl., § 115 Rn. 34).

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cc) Richtigerweise muss der Nachweis mit den Beweismitteln der Zivilprozessordnung erbracht werden (zutreffend Stöber, ZVG, 20. Aufl., § 115 Rn. 5.9 unter b)). Hinsichtlich der Klageeinreichung sind sowohl die Fertigung der Klageschrift als auch deren Eingang bei Gericht nachzuweisen.

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(1) Die Fertigung der Klageschrift (bzw. die Erhebung der Klage zu Protokoll der Geschäftsstelle) kann durch die Vorlage einer Abschrift nachgewiesen werden. Diese muss allerdings mit einem anwaltlichen Beglaubigungsvermerk versehen sein, um dem Gericht die Überzeugung der Übereinstimmung der Abschrift mit der Urschrift zu verschaffen (vgl. BGH, Beschluss vom 26. März 2012 - II ZB 23/11, NJW 2012, 1738 Rn. 9), oder von einer zuständigen Stelle beglaubigt worden sein. Darüber hinaus muss der Eingang der Klage bei Gericht durch eine Eingangsbestätigung des Prozessgerichts nachgewiesen werden.

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(2) Der Nachweis der Klageeinreichung kann ferner durch die bloße Bezugnahme auf die Akten des Prozessgerichts erfolgen. Dies gilt unabhängig davon, ob das Amtsgericht oder das ihm übergeordnete Landgericht zuständiges Prozessgericht ist (vgl. § 115 Abs. 1 Satz 2 ZVG, § 879 ZPO). Voraussetzung ist jedoch, dass das genaue Aktenzeichen angegeben wird (zutreffend Bendtsen in Kindl/Meller-Hannich/Wolf, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, 2. Aufl., § 878 Rn. 8). Denn der Nachweis ist maßgeblich für das weitere Verfahren des Vollstreckungsgerichts (vgl. RGZ 99, 202, 205), und es obliegt dem Widersprechenden, das Gericht in die Lage zu versetzen, sich schnelle Gewissheit (unter anderem) über die Klageeinreichung zu verschaffen, ohne zunächst gerichtsinterne Nachforschungen über den Verbleib der Klageschrift anstellen zu müssen. Enthält die Akte die erforderlichen Unterlagen, reicht schon die fristgerechte Angabe des Aktenzeichens als Nachweis aus.

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4. Daran gemessen hat der Schuldner die Klageeinreichung nicht innerhalb der Frist nachgewiesen; ob die Voraussetzungen für die Zustellung nachgewiesen worden sind, kann dahinstehen. Die Übersendung einer einfachen Klagedurchschrift mit dem anwaltlichen Hinweis, Klage eingereicht zu haben, beweist nicht den Eingang der Klage bei Gericht. Zudem fehlt ein Beglaubigungsvermerk des Verfahrensbevollmächtigten. Ebenso wenig ist hierin eine ausreichende Bezugnahme auf die Prozessakten zu sehen, da es an der Mitteilung des Aktenzeichens fehlt. Letzteres ist - wie sich aus den von der Rechtsbeschwerde in Bezug genommenen Schriftstücken ergibt - erst mit Schriftsatz vom 26. März 2012 und damit nach Fristablauf mitgeteilt worden. Ob eine anwaltliche eidesstattliche Versicherung des Inhalts ausreichen kann, die Klage persönlich bei Gericht eingereicht zu haben (vgl. AG Hannover, Rpfleger 1993, 296 f.; ablehnend Stöber, ZVG, 20. Aufl., § 115 Rn. 5.9 unter b)), bedarf keiner Entscheidung, da eine solche Versicherung nicht abgegeben worden ist.

IV.

16

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, da sich die Verfahrensbeteiligten regelmäßig - und auch hier - nicht als Parteien im Sinne der Zivilprozessordnung gegenüber stehen, wenn ein Beschluss des Vollstreckungsgerichts über die Ausführung eines Teilungsplans mit der sofortigen Beschwerde angefochten wird (vgl. zur Aufstellung oder Änderung des Teilungsplans Senat, Beschluss vom 19. Februar 2009 - V ZB 54/08, Rn. 23 mwN, insoweit nur in juris veröffentlicht).

17

Den Gegenstandswert hat der Senat nach dem für die Widerspruchsklage festgesetzten Streitwert bemessen.

Stresemann                        Schmidt-Räntsch                      Roth

                     Brückner                                    Göbel