Bundesgerichtshof

Entscheidungsdatum: 18.10.2018


BGH 18.10.2018 - V ZA 22/18

Zwangsversteigerung aus einer Vollstreckungsunterwerfungsklausel in einer Grundschuldbestellungsurkunde: Entbehrlichkeit der Zustellung von Unterlagen über die Rechtsnachfolge; Zuschlagsversagung bei geltend gemachtem fehlendem Eintritt des Grundschuldzessionars in den Sicherungsvertrag


Gericht:
Bundesgerichtshof
Spruchkörper:
5. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
18.10.2018
Aktenzeichen:
V ZA 22/18
ECLI:
ECLI:DE:BGH:2018:181018BVZA22.18.0
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend LG Memmingen, 28. August 2018, Az: 44 T 929/18vorgehend AG Neu-Ulm, 6. Juni 2018, Az: 1 K 21/14 (2)
Zitierte Gesetze

Tenor

Die Anträge des Schuldners auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung werden zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Der Schuldner und die Schuldnerin sind Eigentümer des im Eingang dieses Beschlusses bezeichneten Grundstücks, auf dem eine Grundschuld lastet. Die Gläubigerin betreibt gegen die Schuldner die Zwangsvollstreckung aufgrund der vollstreckbaren Ausfertigung der notariellen Urkunde, mit der diese Grundschuld bestellt wurde. Der Amtsnachfolger des beurkundenden Notars schrieb die Vollstreckungsklausel am 23. September 2010 unter Bezugnahme auf die im Grundbuch eingetragene Abtretung der Grundschuld auf die Gläubigerin um. Die Grundschuldbestellungsurkunde und die umgeschriebene Vollstreckungsklausel wurden den Schuldnern am 8. Oktober 2010 zugestellt.

2

Auf Antrag der Gläubigerin hat das Vollstreckungsgericht mit Beschluss vom 5. April 2014 wegen des dinglichen Anspruchs aus der Grundschuld die Zwangsversteigerung des Grundstücks angeordnet. Nach dem Versteigerungstermin vom 23. Mai 2018 hat das Vollstreckungsgericht den beiden Meistbietenden am 6. Juni 2018 den Zuschlag als hälftige Miteigentümer erteilt. Die Zuschlagsbeschwerde des Schuldners hat das Landgericht mit Beschluss vom 28. August 2018 zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen. Der Schuldner beantragt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Durchführung der Rechtsbeschwerde, mit der er sein Ziel der Aufhebung des Zuschlagsbeschlusses weiterverfolgen will. Zudem beantragt er, im Wege einer einstweiligen Anordnung, die für den 25. Oktober 2018 angekündigte Räumungsvollstreckung auszusetzen.

II.

3

Das Beschwerdegericht meint, ein Zuschlagsversagungsgrund liege nicht vor. Eine Verletzung von § 83 Nr. 6 ZVG sei nicht gegeben. Insbesondere sei eine Vollstreckungsklausel für die betreibende Gläubigerin erteilt worden. Das Vollstreckungsgericht sei an die erteilte Klausel ohne eine Möglichkeit der inhaltlichen Überprüfung gebunden. Die Klausel sei den Schuldnern ausweislich der vorliegenden Postzustellungsurkunden am 8. Oktober 2010 zugestellt worden. Soweit der Schuldner die fehlende Zustellung der die Rechtsnachfolge nachweisenden Urkunden rüge, verkenne er, dass die Zustellung dieser Urkunden aufgrund der am 2. August 2007 erfolgten Eintragung der Abtretung der Grundschuld an die betreibende Gläubigerin in das Grundbuch nach § 799 ZPO entbehrlich sei. Auch ein Verstoß gegen § 83 Nr. 7 ZVG liege nicht vor, da ausweislich der Niederschrift vom 23. Mai 2018 die Bietzeit nach § 73 Abs. 1 ZVG eingehalten worden und ausweislich des sich bei den Akten befindlichen Nachweises über die Veröffentlichung der Terminbestimmung die Frist des § 43 Abs. 1 ZVG gewahrt sei. Der erhobene Einwand der Verjährung von Teilen der zu vollstreckenden Forderung könne im Vollstreckungsverfahren nicht geltend gemacht werden.

III.

4

Die für die Durchführung des Rechtsbeschwerdeverfahrens beantragte Prozesskostenhilfe ist nicht zu bewilligen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung des Antragstellers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Weder sind Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu klären noch hätte eine Rechtsbeschwerde in der Sache Erfolg.

5

1. Unbeschadet der für den Senat bindenden Zulassung der Rechtsbeschwerde durch das Beschwerdegericht stellen sich im vorliegenden Fall keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung (§ 574 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Weitere Zulassungsgründe sind nicht ersichtlich.

6

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat eine Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deswegen das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt, d.h. allgemein von Bedeutung ist (siehe grundlegend hierzu Senat, Beschluss vom 4. Juli 2002 - V ZB 16/02, BGHZ 151, 221, 223 f.; Beschluss vom 27. März 2003 - V ZR 291/02, BGHZ 154, 288, 291 ff.). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage dann, wenn die durch das Berufungsurteil aufgeworfene Rechtsfrage zweifelhaft ist, also über Umfang und Bedeutung einer Rechtsvorschrift Unklarheiten bestehen. Derartige Unklarheiten bestehen u.a. dann, wenn die Rechtsfrage vom Bundesgerichtshof bisher nicht entschieden ist und von einigen Oberlandesgerichten unterschiedlich beantwortet wird, oder wenn in der Literatur unterschiedliche Meinungen vertreten werden (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Februar 2010 - II ZR 54/09 - NJW-RR 2010, 1047 Rn. 3; Beschluss vom 15. August 2018 - XII ZB 32/18, juris Rn. 3).

7

b) Gemessen hieran hat die Frage, ob der Einwand der fehlenden Zustellung der Unterlagen über den Eintritt des neuen Gläubigers in den Sicherungsvertrag bei Abtretung einer Grundschuld im Rahmen einer Zuschlagsbeschwerde zu prüfen ist, keine grundsätzliche Bedeutung. Es ist nicht ersichtlich, dass die Frage klärungsbedürftig ist. Es fehlt an einer veröffentlichten obergerichtlichen Entscheidung, die von der angefochtenen Entscheidung des Beschwerdegerichts zu dieser Rechtsfrage abweicht. Ebenso wenig ist ersichtlich, dass in der Literatur unterschiedliche bzw. abweichende Meinungen vertreten werden.

8

2. Ergeben sich somit keine entscheidungserheblichen Rechtsfragen, die einer Klärung durch höchstrichterliche Entscheidung bedürften, kommt es für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe allein auf die Erfolgsaussichten in der Sache an (st. Rspr., vgl. Senat, Beschluss vom 21. November 2002 - V ZB 40/02, NJW 2003, 1126 unter II. 1.; BGH, Beschluss vom 25. Juni 2003 - IV ZR 366/02, juris Rn. 7; Beschluss vom 24. April 2013 - XII ZR 159/12, FamRZ 2013, 1199 Rn. 9; Beschluss vom 15. August 2018 - XII ZB 32/18, juris Rn. 5). Die Rechtsbeschwerde hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Das Beschwerdegericht ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass ein Zuschlagsversagungsgrund nicht vorliegt.

9

a) Die Versteigerung des Grundstücks und der Zuschlag waren nicht aus einem sonstigen Grund im Sinne von § 83 Nr. 6 ZVG unzulässig. Entgegen der Ansicht des Schuldners fehlt es nicht an den Vollstreckungsvoraussetzungen gemäß § 750 ZPO.

10

aa) Nach § 750 Abs. 1 ZPO müssen der Vollstreckungsschuldner und der betreibende Gläubiger in dem Titel, aus dem die Vollstreckung erfolgen soll, namentlich bezeichnet sein. Der Rechtsnachfolger des benannten Gläubigers benötigt daher eine vollstreckbare Ausfertigung, deren Klausel ihn nach § 727 ZPO als Gläubiger ausweist. Die Klausel stellt die formelle Legitimation des Rechtsnachfolgers her. Dem Schuldner sind im Fall der Rechtsnachfolge nach § 750 Abs. 2 ZPO neben der Vollstreckungsklausel die ihrer Erteilung zugrunde liegenden Urkunden zuzustellen. Denn nur so wird er in die Lage versetzt, die Voraussetzungen der Rechtsnachfolge zu überprüfen und seine Einwendungen in den dafür vorgesehenen Verfahren nach § 732 ZPO oder § 768 ZPO geltend zu machen (vgl. Senat, Beschluss vom 25. Januar 2007 - V ZB 47/06, NJW 2007, 3357 Rn. 13 mwN; Beschluss vom 13. Oktober 2016 - V ZB 174/15, BGHZ 212, 264 Rn. 9). Etwas anderes gilt allerdings im Fall des § 799 ZPO. Wenn sich der Eigentümer eines mit einem Grundpfandrecht belasteten Grundstücks wegen der dinglichen Schuld in einer Urkunde nach § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen hat, kann der Rechtsnachfolger des Gläubigers gemäß § 799 ZPO in Abweichung von § 750 Abs. 2 ZPO vollstrecken, ohne dass dem Schuldner die Urkunden zugestellt werden müssen, die die Rechtsnachfolge nachweisen. Auf die Zustellung kann verzichtet werden, weil das Grundbuchamt dem Schuldner nach § 55 GBO die Eintragung des Rechtsnachfolgers bekannt macht (Saenger/Kindl, ZPO, 7. Aufl., § 799 Rn. 1; Musielak/Voit/Lackmann, ZPO, 15. Aufl., § 799 Rn. 1; BeckOK ZPO/Hoffmann, 29. Ed. 1.7.2018, § 799 Rn. 1).

11

bb) Nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts, die der Antragsteller nicht in Zweifel zieht, liegen die nach diesen gesetzlichen Vorgaben notwendigen Vollstreckungsvoraussetzungen vor. Die von dem Antragsteller aufgeworfene Frage, ob auch Unterlagen über den Eintritt des neuen Gläubigers in den Sicherungsvertrag zuzustellen sind (vgl. allgemein zur Notwendigkeit des Eintritts des neuen Gläubigers in den Sicherungsvertrag: BGH, Urteil vom 30. März 2010 - XI ZR 200/09, BGHZ 185, 133 Rn. 34 ff.; Senat, Urteil vom 11. Mai 2012 - V ZR 237/11, NJW 2012, 2354 Rn. 7 ff.), ist zu verneinen. Die in § 750 Abs. 2 ZPO angeordnete Zustellungspflicht erfasst nur diejenigen Urkunden, die dem Klauselorgan die Überzeugung von der Rechtsnachfolge verschafft haben (Senat, Beschluss vom 13. Oktober 2016 - V ZB 174/15, BGHZ 212, 264 Rn. 12 ff.). Da sich der Notar vorliegend in der Vollstreckungsklausel auf die Eintragung der Abtretung in das Grundbuch bezogen hat, bedurfte es nach § 799 ZPO nicht der Zustellung weiterer Unterlagen. Auch hatte der Notar den Eintritt der betreibenden Gläubigerin in den Sicherungsvertrag nicht im Klauselerteilungsverfahren zu prüfen. Der Schuldner kann die Einwendung, die Unterwerfungserklärung erstrecke sich nur auf Ansprüche aus einer treuhänderisch gebundenen Sicherungsgrundschuld und der Zessionar sei nicht in die treuhänderische Bindung eingetreten, mit der Klauselgegenklage nach § 768 ZPO geltend machen (Senat, Urteil vom 20. April 2018 - V ZR 106/17; WM 2018, 1168 Rn. 18; Urteil vom 14. Juni 2013 - V ZR 148/12, MittBayNot 2014, 268 Rn. 13; BGH, Beschluss vom 29. Juni 2011 - VII ZB 89/10, BGHZ 190, 172 Rn. 30). Solange ein solches Verfahren nicht eingeleitet und die (einstweilige) Einstellung der Zwangsversteigerung nicht angeordnet wird, darf der Zuschlag erteilt werden (Senat, Beschluss vom 9. Juni 2011 - V ZB 319/10, NJW 2011, 2807 Rn. 6).

12

b) Zutreffend ist auch der Hinweis des Beschwerdegerichts, dass es sich bei der im Rahmen der Zuschlagsbeschwerde erhobenen Einrede der Verjährung von Grundschuldzinsen um eine materiell-rechtliche Einwendung gegen den Vollstreckungstitel handelt. Diese ist im Rahmen des Zwangsversteigerungsverfahrens unbeachtlich. Sie muss mit einer Vollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO) geltend gemacht werden.

IV.

13

Dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 575 Abs. 5, § 570 Abs. 3 ZPO war nicht zu entsprechen, da dieser nicht durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt (§ 78 Abs. 1 Satz 2 ZPO) gestellt worden ist. Zudem fehlt es nach den vorangegangenen Ausführungen an den Erfolgsaussichten der beabsichtigten Rechtsbeschwerde.

Stresemann     

      

Schmidt-Räntsch     

      

Kazele

      

Haberkamp     

      

Hamdorf