Bundesgerichtshof

Entscheidungsdatum: 21.03.2019


BGH 21.03.2019 - StB 53/18

Gericht:
Bundesgerichtshof
Spruchkörper:
3. Strafsenat
Entscheidungsdatum:
21.03.2019
Aktenzeichen:
StB 53/18
ECLI:
ECLI:DE:BGH:2019:210319BSTB53.18.0
Dokumenttyp:
Beschluss

Tenor

1. Auf die Rechtsbeschwerde des Landes Hessen, vertreten durch das Polizeipräsidium S.         , wird der Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt vom 27. September 2018 - 20 W 212/18 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

Gründe

1

Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde des Polizeipräsidiums S.            gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Ermittlungsrichter - Offenbach am Main vom 11. Juli 2018, mit dem dieses die "Verlängerung" der Observation mit technischen Mitteln des Betroffenen abgelehnt hat, verworfen. Die Rechtsbeschwerde des Landes Hessen, vertreten durch das Polizeipräsidium S.         , führt zur Aufhebung des angegriffenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.

I.

2

Am 9. Juni 2017 hat die Kriminaldirektion des Polizeipräsidiums S.            hinsichtlich des Betroffenen die Datenerhebung durch Observation und Einsatz technischer Mittel auf der Grundlage des § 15 Abs. 2 Satz 3 des Hessischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (HSOG) in der damals gültigen Fassung für drei Monate angeordnet. Diese Anordnung ist - mit Zustimmung der Behördenleitung des Hessischen Landeskriminalamtes (vgl. § 15 Abs. 3 Satz 2 HSOG aF) - dreimal, zuletzt am 24. April 2018, um jeweils drei Monate verlängert worden. Die letzte behördliche Verlängerung ist somit mit dem 24. Juli 2018 abgelaufen. Am 6. Juli 2018 hat das Polizeipräsidium S.         beim Amtsgericht Offenbach am Main einen Antrag auf "richterliche Anordnung der bereits seit 9. Juni 2017 laufenden behördlichen Anordnung einer Datenerhebung durch Observation und Einsatz technischer Mittel" sowie auf "Verlängerung der Anordnung ab dem 24. Juli 2018" (dem Ablauf der letzten behördlichen Verlängerung) gestellt.

3

Hintergrund dieses Antrags war die am 4. Juli 2018 in Kraft getretene Änderung des § 15 HSOG, der in Abs. 5 Satz 1 für "längerfristige Observationen" (Nr. 1) und den "Einsatz technischer Mittel zu Observationszwecken durchgehend länger als 24 Stunden oder an mehr als zwei Tagen" (Nr. 2) nunmehr eine richterliche Anordnung und in Abs. 5 Sätze 6 und 7 eine Höchstdauer von insgesamt einem Jahr vorschreibt.

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Mit Beschluss vom 11. Juli 2018 hat das Amtsgericht - Ermittlungsrichter - Offenbach am Main die längerfristige Observation des Betroffenen unter Einsatz technischer Mittel zwar bis zum 24. Juli 2018 angeordnet und gleichzeitig die seit 4. Juli 2018 andauernde Datenerhebung durch längerfristige Observation richterlich genehmigt. Den Antrag, die Observationsmaßnahmen um weitere drei Monate zu verlängern, hat das Amtsgericht indes abgelehnt. Zwar seien die Voraussetzungen für die Anordnung einer längerfristigen Observation unter Einsatz technischer Mittel auch nach neuem Recht erfüllt. Indes komme eine Anordnung über den 24. Juli 2018 hinaus nicht in Betracht, da zu diesem Zeitpunkt die vorangegangenen behördlich angeordneten Observationsmaßnahmen bereits dreimal um jeweils drei Monate verlängert worden seien. Diese Anordnungsperioden seien in die nach der Gesetzesänderung für die richterliche Anordnung vorgesehene Höchstfrist nach § 15 Abs. 5 Satz 7 HSOG nF einzuberechnen, so dass eine Verlängerung über diesen Zeitpunkt hinaus nicht in Betracht komme. Vielmehr sei die nunmehr vom Gesetzgeber vorgesehene Höchstfrist von einem Jahr nach § 15 Abs. 5 Sätze 6 und 7 HSOG nF bereits ausgeschöpft.

5

Die hiergegen am 10. August 2018 eingelegte Beschwerde des Polizeipräsidiums S.         , der das Amtsgericht nicht abgeholfen hat, hat das Oberlandesgericht Frankfurt mit Beschluss vom 27. September 2018 zurückgewiesen. Die Obergrenze für die Dauer der Observation nach § 15 Abs. 5 Satz 7 HSOG sei auch zu berücksichtigen, wenn es um die Verlängerung bereits laufender Observationen gehe. Zwar gälten Gesetze grundsätzlich erst ab dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens. Auch habe der Landesgesetzgeber nicht ausdrücklich eine rückwirkende Geltung vorgesehen. Doch sei im Hinblick auf die Erheblichkeit des mit den Maßnahmen verbundenen Grundrechtseingriffs die insgesamt einjährige Höchstfrist des § 15 Abs. 5 Satz 7 HSOG nF auch bei bereits laufenden Observationsmaßnahmen zu beachten. Dies gebiete der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ebenso wie die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, insbesondere zum Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Beidem habe der Landesgesetzgeber mit dem neuen Gesetz Rechnung tragen wollen. Seine Wertung, aus Gründen des Grundrechtsschutzes die Dauer von Observationsmaßnahmen einer zeitlichen Obergrenze zu unterwerfen, dürfe nicht aus "formalen Gründen" unterlaufen werden, da der Grundrechtsschutz für die jeweils Betroffenen sonst von Zufälligkeiten - nämlich dem Zeitpunkt der Anordnung der Observationsmaßnahme - abhänge.

6

Das Oberlandesgericht hat wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof zugelassen. Zwar stelle sich die aufgeworfene Rechtsfrage lediglich in einem Übergangszeitraum. Doch sei landesweit mit einer erheblichen Anzahl von Fällen, die die Anordnung der längerfristigen Observation mit technischen Mitteln beträfen, zu rechnen.

7

Gegen den am 11. Oktober 2018 zugestellten Beschluss hat das Polizeipräsidium S.          rechtzeitig Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof eingelegt.

II.

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Die nach § 15 Abs. 5 Satz 2, § 39 Abs. 1 Satz 3 HSOG, § 70 Abs. 1 FamFG statthafte und im Übrigen nach § 10 Abs. 4 Satz 2, § 71 Abs. 1 FamFG zulässige Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Hierzu gilt:

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1. Mit am 4. Juli 2018 in Kraft getretenen Gesetz vom 25. Juni 2018 (Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen vom 3. Juli 2018, S. 302) hat § 15 HSOG, der unter anderem die Datenerhebung durch Observation und den Einsatz technischer Mittel regelt, im Hinblick auf seinen Anwendungsbereich, die Anordnungsvoraussetzungen sowie die Anordnungskompetenz eine durchgreifende Änderung erfahren. War bislang eine besondere Anordnung für die planmäßig angelegte Beobachtung einer Person, die länger als 24 Stunden innerhalb einer Woche oder über den Zeitraum einer Woche hinaus andauerte, erforderlich, so gilt dies nach der Neufassung schon dann, wenn die Observation durchgehend länger als 24 Stunden dauern oder an mehr als zwei Tagen stattfinden soll (vgl. § 15 Abs. 1 Nr. 1 HSOG nF). Auch die Eingriffsvoraussetzungen haben in § 15 Abs. 2 HSOG nF erhebliche Änderungen erfahren. Schließlich sieht § 15 Abs. 5 Satz 1 HSOG nF - anstelle der in § 15 Abs. 3 Satz 1 HSOG aF geregelten Anordnung durch die Behördenleitung - nunmehr eine richterliche Anordnungskompetenz vor. Die auf höchstens drei Monate zu befristende (§ 15 Abs. 5 Satz 6 HSOG nF) richterliche Anordnung, für die wegen der Verweisung auf die Vorschriften des FamFG nach § 15 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. § 39 Abs. 1 Satz 3 HSOG nF das Amtsgericht zuständig ist, darf nach § 15 Abs. 5 Satz 7 HSOG nF höchstens dreimal um jeweils höchstens drei weitere Monate verlängert werden. Demgegenüber hatte § 15 Abs. 3 Satz 2 HSOG aF lediglich die Zustimmung des Ministeriums des Innern oder einer von ihm benannten Stelle erfordert, wenn die Observation über einen Zeitraum von mehr als drei Monaten andauern sollte, ohne dass eine Obergrenze für Verlängerungsanordnungen vorgesehen war.

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Übergangsvorschriften dazu, wie mit bereits laufenden Observationen zu verfahren sei, sieht das Gesetz nicht vor.

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2. Die letzte Verlängerung der durch die Polizeibehörde angeordneten Observation nach altem Recht ist vorliegend mit dem 24. Juli 2018 abgelaufen. Da nach dem Inkrafttreten der Neufassung des Gesetzes am 4. Juli 2018 für eine Verlängerung der Observation durch die Polizeibehörde selbst die Rechtsgrundlage entfallen ist, hat sich diese zur Fortführung der für erforderlich gehaltenen, bereits begonnenen Observationsmaßnahme um eine richterliche Anordnung bemühen müssen. Der Antrag des Polizeipräsidiums S.           war indes - trotz der missverständlichen Beantragung einer "Verlängerung" der Maßnahme - als ein solcher auf eine richterliche Anordnung der längerfristigen Observation nach neuem Recht zu verstehen. Denn da hiernach eine behördliche Anordnung dieser Maßnahme nicht mehr genügt, kommt auch deren Verlängerung nicht in Betracht. Vielmehr bedarf es - soll eine Observation nach ihrem Ablauf fortgesetzt werden - einer den Anwendungsbereich und die Voraussetzungen der Neufassung berücksichtigenden richterlichen Anordnung nach § 15 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 Satz 1 HSOG nF.

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3. Die Begründungen, mit der das Amtsgericht mit seiner Entscheidung vom 11. Juli 2018 und in der Folge das Oberlandesgericht in der Sache die Neuanordnung der bereits laufenden Observation versagt haben, halten der rechtlichen Überprüfung nicht stand. Eine Verpflichtung, bei der richterlichen Anordnung der längerfristigen Beobachtung die Dauer bereits vollzogener, nach alter Rechtslage angeordneter Observationsmaßnahmen in jedem Fall zu berücksichtigen und gegebenenfalls einen Antrag der Polizeibehörde mit Verweis auf die nunmehr in § 15 Abs. 5 Sätze 6 und 7 HSOG vorgesehene Höchstfrist abzulehnen, besteht nicht. Die Dauer vorangegangener Beobachtungsmaßnahmen ist vielmehr lediglich im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung im Einzelfall zu berücksichtigen. Im Einzelnen:

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a) Der Landesgesetzgeber hat - wie bereits dargelegt - keine Übergangsvorschriften für den Umgang mit bereits laufenden Observationen getroffen. Die Anordnung der längerfristigen Observation richtet sich damit nach dem Inkrafttreten des Gesetzes am 4. Juli 2018 allein nach neuem Recht. Dieses sieht nach § 15 Abs. 5 Sätze 6 und 7 HSOG nF für die nunmehr erforderliche richterliche Anordnung zwar eine Begrenzung ihrer Dauer auf drei Monate und maximal dreimal eine dreimonatige Verlängerung, mithin eine Höchstdauer von insgesamt einem Jahr, vor. Zu einer Anrechnung der Dauer nach alter Rechtslage aufgrund behördlicher Anordnungen stattgefundener Observationen auf diese Frist verhält sich das Gesetz indes nicht. Eine solche ist somit nach dem Gesetzeswortlaut nicht vorgesehen.

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b) Auch aus der gesetzgeberischen Zielsetzung folgt nicht die Notwendigkeit, die Zeit einer vorangegangenen Observation auf die Höchstfrist des § 15 Abs. 5 Satz 7 HSOG nF anzurechnen. Der Gesetzgeber wollte mit der Neufassung des HSOG polizeirechtliche Maßnahmen, unter anderem die Observation, den Vorgaben und Wertungen des Bundesverfassungsgerichts in seiner Entscheidung zum BKA-Gesetz in der Fassung vom 25. Dezember 2008 (im Folgenden: BKAG; Urteil vom 20. April 2016 - 1 BvR 966/09 u.a., BVerfGE 141, 220 ff.) entsprechend ausgestalten und damit künftig verstärkt an rechtsstaatlichen Grundsätzen ausrichten (vgl. LT-Drucks. 19/6502, S. 23 f.). Unter anderem sollte die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts umgesetzt werden, wonach die längerfristige Observation, deren Anwendungsbereich der Gesetzgeber in Übereinstimmung mit der vom Bundesverfassungsgericht dem § 20g Abs. 2 Nr. 1 BKAG entnommenen Definition (vgl. BVerfG, Urteil vom 20. April 2016 - 1 BvR 966/09 u.a., aaO Rn. 174) bringen wollte (LT-Drucks. 19/6502, S. 35), nur aufgrund richterlicher Anordnung zulässig sein soll (BVerfG, Urteil vom 20. April 2016 - 1 BvR 966/09 u.a., aaO; LT-Drucks. 19/6502, S. 37). Mit der in § 15 Abs. 5 Satz 7 HSOG nF vorgesehenen Obergrenze für Verlängerungen der zunächst auf drei Monate befristeten Observation sollte zudem dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz auch im Zusammenhang mit der tatsächlichen Dauer der Maßnahme Genüge getan werden (LT-Drucks. 19/6502, S. 37). Hieraus folgt jedoch nicht, dass der Gesetzgeber, der die Anrechnung der Dauer früherer Beobachtungen im Gesetz gerade nicht vorgesehen hat, jede tatsächlich schon mehr als ein Jahr andauernde Observation als unverhältnismäßig angesehen hätte. Seinem Anliegen, dass bei Anordnung der längerfristigen Observation wegen der Intensität des Eingriffs in die Rechte des Observierten der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz künftig im besonderen Umfang zu wahren sei, kann vielmehr auch damit Rechnung getragen werden, dass bei Anordnung oder Verlängerung der Maßnahme nach neuem Recht im Rahmen der in jedem Fall vorzunehmenden Verhältnismäßigkeitsprüfung die Dauer bereits vollzogener Maßnahmen berücksichtigt wird.

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Hierdurch erfährt der Betroffene auch keine der gesetzgeberischen Zielsetzung widersprechende Benachteiligung gegenüber der alten Rechtslage. Nach dieser konnten Observationsmaßnahmen immer wieder um drei Monate verlängert werden, ohne dass hierfür eine Obergrenze vorgesehen war. Im Verhältnis hierzu stellt die in der Neuregelung vorgesehene Höchstfrist bei Neuanordnung einer Observationsmaßnahme den Betroffenen auch dann besser, wenn eine Anrechnung bereits auf der Grundlage der alten Fassung laufender Observationen auf die Obergrenze des § 15 Abs. 5 Satz 7 HSOG nF nicht erfolgt.

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c) Auch verfassungsrechtlich ist es - entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts - nicht gefordert, eine Observation nur dann als verhältnismäßig anzusehen, wenn diese auch unter Berücksichtigung früherer Maßnahmen die Jahresfrist nach § 15 Abs. 5 Sätze 6 und 7 HSOG nF nicht überschreitet. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts unterliegt die längerfristige Observation, die als Maßnahme der Überwachung außerhalb von Wohnungen unter dem Einsatz besonderer Mittel der Datenerhebung einen - wenn auch im Vergleich zu anderen Vorgehensweisen weniger gravierenden (vgl. BVerfG, Urteil vom 20. April 2016 - 1 BvR 966/09 u.a., BVerfGE 141, 220 Rn. 151) - Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung darstellt (vgl. BVerfG, Urteil vom 20. April 2016 - 1 BvR 966/09 u.a., aaO Rn. 147), zwar im besonderen Maße dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der auch ihre zulässige Dauer bestimmt. Eine daraus folgende Notwendigkeit, gesetzlich eine Höchstfrist für die Observation vorzusehen, hat das Bundesverfassungsgericht jedoch soweit ersichtlich daraus bislang nicht abgeleitet. Es hat es vielmehr ausdrücklich als verfassungsrechtlich unbedenklich angesehen, dass das BKAG die Anordnung von Überwachungsmaßnahmen nach § 20g Abs. 2 BKAG - und damit auch die längerfristige Observation nach § 20g Abs. 2 Nr. 1 BKAG - zwar jeweils nur für eine vertretbar begrenzte Zeit erlaubt, aber deren Verlängerung nicht durch eine Obergrenze beschränkt hat. Der Gesetzgeber dürfe davon ausgehen, dass eine konkretisierte Gefahrenlage, wie sie für die Anordnung oder Verlängerung der Observationsmaßnahmen vorausgesetzt sei, in der Regel nicht für einen übermäßig langen Zeitraum vorliege, so dass eine unverhältnismäßige Dauerüberwachung hierdurch im Allgemeinen nicht drohe. Im Übrigen könne eine Begrenzung, auch wenn eine absolute Höchstdauer nicht ausdrücklich bestimmt sei, aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Einzelfall folgen, da mit zunehmender Dauer der Observationsmaßnahmen der Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht immer intensiver werde und auch dazu führen könne, dass eine weitere Verlängerung verfassungsrechtlich nicht mehr zu rechtfertigen sei (vgl. BVerfG, Urteil vom 20. April 2016 - 1 BvR 966/09 u.a., aaO Rn. 171; vgl. zur sehr viel eingriffsintensiveren Maßnahme der akustischen Wohnraumüberwachung Rn. 195; vgl. auch BVerfG, Urteil vom 3. März 2004 - 1 BvR 2378/98 u.a., BVerfGE 109, 279, 362).

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Ist somit eine gesetzlich festgelegte Obergrenze der Observation nach dem Grundgesetz nicht gefordert, so besteht von Verfassungs wegen auch keine Verpflichtung, durch eine in jedem Fall vorzunehmende Anrechnung der Dauer einer vorangegangenen Observation die nunmehr einfachgesetzlich geregelte Höchstfrist einzuhalten. Der bereits stattgefundenen Beobachtung ist vielmehr, wie bereits ausgeführt, im Rahmen der einzelfallbezogenen Verhältnismäßigkeitsprüfung Rechnung zu tragen.

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4. Da die Anordnung der beantragten längerfristigen Observation mit der genannten Begründung nicht hätte abgelehnt werden dürfen, ist der angefochtene Beschluss aufzuheben. Da eine Sachentscheidung des Senats mangels Entscheidungsreife der Sache nicht in Betracht kommt (vgl. § 74 Abs. 6 Satz 1 FamFG), ist die Sache an das Beschwerdegericht zurückzuweisen (§ 74 Abs. 6 Satz 2 FamFG). Dieses wird zu prüfen haben, ob im konkreten Einzelfall die Voraussetzungen für eine Anordnung der längerfristigen Observation unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes vorliegen.

Schäfer     

        

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