Entscheidungsdatum: 14.10.2013
Die gem. §§ 83, 66 Abs. 1 Satz 1 DRiG angeordnete sinngemäße Geltung der Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung für das Prüfungsverfahren (§ 62 Abs. 1 Nr. 3 und 4 DRiG) erfasst die Bestimmung des § 84 VwGO über die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid nicht.
Auf die Revision des Antragstellers wird der Gerichtsbescheid des Dienstgerichts für Richter bei dem Landgericht Leipzig vom 19. April 2012 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Dienstgericht für Richter zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Antragsteller durch den Weihnachtsbrief des Ministerpräsidenten des Freistaats Sachsen vom Advent 2009 aus dem Dienstverhältnis als Richter entlassen wurde und er in seiner richterlichen Unabhängigkeit beeinträchtigt ist.
Der geborene Antragsteller steht seit dem 1. August 1991 im richterlichen Dienst des Antragsgegners. Seit dem 1. März 2000 ist er als Richter am Arbeitsgericht L. tätig und dort Vorsitzender einer Kammer.
Am 17. Dezember 2009 wurde dem Antragsteller per E-Mail der sog. „Weihnachtsbrief des Ministerpräsidenten“ auf seinen Dienstrechner übermittelt. Dieser Brief lautet:
„Stanislaw Tillich |
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Ministerpräsident des Freistaates Sachsen |
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An die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Sächsischen |
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Dresden im Advent 2009 |
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Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, |
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ich wünsche Ihnen, Ihren Familien und Freunden eine gesegnete und frohe Weihnachtszeit. Für 2010 wünsche ich Ihnen Gesundheit, Zufriedenheit und uns gemeinsam viel Schaffenskraft für die Gestaltung unseres Freistaates Sachsen. |
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Ein ereignisreiches Jahr geht zu Ende. Ich danke Ihnen ganz herzlich für Ihre Leistungen und Ihren Einsatz in der täglichen Arbeit für die Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen und Vereine. |
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Für mich persönlich war es ein besonderes Jahr. Die Wählerinnen und Wähler haben mir nach über einem Jahr im Amt ihr Vertrauen ausgesprochen. Wir haben die Wahlen auch deshalb gewonnen, weil Sie in der Verwaltung unsere politischen Ideen umsetzen und die Menschen spüren, dass ihr Heimatland gut geführt und verwaltet wird. Ich danke Ihnen ganz persönlich für Ihren Anteil am erfolgreichen Wahljahr 2009. |
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Vor uns liegen schwierige Jahre. Davon lassen wir uns aber nicht beirren. Wir gehen weiter den erfolgreichen sächsischen Weg. Gerade in diesen Wochen blicken wir auf 20 Jahre friedliche Revolution und damit 20 Jahre modernen Freistaat Sachsen zurück. Wir haben vieles erreicht, viele Herausforderungen bestanden und ein stabiles Fundament für einen neuen Aufbruch im neuen Jahrzehnt gelegt. |
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Die Staatsregierung hat sich einer umfassenden Verwaltungsmodernisierung verpflichtet. Bitte gestalten Sie diesen Prozess offen und fair mit. Lassen Sie uns eine moderne, bürger- und wirtschaftsfreundliche Verwaltung schaffen, die finanzierbar bleibt und die für Sie ein guter Arbeitgeber ist. |
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Ich wünsche uns und unserem Freistaat Sachsen einen guten Start in die zweite Dekade des 21. Jahrhunderts. |
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Mit herzlichen Grüßen, Ihr |
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…“ |
Der Antragsteller erhob mit Schreiben vom 29. Juli 2010 Widerspruch gegen den „Weihnachtsbrief“. Am 16. August 2010 teilte ihm die Sächsische Staatskanzlei mit, es werde kein Handlungsbedarf gesehen. Die Rundmail beinhalte ersichtlich keinen einem Widerspruch zugänglichen Verwaltungsakt.
Mit seinem am 16. Dezember 2010 beim Dienstgericht für Richter eingegangenen Antrag begehrt der Antragsteller die Feststellung, dass er über den 17. Dezember 2009 hinaus zum Antragsgegner in einem Amtsverhältnis als Richter stehe sowie die Feststellung der Unzulässigkeit einzelner Formulierungen in dem Weihnachtsbrief vom Advent 2009.
Der Antragsteller hat seinen als Statusfeststellungsantrag bezeichneten Antrag im Wesentlichen damit begründet, das E-Mailschreiben sei an ihn in seiner ausdrücklich so bezeichneten Funktion als Mitarbeiter der Sächsischen Landesverwaltung gerichtet gewesen. Angesichts der Anrede und der eindeutigen Formulierung sei ihm sein verfassungsrechtlicher Status als unabhängiger Richter durch das Schreiben des Ministerpräsidenten entzogen und ihm eine Tätigkeit als „Mitarbeiter der Sächsischen Landesverwaltung“ übertragen worden. Diese Maßnahme sei mangels Rechtsgrundlage rechtswidrig und verstoße gegen die Verfassung des Freistaats Sachsen. Sie beseitige die Rechtsprechung als eigenständige dritte Gewalt und gliedere das dortige „Personal“, insbesondere die Richterschaft einschließlich des Antragstellers als nunmehr weisungsgebundene Mitarbeiter in die Exekutive ein. Die dienstgerichtliche Feststellung, dass er über den 17. Dezember 2009 hinaus in einem Richterverhältnis und nicht in einem Beschäftigungsverhältnis als Mitarbeiter der Landesverwaltung stehe, sei erforderlich. Die angefochtene Verfügung gehe über bloße Weihnachtswünsche hinaus und ziele auf die vollständige Eingliederung der dritten Gewalt in die Exekutive und damit deren Beseitigung als Staatsgewalt. Nach Art. 66 Satz 1 der Verfassung des Freistaats Sachsen sei der Ministerpräsident für die Entlassung der Richter und Ernennung der Beamten auch zuständig. Der Qualifizierung der E-Mail als Maßnahme der Dienstaufsicht stehe nicht entgegen, dass der Ministerpräsident zur Dienstaufsicht über Richter nicht befugt sei.
Auch sei er nicht bereit, die unzulässigen Eingriffe in seine richterliche Unabhängigkeit durch das E-Mailschreiben hinzunehmen. Er solle „unsere politischen Ideen umzusetzen“, mithin die Vorstellungen der CDU und FDP, und seine Rechtsprechung solle nicht mehr Gesetz und Recht unterworfen sein, sondern vorrangig am Kriterium der Wirtschaftsfreundlichkeit ausgerichtet werden. Für einen Richter der Arbeitsgerichtsbarkeit bedeute dies, dass er den Interessen der Arbeitgeber entgegenzukommen habe.
Der Antragsteller hat beantragt,
festzustellen, dass er über den 17. Dezember 2009 hinaus zu dem Antragsgegner in einem Amtsverhältnis als Richter auf Lebenszeit (Richter am Arbeitsgericht) steht, |
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festzustellen, dass es sich bei den Ausführungen des Vertreters des Antragsgegners in dem Schreiben „Advent 2009“ um unzulässige Eingriffe in die richterliche Unabhängigkeit handelt, sofern es dort heißt: |
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1. |
„Wir haben die Wahlen auch deshalb gewonnen, weil Sie in der Verwaltung unsere politischen Ideen umsetzen.“ |
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2. |
„Ich danke Ihnen ganz persönlich für Ihren Anteil am erfolgreichen Wahljahr 2009.“ |
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3. |
„Lassen Sie uns eine moderne (…) wirtschaftsfreundliche Verwaltung schaffen.“ |
Der Antragsgegner hat beantragt, den Antrag zurückzuweisen.
Das Dienstgericht für Richter hat mit Gerichtsbescheid vom 19. April 2012 den Statusfeststellungsantrag als unzulässig zurückgewiesen und den Prüfungsantrag für unbegründet gehalten. Soweit es den Statusantrag betreffe, fehle dem Antragsteller das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Es sei nicht ersichtlich, dass der Antragsgegner oder eine Behörde des Antragsgegners die Rechtsstellung des Antragstellers als Richter am Arbeitsgericht und die Fortdauer seines Richterverhältnisses zum Freistaat Sachsen in Zweifel gezogen hätten. Der Antragsgegner habe im Rahmen des vorliegenden Prüfungsverfahrens mehrfach erklärt und zum Ausdruck gebracht, dass das Amtsverhältnis des Antragstellers als Richter durch den angegriffenen Weihnachtsbrief nicht berührt worden sei. Ein Feststellungsinteresse habe der Antragsteller nicht dargetan. Der zulässige Prüfungsantrag sei unbegründet. Das E-Mailschreiben stelle keine Maßnahme der Dienstaufsicht dar, die in die richterliche Unabhängigkeit des Antragstellers eingreifen könnte.
Mit der Revision verfolgt der Antragsteller seine ursprünglichen Anträge weiter und rügt neben der Verletzung materiellen Rechts die nicht ordnungsgemäße Besetzung des Dienstgerichts für Richter und die Unzulässigkeit der Entscheidung durch Gerichtsbescheid. Der Antragsgegner begehrt die Zurückweisung der Revision.
Die Revision ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Gerichtsbescheids und zur Zurückverweisung des Verfahrens an das Dienstgericht für Richter.
I. Das Dienstgericht für Richter hat über die Anträge rechtsfehlerhaft ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid nach § 84 VwGO entschieden. Nach §§ 83, 66 Abs. 1 Satz 1 DRiG und § 45 Abs. 1 Satz 1 SächsRiG gelten für das Verfahren nach § 34 Nr. 3 und 4 SächsRiG (Prüfungsverfahren) die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung entsprechend. Die angeordnete entsprechende Geltung der Verwaltungsgerichtsordnung erfasst entgegen der Auffassung des Dienstgerichts den Gerichtsbescheid nach § 84 VwGO nicht. Der Verfahrensfehler führt zur Aufhebung des angefochtenen Gerichtsbescheids und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Dienstgericht für Richter, § 80 Abs. 1 Satz 1 DRiG i.V.m. § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO. Auf die von der Revision geltend gemachten Besetzungs- und materiell-rechtlichen Rügen kommt es nicht an.
1. Die durch §§ 83, 66 Abs. 1 Satz 1 DRiG und § 45 Abs. 1 Satz 1 SächsRiG bestimmte sinngemäße bzw. entsprechende Geltung der Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung für das Verfahren nach § 34 Nr. 3 und 4 SächsRiG (Prüfungsverfahren) erfasst den Gerichtsbescheid nach § 84 VwGO nicht.
a) Nach § 83 DRiG sind durch den Landesgesetzgeber Disziplinarverfahren, Versetzungsverfahren und Prüfungsverfahren entsprechend § 63 Abs. 2, § 64 Abs. 1, §§ 65 bis 68 DRiG zu regeln. Nach § 66 Abs. 1 Satz 1 DRiG gelten für die Prüfungsverfahren die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung sinngemäß. Diese bundesrechtlichen Vorgaben setzt § 45 Abs. 1 SächsRiG um, indem es u.a. für die Prüfungsverfahren nach § 34 Nr. 3 und Nr. 4 SächsRiG die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung für entsprechend anwendbar erklärt, soweit das Sächsische Richtergesetz nichts anderes bestimmt. Die Vorschriften des II. Teiles der Verwaltungsgerichtsordnung sind demnach mit Ausnahme des 8. Abschnitts über die Anfechtungs- und Verpflichtungsklage sinngemäß bzw. entsprechend anwendbar (vgl. für das DRiG: Schmidt-Räntsch, Deutsches Richtergesetz, 6. Aufl., § 65 Rn. 5), nicht jedoch die Bestimmung des § 84 VwGO über die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid.
b) Zwar lässt der Wortlaut von § 66 Abs. 1 Satz 1 DRiG und § 45 Abs. 1 Satz 1 SächsRiG auch eine Auslegung zu, wonach die Anordnung der sinngemäßen bzw. entsprechenden Geltung der Verwaltungsgerichtsordnung die Anwendbarkeit der Vorschrift des § 84 VwGO erfasst. Die rahmenrechtlich gem. § 83 DRiG in Verbindung mit § 66 Abs. 1 Satz 1 DRiG vorgegebene sinngemäße Geltung der Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung bedeutet aber deren Anwendbarkeit nur, soweit diese sich mit der Ausgestaltung des Prüfungsverfahrens im Deutschen Richtergesetz vereinbaren lässt (BGH, Urteil vom 29. März 2000 - RiZ(R) 4/99, BGHZ 144, 123, 130). Die Gesetzgebungsgeschichte sowie Sinn und Zweck der Regelung sprechen dafür, die Bestimmung über den Gerichtsbescheid als von der entsprechenden bzw. sinngemäßen Anwendung der Verwaltungsgerichtsordnung nicht erfasst anzusehen.
aa) Die Möglichkeit der Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid wurde durch Art. 2 § 1 des Gesetzes zur Entlastung der Gerichte in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit vom 31. März 1978 (BGBl. I S. 446) geschaffen. Dadurch sollte der akuten Überlastung der Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit sowie des Bundesdisziplinargerichts, und damit ganz bestimmter Gerichte, durch zeitlich begrenzte Maßnahmen entgegengewirkt werden. Es sollte insbesondere der langen Verfahrensdauer der dort anhängigen Verfahren begegnet und diesen Gerichten die Möglichkeit gegeben werden, ihre Rückstände zu erledigen (vgl. BT-Drucks. 8/842 S. 7 f.).
Mit Wirkung ab dem 1. Januar 1991 wurde der Gerichtsbescheid in § 84 VwGO in der Fassung des Gesetzes zur Neuregelung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (Gesetz zur Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung - 4. VwGO-ÄndG - vom 17. Dezember 1990, BGBl. I S. 2809) als Dauerrecht in die Verwaltungsgerichtsordnung übernommen (vgl. Eyermann/Geiger, VwGO, 13. Aufl., § 84 Rn. 1). Der Gesetzgeber wollte mit der Einfügung des Gerichtsbescheids in die Verwaltungsgerichtsordnung und der gleichzeitig erfolgten Einfügung in die Bundesdisziplinarordnung (vgl. § 70a BDO) der besonderen Belastungssituation dieser Gerichte dauerhaft begegnen. Der Gerichtsbescheid nach Art. 2 § 1 des Gesetzes zur Entlastung der Gerichte in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit vom 31. März 1978 (BGBl. I S. 446) habe sich bewährt und als besonders wirkungsvolle Entlastungsmaßnahme für die Verwaltungsgerichte erwiesen (BR-Drucks. 135/90 S. 77 f). Es ist aber nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber damit zugleich den Dienstgerichten für Richter, für die er ein solches Entlastungsbedürfnis ersichtlich nicht geprüft hat, diese Entscheidungsform zur Verfügung stellen wollte.
bb) Der Gesamtzusammenhang sowie der Sinn und Zweck der Regelungen des § 66 Abs. 1 Satz 1 DRiG und des § 45 Abs. 1 SächsRiG sprechen dafür, den Gerichtsbescheid nach § 84 VwGO als von der entsprechenden bzw. sinngemäßen Anwendung nicht erfasst anzusehen. Das dienstgerichtliche Prüfungsverfahren dient der Sicherung der Unabhängigkeit der Richter. Der Gesetzgeber hat diesem in Art. 97 GG verfassungsrechtlich verankerten Prinzip besondere Bedeutung beigemessen und das dienstgerichtliche Verfahren im Deutschen Richtergesetz gesondert geregelt. Der Besonderheit des Prüfungsverfahrens als eigenständiges, durch die verfassungsrechtlich garantierte Unabhängigkeit der Richter (Art. 97 Abs. 1 GG) bestimmtes Verfahren ist bei der Festlegung des Umfangs, in dem die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung (sinngemäß) anzuwenden sind, Rechnung zu tragen (vgl. BGH, Urteil vom 31. Januar 1984 - RiZ(R) 4/83, BGHZ 90, 34, 36). Dabei ist für die hier maßgebliche Frage, ob im Prüfungsverfahren durch Gerichtsbescheid entschieden werden kann, weiter zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber das Prüfungsverfahren wie auch das Versetzungsverfahren dadurch gegenüber den sonstigen dienstgerichtlichen Verfahren hervorgehoben hat, dass nach § 80 Abs. 2 DRiG in Versetzungs- und Prüfungsverfahren stets eine Zulassung der Revision zum Dienstgericht des Bundes vorgesehen ist. Demgegenüber ist in Disziplinarverfahren nach § 81 DRiG der Zugang zur Revisionsinstanz - vorbehaltlich der grundsätzlichen landesrechtlichen Eröffnung der Revision in Disziplinarsachen (vgl. § 79 Abs. 3 DRiG) - auf die Fälle grundsätzlicher Bedeutung und Divergenz begrenzt (§ 81 Abs. 1 Nr. 1 und 2 DRiG) und der Rechtsbehelf der Nichtzulassungsbeschwerde vorgesehen (§ 81 Abs. 2 DRiG). Der stetigen Zulassung der Revision zum Dienstgericht des Bundes lässt sich die Wertung des Gesetzgebers entnehmen, dass die Versetzungs- und Prüfungsverfahren aus seiner Sicht grundsätzlich sehr bedeutsam sind (vgl. schon Schmidt-Räntsch, Deutsches Richtergesetz, 1. Aufl. 1962, § 80 Rn. 4) und er die Bildung einer bundeseinheitlichen höchstrichterlichen Rechtsprechung außerhalb der jeweiligen Bundesländer für geboten hält (vgl. Schmidt-Räntsch, Deutsches Richtergesetz, 6. Aufl., Einleitung Rn. 41a). Die Entscheidung durch Gerichtsbescheid ist dagegen nach § 84 Abs. 1 Satz 1 VwGO nur für Streitfälle vorgesehen, die in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht einfach gelagert sind. Die Bestimmung des § 84 VwGO steht daher schon von ihrem grundsätzlichen Anwendungsbereich her in Widerspruch zur Besonderheit und Bedeutung des dienstgerichtlichen Prüfungsverfahrens.
cc) Weiter ist zu beachten, dass den Dienstgerichten und - soweit landesrechtlich in Prüfungsverfahren vorgesehen - den Dienstgerichtshöfen die tatrichterliche Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts obliegt, die vom Dienstgericht des Bundes als Revisionsgericht nur in einem eingeschränkten Umfang überprüft werden kann (vgl. etwa BGH, Urteil vom 16. Dezember 2010 - RiZ(R) 2/10, BGHZ 188, 20 Rn. 32 ff.). Das Dienstgericht des Bundes ist an die vom Tatrichter getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, es sei denn, dass zulässige und begründete Revisionsgründe gegen diese Feststellungen vorgebracht werden, § 82 Abs. 2 DRiG. Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Nichtanwendung oder unrichtigen Anwendung einer Rechtsnorm beruht, § 80 Abs. 3 DRiG. Will die Revision beispielsweise beanstanden, wie das Dienstgericht eine Maßnahme der Dienstaufsicht i.S.v. § 26 Abs. 3 DRiG in tatsächlicher Hinsicht gewürdigt, etwa eine bestimmte Formulierung in einer dienstlichen Beurteilung oder einem Schreiben einer dienstaufsichtführenden Stelle verstanden hat, muss sie einen Rechtsfehler des Tatrichters aufzeigen und darf nicht ausschließlich das aus ihrer Sicht zutreffende Verständnis der Maßnahme an die Stelle der Würdigung des Tatrichters setzen (vgl. dazu nur BGH, Urteil vom 14. April 1997 - RiZ(R) 1/96, DRiZ 1997, 467, 469). Auch wegen dieses eingeschränkten Überprüfungsmaßstabs in der Revisionsinstanz ist es geboten, dem Antragsteller eines Prüfungsverfahrens die Möglichkeit einer mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz zu eröffnen, damit er dort durch seinen mündlichen Vortrag und das Rechtsgespräch mit dem Dienstgericht und dem Antragsgegner seine Sichtweise mündlich erläutern kann. Soweit nach § 84 Abs. 2 Nr. 2, 4 und 5 VwGO die Beteiligten nach einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid unter bestimmten Voraussetzungen mündliche Verhandlung beantragen können, sind die Voraussetzungen dieser Bestimmungen wegen der uneingeschränkten Eröffnung der Revision in Prüfungsverfahren nicht gegeben.
2. Danach konnte das Dienstgericht für Richter das vorliegende Prüfungsverfahren nicht durch Gerichtsbescheid nach § 84 VwGO entscheiden. Der Gerichtsbescheid ist von der Verweisung in §§ 83, 66 Abs. 1 Satz 1 DRiG bzw. § 45 Abs. 1 Satz 1 SächsRiG nicht erfasst. Das Dienstgericht hat für die angefochtene Entscheidung mit dem Gerichtsbescheid folglich eine Entscheidungsform gewählt, die das dienstgerichtliche Verfahrensrecht nicht vorsieht. Dieser Verfahrensfehler führt zur Aufhebung des angefochtenen Gerichtsbescheids und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung, § 80 Abs. 1 Satz 1 DRiG i.V.m. § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO.
II. Für das weitere Verfahren vor dem Dienstgericht weist der Senat darauf hin, dass die Annahme des Dienstgerichts, hinsichtlich des Statusantrags sei das erforderliche Vorverfahren durchgeführt, der Antrag jedoch mangels Rechtsschutzinteresse unzulässig, nicht fernliegend ist und Rechtsfehler nicht erkennen lässt. Darüber hinaus wird das Dienstgericht ggf. zu prüfen haben, ob der Antragsteller für ein Prüfungsverfahren nach § 34 Nr. 3 Buchst. c SächsRiG überhaupt antragsbefugt ist (vgl. § 48 SächsRiG).
Soweit es die Prüfungsanträge nach § 34 Nr. 4 SächsRiG betrifft, weist der Senat darauf hin, dass ein Prüfungsantrag nur dann zulässig ist, wenn eine Maßnahme der Dienstaufsicht i.S.v. § 26 Abs. 3 DRiG vorliegt (vgl. BGH, Urteil vom 15. November 2007 - RiZ(R) 4/07, NJW 2008, 1448 Rn. 24) und nachvollziehbar dargelegt ist, dass diese Maßnahme die richterliche Unabhängigkeit beeinträchtigt (BGH, Urteil vom 20. Januar 2011 - RiZ(R) 1/10, NJW-RR 2011, 700 Rn. 22; Urteil vom 3. November 2004 - RiZ(R) 2/03, DRiZ 2005, 83). Nach ständiger Rechtsprechung des Dienstgerichts des Bundes genügt dazu die schlichte - nachvollziehbare - Behauptung einer Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit (vgl. nur BGH, Urteil vom 14. Februar 2013 - RiZ 3/12 Rn. 16, juris; Urteil vom 3. Dezember 2009 - RiZ(R) 1/09 Rn. 44, juris; Urteil vom 24. November 1994 - RiZ(R) 4/94, NJW 1995, 731, 732). Die Frage, ob die beanstandeten Maßnahmen tatsächlich so wie behauptet vorgenommen worden sind und die richterliche Unabhängigkeit beeinträchtigen, ist eine Frage der Begründetheit des Prüfungsantrags. Das Dienstgericht für Richter wird deshalb insbesondere zu prüfen haben, ob in dem Weihnachtsbrief des Ministerpräsidenten an alle Mitarbeiter des Freistaats überhaupt eine Maßnahme der Dienstaufsicht erblickt werden kann und diese einen Bezug zur spruchrichterlichen Tätigkeit des Antragstellers hat.
III. Das Dienstgericht für Richter wird auch über die Kosten der Revision zu entscheiden haben. Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 78.510,58 Euro festgesetzt. Der Antragsteller hat mit dem Statusantrag ein Verfahren über das Bestehen eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnisses auf Lebenszeit anhängig gemacht. Für den Streitwert sind insoweit nach § 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 GKG der 13-fache Betrag des Endgrundgehalts i.H.v. 5.654,66 Euro und damit 73.510,58 Euro anzusetzen. Für den Antrag zu 2 sind 5.000,00 Euro gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 2 GKG festzusetzen. Die Werte sind nach § 39 Abs. 1 GKG zusammenzurechnen.
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