Entscheidungsdatum: 28.03.2017
Die Ablehnungsgesuche des Antragstellers gegen die Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof M. , den Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. D. , die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. M. , den Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. K. und den Richter am Bundesgerichtshof G. werden für unbegründet erklärt.
I.
Das zugrundeliegende richterdienstgerichtliche Verfahren hat ein auf Antrag des Antragstellers eingeleitetes Prüfungsverfahren nach § 63 Nr. 4 lit. f BW-LRiStAG i.V.m. § 26 Abs. 3 DRiG zum Gegenstand.
Der Antragsteller ist Richter am Oberlandesgericht K. . Mit Verfügung vom 8. Juni 2011 ordnete die (frühere) Präsidentin des Oberlandesgerichts K. (im Folgenden: Präsidentin) eine Sonderprüfung der Verfahren an, die der Antragsteller als Berichterstatter im früheren Zivilsenat bei seinem Wechsel in einen anderen Zivilsenat zurückgelassen hatte. Am 12. Oktober 2011 erstellte die Präsidentin einen Vermerk zu dieser Sonderprüfung und zu den von ihr beabsichtigten Maßnahmen der Dienstaufsicht gegenüber dem Antragsteller, dem der Vermerk am 18. Oktober 2011 ausgehändigt wurde. Unter dem 26. Januar 2012 erließ die Präsidentin gegen den Antragsteller einen Bescheid mit Vorhalt und Ermahnung nach § 26 Abs. 2 DRiG, mit am 8. März 2012 zugestellten Bescheid wies sie den Widerspruch des Antragstellers gegen den Vermerk vom 12. Oktober 2011 zurück.
Der Antragsteller hat sich im vorliegenden Verfahren gegen die Sonderprüfung gewandt (der Vermerk nebst Übergabe und Widerspruchsbescheid sowie der Bescheid nach § 26 Abs. 2 DRiG sind Gegenstand der beiden Parallelverfahren RiZ(R) 1/15 und 2/15). Das Dienstgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Gegen die Zurückweisung seiner Berufung durch den Dienstgerichtshof hat der Antragsteller die vom Dienstgerichtshof zugelassene Revision eingelegt. In der Revisionsbegründung sowie in einem weiteren Schriftsatz hat er die Richter des Senats um eine dienstliche Erklärung zu folgenden Fragen gebeten:
"Welche Wahrnehmung haben die erkennenden Richter zu Zeit pro Fall und zu Erledigungszahlen einerseits und zu unterschiedlicher Rechtsanwendung andererseits, insbesondere für die richterliche Tätigkeit am Oberlandesgericht? Gibt es in der Wahrnehmung der Richter einen logischen Zusammenhang zwischen einer Forderung nach höheren Zahlen einerseits und einer anderen Rechtsanwendung andererseits?
Wie ist das Selbstverständnis der Richter des Senats im Hinblick auf Erledigungszahlen in ihrer eigenen richterlichen Tätigkeit am Bundesgerichtshof? Welche Rolle spielen `Erledigungszahlen´ und `Rückstände´ für die eigene richterliche Tätigkeit?"
Mit Pressemitteilung vom 14. Juli 2016 hat der Bundesgerichtshof auf den in dieser Sache und in den beiden Parallelverfahren anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung vom 5. Oktober 2016 unter anderem mit folgendem Text hingewiesen:
"Der Antragsteller [...] wendet sich u.a. gegen einen Bescheid der (damaligen) Präsidentin [...], der einen Vorhalt und eine Ermahnung gemäß § 26 Abs. 2 DRiG im Zusammenhang mit seinem Erledigungspensum zum Gegenstand hat.
Das Dienstgericht [...] hat die Anträge des Antragstellers im Wesentlichen zurückgewiesen. Die Berufungen [...] hatten keinen Erfolg."
Mit Schriftsatz vom 26. September 2016 hat der Antragsteller die zur Entscheidung berufenen fünf namentlich bezeichneten Mitglieder des Dienstgerichts des Bundes wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Zum einen sei in der Pressemitteilung der Streitgegenstand des Verfahrens im Kern verkannt bzw. verfälscht, und zwar mit parteilicher Tendenz zu seinen Lasten. Es sei davon auszugehen, dass die abgelehnten Richter an der Erstellung der Pressemitteilung mitgewirkt hätten. Zudem habe der Senat auf seine Bitte, die Pressemitteilung zu korrigieren, nicht reagiert. Zum anderen hätten sich die Richter trotz wiederholter Bitte nicht dienstlich zu ihrem Vorverständnis erklärt.
Zu diesen Ablehnungsgesuchen sind dienstliche Stellungnahmen der abgelehnten Richter sowie der Pressesprecherin und der (damaligen) stellvertretenden Pressesprecherin des Bundesgerichtshofs eingeholt und dem Antragsteller übersandt worden. Mit Schriftsatz vom 10. Februar 2017 hat er geltend gemacht, aus den dienstlichen Stellungnahmen ergäben sich neue Ablehnungsgründe. Es fehle an zusammenhängenden Stellungnahmen zu den äußeren und inneren Tatsachen. Dass die abgelehnten Richter am Zustandekommen der Pressemitteilung laut den dienstlichen Stellungnahmen nicht mitgewirkt hätten, sei nicht nachvollziehbar und auszuschließen. Außerdem sei keine Erklärung erfolgt, warum die abgelehnten Richter nicht auf eine Berichtigung der Pressemitteilung hingewirkt hätten.
II.
Die nicht auf die Ablehnung des gesamten Spruchkörpers, sondern auf die Ablehnung der fünf Richter gerichteten Anträge (vgl. hierzu BGH Beschluss vom 8. Januar 2015 - V ZB 184/14 - juris Rn. 3 f. mwN) sind zulässig, aber nicht begründet.
Auf die Richterablehnung sind nach § 66 Abs. 1 Satz 1 DRiG, § 54 Abs. 1 VwGO die §§ 41 bis 49 der Zivilprozessordnung entsprechend anzuwenden. Wegen Besorgnis der Befangenheit findet nach § 42 Abs. 2 ZPO die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Ein solcher Grund ist gegeben, wenn aus der Sicht der ablehnenden Partei bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass gegeben ist, an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung des Richters zu zweifeln (st. Rspr.; vgl. etwa Senatsbeschluss vom 24. April 2013 - RiZ 4/12 - juris Rn. 17 und BGH Beschluss vom 15. März 2012 - V ZB 102/11 - NJW 2012, 1890 Rn. 10). Umstände, die die Besorgnis der Befangenheit der abgelehnten Richter begründen könnten, liegen hier nicht vor.
1. Sie ergeben sich nicht aus der Pressemitteilung vom 14. Juli 2016.
a) Entgegen der vom Antragsteller geäußerten Vermutung haben die abgelehnten Richter an der Erstellung der Pressemitteilung schon nicht mitgewirkt, so dass ihnen deren Inhalt nicht zuzurechnen ist.
Ausweislich der dienstlichen Stellungnahme der Pressesprecherin des Bundesgerichtshofs, Richterin am Bundesgerichtshof W. , bat die Senatsvorsitzende sie Ende Juni/Anfang Juli 2016 darum, den anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung gegenüber den Medien mit einer Pressemitteilung bekannt zu geben, ohne Vorgaben zur äußeren Form oder zum Inhalt zu machen. Daraufhin fertigte die Pressesprecherin die Terminankündigung und ließ sie auf der Homepage des Bundesgerichtshofs einstellen. Dem entspricht zum einen, dass die abgelehnten Richter in ihren dienstlichen Stellungnahmen nach § 44 Abs. 3 ZPO erklären, nicht an der Pressemitteilung mitgewirkt zu haben. Zum anderen war der Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers sowohl von der Senatsvorsitzenden (mit Verfügung vom 23. August 2016) mitgeteilt worden, dass die Pressestelle des Bundesgerichtshofs die Presseankündigung verfasst hatte, als auch von der Pressesprecherin (mit Schreiben vom 24. August 2016) dargelegt worden, dass sie die Terminankündigung in eigenständiger Verantwortung formuliert hatte.
Der Antragsteller rügt ohne Erfolg, dieser Ablauf sei nicht nachvollziehbar und unter Berücksichtigung der am Bundesgerichtshof üblichen Praxis ausgeschlossen. Unabhängig davon, ob es die von ihm behauptete übliche Vorgehensweise - also Erstellung von Pressemitteilungen unter Mitwirkung des jeweiligen Senats - gibt, ist ein Abweichen hiervon im Einzelfall ohne weiteres möglich und nach den eindeutigen dienstlichen Stellungnahmen hier auch erfolgt. Mit Blick auf den kurz gehaltenen Ankündigungstext, der ersichtlich der Bitte der Senatsvorsitzenden entsprechend allein auf eine Terminmitteilung an die Medien abzielte, war eine Mitwirkung des Senats zudem nicht erforderlich. Eine weitere Sachaufklärung und damit die vom Antragsteller beantragte Einholung neuerlicher dienstlicher Stellungnahmen der abgelehnten Richter und der Pressesprecherin sowie einer erstmaligen dienstlichen Stellungnahme der Präsidentin des Bundesgerichtshofs (zur üblichen Vorgehensweise) ist im Hinblick auf diesen eindeutig festgestellten Sachverhalt nicht veranlasst.
b) Unbeschadet dessen gibt der Text der Pressemitteilung aus der maßgeblichen Sicht einer objektiv und vernünftig urteilenden Partei (vgl. BGH Beschluss vom 18. Dezember 2014 - IX ZB 65/13 - FamRZ 2015, 746 Rn. 11) keinen Anlass, eine Befangenheit zu besorgen. Anders als der Antragsteller meint, informiert die Terminankündigung knapp, aber zutreffend und nicht tendenziös über den Verfahrensgegenstand. Dass das Verfahren auf Betreiben des Antragstellers erfolgt, wird ebenso deutlich wie der Umstand, dass der Antragsteller in erster Instanz einen Teilerfolg erzielt hat. Im Zusammenspiel mit dem vollständig zitierten Wortlaut des § 26 DRiG kann auch kein Zweifel verbleiben, dass es sich um ein Prüfungsverfahren nach § 26 Abs. 3 DRiG handelt, in dem auf Antrag des Richters geprüft wird, ob eine Maßnahme der Dienstaufsicht seine Unabhängigkeit beeinträchtigt. Mit dem Bescheid, der den Vorhalt und die Ermahnung nach § 26 Abs. 2 DRiG beinhaltet, und dem Zusatz "u.a." wird benannt, wogegen sich der Antragsteller zur Wehr setzt, und mit dem "Erledigungspensum" der Punkt angesprochen, den die Dienstvorgesetzte als Grund für die Maßnahme der Dienstaufsicht bezeichnet hatte. Auch mit Blick auf die Ausführungen des Antragstellers ist nicht ersichtlich, inwiefern diese Pressemitteilung Misstrauen gegen die Unparteilichkeit begründen kann.
c) Nachdem ein objektiver Bedarf für eine Korrektur der Pressemitteilung mithin nicht bestand, kann sich ein Grund im Sinne des § 42 Abs. 2 ZPO auch nicht daraus ergeben, dass eine solche Korrektur nicht, insbesondere nicht auf Betreiben der abgelehnten Richter, vorgenommen worden ist. Lediglich ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die Senatsvorsitzende das Monierungsschreiben der Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers an die Pressestelle des Bundesgerichtshofs weitergeleitet hat. Im Übrigen hatte die stellvertretende Pressesprecherin des Bundesgerichtshofs bei der Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers in einem Telefonat vom 25. Juli 2016 nachgefragt, welche konkreten Beanstandungen gegen den Text erhoben würden. Diese teilte mit Schriftsatz vom 19. August 2016 nach Rücksprache mit dem Antragsteller mit, es sei nicht Sache der Parteien, an der Formulierung mitzuwirken. Ihr Mandant werde daher zum Inhalt der Pressemitteilung gegenüber der Pressestelle keine Stellung nehmen.
2. Ebenfalls ohne Erfolg rügt der Antragsteller, dass die von ihm erbetene Mitteilung zu den die Wahrnehmung und das Selbstverständnis der Richter betreffenden Fragen unterblieben ist. Denn die abgelehnten Richter sind zu einer dahingehenden Auskunft rechtlich nicht gehalten. Eine Anzeigepflicht besteht nach § 48 ZPO nur für solche Umstände, die einen Ausschluss kraft Gesetzes gemäß § 41 ZPO oder eine Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit im Sinne des § 42 Abs. 2 ZPO rechtfertigen könnten, was bei den vom Antragsteller erfragten Punkten nicht der Fall ist. Das Vorgehen des Antragstellers zielt vielmehr darauf ab, zu ermitteln, ob die mit dem Fall betrauten Richter seinem rechtlichen Standpunkt oder dem der Gegenseite zuneigen. Hierfür fehlt es jedoch an einer Rechtsgrundlage.
3. Die Ablehnungsgesuche sind schließlich auch insoweit unbegründet, als der Antragsteller sie darauf stützt, die dienstlichen Äußerungen der abgelehnten Richter genügten nicht den Anforderungen des § 44 ZPO.
Nach § 44 Abs. 3 ZPO hat sich der abgelehnte Richter über den Ablehnungsgrund dienstlich zu äußern. Wie sich aus § 44 Abs. 2 ZPO ergibt, hat sich diese dienstliche Äußerung auf die Tatsachen zu beziehen, die der Antragsteller zur Begründung seines Ablehnungsgesuchs vorgetragen hat (vgl. Senatsbeschluss vom 24. April 2013 - RiZ 4/12 - juris Rn. 29 und BGH Beschluss vom 21. Februar 2011 - II ZB 2/10 - NJW 2011, 1358 Rn. 17).
Diesen Anforderungen genügen die dienstlichen Stellungnahmen. Nachdem die abgelehnten Richter nicht an der Erstellung der Pressemitteilung mitgewirkt hatten, waren keine darüber hinausgehenden Ausführungen hierzu veranlasst. Ebenso wenig bedurfte es einer Darlegung, weshalb die Senatsmitglieder nicht auf eine - ohnedies sachlich nicht gebotene - Berichtigung der ohne ihr Zutun erstellten Pressemitteilung hingewirkt haben. Auch soweit die Befangenheitsgesuche den Vorwurf enthielten, es fehle an der erbetenen Mitteilung, sind die dienstlichen Stellungnahmen ausreichend.
Die Einholung ergänzender dienstlicher Stellungnahmen zu den auf die - nach Ansicht des Antragstellers unvollständigen und fehlerhaften - dienstlichen Stellungnahmen gestützten zusätzlichen Ablehnungsgründen konnte unterbleiben, weil es hierzu keiner weiteren Tatsachenfeststellung bedarf (vgl. BGH Beschluss vom 12. Oktober 2011 - V ZR 8/10 - NJW-RR 2012, 61 Rn. 11). Die Ablehnungsgesuche und die dienstlichen Stellungnahmen sind bei den Akten. Soweit der Antragsteller eine inhaltliche Unrichtigkeit der Stellungnahmen mutmaßt und sich zum Beleg hierfür auf weitere dienstliche Stellungnahmen beruft, fehlt es - wie dargelegt - an einem weiteren Aufklärungsbedarf.
Dose |
|
Harsdorf-Gebhardt |
|
Brückner |
|
Guhling |
|
Schwonke |
|