Bundesgerichtshof

Entscheidungsdatum: 12.07.2013


BGH 12.07.2013 - KVR 11/12

Wettbewerbsbeschränkung durch sog. Rabattstaffel: Gehörsverletzung bei fehlendem gerichtlichem Hinweis auf eine der Entscheidung zugrunde liegende Norm; sortimentsbedingte Abhängigkeit des Händlers von den Produkten des Herstellers


Gericht:
Bundesgerichtshof
Spruchkörper:
Kartellsenat
Entscheidungsdatum:
12.07.2013
Aktenzeichen:
KVR 11/12
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend OLG Düsseldorf, 21. Dezember 2011, Az: VI-Kart 5/11 (V)
Zitierte Gesetze

Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Beteiligten gegen den Beschluss des 1. Kartellsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 21. Dezember 2011 wird als unzulässig verworfen.

Ihre Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde in diesem Beschluss wird zurückgewiesen.

Die Beteiligte trägt die Kosten ihrer Rechtsmittel.

Der Beschwerdewert wird auf 10.000.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Beteiligte beschäftigt sich unter anderem mit der Herstellung und dem Vertrieb von Laborchemikalien. Sie vertrieb diese Chemikalien zunächst exklusiv über die Beigeladene zu 2. Mit Verfügung vom 14. Juli 2009 hat das Bundeskartellamt die weitere Durchführung des exklusiven Vertriebsvertrags und des darin enthaltenen Wettbewerbsverbots untersagt und der Beteiligten die diskriminierungsfreie Belieferung anderer Laborchemikalienhändler aufgegeben. Über die Beschwerde der Beteiligten gegen diese Verfügung hat das Oberlandesgericht noch nicht entschieden. Einen Antrag der Beteiligten auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Belieferungsanordnung hat das Oberlandesgericht hinsichtlich der Teilmärkte „Chromatographie-Materialien“, „Mikrobiologie“ und „Sonstige Chemikalien und Reagenzien“ zurückgewiesen. Die Beteiligte möchte der Belieferung der Beigeladenen und anderer Interessenten nunmehr einen Händlervertrag zugrunde legen, der über einen allen Händlern gleichermaßen eingeräumten Rabatt hinaus einen umsatzabhängig gestaffelten weiteren Rabatt von 1% bis 20,25% vorsieht. Das Bundeskartellamt sieht darin ein missbräuchliches Verhalten der Beteiligten. Die große Spreizung der Rabatte führe dazu, dass die Beigeladene zu 2 als einzige Händlerin, die einen hohen Rabatt erreiche, einen Preisvorteil gegenüber ihren Wettbewerbern erlange, der diesen keine realistischen Chancen auf dem Markt lasse. Mit Verfügung vom 19. Mai 2011 hat das Bundeskartellamt festgestellt, dass das Verhalten der Beteiligten gegen § 20 Abs. 1 und 2 GWB verstößt, und ihr aufgegeben, die Rabattstaffel rückwirkend so zu ändern, dass die Spreizung maximal 7% beträgt. Die dagegen gerichtete Beschwerde hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen; die Rechtsbeschwerde hat es nicht zugelassen. Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beteiligte mit der zulassungsfreien Rechtsbeschwerde und mit der Nichtzulassungsbeschwerde.

II.

2

Die nach § 74 Abs. 4 GWB statthafte zulassungsfreie Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts beruht nicht auf einer Verletzung rechtlichen Gehörs.

3

1. Die Rüge der Rechtsbeschwerde, das Beschwerdegericht habe den umfangreichen Vortrag der Beteiligten zu den tatsächlichen Möglichkeiten der Umsatzsteigerung durch die mit der Beigeladenen zu 2 konkurrierenden Laborchemikalienhändler nicht ausreichend zur Kenntnis genommen, greift nicht durch.

4

Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung ist das Gericht nicht gehalten, sich in den Entscheidungsgründen mit sämtlichem Vorbringen eines Verfahrensbeteiligten auseinanderzusetzen und dazu im Einzelnen Stellung zu nehmen. Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör kann nur dann angenommen werden, wenn sich aus den Umständen ergibt, dass das Gericht tatsächliches Vorbringen des Beschwerdeführers nicht zur Kenntnis genommen oder aber bei seiner Entscheidung ersichtlich nicht in Erwägung gezogen hat.

5

Davon kann hier nicht ausgegangen werden. Das Beschwerdegericht hat im Rahmen seiner Erörterung der Frage, ob die durch die Rabattstaffel bewirkte Wettbewerbsbehinderung als unbillig anzusehen sei, eine Interessenabwägung vorgenommen und sich in diesem Zusammenhang unter II B 3 c bb 2.4.2 eingehend mit dem Einwand der Beteiligten befasst, die Rabattstaffel solle einen Anreiz zur Ausweitung der Marktanteile der Wettbewerber schaffen. Es ist dabei zu dem Schluss gelangt, die Rabattstaffel werde durch das von der Beteiligten geltend gemachte Ziel, qualifizierte, hochwertige Vertriebsdienstleistungen des Handels zu gewährleisten und erfolgreiche Laborchemikalienhändler zu belohnen, nicht gerechtfertigt.

6

2. Die Rechtsbeschwerde rügt, das Beschwerdegericht habe überzogene Anforderungen an den Vortrag der Beteiligten zu den wirtschaftlichen Vorteilen aus der Beziehung zur Beigeladenen zu 2 gestellt und ihre Ausführungen hierzu sowie zu Sonderleistungen, die die Beigeladene zu 2 für die Beteiligte erbringe, nicht gebührlich gewürdigt oder nicht einmal zur Kenntnis genommen.

7

Auch damit kann die Rechtsbeschwerde keinen Erfolg haben. Bei der Prüfung der Unbilligkeit der durch die Rabattstaffel bewirkten Wettbewerbsbehinderung hat sich das Beschwerdegericht unter II B 3 c bb an mehreren Stellen, etwa unter 2.2, 2.3, 2.4., 2.4.1, 2.4.2 und 2.4.3, eingehend mit der Argumentation der Beteiligten auseinandergesetzt, wonach der verhältnismäßig hohe Rabatt, der der Beigeladenen zu 2 bei Anwendung der Rabattstaffel des Händlervertrags zugutekommt, sachlich begründet sei. Wenn es gleichwohl angenommen hat, es fehle an einer hinreichenden sachlichen Rechtfertigung der Rabattstaffel, kann daraus nicht der Schluss gezogen werden, das Beschwerdegericht habe diesen Vortrag nicht zur Kenntnis genommen oder nicht hinreichend gewürdigt.

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3. Ohne Erfolg bleibt weiter die Rüge, das Beschwerdegericht habe den Vortrag der Beteiligten zu den Voraussetzungen einer Freistellung nach Art. 101 Abs. 3 AEUV nicht zur Kenntnis genommen und offensichtlich nicht zur Kenntnis nehmen wollen.

9

Das Beschwerdegericht hat bei der Behandlung der Frage, ob die von der Beteiligten verwendete Rabattstaffel nach europäischem Kartellrecht freigestellt und deshalb der Anwendung von § 20 GWB entzogen sei, unter II B 6 b bb 1.2.3 erörtert, ob das der Beigeladenen zu 2 eingeräumte exklusive Vertriebsrecht die Voraussetzungen für eine Legalausnahme nach Art. 101 Abs. 3 Halbs. 2 AEUV erfüllt. In diesem Zusammenhang hat es den Vortrag der Beteiligten zu Effizienzvorteilen und zur Beteiligung der Verbraucher hieran gewürdigt. Der Umstand, dass es diesen Vortrag als unzureichend angesehen hat, rechtfertigt nicht den Schluss, es habe ihn nicht zur Kenntnis genommen.

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4. Nicht begründet ist weiter die Rüge, das Beschwerdegericht habe sich mit dem Vortrag der Beteiligten, wonach das Vorgehen des Bundeskartellamts ermessensfehlerhaft sei, weil ein öffentliches Interesse am Tätigwerden fehle, nicht hinreichend auseinandergesetzt.

11

Der Rechtsbeschwerde ist einzuräumen, dass sich das Beschwerdegericht unter II B 4 der Gründe nur sehr knapp mit dem Einwand auseinandersetzt, das Bundeskartellamt sei einseitig im Interesse der Beigeladenen zu 1 tätig geworden. Aus dem Gesamtzusammenhang des angegriffenen Beschlusses ergibt sich jedoch, dass das Beschwerdegericht die Frage bedacht hat, ob eine Wettbewerbsbeschränkung vorliegt, die ein Einschreiten des Bundeskartellamts als ermessensfehlerfrei erscheinen lässt. Das Beschwerdegericht hat dargelegt, dass die Beteiligte aufgrund der sofort vollziehbaren Belieferungsanordnung eine Verpflichtung zur Lieferung auch anderer Laborchemikalienhändler trifft, und in diesem Zusammenhang erörtert, dass die Alleinstellung der Beigeladenen zu 2 beim Betrieb von Laborchemikalien von M. den Wettbewerb erheblich beeinträchtigt. Es hat zudem begründet, dass es in der Rabattstaffel, die Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist, ein Mittel sieht, die durch den früheren Exklusivvertrieb hervorgerufene Beschränkung des Wettbewerbs unter den Händlern von Laborchemikalien zu perpetuieren (II B 3 b und c der Gründe).

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5. Die Rechtsbeschwerde rügt schließlich, das Beschwerdegericht habe es versäumt, die Beteiligte darauf hinzuweisen, dass nach seiner Rechtsauffassung Art. 101 AEUV auf „Rabattsysteme“ nicht anzuwenden sei. Deswegen sei es ihr nicht möglich gewesen, zur Freistellung der Rabattstaffel nach der Verordnung (EG) Nr. 2790/1999 (Vertikal-GVO) und nach Art. 101 Abs. 3 AEUV Stellung zu nehmen. Diese Rüge ist ebenfalls unbegründet.

13

Eine gegen das Grundrecht auf Gewährung rechtlichen Gehörs verstoßende Überraschungsentscheidung liegt vor, wenn sich die Verfahrensbeteiligten nicht zu dem der Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt oder der maßgeblichen Rechtslage äußern konnten. Das Gericht ist jedoch grundsätzlich nicht verpflichtet, vor der Entscheidung auf seine Rechtsauffassung hinzuweisen. Eine solche Pflicht besteht nur dann, wenn das Gericht auf einen rechtlichen Gesichtspunkt abstellt, mit dem auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter selbst unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen nicht zu rechnen brauchte (BGH, Beschluss vom 16. Oktober 2012 - X ZB 10/11, GRUR 2012, 1242 Rn. 6 mwN - Steckverbindung).

14

Die Rüge der Rechtsbeschwerde ist schon deshalb unbegründet, weil das Beschwerdegericht ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung im Rahmen der Erörterung der Sach- und Rechtslage ausdrücklich auf § 22 Abs. 2 Satz 2 GWB hingewiesen hat. Diese Norm steht räumlich und sachlich in unmittelbarem Zusammenhang mit § 22 Abs. 2 Satz 1 GWB, wonach die Anwendung der Vorschriften des GWB nicht zum Verbot von Vereinbarungen führen darf, die nach Art. 101 AEUV zulässig sind. Mithin hat das Beschwerdegericht die Verfahrensbeteiligten davon in Kenntnis gesetzt, dass es der Frage nachgeht, ob die auf § 20 GWB gestützte angefochtene Verfügung mit dem Vorrang von Art. 101 AEUV in Einklang steht. Das Bundeskartellamt hat zudem unwidersprochen vorgetragen, dass sich der Vorsitzende in der mündlichen Verhandlung umfassend mit diesem Thema auseinandergesetzt hat.

III.

15

Die nach §§ 75, 76 Abs. 1 GWB statthafte und auch sonst zulässige Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg. Die Sache wirft weder Fragen von grundsätzlicher Bedeutung auf, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (§ 74 Abs. 2 GWB).

16

1. Soweit das Beschwerdegericht angenommen hat, die Verwendung der Rabattstaffel stelle eine unbillige Behinderung der Beigeladenen zu 1 durch die Beteiligte als marktstarkes Unternehmen dar, zeigt die Nichtzulassungsbeschwerde einen Zulassungsgrund nicht auf.

17

a) Entgegen der Auffassung der Nichtzulassungsbeschwerde hat das Beschwerdegericht seiner Entscheidung keinen Rechtssatz zugrunde gelegt, wonach es für die Abhängigkeit eines Händlers von den Produkten eines von mehreren Herstellern genüge, dass die Kunden nicht ohne weiteres bereit seien, den Hersteller zu wechseln. Das Beschwerdegericht hat nicht nur darauf abgestellt, dass die vom Bundeskartellamt befragten Händler, soweit sie geantwortet haben, fast einhellig angaben, ihre Abnehmer fragten auch gezielt nach den Produkten bestimmter Hersteller, sondern in seine Überlegungen einbezogen, dass die Beteiligte als namhafte Herstellerin und als führende Anbieterin eine starke Stellung auf den betroffenen Märkten habe. Eine Divergenz zur Rechtsprechung des Senats ist damit nicht dargetan.

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b) Die Nichtzulassungsbeschwerde zeigt ferner nicht auf, dass das Beschwerdegericht von der Rechtsprechung des Senats abgewichen ist, wonach die sortimentsbedingte Abhängigkeit für jeden Markt gesondert festzustellen ist (BGH, Urteil vom 23. März 1987 - KZR 39/85, WuW/E BGH 2419 - Saba). Den Ausführungen des Beschwerdegerichts lässt sich entnehmen, dass es die Abhängigkeit der Händler von der Beteiligten für alle drei betroffenen Märkte festgestellt und von näherer Differenzierung nur deshalb abgesehen hat, weil insoweit keine relevanten Unterschiede festzustellen waren.

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c) Entgegen der Ansicht der Nichtzulassungsbeschwerde lässt sich der Rechtsprechung des Senats nicht der Grundsatz entnehmen, dass eine sortimentsbedingte Abhängigkeit immer dann zu verneinen sei, wenn der Bezug des in Rede stehenden Produkts auf anderen Wegen möglich ist. Für die Frage, ob eine zumutbare Ausweichmöglichkeit vorhanden ist, kommt es vielmehr, was das Beschwerdegericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, auf die konkreten Umstände des Einzelfalls an. Auch insoweit ist damit eine Divergenz nicht dargetan.

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d) Bezüglich der Frage, ob die Beigeladenen zu 1 und zu 2 als gleichartige Unternehmen anzusehen sind, zeigt die Nichtzulassungsbeschwerde keinen Zulassungsgrund auf. Nach der Rechtsprechung des Senats kommt es für die Frage der Gleichartigkeit darauf an, ob die betroffenen Unternehmen im Verhältnis zur Marktgegenseite gleichartige Funktionen ausüben (BGH, Urteil vom 4. November 2003 - KZR 2/02, WuW/E DE-R 1203, 1204 - Depotkosmetik im Internet; BGH, Urteil vom 10. Februar 2004 - KZR 14/02, WuW/E DE-R 1251 Rn. 22 - Galopprennübertragung). Einen hiervon abweichenden Rechtssatz hat das Beschwerdegericht nicht zugrunde gelegt. Größenunterschiede der Unternehmen werden in der von der Nichtzulassungsbeschwerde angeführten Entscheidung des Senats (BGH, Urteil vom 30. Oktober 1975 - KZR 2/75, NJW 1976, 710 - Mehrpreis von 11 Prozent) nur bei der Erörterung der sachlichen Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung berücksichtigt.

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e) Der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union lässt sich, anders als die Nichtzulassungsbeschwerde meint, kein Rechtssatz des Inhalts entnehmen, dass Mengenrabatte nur im Horizontalverhältnis behindernd sein können. Maßgeblich ist stets eine Prüfung im Einzelfall (EuGH, Urteil vom 15. März 2007 - C-95/04, Slg. 2007, I-2331 Rn. 67 - British Airways). Diese kann auch ergeben, dass sich die Gewährung eines Mengenrabatts als wettbewerbswidrige Behinderung einzelner Unternehmen darstellt (EuGH, Urteil vom 29. März 2001 - C-163/99, Slg. 1999, I-2638 - Portugiesische Flughäfen, zu Art. 90 EG).

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2. Eine Zulassung der Rechtsbeschwerde ist auch nicht deshalb angezeigt, weil das Beschwerdegericht einen - zur Nichtanwendung von § 20 GWB führenden - Vorrang des europäischen Kartellrechts nach Art. 3 Abs. 2 Satz 1 VO (EG) Nr. 1/2003, § 22 Abs. 2 Satz 1 GWB verneint hat. Die Rechtsbeschwerde weist zwar mit Recht auf die grundsätzliche Bedeutung der Frage hin, wie die zwischen Unternehmen geschlossenen Vereinbarungen einerseits und einseitige Handlungen von Unternehmen andererseits voneinander abzugrenzen sind (vgl. nur E. Rehbinder in Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 5. Aufl., Band 1, Art. 3 VO 1/2003 Rn. 34 ff.). Im Streitfall geht es aber nicht darum, dass auf eine Vereinbarung, die eine Wettbewerbsbeschränkung zum Gegenstand hat, neben der Bestimmung des Art. 101 AEUV strengere Vorschriften des deutschen Rechts angewandt werden sollen. In Rede steht ein Händlervertrag, den die Beteiligte gleichermaßen gegenüber allen Händlern verwenden möchte, mit dem sie sich aber - anders als etwa im Fall von Absprachen im Rahmen eines selektiven Vertriebssystems - nicht zu einer entsprechenden Gleichbehandlung verpflichtet. In dem einzelnen mit dem Händler zu schließenden Vertrag liegt keine Vereinbarung, die den Anwendungsbereich des Art. 101 Abs. 1 AEUV eröffnet. Kartellrechtlich stellt der Abschluss eines solchen Vertrages lediglich eine einseitige Maßnahme dar, auf die Art. 3 Abs. 2 Satz 2 und nicht Art. 3 Abs. 2 Satz 1 VO (EG) Nr. 1/2003 anzuwenden ist (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Januar 2004 - C-2/01 und C-3/01 P, Slg. 2004, I-23 = WuW/E EU-R 769 Rn. 101 - Bundesverband der Arzneimittel-Importeure und Kommission/Bayer).

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3. Schließlich geben die Ausführungen des Beschwerdegerichts, mit denen es ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Belieferungsanordnung verneint hat, keinen Anlass für die Zulassung der Rechtsbeschwerde. Es ist nicht zweifelsfrei, ob die Auffassung des Beschwerdegerichts zutrifft, dass diese Prüfung geboten sei, weil eine „freiwillige“, nicht durch eine rechtmäßige Belieferungsanordnung erzwungene Belieferung von vornherein nicht als unbillige Behinderung angesehen werden könne. Demgegenüber dürfte es einem marktbeherrschenden oder marktstarken Unternehmen verwehrt sein, sich gegen den Vorwurf missbräuchlichen Verhaltens mit dem Einwand zu verteidigen, die betreffende Maßnahme könne ihm nicht untersagt werden, weil ihm kartellrechtlich auch die Möglichkeit offenstünde, die von ihm benachteiligten oder behinderten Unternehmen überhaupt nicht zu beliefern. Eine Zulassung der Rechtsbeschwerde ist insoweit jedenfalls deshalb nicht geboten, weil sich diese Auffassung des Beschwerdegerichts nicht zum Nachteil der Beteiligten ausgewirkt hat.

24

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 78 GWB.

Bornkamm                         Raum                             Strohn

                       Bacher                       Deichfuß