Entscheidungsdatum: 16.05.2013
1. Nutzt die Ehefrau des Schuldners als Mieterin eine Wohnung in einem zwangsverwalteten Anwesen, in welcher auch der Schuldner zur Zeit der Beschlagnahme seinen Hausstand unterhält, richtet sich die Rechtsstellung des Schuldners und seiner Ehefrau gegenüber dem Zwangsverwalter nach dem wirksamen Mietvertrag; auf die Entbehrlichkeit von Räumen der gemieteten Wohnung kommt es nicht an.
2. Nutzt die Ehefrau des Schuldners eine Wohnung in dem zwangsverwalteten Anwesen aufgrund eines vor der Beschlagnahme abgeschlossenen Mietvertrages, nach welchem sie nur Nebenkosten zu erstatten hat, ist der Vertrag auch dem Zwangsverwalter gegenüber wirksam, obwohl keine Miete geschuldet wird. Ein solcher Vertrag kann jedoch von einem Titelgläubiger des Schuldners nach Maßgabe des Anfechtungsgesetzes angefochten werden. Der Zwangsverwalter ist dazu kraft Gesetzes nicht befugt.
3a. Nur solange der Schuldner in dem zwangsverwalteten Anwesen seinen zur Zeit der Beschlagnahme dort unterhaltenen Hausstand fortführt, hat der Zwangsverwalter auch dessen mitwohnenden Familienangehörigen die für den Hausstand unentbehrlichen Räume unentgeltlich zu belassen. Der Begriff des Hausstandes ist in der Zwangsverwaltung nach allgemeinem Recht auszulegen.
3b. Wohnt der Schuldner zur Zeit der Beschlagnahme auf dem Grundstück und umfasst die Wohnung Räume, die für seinen Hausstand entbehrlich sind, aber mangels baulicher Trennung nicht selbstständig vermietet werden können, kann der Zwangsverwalter verlangen, dass der Schuldner in eine andere Wohnung umzieht, die ihm vom Zwangsverwalter mietfrei überlassen wird, wenn dem Schuldner und seinen mitwohnenden Angehörigen ein Umzug zuzumuten ist. Der Schuldner kann den zumutbaren Umzug abwenden, wenn er für die Nutzung der entbehrlichen Räume seiner Wohnung dem Zwangsverwalter einen angemessenen Wertersatz zahlt.
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 15. August 2012 aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Der Kläger war Zwangsverwalter des im Grundbuch von S. Bl. eingetragenen Anwesens, welches vor dem Zuschlag in der Zwangsversteigerung vom 8. April 2010 dem Ehemann der Beklagten gehörte. Die Beklagte bewohnt die beiden Obergeschosse des auf dem Grundstück befindlichen Gebäudes mit insgesamt 183,32 Quadratmeter Wohnfläche. Ihre Berechtigung dazu stützt sie auf einen Mietvertrag mit ihrem Ehemann vom 15. Dezember 2006, nach welchem sie für die Nutzung nur Nebenkosten zu erstatten hatte. Der Kläger hat mit Nichtwissen bestritten, dass ein solcher Vertrag bestand, als die Zwangsverwaltung angeordnet wurde. Er nimmt die Beklagte für die Nutzung dieser Wohnung vom 1. März 2008 bis zum 31. Oktober 2009 auf Zahlung einer Entschädigung in Anspruch.
Die Klage hatte in erster Instanz mit einer Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 27.208,76 € Nutzungsentschädigung überwiegend Erfolg. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen und die Revision zugelassen, mit welcher der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Erkenntnisses erstrebt.
Die Revision des Klägers ist begründet. Allerdings steht derzeit schon seine Prozessführungsbefugnis nicht fest. Es fehlen auch in mehrfacher Hinsicht notwendige Feststellungen zum Sachverhältnis, so dass dem Senat eine abschließende Entscheidung verwehrt ist.
I.
Das Berufungsgericht, dessen Urteil in ZfIR 2012, 797 mit Anmerkung Engels veröffentlicht ist, hat angenommen, die Beklagte habe als Ehefrau des Verfahrensschuldners gegenüber dem Kläger ein eigenes Wohnrecht gemäß § 149 Abs. 1 ZVG an den unentbehrlichen Räumen der von ihr genutzten Wohnung. Die entbehrliche Fläche der Wohnung sei mangels baulicher Trennung aber nicht selbständig vermietbar. Daher habe sie die Wohnnutzung der entbehrlichen Räume dem Kläger nicht auf seine Kosten entzogen. Zudem könne der Zwangsverwalter eine Nutzungsentschädigung für die Übergröße der aus unentbehrlichen und entbehrlichen Räumen bestehenden Wohnung allenfalls dann beanspruchen, wenn er der Wohnberechtigten die unentbehrlichen Räume vorher zugewiesen habe. Eine solche Regelung habe der Kläger unterlassen.
II.
Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten rechtlicher Prüfung nicht Stand.
1. Es ist offen, ob die gesetzliche Prozessstandschaft des Klägers gemäß § 152 Abs. 1 ZVG die Aufhebung des Zwangsverwaltungsverfahrens nach Zuschlagerteilung in der Zwangsversteigerung überdauert hat. Die Voraussetzungen, die hierfür der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in seinem Urteil vom 11. August 2010 (XII ZR 181/08, BGHZ 187, 10 Rn. 13 und 18; ähnlich schon Urteil vom 23. Juli 2003 - XII ZR 16/00, WM 2003, 2194, 2196 unter II. 1.) bezeichnet hat, sind nicht festgestellt worden.
Der erkennende Senat hat eine fortdauernde Prozessführungsbefugnis des Zwangsverwalters aus sich selbst heraus verneint, wenn das Zwangsversteigerungsverfahren infolge Antragsrücknahme aufgehoben worden ist (vgl. BGH, Urteil vom 8. Mai 2003 - IX ZR 385/00, BGHZ 155, 38, 43 f unter II. 3.). Daran hält er auch nach erneuter Prüfung fest, zumal die vollstreckungsgerichtliche Fortführungsermächtigung seit dem 1. Januar 2004 mit § 12 Abs. 2 ZwVwV eine positive Regelung erfahren hat. Auf eine solche Ermächtigung hat sich der Kläger nicht berufen.
Die Aufhebung des Zwangsverwaltungsverfahrens kann auch nach Zuschlag in der Zwangsversteigerung vom betreibenden Gläubiger mit Antragsrücknahme erwirkt werden. Sein Interesse an der Weiterverfolgung von Ansprüchen durch den bisherigen Zwangsverwalter ist hierbei nicht stets vorauszusetzen; der betreibende Gläubiger kann sich in der Antragsrücknahme dazu erklären. Deshalb gelten auch in einem solchen Fall die Grundsätze des Senatsurteils vom 8. Mai 2003. Dazu hat das Berufungsgericht nichts festgestellt. Ebenso ist offen, welche Forderungen der Gläubiger durch das Ergebnis der Zwangsversteigerung befriedigt worden sind.
2. Das Berufungsgericht ist der Behauptung der Beklagten nicht weiter nachgegangen, sie nutze ihre Wohnung in dem zwangsverwalteten Anwesen seit Ende 2006 aufgrund eines Mietvertrages mit dem Verfahrensschuldner. Diese Einwendung ist erheblich. Trifft sie zu, so kommt ein Wohnrecht der Beklagten in der Zwangsverwaltung nach § 149 Abs. 1 ZVG, welches das Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, nicht in Betracht.
a) Der Verfahrensschuldner hat unter solchen Gegebenheiten den unmittelbaren Eigenbesitz an der Wohnung aufgegeben. Hätte der Verfahrensschuldner während der Zwangsverwaltung dort gewohnt, was streitig ist, so hätte er die Wohnung nicht mehr kraft Eigentums und unmittelbaren Eigenbesitzes genutzt, sondern infolge seines ehelichen Verhältnisses zur Beklagten. Die Beklagte aber wäre als Mieterin schon vor Anordnung der Zwangsverwaltung nicht auf die Nutzung der unentbehrlichen Räume gemäß § 149 Abs. 1 ZVG beschränkt gewesen, sondern könnte gegenüber dem Zwangsverwalter ihre vollen vertraglichen Rechte behaupten. Auf einen solchen Sachverhalt findet § 149 Abs. 1 ZVG deshalb von vornherein keine Anwendung. Die Vorschrift setzt nach ihrem Tatbestand die Wohnnutzung des zwangsverwalteten Grundstücks kraft Eigentums und unmittelbaren Eigenbesitzes durch den Verfahrensschuldner und möglicherweise seiner mitwohnenden Familienangehörigen voraus. Unmittelbarer Fremdbesitz der Beklagten als Mieterin des Verfahrensschuldners gehört nicht dazu. Das bestätigt auch § 5 Abs. 2 Nr. 2 ZwVwV, weil die hiernach unentgeltliche Nutzung unentbehrlicher Räume für einen Mieter ausscheidet, der eine Miete schuldet.
Ist die Wohnnutzung des Verfahrensschuldners während der Zwangsverwaltung von dem dinglichen oder obligatorischen Recht eines Angehörigen abgeleitet, so richtet sich die Stellung dieses Drittberechtigten zum Zwangsverwalter nicht nach § 149 Abs. 1 ZVG, sondern allein nach dem Inhalt seines Rechts, nach § 152 Abs. 2 ZVG gegebenenfalls dem auch dem Zwangsverwalter gegenüber wirksamen Mietvertrag. Auf die Entbehrlichkeit von Räumen der gemieteten Wohnung kommt es nicht an.
b) Der Kläger kann die auf Vermietung vor Beschlagnahme gestützte Einwendung der Beklagten nicht wie in den Tatsacheninstanzen damit bekämpfen, die Nutzung der Wohnung durch die Beklagte nur gegen Erstattung von Nebenkosten sei ihm gegenüber nach § 1124 Abs. 2 BGB unwirksam. Das Berufungsgericht hat auch diese Frage, von seinem Standpunkt aus folgerichtig, bei seiner Entscheidung offengelassen. Zutreffend ist, dass § 1124 Abs. 2 BGB entsprechend auch zugunsten der Verfahrensgläubiger einer Zwangsverwaltung eingreift, ohne dass es darauf ankommt, ob sie Grundpfandgläubiger sind (BGH, Urteil vom 9. Juni 2005 - IX ZR 160/04, BGHZ 163, 201, 204 unter II. 1. a, cc). Diese Vorschrift kann aber schon nach ihrem allgemeinen Tatbestand hier nicht angewendet werden. Der Verfahrensschuldner hat nicht über einen Anspruch aus Vermietung verfügt. Eine Miete war von der Beklagten vielmehr von vornherein nicht geschuldet. Dieser Fall kann nicht mit einer Mietvorauszahlung oder anderen Verfügungen über den Mietanspruch gleichgesetzt werden.
Der Kläger konnte den Mietgebrauch der Beklagten auch nicht als Wohnungsleihe gemäß § 604 Abs. 3 BGB jederzeit zurückfordern, wie die Revision meint. Ein Mietverhältnis über Wohnraum liegt auch dann vor, wenn der Mieter durch seine Leistung nur zu den Lasten des Eigentümers beiträgt (vgl. BGH, Urteil vom 4. Mai 1970 - VIII ZR 179/68, WM 1970, 853, 855; vom 12. Februar 2003 - XII ZR 324/98, WM 2003, 1919, 1922 f unter IV. 1.), wie es hier zwischen der Beklagten und ihrem Ehemann vereinbart gewesen sein soll.
c) Der betreibende Gläubiger der Zwangsverwaltung ist gleichwohl in einer solchen Lage nicht schutzlos; denn der Mietvertrag, den die Beklagte vorgelegt hat, ist jedenfalls wirtschaftlich in der Hauptsache unentgeltlich. Deshalb kommt seine Anfechtung nach § 4 Abs. 1 oder § 3 AnfG in Betracht, sofern bei einem Gläubiger des Verfahrensschuldners die Voraussetzungen des § 2 AnfG vorliegen. Der Anfechtende kann den Anspruch seines Schuldners auf eine fiktive angemessene Gegenleistung pfänden und gegen den Nutzer als Wertersatz einklagen (vgl. MünchKomm-AnfG/Kirchhof, § 11 Rn. 65). Berücksichtigt werden muss dabei freilich, dass die mietfreie Gebrauchsüberlassung einer Wohnung an einen Angehörigen des Verfahrensschuldners die Gläubiger nur dann benachteiligt, wenn sie ohne diese Vereinbarung in der Zwangsverwaltung des Anwesens trotz der Schutzvorschrift des § 149 Abs. 1 ZVG besser stünden. Das bedarf hier keiner Vertiefung.
Die Ausübung dieses Anfechtungsrechts ist selbst während bestehender Zwangsverwaltung nicht von den gesetzlichen Befugnissen des Zwangsverwalters aus § 152 Abs. 1 ZVG umfasst; es kommt somit in diesem Zusammenhang auf ihre Aufhebung und den Grund hierfür nicht an. Der Zwangsverwalter hat zwar nicht allein geschuldete Mieten einzuziehen, sondern er kann auch andere vertragliche Ansprüche des Verfahrensschuldners aus dem Grundstückseigentum und seiner Nutzung geltend machen (vgl. BGH, Urteil vom 23. Juli 2003 - XII ZR 16/00, WM 2003, 2194, 2196 unter II. 1.). Er ist sogar befugt, einen Gemeinschaftsschaden der Verfahrensgläubiger wegen Schmälerung der Zwangsverwaltungsmasse gemäß § 154 Abs. 1 ZVG gegen einen Amtsvorgänger zu verfolgen (vgl. BGH, Urteil vom 2. November 1989 - IX ZR 197/88, BGHZ 109, 171, 173 f). Um die Beseitigung eines solchen "Gemeinschaftsschadens" geht es aber bei der unentgeltlichen Gebrauchsüberlassung eines Grundstücks und ihrer Anfechtung nicht. Denn nicht jeder verteilungsberechtigte Verfahrensgläubiger muss auch Titelgläubiger im Sinne des § 2 AnfG sein. In Rechtsprechung und Schrifttum ist daher nur erwogen worden, dass die anfechtungsberechtigten Verfahrensgläubiger ihre Ansprüche treuhänderisch an den Zwangsverwalter abtreten und diesem damit ein Anfechtungsrecht verschaffen können (vgl. Kirchhof, aaO § 2 Rn. 27 mwN). Ob die zur Zulässigkeit dieses Verfahrens gebrachten Argumente stichhaltig sind, bedarf zur Entscheidung über die Revision keiner Prüfung. Denn der Kläger hat nicht vorgetragen, dass der hier bezeichnete Weg beschritten worden sei.
3. Der Abschluss des Mietvertrages vom 15. Dezember 2006 zwischen der Beklagten und ihrem Ehemann kann nur offenbleiben, wenn auch nach dem Vortrag des Klägers und den noch fehlenden Feststellungen seine Klage unbegründet ist. So hat das Berufungsgericht den Streitgegenstand beurteilt, dabei aber den persönlichen und gegenständlichen Anwendungsbereich des § 149 Abs. 1 ZVG überdehnt. Der Erhalt des unentbehrlichen selbst genutzten Wohnraums für den Verfahrensschuldner und seine mitwohnenden Angehörigen dient zusammen mit der Unentgeltlichkeit dieser Nutzung gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 2 ZwVwV dem sozialen Schutz des Eigenwohners (vgl. BGH, Urteil vom 25. April 2013 - IX ZR 30/11, Rn. 13, zVb). Dieser Zweck bestimmt auch die Grenzen des gewährten Schutzes.
a) Im Schrifttum wird wie vom Berufungsgericht ganz überwiegend angenommen, dass die Familienangehörigen des Verfahrensschuldners auch dann an dem Wohnrecht des § 149 Abs. 1 ZVG während der Zwangsverwaltung teilhaben, wenn der Schuldner selbst in diesem Anwesen nicht wohnt (vgl. Jaeckel/Güthe, ZVG, 7. Aufl., § 149 Rn. 1; Stöber, ZVG, 20. Aufl., § 149 Anm. 2.2; Dassler/Schiffhauer/Engels, ZVG, 14. Aufl., § 149 Rn. 6; Steiner/Hagemann, ZVG, 9. Aufl., § 149 Rn. 5; Böttcher/Keller, ZVG, 5. Aufl., § 149 Rn. 3). Das widerspricht in seinem weiten Verständnis dem Wortlaut und Zweck des Gesetzes. Voraussetzung des Wohnrechts nach § 149 Abs. 1 ZVG ist, dass der Verfahrensschuldner in den geschützten Räumen einen eigenen Hausstand unterhält. Dieser Rechtsbegriff ist im Sinne des allgemeinen Rechts auszulegen. Er findet sich etwa auch in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2, § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG, in § 17 Abs. 2 Nr. 5 BWO, in § 81 Abs. 2 SGB III und § 90 Abs. 2 Nr. 1 SGB XII, in § 806a Abs. 2 ZPO, in § 225 Abs. 1 Nr. 2 StGB, in § 182 Abs. 2 BauGB und in den §§ 1619, 1620 sowie 1969 BGB. Er war ferner enthalten in den bis zum 31. August 2001 geltenden §§ 569a, 569b und § 570b BGB (vgl. dort jetzt § 563 Abs. 1 und § 577 Abs. 1 Satz 2 BGB mit dem Begriff des Haushalts). Zu seiner Abgrenzung kann insbesondere auf die umfangreiche Rechtsprechung der Finanzgerichte zur doppelten Haushaltsführung zurückgegriffen werden.
Ein eigener Hausstand des Verfahrensschuldners wird danach nicht mehr in einer Wohnung geführt, zu der er sich nur gelegentlich zu Besuchszwecken begibt. In dieser Wohnung muss sich vielmehr der eigene, nicht notwendig von den Angehörigen geteilte Lebensmittelpunkt des Verfahrensschuldners befinden. Die Verbüßung einer zeitigen Freiheitsstrafe verschiebt in der Regel den bisherigen Lebensmittelpunkt des Verurteilten außerhalb der Haftanstalt noch nicht. Auch die Unterhaltung und Nutzung einer Zweitwohnung durch den Verfahrensschuldner ist in diesem Rahmen unschädlich. Ob auch die Räumlichkeiten einer dem Verfahrensschuldner gehörenden Zweitwohnung im Sinne des § 149 Abs. 1 ZVG unentbehrlich sein können, etwa bei beruflicher Veranlassung der Nutzung, ist hier nicht zu entscheiden.
Wenn der Verfahrensschuldner den eigenen Hausstand in dem zwangsverwalteten Anwesen aufgibt, verliert damit auch der Ehegatte den geschützten räumlich-gegenständlichen Ehebereich. Ist die eheliche Lebensgemeinschaft zerbrochen oder hat sie sich örtlich verlagert, gewährt der grundrechtliche Schutz von Ehe und Familie nach Art. 6 GG dem anderen Ehegatten keinen eigenen Vollstreckungsschutz mehr in der noch genutzten früheren Ehewohnung. Dem mitwohnenden Angehörigen verleiht das Gesetz den vollstreckungsrechtlichen Wohnungsschutz des § 149 Abs. 1 ZVG nur als ein vom Verfahrensschuldner abgeleitetes Recht (ebenso Böttcher/Keller, aaO Rn. 3). Nur dann, wenn der Verfahrensschuldner verstirbt, liegt dies für den überlebenden Ehegatten entsprechend § 563 BGB anders. Unterhaltspflichten des Verfahrensschuldners spielen in diesem Zusammenhang keine Rolle (aA Steiner/Hagemann, aaO); denn sie sind in der Zwangsverwaltung nur nach Maßgabe von § 149 Abs. 3 ZVG geschützt.
Danach war der bestrittene Vortrag des Klägers erheblich, der Verfahrensschuldner habe die von der Beklagten genutzte Wohnung für sich schon vor Anordnung der Zwangsverwaltung aufgegeben. Das Berufungsgericht musste diesen Streitpunkt aufklären, wenn es die Klage mit Rücksicht auf ein Wohnrecht der Beklagten nach § 149 Abs. 1 ZVG abweisen wollte. Hat die Beklagte die Begründung des Lebensmittelpunktes durch den Verfahrensschuldner in der von ihr unter Berufung auf § 149 Abs. 1 ZVG genutzten Wohnung bewiesen, trifft die Beweislast für die Aufgabe des eigenen Hausstandes durch den Verfahrensschuldner den Kläger, der hieraus gegen das bis dahin bestehende Wohnrecht aus § 149 Abs. 1 ZVG Rechte herleitet.
b) Ebenfalls rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht im Anschluss an das OLG Koblenz (Urteil vom 3. Dezember 2010 - 10 U 429/10, bei juris Rn. 10 f) den Standpunkt vertreten, der Zwangsverwalter könne für die Weiternutzung der Wohnung, in welcher der Verfahrensschuldner den eigenen Hausstand unterhält, selbst bei Übergröße keine Nutzungsentschädigung verlangen, wenn ihre entbehrlichen Räume mangels baulicher Abgeschlossenheit nicht selbständig vermietbar seien. Zwar ist auch der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in seinem Beschluss vom 20. November 2008 (V ZB 31/08, WM 2009, 412 Rn. 16) davon ausgegangen, dass die Zwangsverwaltung eines selbstgenutzten Einfamilienhauses die Befriedigung der Gläubiger im Regelfall nur ermögliche, wenn die für den eigenen Hausstand des Schuldners entbehrlichen Räume selbständig vermietbar sind. Das ist jedoch nur ein Erfahrungssatz, der für die Auslegung von § 149 Abs. 1 ZVG keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung hat, sondern im Zusammenhang mit dem Rechtsschutzinteresse des Gläubigers an der Zwangsverwaltung steht. So hat auch das Berufungsgericht diese Erwägung gewürdigt. Es entnimmt aber § 149 Abs. 1 ZVG eine Zumutbarkeitsgrenze für den Verfahrensschuldner, die von dem sozialen Schutzzweck der Vorschrift nicht mehr getragen wird. Abweichend vom OLG Koblenz (aaO Rn. 10) meint das Berufungsgericht, der Zwangsverwalter könne dem Verfahrensschuldner eine kleinere, für dessen Bedürfnisse genügende Wohnung nur in dem zwangsverwalteten Anwesen zuweisen. Dem stellt es die mit Recht versagte Befugnis des Zwangsverwalters gegenüber, den Umzug in eine vom Verfahrensschuldner selbst auf seine Kosten angemietete Wohnung zu verlangen. Die Kosten für die Anmietung einer Ersatzwohnung muss jedenfalls der Verfahrensschuldner nicht aufwenden; denn sonst würde der soziale Schutzzweck von § 149 Abs. 1 ZVG, § 5 Abs. 2 Nr. 2 ZwVwV unterlaufen.
Das Berufungsgericht hätte sich so gesehen die Frage vorlegen müssen, ob der Zwangsverwalter verlangen kann, dass der Verfahrensschuldner in eine genügende Wohnung umzieht, die ihm vom Zwangsverwalter mietfrei zur Verfügung gestellt wird. Eine solche Ersetzungsbefugnis des Zwangsverwalters ist grundsätzlich zu bejahen. Sie findet ihre Grenze erst in der Zumutbarkeit eines Umzugs und dem Recht des Verfahrensschuldners, für die weitere Nutzung der entbehrlichen Räume der bisherigen übergroßen Wohnung an den Zwangsverwalter eine angemessene Entschädigung zu zahlen.
c) Das Berufungsgericht hat die Verpflichtung der Beklagten zu einer solchen Nutzungsentschädigung allerdings gleichwohl im Ergebnis möglicherweise zutreffend verneint. Grund hierfür ist jedoch nicht der im Berufungsurteil genannte Umstand, dass der Kläger der Beklagten nicht bestimmte Räume als unentbehrlich für den Hausstand des Verfahrensschuldners zugewiesen hat. Dessen hätte es nur für den vom Berufungsgericht in tatsächlicher Hinsicht verneinten Fall bedürfen können, dass eine selbständige Vermietung der entbehrlichen Räume durch den Zwangsverwalter in Frage gekommen wäre. Es war auch nicht mehr notwendig, dem Verfahrensschuldner und der Beklagten einen Umzug zwecks Verlagerung des Hausstandes in eine ihnen unentgeltlich überlassene kleinere Ersatzwohnung zur Wahl zu stellen, weil die Beklagte die bisherige Wohnung beibehalten wollte. Wenn der Verfahrensschuldner seinen eigenen Hausstand in dieser Wohnung nicht zuvor aufgegeben hatte, hat er die Entscheidung der Beklagten zumindest hingenommen, so dass er sie gegen sich gelten lassen muss.
Zu einer Zuweisung unentbehrlicher Räume war der Kläger auch dann nicht mehr verpflichtet, wenn der Verfahrensschuldner seinen eigenen Hausstand in dem zwangsverwalteten Anwesen bereits aufgegeben hatte, so dass der Beklagten als Angehöriger seines Hausstandes kein Wohnrecht nach § 149 Abs. 1 ZVG an den unentbehrlichen Räumen mehr zustand. Eine solche Wohnungsaufgabe hat der Kläger vorgetragen. Ob die Beklagte und der Verfahrensschuldner dabei - wie der Kläger gleichfalls behauptet hat - anderwärts eine gemeinsame Wohnung angemietet hatten, ist dabei ohne Belang.
War die Wohnung nicht mit der Folge des § 152 Abs. 2 ZVG an die Beklagte vermietet, wie nach dem Vortrag des Klägers zu unterstellen ist, hatte er danach für die durch § 149 Abs. 1 ZVG entweder gar nicht oder nicht in diesem Umfang gedeckte Nutzung der andauernd oder nur vorher vom Verfahrensschuldner für seinen eigenen Hausstand genutzten Wohnung einen Ausgleichsanspruch in Geld (vgl. BGH, Urteil vom 14. Mai 1992 - IX ZR 241/91, WM 1992, 1506, 1507 unter I.3.). Unterhielt der Verfahrensschuldner in der früher von ihm genutzten Wohnung des zwangsverwalteten Anwesens keinen eigenen Hausstand mehr, so nutzte die Beklagte ohne Rechtsgrund gegenüber dem Kläger aus § 149 Abs. 1, § 152 Abs. 1 und 2 ZVG diese vormalige Ehewohnung weiter. Nach der schlüssigen Klage wäre sie dann Schuldnerin eines Anspruchs auf Herausgabe der ungerechtfertigten Bereicherung durch Wohnnutzung nach den §§ 812, 818 Abs. 2 BGB. Hatte der Verfahrensschuldner indes, wie von der Beklagten vorgetragen, seinen eigenen Hausstand in dem zwangsverwalteten Anwesen beibehalten, so gilt er als der Nutzer der betreffenden Wohnung und würde statt der Beklagten dem Kläger Wertersatz der ihm nach § 149 Abs. 1 ZVG, § 5 Abs. 2 Nr. 2 ZVG nicht ohne Entgelt zustehenden Nutzungsvorteile schulden. Die Klage wäre dann abzuweisen, weil sie gegen den falschen Schuldner gerichtet ist.
III.
Das Berufungsurteil kann nach allem keinen Bestand haben. Die Sache ist gemäß § 563 Abs. 1 ZPO an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit die bisher fehlenden Feststellungen nachgeholt werden können.
Kayser Raebel Fischer
Grupp Möhring