Bundesgerichtshof

Entscheidungsdatum: 13.10.2011


BGH 13.10.2011 - IX ZR 188/10

Aufhebung der Zwangsverwaltung nach Antragsrücknahme: Pflicht des Zwangsverwalters zur Grundstücksrückgabe; Anspruch des Grundschuldgläubigers auf Auskehr von Überschüssen aus abgetretenen Mieteinnahmen


Gericht:
Bundesgerichtshof
Spruchkörper:
9. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
13.10.2011
Aktenzeichen:
IX ZR 188/10
Dokumenttyp:
Urteil
Vorinstanz:
vorgehend KG Berlin, 27. September 2010, Az: 23 U 131/10, Urteilvorgehend LG Berlin, 15. April 2010, Az: 5 O 282/09
Zitierte Gesetze

Leitsätze

1. Wird die Zwangsverwaltung nach Antragsrücknahme aufgehoben, ist der Zwangsverwalter verpflichtet, das Grundstück einschließlich der von ihm nicht mehr benötigten Nutzungen an den Schuldner herauszugeben .

2. Der Gläubiger, der seinen Antrag auf Zwangsverwaltung zurückgenommen hat, hat auch dann keinen Anspruch auf Auskehr der Überschüsse, wenn ihm die Mietansprüche vor Anordnung der Zwangsverwaltung abgetreten waren .

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 23. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 27. September 2010 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Rechtsvorgängerin der klagenden Bank (nachfolgend: Klägerin) gewährte ihrem Darlehensnehmer (nachfolgend: Schuldner) mehrere Darlehen zur Finanzierung von Baumaßnahmen auf den Grundstücken S.   straße  und B.    A.       in B.       . Zur Sicherung der Darlehen trat der Schuldner zusätzlich zu den an diesen Grundstücken zu Gunsten der Klägerin bestellten Grundschulden sämtliche bestehenden und künftigen Ansprüche gegen die Mieter dieser Hausgrundstücke ab. In der Folgezeit beantragte die Klägerin wegen Zahlungsrückständen des Schuldners die Zwangsverwaltung der bezeichneten Grundstücke, woraufhin das Vollstreckungsgericht mit Beschlüssen vom 6. April 2004 und vom 19. Mai 2004 die Zwangsverwaltung anordnete und die Beklagte zur Zwangsverwalterin bestellte. Am 23. Juni 2005 erzielten die Klägerin und der Schuldner Einvernehmen über die Beendigung der Zwangsverwaltungen. Stattdessen sollte ein gewerbliches Unternehmen mit der Verwaltung der Immobilien beauftragt werden. Nach dem Vortrag der Klägerin ist hierbei auch vereinbart worden, dass Überschüsse aus dem Zwangsverwaltungsverfahren ihr gebühren sollten, um die bestehenden Darlehensverbindlichkeiten des Schuldners zurückzuführen. Aufgrund dieser Vereinbarung nahm die Klägerin ihre Anträge auf Zwangsverwaltung zurück; das Vollstreckungsgericht hob am 4. Juli 2005 die Zwangsverwaltung der Grundstücke auf. Am 11. August 2005 trat der Schuldner die Ansprüche auf Auszahlung der Überschüsse aus den Zwangsverwaltungsverfahren an seinen Steuerberater ab. In der Folgezeit zahlte die Beklagte die Überschüsse in Höhe von 21.693,66 € an den Steuerberater aus.

2

Die Klägerin hat die Beklagte auf Zahlung von 21.693,66 € nebst Zinsen in Anspruch genommen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und im Passivrubrum die Beklagte als Zwangsverwalterin der streitgegenständlichen Grundstücke bezeichnet. Auf Antrag der Klägerin hat das Landgericht das Rubrum dahingehend berichtigt, dass sich die Klage gegen die Beklagte persönlich richte. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe

3

Die zulässige Revision hat in der Sache keinen Erfolg.

I.

4

Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Berufung sei zulässig, aber nicht begründet. Mit der Aufhebung der Zwangsverwaltung habe die Beklagte ihre hoheitlichen Befugnisse verloren. Sie hätte daher nicht mehr als Partei kraft Amtes in Anspruch genommen werden können. Zwar habe sich das vorangegangene Mahnverfahren ausdrücklich gegen die Beklagte in ihrer Eigenschaft als Zwangsverwalterin gerichtet, so dass die vom Landgericht vorgenommene Rubrumsberichtigung nicht hätte erfolgen dürfen. Die Umstellung des streitigen Verfahrens auf die Beklagte persönlich sei aber als zulässiger Parteiwechsel anzusehen. Der geltend gemachte Anspruch auf Auskehrung der Restmasse bestehe nicht. Nach der Rücknahme der Anträge auf Anordnung der Zwangsverwaltung habe der Zwangsverwalter die Grundstücke einschließlich der gezogenen Nutzungen an den Schuldner herauszugeben. Das Recht der Klägerin aus der vorausgegangenen Abtretung der Mietforderungen setze sich nicht an dem Überschuss aus den Zwangsverwaltungen fort, weil die Mietforderungen durch die Zwangsverwalterin wirksam eingezogen worden und damit erloschen seien. Die Behauptung der Klägerin, der Schuldner habe ihr am 23. Juni 2005 seinen Anspruch auf Auszahlung des Überschusses abgetreten, sei unerheblich, weil eine solche Abtretung der Beklagten nicht bekannt gewesen sei und diese sich daher jedenfalls auf § 407 Abs. 1, § 408 Abs. 1 BGB berufen könne.

II.

5

Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin mit Recht als zulässig angesehen.

6

1. Die Zulässigkeit der Berufung ist im Revisionsverfahren zu überprüfen, weil eine Sachentscheidung des Revisionsgerichts nur ergehen kann, wenn das erstinstanzliche Urteil durch eine zulässige Berufung angegriffen und die Rechtskraft dieses Urteils damit zunächst in der Schwebe gehalten worden ist (BGH, Urteil vom 30. September 1987 - IVb ZR 86/86, BGHZ 102, 37, 38; vom 4. Februar 2010 - IX ZR 18/09, BGHZ 184, 209 Rn. 19). Dabei setzt eine zulässige Berufung voraus, dass der Rechtsmittelführer auch die Beseitigung der im angegriffenen Urteil enthaltenen Beschwer erstrebt. Ein Rechtsmittel ist hingegen unzulässig, wenn damit ausschließlich im Wege der Klageänderung ein neuer, bislang nicht geltend gemachter Anspruch zur Entscheidung gestellt und der in erster Instanz erhobene Klageanspruch auch nicht teilweise weiterverfolgt wird (BGH, Beschluss vom 7. Mai 2003 - XII ZB 191/02, BGHZ 155, 21, 26; vom 16. September 2008 - IX ZR 172/07, ZInsO 2008, 1075 Rn. 4).

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2. Die Revisionserwiderung meint, die Berufung der Klägerin sei unzulässig gewesen, weil diese in erster Instanz die Beklagte ausdrücklich in deren Eigenschaft als Zwangsverwalterin in Anspruch genommen habe, während die Klage im Berufungsrechtszug ausschließlich gegen die Beklagte persönlich gerichtet worden sei. Es liege deshalb ein Parteiwechsel zwischen den Instanzen vor, weshalb sich die Berufung nicht gegen die Beschwer aus dem erstinstanzlichen Urteil richte. Diese Gegenrüge ist nicht begründet.

8

Es kann dahinstehen, ob die Klage nach dem objektiven Sinngehalt der Parteibezeichnung in der Anspruchsbegründung (vgl. BGH, Urteil vom 24. Januar 1952 - III ZR 196/50, BGHZ 4, 328, 334; vom 24. November 1980 - VII ZR 208/79, NJW 1981, 1453, 1454; vom 6. Juli 2006 - IX ZR 88/02, WM 2006, 2057 Rn. 5) bereits mit dem Übergang vom Mahnverfahren in das streitige Verfahren gegen die Beklagte persönlich gerichtet worden ist oder ob die Klägerin erst innerhalb des streitigen Verfahrens die Klage auf die persönliche Inanspruchnahme der Beklagten umgestellt hat. Denn der Berichtigungsbeschluss des Landgerichts, durch welchen das Rubrum des erstinstanzlichen Urteils geändert und die Beklagte persönlich als Partei bezeichnet worden ist, ist der materiellen Rechtskraft fähig (vgl. BGH, Urteil vom 12. Januar 1984 - III ZR 95/82, WM 1984, 1351, 1352). Aufgrund der Rechtskraft des Berichtigungsbeschlusses stand daher zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht fest, dass sich die Klage in erster Instanz jedenfalls zuletzt gegen die Beklagte persönlich richtete. Damit hat die Klägerin mit ihren Berufungsanträgen den bereits in erster Instanz erhobenen Anspruch weiter verfolgt.

III.

9

Auch die Sachentscheidung des Berufungsgerichts hält rechtlicher Nachprüfung stand.

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1. Die Revision bringt vor, die Auffassung des Berufungsgerichts führe zu dem nicht sachgerechten Ergebnis, dass die Klägerin schlechter stehe, als sie ohne den später wieder zurückgenommenen Antrag auf Zwangsverwaltung stünde. Richtigerweise müsse im Falle der Antragsrücknahme derjenige als berechtigt angesehen werden, die Überschüsse aus der Zwangsverwaltung zu vereinnahmen, welchem diese Erträge ohne die Anordnung der Zwangsverwaltung gebührt hätten. Da die Mietforderungen der Klägerin als Kreditsicherheit zugestanden hätten, habe die Beklagte bei der Einziehung der Mieten als Zwangsverwalterin kein Geschäft des Schuldners besorgt, sondern ein solches der Klägerin.

11

2. Die Einwände der Revision greifen nicht durch.

12

Die persönliche Inanspruchnahme der Beklagten kann nicht auf eine entsprechende Anwendung des Auftragsrechts, der Bestimmungen über die Geschäftsführung ohne Auftrag oder auf Bereicherungsrecht gestützt werden, weil die Beklagte persönlich weder ein Geschäft geführt hat noch bereichert ist. In Betracht kommt allerdings, dass die Beklagte als Zwangsverwalterin durch die Auszahlung des Überschusses an den Steuerberater pflichtwidrig gehandelt hat und deshalb der Klägerin persönlich haftet. Nach der Vorschrift des § 154 Satz 1 ZVG ist der Zwangsverwalter den Beteiligten persönlich für die ordnungsgemäße Erfüllung der ihm obliegenden Verpflichtungen verantwortlich. Beteiligte in diesem Sinne sind über die formell Verfahrensbeteiligten gemäß § 9 ZVG hinaus diejenigen Personen, gegenüber welchen das Zwangsversteigerungsgesetz dem Zwangsverwalter spezifische Pflichten auferlegt (BGH, Urteil vom 5. Februar 2009 - IX ZR 21/07, BGHZ 179, 336 Rn. 9 ff; vom 5. März 2009 - IX ZR 15/08, ZInsO 2009, 789 Rn. 9). Ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte persönlich scheidet jedoch aus, weil die Verwendung des Überschusses durch die Beklagte als Zwangsverwalterin nicht pflichtwidrig war.

13

a) Die Beklagte war nicht verpflichtet, die erwirtschafteten Überschüsse nach Maßgabe des Teilungsplans an die Klägerin in deren Eigenschaft als frühere Vollstreckungsgläubigerin auszuzahlen, nachdem die Klägerin ihren Antrag auf Anordnung der Zwangsverwaltung zurückgenommen hat.

14

Nach der Vorschrift des § 12 Abs. 3 Satz 1 der Zwangsverwalterverordnung (ZwVwV) vom 19. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2804) bleibt der Verwalter auch nach der Aufhebung des Zwangsverwaltungsverfahrens berechtigt, von ihm begründete Verbindlichkeiten zu erfüllen und hierfür Rücklagen zu bilden. Dies gilt auch, wenn das Verfahren deshalb aufgehoben worden ist, weil der Gläubiger seinen Antrag auf Anordnung der Zwangsverwaltung zurückgenommen hat (§ 12 Abs. 3 Satz 3 ZwVwV). Im Hinblick auf die Verwendung des nach Abzug dieser Verbindlichkeiten sowie der Verfahrenskosten (§ 155 Abs. 1 ZVG) verbleibenden Überschusses (§ 155 Abs. 2 ZVG), welcher bis zur Aufhebung der Zwangsverwaltung erwirtschaftet worden ist, muss danach unterschieden werden, ob die Aufhebung wegen Erteilung des Zuschlags in der Zwangsverwaltung oder wegen Antragsrücknahme erfolgt ist.

15

aa) Nach der Erteilung des Zuschlags dauert die Zwangsverwaltung nach der Vorschrift des § 12 Abs. 1 Satz 2 ZwVwV bis zu deren Aufhebung durch das Vollstreckungsgericht fort (BGH, Urteil vom 11. Oktober 2007 - IX ZR 156/06, WM 2007, 2387 Rn. 12). Da die Nutzungen ab dem Zuschlag gemäß § 56 Satz 2 ZVG dem Erwerber des Grundstücks gebühren, hat der Verwalter die nach der Wirksamkeit des Zuschlags (§ 90 Abs. 1, §§ 89, 104 ZVG) erwirtschafteten Überschüsse in entsprechender Anwendung des § 667 BGB an den Erwerber herauszugeben (BGH, Urteil vom 11. Oktober 2007, aaO Rn. 13 ff), während dem Ersteher kein Anspruch auf die vor diesem Zeitpunkt erwirtschafteten Überschüsse zusteht (BGH, Urteil vom 19. Mai 2009 - IX ZR 89/08, WM 2009, 1438 Rn. 7). Soweit vor der Wirksamkeit des Zuschlags aus der Zwangsverwaltung Überschüsse erwirtschaftet worden sind, bleibt für deren Ausschüttung der Teilungsplan maßgeblich (BGH, Urteil vom 21. Oktober 1992 - XII ZR 125/91, ZIP 1992, 1781, 1782).

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bb) Eine Verteilung von Überschüssen nach dem Teilungsplan findet hingegen nicht mehr statt, wenn das Zwangsverwaltungsverfahren wegen Antragsrücknahme aufgehoben worden ist.

17

Nach der Regelung des § 161 Abs. 4 in Verbindung mit § 29 ZVG ist das Zwangsverwaltungsverfahren aufzuheben, wenn der das Verfahren betreibende Gläubiger seinen Antrag auf Zwangsverwaltung zurückgenommen hat. Auch wenn die Verfahrensaufhebung aufgrund einer zulässigen Antragsrücknahme ohne weitere sachliche Prüfung durch das Vollstreckungsgericht zu erfolgen hat (BGH, Urteil vom 8. Mai 2003 - IX ZR 385/00, BGHZ 155, 38, 43), endet die Beschlagnahme des Grundstücks erst mit dem Aufhebungsbeschluss (BGH, Beschluss vom 10. Juli 2008 - V ZB 130/07, BGHZ 177, 218 Rn. 9 ff).

18

Nach der Aufhebung der Zwangsverwaltung aufgrund Antragsrücknahme hat der Zwangsverwalter das Grundstück an den Schuldner herauszugeben, und zwar einschließlich der Nutzungen, die von ihm nicht mehr benötigt werden (BGH, Urteil vom 7. April 1978 - V ZR 154/75, BGHZ 71, 216, 220; Haarmeyer/Wutzke/Förster/Hintzen, Zwangsverwaltung, 4. Aufl., § 161 ZVG Rn. 16; Engels in Dassler/Schiffhauer/Hintzen/Engels/Rellermeyer, ZVG, 13. Aufl., § 161 Rn. 25 ff; Löhnig/Blümle, ZVG, § 161 Rn. 24; Böttcher/Keller, ZVG, 5. Aufl., § 161 Rn. 32; Kindl/Meller-Hannich/Wolf, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, § 161 ZVG Rn. 8; Stöber, ZVG, 19. Aufl., § 161 Rn. 5.1). Zahlungen auf den Teilungsplan erfolgen nicht mehr (Haarmeyer/Wutzke/Förster/Hintzen, aaO Rn. 13; Stöber, aaO; Engels, aaO Rn. 28; Löhnig/Blümle, aaO; Böttcher/Keller, aaO Rn. 34). Aus dem auch im Zwangsvollstreckungsverfahren geltenden Dispositionsgrundsatz (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Februar 2009 - VII ZB 30/08, WM 2009, 710 Rn. 20; MünchKomm-ZPO/Rauscher, 3. Aufl., Einl. Rn. 366) folgt, dass der Gläubiger aus der Zwangsverwaltung keine Rechte mehr herleiten kann, nachdem gerade er deren Aufhebung beantragt hat (vgl. Haarmeyer/Wutzke/Förster/Hintzen, aaO Rn. 13).

19

b) Die Beklagte war auch nicht deshalb verpflichtet, die Überschüsse aus der Zwangsverwaltung an die Klägerin auszuzahlen, weil diese aus der Einziehung von Mietforderungen erwirtschaftet worden sind, welche der Klägerin zur Sicherheit abgetreten worden waren.

20

aa) Die Vorausabtretung der künftigen Mietforderungen durch den Schuldner wurde durch die Anordnung der Zwangsverwaltung nach Maßgabe des § 1124 Abs. 2 BGB unwirksam.

21

(1) Die Anordnung der Zwangsverwaltung gilt nach der Regelung des § 146 Abs. 1 in Verbindung mit § 20 Abs. 1 ZVG zu Gunsten des Gläubigers, welcher die Zwangsverwaltung betreibt, als Beschlagnahme des Grundstücks. Dies gilt unabhängig davon, ob die Zwangsverwaltung aus einem dinglichen Recht am Grundstück oder aus einer persönlichen Forderung gegen den Grundstückseigentümer betrieben wird (BGH, Urteil vom 9. Juni 2005 - IX ZR 160/04, BGHZ 163, 201, 204). Die Beschlagnahme erstreckt sich gemäß § 148 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 21 Abs. 2 ZVG sowie gemäß § 146 Abs. 1 in Verbindung mit § 20 Abs. 2 ZVG, § 1123 Abs. 1 BGB auch auf die Forderungen aus der Vermietung des verwalteten Grundstücks.

22

Hat der Grundstückseigentümer die Mietforderungen für die Zukunft abgetreten, so ist diese Verfügung nach Maßgabe des § 1124 Abs. 2 BGB gegenüber dem Gläubiger unwirksam, zu dessen Gunsten das Grundstück in Beschlag genommen worden ist (vgl. BGH, Urteil vom 9. Juni 2005, aaO S. 204, 207 f; vom 25. April 2007 - VIII ZR 234/06, NJW 2007, 2919 Rn. 21 ff; vom 8. Dezember 2010 - XII ZR 86/09, NJW-RR 2011, 371 Rn. 15). Die Regelung des § 1124 Abs. 2 BGB räumt daher im Falle der Konkurrenz von Beschlagnahme eines Grundstücks und vorausgegangener Abtretung künftiger Mietforderungen dem die Beschlagnahme betreibenden Gläubiger den Vorrang ein und weicht vom Prioritätsprinzip ab, weil die laufende Miete zu Gunsten der Grundpfandgläubiger als Haftungsobjekt dienen soll (BGH, Urteil vom 9. Juni 2005 - IX ZR 160/04, BGHZ 163, 201, 207 f; vom 13. März 2008 - IX ZR 119/06, WM 2008, 801 Rn. 19).

23

(2) Die Beschlagnahme des Grundstücks lässt die Wirksamkeit der Vorausabtretung der Mieten an die Klägerin nicht deshalb unberührt, weil die Klägerin selbst die Beschlagnahme des Grundstücks betrieben hat.

24

Zwar führt die Beschlagnahme des Grundstücks nach der Regelung des § 1124 Abs. 2 BGB nicht zur absoluten Unwirksamkeit vorausgegangener Verfügungen des Schuldners, sondern nur zur relativen Unwirksamkeit gegenüber dem Gläubiger, welcher die Beschlagnahme betrieben hat (RGZ 64, 415, 420; Staudinger/Wolfsteiner, BGB, 2009, § 1124 Rn. 38; Soergel/Konzen, BGB, 13. Aufl., § 1124 Rn. 11). Diese ist aber auch gegenüber der Klägerin in deren Eigenschaft als Zessionarin eingetreten. Die Ausgestaltung der Rechtspositionen der Klägerin als Zessionarin der Mietforderungen sowie als betreibende Grundpfandgläubigerin ist auch dann gesondert zu beurteilen, wenn diese Rechte in einer Person zusammentreffen.

25

Die Beschlagnahme des Grundstücks ist für die Sicherung des Zessionars der künftigen Mietforderungen auch dann nicht unerheblich, wenn dieser - wie die Klägerin - zugleich Grundpfandgläubiger ist. Denn ohne die Beschlagnahme wird auch der Zugriff eines solchermaßen doppelt gesicherten Gläubigers auf die Mietforderungen nach der Regelung des § 1124 Abs. 2 BGB vereitelt, wenn ein anderer Gläubiger die Beschlagnahme des Grundstücks erwirkt, mag diesem auch nur ein nachrangiges Grundpfandrecht oder lediglich eine persönliche Forderung zustehen (BGH, Urteil vom 9. Juni 2005, aaO S. 203 ff). Die Vorteile der Sicherungszession und der Beschlagnahme kann der zweifach gesicherte Gläubiger nicht kumulieren. Entscheidet er sich, die Beschlagnahme des Grundstücks im Wege der Zwangsverwaltung zu betreiben, so muss er hinnehmen, dass die an ihn abgetretenen Mietforderungen nun dem Einziehungsrecht des Zwangsverwalters unterliegen (§ 152 Abs. 1 ZVG) und die Forderungsabtretung an ihn selbst insoweit nach § 1124 Abs. 2 BGB unwirksam ist. Ein Einziehungsrecht des Zessionars kann neben demjenigen des Zwangsverwalters schon deshalb nicht fortbestehen, weil die Nutzungen des Grundstücks auch zur Deckung der Verfahrenskosten und der Verwaltungsausgaben (§ 155 Abs. 1 ZVG) dienen und daher dem Zugriff des Zwangsverwalters nicht entzogen werden dürfen.

26

bb) Die Revision erkennt an, dass die an die Klägerin abgetretenen Mietforderungen durch Erfüllung erloschen sind, soweit die Beklagte als Zwangsverwalterin diese eingezogen hat. Entgegen der Auffassung der Revision war die Beklagte als Zwangsverwalterin nicht deshalb verpflichtet, die Überschüsse aus der Zwangsverwaltung an die Beklagte auszukehren, weil diese durch Einziehung der Mietforderungen erwirtschaftet worden sind.

27

Zwar steht dem Inhaber einer Forderung ein Bereicherungsanspruch gegen den Leistungsempfänger aus § 816 Abs. 2 BGB zu, wenn der Forderungsschuldner mit befreiender Wirkung an einen Nichtberechtigten geleistet hat. Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor. Die Beklagte als Zwangsverwalterin hat aufgrund ihres gesetzlichen Einziehungsrechts (§ 152 ZVG) die Mieten als Berechtigte vereinnahmt, während der Forderungserwerb der Klägerin insoweit - wie dargelegt - gemäß § 1124 Abs. 2 BGB unwirksam gewesen ist. Aus diesem Grund hat die Beklagte als Zwangsverwalterin mit der Einziehung der Mieten auch kein Geschäft der Klägerin geführt, so dass ein Anspruch auf Auszahlung des Überschusses weder in entsprechender Anwendung der Bestimmungen des Auftragsrechts (§ 667 BGB) noch aus Geschäftsführung ohne Auftrag (§ 681 Satz 2 iVm § 667 BGB) bestanden hat.

28

Der von der Revision geltend gemachte Anspruch des Zessionars von Mietforderungen, welche im Zwangsverwaltungsverfahren eingezogen worden sind, kommt auch deshalb nicht in Betracht, weil der Überschuss aus der Zwangsverwaltung nicht notwendig allein aus den Mieten erwirtschaftet sein muss, die ohne die Anordnung der Zwangsverwaltung vom Zessionar hätten eingezogen werden können. Neben den Mieteinnahmen können der Zwangsverwaltungsmasse weitere Mittel aus Gegenständen zufließen, auf welche sich die Zwangsverwaltung erstreckt, wie beispielsweise Versicherungsleistungen (§ 146 Abs. 1 iVm § 20 Abs. 2 ZVG, §§ 1127 bis 1129 BGB). Aus dem Gesamtüberschuss der Zuflüsse über die Verfahrenskosten und Verwaltungsausgaben kann deshalb rechnerisch kein Betrag ermittelt werden, welcher dem Zessionar der Mietforderungen zugeordnet werden könnte.

29

c) Eine Pflichtverletzung der Beklagten ergibt sich auch nicht aus dem - bestrittenen - Vortrag der Klägerin, der Schuldner habe im Rahmen der Besprechung vom 23. Juni 2005 seinen Anspruch auf Auszahlung des Überschusses an sie abgetreten.

30

Zwar würde die Klägerin aus einer solchen Abtretung einen Zahlungsanspruch gegen die Beklagte als Zwangsverwalterin erlangt haben, weil der schuldrechtliche Anspruch des Schuldners auf Auszahlung des Überschusses nach Aufhebung der Zwangsverwaltung wegen Antragsrücknahme nach den allgemeinen Vorschriften abtretbar und pfändbar ist (vgl. OLG Köln, VersR 1994, 113, 114; LG Freiburg, RPfleger 1988, 422; Engels in Dassler/Schiffhauer/Hintzen/Engels/Rellermeyer, ZVG, 13. Aufl., § 152 Rn. 253 f, § 161 Rn. 26; Stöber, ZVG, 19. Aufl., § 152 Rn. 17). Die Auszahlung des Überschusses an den Steuerberater bedeutete jedoch auch in diesem Fall keine Pflichtverletzung der Beklagten, weil dieser eine solche Abtretung an die Klägerin nicht mitgeteilt worden war.

31

Nach den revisionsrechtlich nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Klägerin mit ihrem Schreiben vom 11. August 2005 lediglich angekündigt, dass der Anspruch des Schuldners auf Auszahlung des Überschusses an die Klägerin abgetreten werden solle. Die Klägerin hat hingegen ihre im Rechtsstreit vorgebrachte Behauptung, der Schuldner habe diese Forderung bereits am 23. Juni 2005 an sie abgetreten, vor der Auszahlung an den Steuerberater nicht gegenüber der Beklagten vorgebracht. Selbst wenn die der Beklagten mitgeteilte Forderungsabtretung an den Steuerberater wegen einer zeitlich früheren Abtretung an die Klägerin unwirksam gewesen sein sollte, konnte die Beklagte als Zwangsverwalterin gemäß § 408 Abs. 1 in Verbindung mit § 407 Abs. 1 BGB an den Steuerberater schuldbefreiend leisten. Die Beklagte war nicht verpflichtet, diese Auszahlung im Hinblick auf eine ihr nicht mitgeteilte, sondern lediglich als beabsichtigt angekündigte Forderungsabtretung an die Klägerin zurückzustellen.

Kayser                                                Vill                                       Lohmann

                           Fischer                                          Pape