Entscheidungsdatum: 15.04.2010
Im Insolvenzverfahren über das Vermögen einer Aktiengesellschaft sind im Rahmen eines Insolvenzplanverfahrens die unselbstständigen Ansprüche von Vorzugsaktionären auf Nachzahlungen nicht geleisteter Vorzugsdividenden wie Forderungen letztrangiger Insolvenzgläubiger zu behandeln. Diese Ansprüche gelten mit rechtskräftiger Bestätigung des Insolvenzplans als erloschen, soweit im Plan nicht etwas anderes bestimmt ist .
Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 30. September 2009 und das Urteil der 9. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf vom 10. Oktober 2008 aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen
Die Kläger sind Inhaber von Vorzugsaktien der beklagten Aktiengesellschaft. Über deren Vermögen wurde am 1. Dezember 2004 das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Gläubigerversammlung beschloss, die Beklagte im Rahmen eines Insolvenzplanverfahrens zu sanieren. Kernpunkt der Sanierung war die Beseitigung der Überschuldung und die Wiederherstellung des Eigenkapitals. Die außerordentliche Hauptversammlung der Beklagten vom 8. März 2007 beschloss eine Kapitalherabsetzung und eine anschließende Kapitalerhöhung durch Ausgabe neuer Aktien. Der Vorstand wurde angewiesen, die Kapitalmaßnahmen erst nach rechtskräftiger Bestätigung des Insolvenzplans durch das Insolvenzgericht zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden.
Der Insolvenzplan wurde von der Gläubigerversammlung am 4. September 2007 angenommen. Die Gläubiger sollten 14,7 % als Barquote und weitere 23,7 % erhalten. Von 61,6 % der Forderungen sollte die Beklagte befreit werden.
Das Insolvenzgericht bestätigte den Insolvenzplan mit Beschluss vom 14. November 2007. Der Plan stand unter der Bedingung, dass die Beschlüsse der Hauptversammlung der Beklagten über die Kapitalmaßnahmen bestandskräftig und die neuen Aktien durch die Erwerbergesellschaft gezeichnet werden. Die Beschlüsse über die Kapitalmaßnahmen und deren Durchführung wurde am 7. Dezember 2007 im Handelsregister eingetragen.
Das Insolvenzverfahren wurde mit Beschluss vom 31. Dezember 2007 aufgehoben. Am 2. Januar 2008 veröffentlichte die Beklagte eine Mitteilung, dass durch die Aufhebung des Insolvenzverfahrens die bis dahin entstandenen Rechte der Inhaber von Vorzugsaktien auf Nachzahlung rückständiger Vorzugsbeträge und deren Stimmrecht erloschen seien. Vorzugsdividenden waren von der Beklagten seit dem Geschäftsjahr 2003 nicht mehr geleistet worden.
Die Kläger begehren die Feststellung, dass ihnen für ihre Vorzugsaktien ein Stimmrecht gemäß § 140 Abs. 2 Satz 1 AktG sowie Nachzahlungsrechte für die seit dem Geschäftsjahr 2003 nicht geleisteten Vorzugsdividenden zustehen.
Die Beklagte vertritt die Auffassung, dass der Anspruch auf Nachzahlung der Vorzugsbeträge und das hiermit nach § 140 Abs. 2 Satz 1 AktG verbundene Stimmrecht mit rechtskräftiger Bestätigung des Insolvenzplans erloschen sind.
Landgericht (ZIP 2009, 1337) und Berufungsgericht (ZIP 2009, 2350) haben der Klage stattgegeben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte das Klageabweisungsbegehren weiter.
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der Urteile der Vorinstanzen und zur Abweisung der Klage.
I.
Das Berufungsgericht hat gemeint, die den Klägern zustehenden Nachzahlungsrechte seien nicht erloschen, weil sie von der in § 227 Abs. 1 InsO vorgesehenen Restschuldbefreiung nicht erfasst würden. Infolge dessen seien die Kläger weiterhin gemäß § 140 Abs. 2 Satz 1 AktG stimmberechtigt. Die in § 227 Abs. 1 InsO vorgesehene Restschuldbefreiung komme nur gegenüber Insolvenzgläubigern in Betracht. Vorzugsaktionäre seien jedoch keine Insolvenzgläubiger. Das Nachzahlungsrecht der Vorzugsaktionäre sei - sofern nicht in der Satzung der Gesellschaft als bedingter Geldzahlungsanspruch ausgestaltet, was hier nicht der Fall gewesen sei - bis zu einem Gewinnverwendungsbeschluss der Hauptversammlung lediglich ein unselbständiger Bestandteil der Vorzugsaktie.
Eine entsprechende Anwendung des § 227 Abs. 1 InsO auf das Nachzahlungsrecht komme nicht in Betracht. Anlass für eine entsprechende richterliche Rechtsfortbildung bestehe nicht, weil es an einer planwidrigen Regelungslücke fehle. Das Insolvenzplanverfahren eröffne den Beteiligten ausreichende Gestaltungsmöglichkeiten. Insbesondere biete § 249 InsO die Möglichkeit, die Wirksamkeit des Insolvenzplans von Leistungen Dritter abhängig zu machen, hier von dem entsprechenden Verzicht der Vorzugsaktionäre.
Im Übrigen ergebe sich aus der Anwendung des Gesetzes für die Beklagte keine unbillig benachteiligende Rechtslage. Denn deren Interessen sei kein Vorrang einzuräumen gegenüber den berechtigten Interessen der Vorzugsaktionäre an dem Erhalt ihrer Nachzahlungsrechte. Es habe der Beklagten schon seit langem freigestanden, satzungsmäßig festzulegen, dass Nachzahlungsrechte der Vorzugsaktionäre im Insolvenzfall erlöschen.
Eine derartige Rechtsfortbildung widerspräche außerdem rechtsstaatlichen Grundsätzen, da die Vorzugsaktionäre ihre Rechte ohne Möglichkeit der Einflussnahme verlören, im Zweifel sogar ohne hiervon überhaupt Kenntnis zu erlangen.
II.
Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung nicht stand.
Die unselbständigen Forderungen der Kläger auf Nachzahlung der seit dem Geschäftsjahr 2003 nicht geleisteten Vorzugsdividenden sind erloschen, weil sie wie letztrangige Insolvenzforderungen zu behandeln sind. Sie gelten damit gemäß § 225 Abs. 1 InsO als erlassen. Aus diesen erlassenen Forderungen kann auch kein Stimmrecht nach § 140 Abs. 2 Satz 1 AktG mehr abgeleitet werden.
1. Bei den unselbständigen Forderungen der Vorzugsaktionäre auf Nachzahlung der Vorzugsdividende handelt es sich zwar in der Insolvenz der Aktiengesellschaft nicht um Forderungen eines Insolvenzgläubigers. Insolvenzgläubiger sind gemäß § 38 InsO persönliche Gläubiger, die einen zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner haben.
a) Der Anspruch auf Vorzugsdividende der stimmrechtslosen Vorzugsaktionäre gemäß § 139 Abs. 1, § 140 Abs. 1 AktG ist zunächst nur ein mitgliedschaftliches Recht (GK-AktG/G. Bezzenberger, 4. Aufl. § 139 Rn. 11; MünchKomm-AktG/Volhard, 2. Aufl. § 139 Rn. 10). Dieses erstarkt zu einem selbständigen übertragbaren Anspruch erst dann, wenn ein Gewinnverwendungsbeschluss von der Hauptversammlung gefasst wird (BGHZ 7, 263, 264 f; GK-AktG/G. Bezzenberger, aaO § 139 Rn. 13; MünchKomm-AktG/Volhard, aaO; Hirte/Mock ZInsO 2009, 1129 f).
Auch der Nachzahlungsanspruch, dessen fehlender Ausgleich gemäß § 140 Abs. 2 AktG zum Aufleben des Stimmrechts der Inhaber der Vorzugsaktien führt, wird erst durch den Gewinnverwendungsbeschluss ein selbständig übertragbarer Anspruch (BGHZ 7, 263, 264 f; GK-AktG/G. Bezzenberger, aaO § 139 Rn. 23; MünchKomm-AktG/Volhard, aaO § 139 Rn. 14; Hirte/Mock aaO).
Da es im vorliegenden Fall an den entsprechenden Gewinnverwendungsbeschlüssen fehlte, hatten die Kläger hinsichtlich ihrer jeweiligen Ansprüche auf Vorzugsdividende lediglich mitgliedschaftliche Rechte. Sie waren keine Insolvenzgläubiger im Sinne von § 38 InsO.
b) Von der Möglichkeit des § 140 Abs. 3 AktG, den Anspruch auf Nachzahlung des Vorzugsbetrags so auszugestalten, dass er als Anspruch bereits entsteht unter der aufschiebenden Bedingung, dass später ein Gewinnverwendungsbeschluss gefasst wird (vgl. BGHZ 7, 263, 264 f; GK-AktG/G. Bezzenberger, aaO § 140 Rn. 32; MünchKomm-AktG/Volhard, aaO § 140 Rn. 15; Hüffer, AktG 8. Aufl. § 140 Rn. 10), hatte die Beklagte keinen Gebrauch gemacht. In diesem Fall hätte bereits ein selbständig abtretbarer Anspruch vorgelegen, der jeweils im Zeitpunkt eines späteren Gewinnverwendungsbeschlusses entstanden wäre (MünchKomm-AktG/Volhard, aaO § 140 Rn. 15; GK-AktG/G. Bezzenberger, aaO § 140 Rn. 32; Hirte/Mock, aaO; vgl. auch Hüffer, aaO). Der Inhaber eines solchen selbständig übertragbaren Nachzahlungsanspruchs wäre Insolvenzgläubiger.
2. Die Nachzahlungsforderungen der Kläger sind wie letztrangige Insolvenzforderungen zu behandeln.
a) Im Insolvenzplan kann gemäß § 217 InsO nur die Befriedigung der absonderungsberechtigten Gläubiger, der Insolvenzgläubiger, die Verwertung der Insolvenzmasse und deren Verteilung an die Beteiligten sowie die Haftung des Schuldners nach Beendigung des Insolvenzverfahrens geregelt werden. Er soll zwar den Beteiligten die Möglichkeit geben, im Interesse der bestmöglichen Befriedigung der Gläubiger das Verfahren möglichst flexibel zu gestalten. Voraussetzung ist aber immer, dass plandispositive Gegenstände geregelt werden (BGH, Beschl. v. 5. Februar 2009 - IX ZB 230/07, ZIP 2009, 480, 482 Rn. 25).
Auf die gesellschaftsrechtlichen Strukturen des Insolvenzschuldners kann der Insolvenzplan keine Auswirkungen haben. Derartige Maßnahmen müssen vielmehr - wie auch im vorliegenden Fall geschehen - außerhalb des Insolvenzplanverfahrens durchgeführt werden. Im Insolvenzplan kann allerdings vorgesehen werden, dass vor der Bestätigung des Plans bestimmte Leistungen erbracht oder andere Maßnahmen verwirklicht werden sollen. In diesem Fall darf der Plan nur bestätigt werden, wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, § 249 InsO.
b) Gemäß § 249 InsO kann der Plan von der Bedingung abhängig gemacht werden, dass vor seiner Bestätigung bestimmte Leistungen erbracht werden. Das können auch Leistungen Dritter, z.B. der Vorzugsaktionäre sein. Im vorliegenden Fall hätte das Wirksamwerden des Insolvenzplans an die Bedingung geknüpft werden können, dass die Nachzahlungsrechte der Vorzugsaktionäre erlöschen.
Ein - nicht praktikabler - individueller Verzicht aller Vorzugsaktionäre ist zwar nicht nötig. Die wirksame Aufhebung des Nachzahlungsrechts durch satzungsändernden Hauptversammlungsbeschluss nach §§ 179 ff AktG und zusätzlichen qualifiziert zustimmenden Sonderbeschluss der Vorzugsaktionäre nach § 141 AktG ist aber, auch im Hinblick auf die Anfechtbarkeit der Beschlüsse, mit erheblichen Unwägbarkeiten verbunden. Ein Anteil der Vorzugsaktionäre von mehr als 25 % könnte den Eintritt einer solchen Bedingung endgültig verhindern.
c) Das wäre jedoch mit der Systematik des Insolvenzrechts nicht vereinbar. Würde nämlich anschließend das Regelinsolvenzverfahren durchgeführt, hätten die Vorzugsaktionäre nur dann eine Aussicht auf Befriedigung ihrer Ansprüche auf Nachzahlung, wenn die Forderungen aller Insolvenzgläubiger in voller Höhe berücksichtigt worden sind (§ 199 InsO). Reicht die Masse hierfür nicht aus, gibt es auch keinen Überschuss, der zu verteilen wäre. Die Ansprüche der Anteilseigner des Schuldners haben hinter den Ansprüchen der Insolvenzgläubiger zurückzutreten (vgl. § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO). Deswegen können Vorzugsaktionäre, deren Ansprüche im Insolvenzverfahren nicht durchzusetzen wären, eine Sanierung der Gesellschaft im Insolvenzplanverfahren mit der Verweigerung ihres Beitrags nicht verhindern.
Dem Berufungsgericht kann wegen dieser Konsequenz nicht in der Beurteilung zugestimmt werden, es bestehe kein Bedarf für eine richterliche Rechtsfortbildung, weil im Insolvenzplan selbst eine ausreichende Regelung getroffen werden könne.
d) Die Auffassung des Berufungsgerichts würde im Ergebnis dazu führen, dass die Vorzugsaktionäre besser stehen als Insolvenzgläubiger, deren Forderungen gemäß § 224 InsO den Regelungen des Insolvenzplans unterfallen. Dies widerspräche dem durch § 199 InsO zum Ausdruck kommenden Rechtsgedanken und dem Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung im Insolvenzverfahren. Eine solche Besserstellung wäre nicht einmal dann zu rechtfertigen, wenn man den Nachzahlungsanspruch, der sich auf die Zeit vor und während des Insolvenzverfahrens bezieht, dem Anspruch von Insolvenzgläubigern gleichstellen würde. Es gibt aber - wie unter c) bereits ausgeführt - schon für eine solche Gleichstellung keinen hinreichenden Grund.
e) Der selbstständige, wenn auch aufschiebend bedingte Anspruch, der im Falle einer Satzungsregelung nach § 140 Abs. 3 AktG vorläge, würde zwar grundsätzlich als Insolvenzforderung am Verfahren teilnehmen, wie sich jedenfalls aus § 191 Abs. 1 InsO ergibt (vgl. HmbKomm-InsO/Lüdtke, 3. Aufl. § 42 Rn. 12; HK-InsO/Eickmann, 5. Aufl. § 42 Rn. 5; Holzer in Kübler/Prütting/Bork, InsO § 42 Rn. 3 a). Selbst dieser Anspruch stünde jedoch mit den Ansprüchen nicht nachrangiger Insolvenzgläubiger nicht auf einer Stufe. Entsprechend der Vorschrift des § 199 InsO wäre er vielmehr als nachrangig einzustufen. Das ergibt sich auch daraus, dass nach § 191 InsO derartige aufschiebend bedingte Forderungen bei Abschlagsverteilungen nicht befriedigt, sondern lediglich gesichert werden. Bei der Schlussverteilung werden sie endgültig nicht berücksichtigt, wenn die Möglichkeit des Eintritts der Bedingung fern liegt, § 191 Abs. 2 InsO. Dies ist aber immer dann der Fall, wenn die Durchführung des Insolvenzverfahrens zur Auflösung der Gesellschaft (§ 262 Abs. 1 Nr. 3 AktG) und ihrer Liquidation führt und ein Überschuss nicht zu erwarten ist. Eine Berücksichtigung bei der Verteilung des Erlöses kommt dann nicht in Betracht.
Den selbständigen Nachzahlungsansprüchen der Vorzugsaktionäre kann eine Befriedigungsmöglichkeit lediglich im Rang nach den nachrangigen Forderungen des § 39 Abs. 1 InsO zuerkannt werden. Denn auch die Gläubiger der nachrangigen Insolvenzforderungen müssen durch das Insolvenzgericht erst zur Forderungsanmeldung aufgefordert worden (§ 174 Abs. 3 InsO), deren Forderungen geprüft (vgl. § 177 Abs. 2 InsO) und erfüllt worden sein, bevor nach § 199 InsO die Auskehrung eines Überschusses an die Inhaber von Vorzugsaktien in Betracht kommt (HK-InsO/Depré, aaO § 199 Rn. 1 f).
Derartige Ansprüche müssen deshalb auch im Insolvenzplanverfahren, das gemäß § 274 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 AktG zur Fortsetzung der Gesellschaft führen soll, gemäß § 225 Abs. 1 InsO als erlassen gelten, wenn, wie im vorliegenden Fall, im Insolvenzplan nichts Abweichendes geregelt ist. Eine entsprechende Wertung ergibt sich auch aus § 245 Abs. 2 Nr. 2 InsO.
f) Hat die Aktiengesellschaft von einer Regelung im Sinne des § 140 Abs. 3 AktG abgesehen, ist die Rechtsstellung der Inhaber von Vorzugsaktien noch ungünstiger, weil sie dann noch nicht Inhaber selbständiger, wenn auch bedingter Forderungsrechte sind. Dies schließt es aus, dass sie insolvenzrechtlich besser gestellt werden. Das insolvenzrechtliche Ergebnis hinsichtlich der Rechtsstellung der Inhaber der Vorzugsaktien bezüglich ihrer Nachzahlungsansprüche kann nicht von einer Satzungsregelung der Aktiengesellschaft nach § 140 Abs. 3 AktG abhängen. Aus der Wertung, die sich aus § 140 AktG einerseits, aus §§ 191, 199, 225, 227 InsO andererseits ergibt, kann der unselbständige Nachzahlungsanspruch des Vorzugsaktionärs auch dann keine gleichrangige oder bessere Befriedigungsmöglichkeit als ein nachrangiger Insolvenzgläubiger beanspruchen, wenn es an einer Satzungsregelung nach § 140 Abs. 3 AktG oder einem Gewinnverwendungsbeschluss fehlt.
Der Vorzugsaktionär kann insoweit zudem im Verhältnis zu den Insolvenzgläubigern nicht besser gestellt werden als der Stammaktionär. Deren unterschiedliche Rechtsstellung betrifft allein das Innenverhältnis der Gesellschaft, die Berechtigung zwischen den Aktionären. Die Rechtsstellung der außenstehenden Gläubiger im Insolvenzverfahren kann dadurch nicht beeinträchtigt werden (vgl. Hirte/Mock aaO S. 1134).
Die aktienrechtlich bedeutsame Unterscheidung zwischen selbständigem (§ 140 Abs. 3 AktG) und unselbständigem Nachzahlungsanspruch wird damit in keiner Weise tangiert. Lediglich im Insolvenzverfahren sind diese Rechte im vorliegenden Zusammenhang gleich zu behandeln.
4. Diese Rechtsfortbildung widerspricht entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht rechtsstaatlichen Grundsätzen. Sind die Inhaber von Vorzugsaktien wegen ihrer Nachzahlungsrechte aus den dargelegten Gründen wie letztrangige Insolvenzgläubiger zu behandeln, sind sie jedenfalls nicht besser zu stellen als andere nachrangige Insolvenzgläubiger. Diese können im Regelinsolvenzverfahren ihre Forderungen nur dann anmelden, wenn sie hierzu gemäß § 174 Abs. 3 InsO aufgefordert worden sind, weil für sie eine Befriedigungsmöglichkeit besteht. Immerhin sind die Vorzugsaktionäre auch nicht schlechter gestellt als diese.
Im Insolvenzplanverfahren sind für die einzelnen Rangklassen der nachrangigen Insolvenzgläubiger gemäß § 222 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 InsO Gruppen zu bilden, soweit deren Forderungen nicht nach § 225 InsO als erlassen gelten sollen. Das führt zwar dazu, dass diese Gläubiger im Falle, dass § 225 InsO eingreifen soll, nicht abstimmen dürfen. Sie sind aber dadurch nicht rechtlos gestellt, weil sie gleichwohl gemäß § 251 InsO vorgehen und den dort geregelten Minderheitenschutz in Anspruch nehmen können (MünchKomm-InsO/Eidenmüller, aaO § 222 Rn. 63; HK-InsO/Flessner, aaO § 251 Rn. 3). Insoweit sind die Vorzugsaktionäre nicht schlechter gestellt als andere nachrangige Insolvenzgläubiger.
Ganter Vill Lohmann
Fischer Pape