Entscheidungsdatum: 07.07.2011
Die Beschwerde des Beklagten zu 2 gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 15. Juli 2009 wird zurückgewiesen.
Der Wert des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens wird auf 5.000.000 € festgesetzt.
Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 ZPO).
1. Ein Anwaltsvertrag kann durch schlüssiges Verhalten zustande kommen. Einen von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs abweichenden Rechtssatz, dass das Zustandekommen des Vertrages ausschließlich von der Sachkunde des Auftraggebers und der Bedeutung der Auskunft für den Empfänger abhängt, stellt das angefochtene Urteil nicht auf. Wenn bei der erforderlichen Gesamtwürdigung des Verhaltens der Vertragsparteien einzelne Umstände außer Betracht geblieben sein sollten oder eine abweichende Würdigung vorstellbar wäre, rechtfertigte dies nicht die Zulassung der Revision. Dem von der Nichtzulassungsbeschwerde als übergangen gerügten Gesichtspunkt der Unabhängigkeit des Insolvenzverwalters von den Gläubigern und dem Schuldner (§ 56 Abs. 1 Satz 1 InsO) konnte im vorliegenden Fall schon deshalb keine ausschlaggebende Bedeutung zukommen, weil der Nebenintervenient nicht von Anfang an als zukünftiger Insolvenzverwalter zugezogen worden ist; dass Insolvenzantrag gestellt und der Nebenintervenient Insolvenzverwalter werden sollte, war vielmehr erst das Ergebnis der Besprechung am 30. Mai 2001. Vortrag dazu, dass der Klägerin die Vorschrift des § 56 Abs. 1 Satz 1 InsO bekannt war, weist die Nichtzulassungsbeschwerde nicht nach.
2. Auf die Hilfsbegründung des Berufungsgerichts, die Klägerin sei jedenfalls in den Schutzbereich eines zwischen ihrem Ehemann und/oder der Schuldnerin und dem Nebenintervenienten geschlossenen Vertrags einbezogen gewesen, kommt es nicht an, weil die Hauptbegründung - Vertragsschluss unmittelbar zwischen der Klägerin und dem Nebenintervenienten - zulassungsrechtlich Bestand hat. Auch hier ist nicht ersichtlich, dass das Berufungsgericht einen von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs abweichenden Obersatz aufgestellt hätte.
3. Das angefochtene Urteil beruht nicht auf dem Rechtssatz, ein Anwaltsvertrag ende, wenn der Anwalt eine Tätigkeit übernimmt, die zum bisherigen Mandat in Widerspruch steht. Ein Anwaltsvertrag endet (u.a.) mit der Erledigung des Auftrags (vgl. BGH, Urteil vom 20. Juni 1996 - IX ZR 106/95, WM 1996, 1832, 1833). Die Beratung zu den Möglichkeiten, die das Insolvenzrecht für die Sanierung des Unternehmens der Schuldnerin bot, war mit dem Insolvenzantrag abgeschlossen. Dass der Nebenintervenient es übernommen hätte, die Klägerin auch während des Insolvenzverfahrens zu beraten, hat weder die Klägerin noch der Beklagte zu 2 behauptet.
4. Der Anwalt hat den Mandanten vor Gefahren zu warnen, die sich bei ordnungsgemäßer Bearbeitung eines eingeschränkten Mandats aufdrängen, wenn er Grund zu der Annahme hat, dass sein Auftraggeber sich dieser Gefahr nicht bewusst ist. Eine solche Verpflichtung kommt vor allem dann in Betracht, wenn Ansprüche gegen Dritte zu verjähren drohen (BGH, Urteil vom 26. Juni 2008 - IX ZR 145/05, WM 2008, 1563 Rn. 15 mwN). Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass der Beklagte zu 2 die Stellungnahme des Rechtsanwalts K. am 13. Januar 2004 erhalten hat. Er hatte damit weiterhin Grund zu der Annahme, dass der Klägerin die Gefahr der Verjährung des Anspruchs gegen den Nebenintervenienten nicht bewusst war; denn diesem - im Tatbestand des landgerichtlichen Urteils zitierten - Schreiben war zu entnehmen, dass der Anspruch gegen den Nebenintervenienten gerade nicht näher geprüft worden war. Die Frage, wie es sich auf die Pflichten aus einem eingeschränkten Mandat auswirkt, wenn ein anderer Anwalt umfassend beauftragt worden ist, stellt sich im vorliegenden Fall nicht.
5. Nach den nicht mit einem Tatbestandsberichtigungsantrag angegriffenen Feststellungen des angefochtenen Urteils (dort Seite 21) hat die Klägerin die Klage gegen den Beklagten zu 2 nicht nur auf dessen (wirkliche oder vermeintliche) Gesellschafterhaftung gestützt, sondern auch auf den Umstand, dass der Beklagte zu 2 sie beraten hat.
6. Dass das Berufungsgericht angenommen hat, die Klage sei im Sinne von § 167 ZPO demnächst zugestellt worden, wirft schließlich ebenfalls keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung auf. Der Klägerin können nur solche Verzögerungen zugerechnet werden, die auf ihr eigenes Fehlverhalten zurückzuführen sind. Die Anrufung des örtlich unzuständigen Landgerichts B. war kein Fehler, der sich auf die Zustellung der Klage auswirken durfte. Die Vorschriften der §§ 39, 281 ZPO zeigen deutlich, dass auch die bei einem örtlich unzuständigen Gericht eingereichte Klage zugestellt werden muss.
Kayser Raebel Lohmann
Pape Möhring