Entscheidungsdatum: 17.02.2011
1. Die Forderung aus der Rechtshandlung eines Dritten entspricht einem Gesellschafterdarlehen nicht schon deshalb, weil es sich bei dem Dritten um eine nahestehende Person im Sinne des § 138 InsO handelt .
2. Gewährt eine nahestehende Person (§ 138 InsO) dem Schuldner ein ungesichertes Darlehen, begründet dies keinen ersten Anschein für eine wirtschaftliche Gleichstellung mit einem Gesellschafterdarlehen .
Die Revision gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 14. Juli 2010 wird auf Kosten des Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die von der Klägerin zu 1 zur Insolvenztabelle der M. GmbH & Co. KG, Az. Amtsgericht Esslingen 5 IN 405/08, im Rang des § 38 InsO in Höhe von 1.005.444,44 € angemeldete Forderung zugunsten der Klägerin zu 1 und die von der am 5. August 2010 verstorbenen A. M. zur Insolvenztabelle der M. GmbH & Co. KG, Az. Amtsgericht Esslingen 5 IN 405/08, im Rang des § 38 InsO in Höhe von 228.046,52 € angemeldete Forderung als Forderung der Kläger zu 2a) bis d) in ungeteilter Erbengemeinschaft nach A. M. zur Insolvenztabelle festgestellt werden.
Von Rechts wegen
Der Beklagte ist Verwalter in dem am 2. Februar 2009 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der M. GmbH & Co. KG (fortan: Schuldnerin). Alleiniger Kommanditist und Geschäftsführer der Komplementärin der Schuldnerin ist G. M., der zugleich Alleingesellschafter der Komplementärin ist. Bei der Klägerin zu 1 handelt es sich ebenfalls um eine Gesellschaft in der Rechtsform der GmbH & Co. KG. Alleiniger Kommanditist und Geschäftsführer der Komplementärin ist Al. M., der Bruder des G. M. Die Klägerin zu 1 ist mit 85,72 vom Hundert an der A.-GmbH (fortan: A.-GmbH oder Zedentin) beteiligt, deren Geschäftsführer ebenfalls Al. M. ist. Die nach Einlegung der Revision verstorbene vormalige Klägerin zu 2 (fortan nur Klägerin zu 2) war die Mutter des G. M. Sie ist von den Revisionsbeklagten zu 2 a) bis 2 d) beerbt worden. Die Erbengemeinschaft ist noch nicht auseinandergesetzt.
Die Klägerin zu 2 gewährte der Schuldnerin am 3. August 2005 ein mit jährlich in Höhe von 4 vom Hundert zu verzinsendes ungesichertes Darlehen über 200.000 €. Mit Vertrag vom 9. Juli 2008 gewährte auch die A.-GmbH der Schuldnerin ein ungesichertes Darlehen in Höhe von 1.000.000 €, das zunächst mit jährlich 7 vom Hundert zu verzinsen war. Die A.-GmbH verkaufte die Darlehensforderung mit Vertrag vom 30. Oktober 2008 an die Klägerin zu 1 und trat sie zugleich an diese ab. Die Klägerinnen meldeten die Darlehensforderungen nebst der bis zur Insolvenzeröffnung aufgelaufenen vertraglichen Zinsen als Insolvenzforderungen im Rang des § 38 InsO zur Insolvenztabelle an. Im Prüfungstermin bestritt der Beklagte die Forderungen. Er hält die Klägerinnen für nachrangige Insolvenzgläubiger.
Die Klägerinnen haben auf Feststellung ihrer Forderungen zur Insolvenztabelle geklagt. Das Landgericht hat den Klagen stattgegeben. Die Berufung des Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Mit seiner von dem Berufungsgericht zugelassenen Revision möchte er die Abweisung der Klagen erreichen. Die Kläger zu 2 a) bis 2 d) haben als Rechtsnachfolger der vormaligen Klägerin zu 2 den durch Tod unterbrochenen Rechtsstreit aufgenommen.
Die Revision des Beklagten hat keinen Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Die Forderungen der Klägerinnen seien aufgrund der nach § 180 InsO statthaften Feststellungsklagen zur Tabelle festzustellen, weil es sich um Insolvenzforderungen nach § 38 InsO, nicht aber um nachrangige Forderungen nach dem im Streitfall schon anwendbaren § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) vom 23. Oktober 2008 (BGBl. I, S. 2026) handle. Diese Vorschrift sei zwar nicht nur auf die von Gesellschaftern selbst, sondern auch auf von Dritten gewährte Darlehen anwendbar. Jedoch reiche es für die Erstreckung auf dritte Personen nicht aus, wenn es sich bei ihnen - wie im Streitfall - um nahestehende Personen im Sinne des § 138 InsO handle. Diese Vorschrift betreffe nach ihrer Stellung im Gesetz das Insolvenzanfechtungsrecht. Auch nach seinem Sinn und Zweck sei § 138 InsO nicht anwendbar. Dem neuen Recht der Gesellschafterdarlehen in der Insolvenz liege nicht mehr das Konzept der Finanzierungsfolgenverantwortung, sondern der Gedanke zugrunde, dass von einem Gesellschafter zur Verfügung gestelltes Fremdkapital stets eine Sonderbehandlung verdiene. Hieraus sei zu folgern, dass bei der Einbeziehung Dritter in den Anwendungsbereich des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO Zurückhaltung geboten sei und eine nicht ausdrücklich vorgesehene Ausweitung des persönlichen Anwendungsbereichs durch eine entsprechende Anwendung von § 138 InsO nicht in Betracht komme.
Auch aus anderen Gründen seien die der Schuldnerin gewährten Darlehen nicht einem Gesellschafterdarlehen gleichzustellen. Es fehle an einer Kapitalbeteiligung der Klägerinnen an der Schuldnerin. Die einzige gesellschaftsrechtliche Verbindung zwischen der Schuldnerin und der Klägerin zu 1 bestehe darin, dass beide Gesellschaften zusammen mit Al. M. als Kommanditisten an der G+A GmbH & Co. KG beteiligt seien. Schließlich sei auch ein etwaiger Informationsvorsprung der Klägerinnen gegenüber außenstehenden Dritten oder eine fehlende Kreditwürdigkeit der Schuldnerin zum Zeitpunkt der jeweiligen Kreditvergabe für den Rang der Darlehensforderungen unerheblich.
II.
Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung stand.
1. Die nach den §§ 38, 179 Abs. 1, § 180 Abs. 1 InsO zulässigen Feststellungsklagen sind begründet, wenn die von den Klägerinnen angemeldeten Insolvenzforderungen nicht nachrangig im Sinne des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO sind. Dies beurteilt sich nach § 39 InsO in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen vom 23. Oktober 2008. Nach Art. 103d Satz 1 EGInsO sind nur für die vor Inkrafttreten des Gesetzes am 1. November 2008 eröffneten Insolvenzverfahren die bis dahin geltenden Vorschriften maßgeblich. Der Ausnahmefall des Art. 103d Satz 2 EGInsO, der für die Anfechtung von Rechtshandlungen unter bestimmten Voraussetzungen die Anwendung des zuvor geltenden Rechts anordnet, liegt nicht vor. Für bereits vor Inkrafttreten der Neuregelung gewährte Darlehen gilt ein nach neuem Recht bestehender Nachrang, ohne dass darin eine unzulässige echte Rückwirkung liegt (vgl. Azara, Das Eigenkapitalersatzrecht der GmbH nach dem Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen, 2010, S. 941 f; Kammeter/Geißelmeier, NZI 2007, 214, 218).
2. Nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO werden nach Maßgabe der Absätze 4 und 5 der Vorschrift Forderungen auf Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens oder Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen, im Rang nach den übrigen Forderungen der Insolvenzgläubiger befriedigt. Hierunter lassen sich, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, die von den Klägerinnen angemeldeten Darlehensansprüche nicht fassen.
a) Allerdings steht es der Anwendbarkeit der Vorschrift nicht von vornherein entgegen, dass es sich bei den Darlehensgebern nicht um Gesellschafter der Schuldnerin handelt. Auch wenn Rechtshandlungen Dritter in der Vorschrift nicht ausdrücklich erwähnt werden, sollte der Anwendungsbereich der durch das Gesetz vom 23. Oktober 2008 (MoMiG) aufgehobenen Vorschrift des § 32a Abs. 3 Satz 1 GmbHG in der Fassung des Gesetzes vom 4. Juli 1980 (BGBl. I S. 836, 838; fortan § 32a Abs. 3 Satz 1 GmbHG aF) auch in personeller Hinsicht übernommen werden (vgl. BT-Drucks. 16/6140, S. 56). Von der Neuregelung werden daher auch Rechtshandlungen Dritter erfasst, welche der Darlehensgewährung durch einen Gesellschafter wirtschaftlich entsprechen (vgl. Uhlenbruck/Hirte, InsO, 13. Aufl., § 39 Rn. 40; Preuß in Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 39 Rn. 62 [Stand: Mai 2009]; Graf-Schlicker/Neußner, InsO, 2. Aufl., § 39 Rn. 26; Ulmer/Habersack, GmbHG, Ergänzungsband MoMiG 2010, § 30 Rn. 43; Lutter/Hommelhoff/Kleindiek, GmbHG, 17. Aufl., Anh. zu § 64 Rn. 120 f; Michalski/Dahl, GmbHG, 2. Aufl., Anh. II §§ 32a, 32b aF Rn. 11; Hueck/Fastrich in Baumbach/Hueck/Hueck/Fastrich, GmbHG, 19. Aufl., § 30 Anh. Rn. 34; Gehrlein, BB 2008, 846, 850; aA nur Wälzholz, DStR 2007, 1914, 1918). Dies gilt insbesondere für Darlehen verbundener Unternehmen.
Nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts liegen die von der bisherigen Rechtsprechung (zuletzt BGH, Urteil vom 5. Mai 2008 - II ZR 108/07, ZIP 2008, 1230 Rn. 9 f mwN) hierzu aufgestellten Voraussetzungen nicht vor. Es besteht weder eine gesellschaftsrechtliche - vertikale oder horizontale - Verbindung zwischen der Zedentin und einem der Gesellschafter der Schuldnerin, noch ist ein Gesellschafter an beiden Gesellschaften beteiligt (vgl. BGH, Urteil vom 5. Mai 2008, aaO). Eine Verbindung wird nur über das Verwandtschaftsverhältnis der an der Zedentin und der Schuldnerin maßgeblich beteiligten Gesellschafter vermittelt. Das gleiche gilt im Verhältnis zu der Klägerin zu 2. Wie von der Revision auch nicht in Zweifel gezogen wird, ist die allein vorliegende gemeinsame Beteiligung von Klägerin zu 1 und Schuldnerin an einer dritten Gesellschaft ohne Belang. Es bedarf daher aus Anlass des Streitfalls keiner Prüfung, ob an der Rechtsprechung zu diesem Fragenkreis im Anwendungsbereich des neuen Gesellschaftsinsolvenzrechts festzuhalten ist (so AG Hamburg InsVZ 2010, 421, 422; Lutter/Hommelhoff/Kleindiek, aaO, Anh. zu § 64 Rn. 127; Michalski/Dahl, aaO Anh. II §§ 32a, 32b aF Rn. 12 f; Gehle, DB 2010, 1051, 1052 f; aA mit unterschiedlichen Lösungsvorschlägen Ulmer/Habersack, GmbHG, Ergänzungsband MoMiG, 2010, § 30 Rn. 44 f; U. Huber in Festschrift Priester, 2007, S. 259, 280; Schall, ZIP 2010, 205, 209 f).
b) Das Berufungsgericht hat auch damit Recht, dass nicht schon eine dem Gesellschafterdarlehen wirtschaftlich entsprechende Rechtshandlung vorliegt, weil es sich bei der A.-GmbH um eine dem Gesellschafter der Schuldnerin (§ 138 Abs. 1 Nr. 4 InsO) und auch dieser selbst (§ 138 Abs. 2 Nr. 3 InsO) nahe stehende Person handelt. Entsprechendes gilt für die Klägerin zu 2 gemäß § 138 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 3 InsO. Entgegen der Auffassung der Revision kann die Vorschrift des § 138 InsO zur Abgrenzung von einfachen (§ 38 InsO) zu nachrangigen Insolvenzforderungen (§ 39 InsO) nicht herangezogen werden.
aa) Als Indiz hiergegen spricht schon die systematische Stellung der Norm in dem Abschnitt über die Insolvenzanfechtung. § 138 InsO findet allerdings nicht nur auf diese, sondern auch bei Entscheidungen über die Verwertung des Schuldnervermögens Anwendung. Wird das Unternehmen oder ein Betrieb an eine nahestehende Person veräußert, ist danach die Zustimmung der Gläubigerversammlung erforderlich (§ 162 Abs. 1 Nr. 1 InsO). Der Anwendung des § 138 InsO steht auch nicht zwingend entgegen, dass eine solche Einbeziehung in § 39 InsO nicht ausdrücklich vorgesehen ist. Denn schon die nähere Ausgestaltung der in § 32a Abs. 3 Satz 1 GmbHG aF kodifizierten Vorgängerregelung war bewusst der Rechtsprechung überlassen worden (Ulmer/Habersack, GmbHG, 2006, §§ 32a/b Rn. 101; vgl. auch BGH, Urteil vom 21. September 1981 - II ZR 104/80, BGHZ 81, 311, 315). Der damalige Regierungsentwurf hatte noch eine kasuistische Aufzählung von Umgehungstatbeständen enthalten (BT-Drucks. 8/1347 S. 9 f, 40; hierzu Ulmer/Habersack, GmbHG, aaO Rn. 101 f). Auf Vorschlag des Rechtsausschusses war an seine Stelle eine Generalklausel getreten, weil der Versuch, die einzelnen Tatbestände zu umschreiben, die Gefahr in sich berge, dass Lücken bestehen blieben (BT-Drucks. 8/3908, S. 74). Die Begründung der Neuregelung enthält wiederum keine Konkretisierung möglicher Umgehungstatbestände (BT-Drucks. 16/6140, S. 56).
bb) Entscheidend gegen die Anwendung des § 138 InsO im Anwendungsbereich des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO spricht jedoch, dass die Vorschrift in der Sache auf einen anderen Regelungsbereich zugeschnitten ist. Soweit in den Anfechtungsvorschriften der Insolvenzordnung auf § 138 InsO verwiesen wird, ist hiermit eine Umkehr der Beweislast zum Nachteil der nahestehenden Person verbunden. Hiervon werden Handlungen erfasst, die sich ohnehin durch eine besondere Verdächtigkeit auszeichnen (§ 131 Abs. 2 Satz 2, § 132 Abs. 3 i.V.m. § 130 Abs. 3, § 133 Abs. 2 InsO) oder bei denen die in § 138 InsO genannte Person der Insolvenz besonders nahe steht (§ 130 Abs. 3 InsO). Gewährt hingegen eine nahestehende Person der Gesellschaft ein Darlehen, ist dies für sich genommen unverdächtig. Erst die Zurechnung zum Gesellschafter löst den Verdacht aus und zieht die Abwertung der ansonsten einwandfreien Forderung nach sich (vgl. Schall, aaO S. 209). Bei einer Zurechnung allein über § 138 InsO würde somit das unverdächtige Darlehen eines Dritten so behandelt, als stamme es aus dem Vermögen des Gesellschafters. Eine solche generelle Gleichsetzung ließe unberücksichtigt, dass auch eine dem Gesellschafter nahestehende Person der Gesellschaft ein Darlehen als außenstehender Dritter gewähren kann (Löwisch, Eigenkapitalersatzrecht, 2007, S. 122; Goette/Kleindiek, Gesellschafterfinanzierung nach MoMiG, 6. Aufl., S. 147; Goette, Die GmbH, 2. Aufl., S. 133 Rn. 124). Ein Regelungsmodell, das auf eine Mithaftung für die Schulden des nahen Angehörigen hinausläuft, liegt auch der Neuregelung des Gesellschaftsinsolvenzrechts fern.
cc) Schließlich kann die von der Revision erwogene Möglichkeit, einen Informationsvorsprung bei den dem Gesellschafter oder der Gesellschaft nahe stehenden Personen zu vermuten, die entsprechende Anwendung des § 138 InsO im hier vorliegenden Zusammenhang nicht rechtfertigen. Dies setzte zumindest voraus, dass maßgeblicher Grund für den in § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO angeordneten Nachrang der Informationsvorsprung des Gesellschafters ist. Schon das ist nicht der Fall.
(1) Die in der Begründung des Regierungsentwurfs (BT-Drucks. 16/6140, S. 56) nicht behandelte und in der Literatur umstrittene Frage, welcher Grundgedanke der gesetzlichen Neuregelung der Gesellschafterdarlehen zugrunde liegt, braucht aus Anlass des Streitfalls nicht entschieden zu werden. Es kann im Einzelnen offen bleiben, ob weiterhin der Gedanke der Krisenfinanzierung (so Roth/Altmeppen, GmbHG, 6. Aufl., Anh. §§ 32a, b Rn. 9; Bork, ZGR 2007, 250, 257 f; Mock, DStR 2008, 1645, 1647; Spliedt, ZIP 2009, 149, 153), der des Missbrauchs der Haftungsbeschränkung (so Ulmer/Habersack, GmbHG Ergänzungsband MoMiG, 2010, § 30 Rn. 37; HmbKomm-InsO/Lüdtke, 3. Aufl., § 39 Rn. 19; U. Huber, aaO S. 277 f) oder die Schaffung einer Gefahrenlage für den Rechtsverkehr (so Schäfer, ZInsO 2010, 1311, 1313) maßgeblich sein sollte oder ob es sich um eine bloße gesetzgeberische Entscheidung handle, die an die Doppelrolle des Gesellschafters und Gläubigers anknüpfe (so Lutter/Hommelhoff/Kleindiek, aaO Anh. § 64 Rn. 115; Schall, Kapitalgesellschaftsrechtlicher Gläubigerschutz, 2009, S. 173 f; Haas, ZInsO 2007, 617, 618).
(2) Jedenfalls ist nicht der typischerweise gegebene Informationsvorsprung des Gesellschafters der maßgebliche Grund für den Nachrang des von ihm gewährten Darlehens (vgl. K. Schmidt, GmbHR 2009, 1009, 1016; Kampshoff, GmbHR 2010, 897, 899 f, 901 f). Ein solcher vermag zwar die Insolvenzanfechtung (§ 135 Abs. 1 InsO), nicht aber den gesetzlichen Nachrang noch offener Forderungen zu rechtfertigen (vgl. Lutter/Hommelhoff/Kleindiek, aaO Anh. zu § 64 Rn. 115). Ein Informationsvorsprung kann zur Folge haben, dass ein gewährtes Darlehen vor der offenbar werdenden Insolvenz abgezogen wird; er führt aber gerade nicht dazu, dass ein mit den Verhältnissen der Schuldnerin besonders vertrauter "Insider" der Gesellschaft ein Darlehen gewährt und er dieses vor der Insolvenz nicht mehr zurückfordert (vgl. Azara, aaO S. 507, 509 f; Cahn, AG 2005, 217, 222). Der Insidergedanke kann daher nicht herangezogen werden, um den Anwendungsbereich des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO über eine Anwendung des § 138 InsO zu erweitern.
(3) Deshalb kommt es auch nicht darauf an, ob das Berufungsgericht - wie die Revision mit ihrer ersten Hilfsrüge geltend macht - einen tatsächlich vorliegenden Informationsvorsprung der Klägerinnen unterstellt hat. Einen solchen hat der Beklagte in den Tatsacheninstanzen allerdings auch nicht substantiiert behauptet.
c) Nach dem auslaufenden Recht unterliegt ein nicht von einem Gesellschafter selbst gewährtes Darlehen gleichwohl den Regeln des Eigenkapitalersatzes, wenn der Gesellschafter dem Darlehensgeber die Mittel für Gesellschaftszwecke zur Verfügung gestellt hat (BGH, Urteil vom 18. Februar 1991 - II ZR 259/89, ZIP 1991, 366, 367; vom 14. Juni 1993 - II ZR 252/92, ZIP 1993, 1072, 1073; vom 18. November 1996 - II ZR 207/95, ZIP 1997, 115, 116; vom 6. April 2009 - II ZR 277/07, WM 2009, 1288 Rn. 9). Hierzu reicht es aus, dass die von dem Dritten gewährte Hilfe wirtschaftlich aus dem Vermögen des Gesellschafters aufgebracht werden soll (BGH, Urteil vom 14. Juni 1993, aaO; vom 7. November 1994 - II ZR 270/93, ZIP 1994, 1934, 1939, insoweit nicht in BGHZ 127, 336; vom 18. November 1996, aaO; vom 26. Juni 2000 - II ZR 21/99, WM 2000, 1697, 1698). Dies ist etwa der Fall, wenn dem Dritten im Verhältnis zu dem Gesellschafter ein Freistellungsanspruch zusteht (BGH, Urteil vom 18. November 1996, aaO; vom 26. Juni 2000, aaO), selbst wenn der Dritte als naher Angehöriger die Mittel vorübergehend für den Gesellschafter bevorschusst hat (BGH, Urteil vom 7. November 1994, aaO). Nach Auffassung der Literatur kann an diesen Grundsätzen auch für das neue Recht festgehalten werden (Ulmer/Habersack, aaO § 30 Rn. 44; Michalski/Dahl, aaO Anh. II §§ 32a, 32b aF Rn. 12; Lutter/Hommelhoff/Kleindiek, aaO Anh § 64 Rn. 122; Hueck/Fastrich in Baumbach/Hueck/Hueck/Fastrich, aaO § 30 Anh. Rn. 39 f; FK-InsO/Schumacher, 6. Aufl., § 39 Rn. 12; HmbKomm-InsO/Lüdtke, aaO § 39 Rn. 35, § 135 Rn. 142 f; K. Schmidt, GmbHR 2009, 1009, 1018; Gehrlein, aaO S. 850). Inwieweit diese Rechtsgrundsätze mit herangezogen werden können, um den Kreis der Forderungen aus Rechtshandlungen zu konkretisieren, die einem Gesellschafterdarlehen nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO gleichzustellen sind, bedarf an dieser Stelle keiner Vertiefung. Es fehlt bereits an entsprechendem Sachvortrag des Beklagten.
aa) Nach Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht die Ausführungen hierzu in der Berufungsbegründung außer Acht gelassen, wonach zugunsten des Beklagten eine Beweiserleichterung eingreife.
An der angegebenen Stelle hat der Beklagte geltend gemacht, dass kein außenstehender Dritter der Schuldnerin Darlehen zu vergleichbaren Konditionen, insbesondere ohne die Gewährung einer Sicherheit und ohne die Vereinbarung von Informationsrechten, gewährt hätte. Dies spreche dafür, dass die Kreditgewährung "causa societatis" erfolgt und aus diesem Grund als eigenkapitalersetzend zu qualifizieren sei. Die Klägerinnen sind dieser von dem Beklagten geäußerten Vermutung entgegengetreten. Die streitgegenständlichen Darlehen seien aus eigenem Vermögen geleistet worden; die Darlehensgeber hätten weder im Auftrag noch auf Rechnung der Schuldnerin gehandelt. Dagegen hat sich der Beklagte nicht mehr gewandt.
bb) Danach hat das Berufungsgericht keinen entscheidungserheblichen Vortrag entgegen § 286 ZPO außer Acht gelassen. Insbesondere hat es die Darlegungs- und Beweislast nicht verkannt.
(1) Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs begründet ein Ehe- oder Verwandtschaftsverhältnis zwischen dem Darlehensgeber und dem Gesellschafter für sich genommen noch keine Beweiserleichterung dafür, dass die Mittel von dem Gesellschafter stammen (BGH, Urteil vom 18. Februar 1991, aaO; vom 8. Februar 1999 - II ZR 261/97, WM 1999, 1379, 1381; vom 6. April 2009, aaO). Eine Beweiserleichterung im Sinne eines Anscheinsbeweises kommt aber dann in Betracht, wenn es sonstige konkrete Hinweise darauf gibt, dass diese Voraussetzung vorliegt (BGH, Urteil vom 18. Februar 1991, aaO; vom 6. April 2009, aaO). Der Bundesgerichtshof hatte bislang nicht zu entscheiden, in welchen Fällen sonstige Hinweise für eine solche Herkunft der Mittel vorliegen, weil entweder hierzu konkreter Sachvortrag fehlte (BGH, Urteil vom 18. Februar 1991, aaO), als unstreitig festgestellt war, dass die Darlehensmittel aus dem Vermögen des Dritten und nicht aus dem des Gesellschafters stammten (BGH, Urteil vom 6. April 2009, aaO Rn. 10)oder umgekehrt sich bereits aus dem festgestellten Sachverhalt ergab, dass die Mittel aus dem Vermögen des Gesellschafters und nicht des formellen Darlehensgebers (Dritten) stammten (BGH, Urteil vom 7. November 1994, aaO; vom 26. Juni 2000, aaO).
In der Literatur wird zum auslaufenden Kapitalersatzrecht teilweise angenommen, das Näheverhältnis könne für sich bereits den ersten Anschein dafür begründen, dass das Darlehen mit Mitteln des Gesellschafters gewährt worden sei (Scholz/K. Schmidt, GmbHG, 10. Aufl., §§ 32a, 32b Rn. 146; Ockelmann in Bormann/Kauka/Ockelmann, Handbuch GmbH-Recht, 2009, S. 485), oder aber es seien je nach Lage des Falles solche Beweiserleichterungen zu gewähren, wenn zumindest Anhaltspunkte dafür beständen, dass es sich um Mittel handle, die dem Darlehensgeber zu diesem Zweck vom Gesellschafter zur Verfügung gestellt waren (Ulmer/Habersack, GmbHG, 2006, §§ 32a/b Rn. 143; Hueck/Fastrich in Baumbach/Hueck/Hueck/Fastrich, Rn 40; Schröder in von Gerkan/Hommelhoff/Johlke, Handbuch des Kapitalersatzrechts, 2. Aufl., S. 158, 488; von Gerkan, ZGR 1997, 173, 184).
(2) Für die nach der neuen Gesetzeslage zu beurteilenden Fälle kann an das Merkmal der "Krise der Gesellschaft" oder das der "fehlenden Kreditwürdigkeit" zum Zeitpunkt der Gewährung des Darlehens nicht mehr angeknüpft werden. Deswegen kann es keinen Beweis des ersten Anscheins begründen, dass der zur Familie des Schuldners gehörende Darlehensgeber den Kredit ohne entsprechende Sicherheiten und ohne Informationsrechte ausgereicht hat. Gleiches gilt für den Kredit einer Gesellschaft, die sich in der Hand eines Familienangehörigen befindet. Im Übrigen dürfte es nicht ungewöhnlich sein, Privatdarlehen innerhalb der Familie allein im Vertrauen auf die Person des zur Familie gehörenden Darlehensnehmers zu gewähren. Für die Annahme eines feststehenden Erfahrungssatzes, der geeignet ist, die Darlegungs- und Beweislast allein im Hinblick auf die fehlenden Sicherheiten zu Lasten des Darlehensgebers zu verschieben, wie dies offenbar der Revision vorschwebt, ist deshalb kein Raum.
(3) Die Klägerinnen haben behauptet, dass die Darlehensvaluta aus ihrem eigenen Vermögen herrühre. Der Beklagte ist diesem Vortrag nicht entgegengetreten. Er hat auch kein "Umgehungsgeschäft", nicht einmal in den Grundzügen, behauptet. Deshalb brauchte sich das Berufungsgericht mit diesen Fragen nicht zu befassen.
Kayser Raebel Lohmann
Grupp Möhring