Entscheidungsdatum: 26.02.2015
Eine zu erwartende Umsatzsteuererstattung an die Insolvenzmasse wegen des Vorsteuerabzugs hinsichtlich der festzusetzenden Vergütung des Verwalters ist im Voraus bei der Berechnungsgrundlage für die Vergütung des Verwalters nur in der Höhe zu berücksichtigen, die sich aus der ohne Vorsteuererstattung berechneten Vergütung ergibt.
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Gera vom 3. Januar 2013 wird auf Kosten des weiteren Beteiligten zurückgewiesen.
Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 90,87 € festgesetzt.
I.
Der weitere Beteiligte ist Verwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin. Er hat beantragt, die Vergütung für seine Tätigkeit einschließlich Auslagen, Zustellungskosten und Umsatzsteuer auf insgesamt 3.096,67 € festzusetzen. Seiner Berechnung hat er das bisher in Verwaltung genommene Aktivvermögen in Höhe von 4.475,27 € zugrunde gelegt sowie eine künftige Vorsteuererstattung des Finanzamts in Höhe von 494,43 €, mit der wegen der auf seine Vergütung zu zahlenden Umsatzsteuer zu rechnen sei.
Das Insolvenzgericht hat es abgelehnt, der Berechnung auch die behauptete Vorsteuererstattung zugrunde zu legen, und die Vergütung auf insgesamt 2.790,72 € festgesetzt. Mit der sofortigen Beschwerde hat der weitere Beteiligte seinen Vergütungsantrag auf insgesamt 3.157,31 € erweitert. Das Beschwerdegericht hat die Entscheidung des Insolvenzgerichts abgeändert und die Vergütung auf 3.066,44 € festgesetzt. Die weitergehende Beschwerde hat es zurückgewiesen. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der weitere Beteiligte seinen im Beschwerdeverfahren gestellten Antrag weiter.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§§ 4, 6 Abs. 1, § 64 Abs. 3 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO) und auch im Übrigen zulässig. Sie hat aber in der Sache keinen Erfolg.
1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt: Berechnungsgrundlage für die Vergütung sei der Wert der Insolvenzmasse bei der Beendigung des Verfahrens. Nach den Angaben des Verwalters in seinem beim Insolvenzgericht zuletzt gestellten Antrag betrage der Wert des bisher in Verwaltung genommenen Vermögens 4.475,27 €. Soweit der Verwalter im Beschwerdeverfahren auf eine Aktualisierung seiner Berechnung Bezug nehme, sei diese nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens, weil eine entsprechende Rechnung dem Gericht nicht vorliege. Ausgehend von dem Betrag von 4.475,27 € errechne sich eine Vergütung von 1.790,11 € (40 v.H. gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 InsVV) und ein Auslagenpauschsatz von 537,03 € (30 v.H. der Regelvergütung gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 InsVV). Zuzüglich der Zustellauslagen von 18 € ergebe sich ein Gesamtbetrag von 2.345,14 € und eine darauf zu zahlende Umsatzsteuer von 445,58 €. Die Erstattung dieser Umsatzsteuer durch das Finanzamt sei nach dem Vortrag des Verwalters unter Berücksichtigung des Inhalts seiner im Insolvenzverfahren erstatteten Berichte mit Sicherheit zu erwarten. Der Betrag von 445,58 € sei deshalb in die Berechnungsgrundlage für die Vergütung des Verwalters einzubeziehen. Es errechne sich dann eine Vergütung von insgesamt 2.576,84 € zuzüglich 489,60 € Umsatzsteuer, mithin 3.066,44 €. Dem weiteren Begehren des Verwalters, eine Steuererstattung in Höhe der nunmehr anfallenden Umsatzsteuer in die Berechnungsgrundlage einzubeziehen und diesen Vorgang in weiteren Berechnungsschritten so lange fortzusetzen, bis sich der auf die Vergütung entfallende Umsatzsteuerbetrag und der für die Berechnung der Vergütung hinzuzurechnende Betrag deckten, was hier bei einem Umsatzsteuerbetrag von 494,43 € der Fall sei, könne nicht gefolgt werden. Ein solches Vorgehen könne nicht im Sinne von § 1 InsVV sein. Maßgebend sei vielmehr, dass es auf die Insolvenzmasse bei Ende des Insolvenzverfahrens ankomme. Deswegen könne nur der erste Berechnungsgang berücksichtigt werden. Nur in dieser Höhe bestehe zum Ende des Insolvenzverfahrens ein sicherer Erstattungsanspruch.
2. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
a) Die Rechtsbeschwerde nimmt es hin, dass das Beschwerdegericht die Erhöhung des bereits in Verwaltung genommenen Aktivvermögens, auf der die Erweiterung des Vergütungsantrags im Beschwerdeverfahren beruhte, unberücksichtigt gelassen hat. Rechtsfehler sind insoweit nicht erkennbar. Der weitere Beteiligte hat seine Behauptung, das verwaltete Aktivvermögen habe sich von 4.475,27 € auf 4.563,58 € erhöht, nicht substantiiert. Die Erhöhung kann deshalb nicht nachvollzogen werden.
b) Mit Recht hat das Beschwerdegericht die zu erwartende Vorsteuervergütung nur in Höhe desjenigen Umsatzsteuerbetrags in die Berechnungsgrundlage für die Vergütung des Insolvenzverwalters einbezogen, der sich bei der Berechnung der Vergütung ohne Berücksichtigung der Vorsteuererstattung ergibt.
aa) Nach der Rechtsprechung des Senats können Steuererstattungsansprüche der Masse, die nach der Einreichung der Schlussrechnung mit Sicherheit zu erwarten sind, in die Berechnungsgrundlage der Vergütung des Insolvenzverwalters einbezogen werden. Grundlage für die Berechnung der Vergütung des Insolvenzverwalters ist gemäß § 63 Abs. 1 Satz 2 InsO der Wert der Insolvenzmasse bei Beendigung des Verfahrens. Einnahmen der Masse, die noch nicht feststehen, können grundsätzlich noch nicht Grundlage der Vergütungsfestsetzung des Verwalters sein. Steht aber ein späterer Massezufluss bei Einreichung der Schlussrechnung schon mit Sicherheit fest, ist dieser bereits bei der Schlussrechnung und der hierauf gestützten Vergütungsfestsetzung zu berücksichtigen. Dies gilt auch für den Anspruch der Masse auf Vorsteuervergütung nach § 15 UStG wegen der Beträge, die von der Masse nach § 7 InsVV an den Verwalter für die von ihm abzuführende Umsatzsteuer zu zahlen sind. Voraussetzung ist allerdings, dass die Erstattungsbeträge tatsächlich an die Masse ausbezahlt werden und daher die Masse erhöhen (BGH, Beschluss vom 25. Oktober 2007 - IX ZB 147/06, ZIP 2008, 81 Rn. 6 mwN; vom 17. Juli 2008 - IX ZB 150/07, nv Rn. 6; vom 1. Juli 2010 - IX ZB 66/09, ZInsO 2010, 1503 Rn. 5; vom 10. März 2011 - IX ZB 210/09, ZInsO 2011, 791 Rn. 5; vom 6. Oktober 2011 - IX ZB 12/11, WM 2011, 2107 Rn. 8; vgl. auch Beschluss vom 19. Dezember 2013 - IX ZB 9/12, WM 2014, 323 Rn. 8).
bb) Bezieht man in die Berechnungsgrundlage der Vergütung des Insolvenzverwalters die zu erwartende Vorsteuererstattung in Höhe der Umsatzsteuer ein, die auf seine ohne Vorsteuererstattung berechnete Vergütung zu zahlen ist, ergibt sich eine höhere Vergütung. Dies führt zu einer entsprechend höheren Umsatzsteuer und diese wiederum zu einem erhöhten Betrag an Vorsteuererstattung. Berücksichtigt man diese Erhöhung erneut bei der Berechnungsgrundlage der Verwaltervergütung, setzt sich die wechselweise Erhöhung von Umsatzsteuer, Vorsteuererstattung und Verwaltervergütung fort. Die jeweilige Erhöhung verringert sich aber mit jedem Rechenschritt und bewegt sich letztlich gegen Null (vgl. Onusseit, ZInsO 2009, 2285, 2286). Bei welchem Betrag es praktisch zur Deckung kommt, kann allerdings nur in mehreren Rechenschritten ermittelt werden. Ob diese, von der Rechtsbeschwerde befürwortete Berechnungsweise der einzubeziehenden Vorsteuererstattung anzuwenden ist, hat der Senat bisher nicht entschieden.
cc) Die Frage ist mit dem Beschwerdegericht dahin zu beantworten, dass nur derjenige Vorsteuerbetrag in die Berechnungsgrundlage einzubeziehen ist, der sich nach der ohne eine Vorsteuererstattung ermittelten Vergütung des Insolvenzverwalters bemisst (so auch LG Stralsund, ZInsO 2007, 1045; MünchKomm-InsO/Riedel, 3. Aufl., § 8 InsVV Rn. 25; Keller, Vergütung und Kosten im Insolvenzverfahren, 3. Aufl., Rn. 166). Zwar kann und muss der Insolvenzverwalter den Vorsteuerbetrag, der sich aus der so (unter Einbeziehung der "ersten" Vorsteuererstattung) ermittelten Vergütung und der von ihm entsprechend auszustellenden Rechnung (vgl. BFH, ZIP 2013, 325, 326) ergibt, für die Masse beim Finanzamt geltend machen. Kommt es zu einer Vorsteuererstattung, dann stellt dies einen nachträglichen Massezufluss dar, der grundsätzlich erneut bei der Berechnungsgrundlage berücksichtigt werden und zu einer weiteren Erhöhung der Vergütung führen kann. Im Voraus können solche mögliche spätere Erstattungen jedoch nicht in die Berechnungsgrundlage der Verwaltervergütung einbezogen werden, weil nicht sicher ist, dass sie tatsächlich erfolgen. Zweifel bestehen deswegen, weil die späteren Erstattungsanträge eine Berichtigung des ursprünglich geltend gemachten Vorsteuerabzugs zum Gegenstand hätten, deren Ursache allein darin läge, dass sich durch die vorangegangene, dieselbe Leistung betreffende Vorsteuererstattung die Vergütung des Insolvenzverwalters und damit die Grundlage für die Bemessung der Vorsteuer änderte.
Kayser Gehrlein Fischer
Grupp Möhring