Entscheidungsdatum: 10.01.2019
Der Erlös aus einem Anfechtungsanspruch erhöht auch dann die Berechnungsgrundlage für die Vergütung des Insolvenzverwalters, wenn die ohne diesen Erlös vorhandene Masse ausreicht, um sämtliche gegenüber den Ansprüchen eines Pflichtteilsberechtigten vorrangige Insolvenzforderungen vollständig aus der Masse befriedigen zu können, und der Erlös nicht für die Befriedigung von Ansprüchen eines Pflichtteilsberechtigten verwendet werden darf.
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Paderborn vom 27. März 2018 wird auf Kosten der weiteren Beteiligten zu 2 und 3 zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 9.517,14 € festgesetzt.
I.
Das Amtsgericht Paderborn eröffnete am 16. Oktober 2013 das Insolvenzverfahren über den Nachlass des am 20. Dezember 2008 verstorbenen E. W. (fortan: Schuldner) und bestellte den weiteren Beteiligten zu 1 zum Insolvenzverwalter. Den weiteren Beteiligten zu 2 und 3 stehen Pflichtteilsansprüche gegen den Schuldner zu. Der weitere Beteiligte zu 1 verwertete das Vermögen des Schuldners und erzielte eine Insolvenzmasse von 67.594,08 €. Davon entfallen 47.093,98 € auf einen vom weiteren Beteiligten zu 1 geltend gemachten und gegen den Anfechtungsgegner vergleichsweise durchgesetzten Anfechtungsanspruch. Die zur Tabelle festgestellten Insolvenzforderungen betragen 41.540,86 €. Davon entfallen jeweils 19.710 € auf die von den weiteren Beteiligten zu 2 und 3 zur Insolvenztabelle angemeldeten Pflichtteilsansprüche, die der weitere Beteiligte zu 1 in voller Höhe im Rang des § 327 InsO zur Tabelle feststellte.
Das Insolvenzgericht setzte die Vergütung des weiteren Beteiligten zu 1 antragsgemäß fest und legte dabei eine Masse von 67.594,08 € zugrunde. Auf die von den weiteren Beteiligten zu 2 und 3 eingelegte sofortige Beschwerde hat das Landgericht die Vergütung des weiteren Beteiligten zu 1 teilweise herabgesetzt und die weitergehende Beschwerde zurückgewiesen. Mit ihrer vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgen die Beteiligten zu 2 und 3 eine weitere Herabsetzung der Vergütung des weiteren Beteiligten zu 1.
II.
Die statthafte und zulässige Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
1. Das Beschwerdegericht hat gemeint, die Vergütung berechne sich nach dem Wert der Insolvenzmasse, auf den sich die Schlussrechnung beziehe. Zur Masse gehörten auch Gegenstände und Forderungen, die der Insolvenzverwalter im Wege der Insolvenzanfechtung der Insolvenzmasse zuführe. Danach betrage die Berechnungsgrundlage 67.594,08 €. Dass der Insolvenzverwalter den vergleichsweise erzielten Erlös aus den Anfechtungsansprüchen wieder zurückführen müsse, sei unerheblich. Maßgeblich sei der Bestand der Masse auch dann, wenn dieser höher als die Gesamtverbindlichkeiten der Insolvenzgläubiger sei.
Jedoch sei die Vergütung des weiteren Beteiligten zu 1 gemäß § 3 Abs. 2 lit. e InsVV um 50 vom Hundert zu kürzen. Der weitere Beteiligte zu 1 sei zuvor bereits als Gutachter tätig gewesen und die rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Erblassers seien bereits mit der Erstattung des Gutachtens geklärt gewesen. Die Vermögensverhältnisse des Schuldners seien überschaubar gewesen. Die Zahl der Gläubiger habe unter fünf gelegen, es sei lediglich ein Grundstück zu verwerten und ein Anfechtungsanspruch durchzusetzen gewesen.
2. Das hält rechtlicher Überprüfung stand.
a) Berechnungsgrundlage für die Vergütung des Insolvenzverwalters ist die am Ende des Insolvenzverfahrens vorhandene Masse. § 63 Abs. 1 Satz 2 InsO bestimmt, dass der Regelsatz der Vergütung nach dem "Wert der Insolvenzmasse zur Zeit der Beendigung des Insolvenzverfahrens" berechnet wird. Dabei richtet sich die Berechnungsgrundlage nicht nach dem am Verfahrensende stehenden Guthabensaldo, sondern dem Wert der Insolvenzmasse, welcher der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Verwalters unterliegt oder während des Verfahrens unterlag (BGH, Urteil vom 5. März 2015 - IX ZR 164/14, WM 2015, 733 Rn. 20).
Zur Berechnungsgrundlage für die Vergütung zählen alle Vermögenswerte, die zum Zeitpunkt der Beendigung der zu vergütenden Tätigkeit zu dem gesicherten und verwalteten Vermögen gehört haben (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Mai 2005 - IX ZB 6/03, WM 2005, 1663, 1664 mwN). Maßgeblich für die Berechnungsgrundlage ist daher die gesamte Teilungsmasse, die für eine Verteilung unter den Gläubigern zur Verfügung steht (BGH, Beschluss vom 20. Juli 2017 - IX ZB 75/16, WM 2017, 1620 Rn. 11). Zur Berechnungsgrundlage zählen sämtliche Massezuflüsse, die auch tatsächlich an die Masse ausbezahlt werden und daher die Masse erhöhen (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Februar 2015 - IX ZB 9/13, WM 2015, 617 Rn. 8 mwN). Im Hinblick auf den Tätigkeitsumfang des Insolvenzverwalters ist eine Beschränkung auf solche Massezuflüsse, die tatsächlich zur Verteilung unter die Insolvenzgläubiger kommen, nicht geboten. Zum einen hat der Gesetzgeber davon abgesehen, dass Masseverbindlichkeiten die Berechnungsgrundlage mindern. Gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 InsVV werden die Kosten des Insolvenzverfahrens und die sonstigen Masseverbindlichkeiten nicht abgesetzt. Zum anderen hat der Gesetzgeber ausdrücklich bestimmt, dass eine Begrenzung der Berechnungsgrundlage auf die Höhe der Schulden ausscheidet (BT-Drucks. 12/2443 S. 130). Daraus ergibt sich, dass die tatsächliche Höhe der am Ende des Insolvenzverfahrens erzielten Masse für die Berechnungsgrundlage ausschlaggebend ist; für welche Zwecke die vorhandene Insolvenzmasse einzusetzen ist, ist für die Berechnungsgrundlage regelmäßig unerheblich.
b) Nach diesen Maßstäben erhöht auch der vom weiteren Beteiligten zu 1 erzielte Erlös aus der Geltendmachung des Anfechtungsanspruchs die Berechnungsgrundlage. Dabei kann im Streitfall unterstellt werden, dass die ohne diesen Erlös vorhandene Masse ausreicht, um sämtliche gegenüber § 327 Abs. 1 InsO vorrangigen Insolvenzforderungen vollständig aus der Masse befriedigen zu können, mithin der Erlös aus dem Anfechtungsanspruch hierfür nicht erforderlich war. Soweit § 328 Abs. 1 InsO bestimmt, dass nicht zur Erfüllung der in § 327 Abs. 1 InsO bezeichneten Verbindlichkeiten verwendet werden darf, was infolge der Anfechtung einer vom Erblasser oder ihm gegenüber vorgenommenen Rechtshandlung zur Insolvenzmasse zurückgewährt wird, hat diese Bestimmung keinen Einfluss auf die Berechnungsgrundlage für die Vergütung des Insolvenzverwalters. § 328 Abs. 1 InsO beruht auf dem Gedanken, dass die Anfechtbarkeit nur zum Schutz derjenigen dienen soll, die bereits Gläubiger des Erblassers waren (MünchKomm-InsO/Siegmann, 3. Aufl., § 328 Rn. 1). Das ändert aber nichts daran, dass der aus der erfolgreichen Durchsetzung eines Anfechtungsanspruchs erzielte Erlös der Verwaltung des Insolvenzverwalters unterliegt und bei Beendigung des Insolvenzverfahrens Bestandteil der Masse ist. Selbst wenn ein solcher Erlös nach Abschluss des Insolvenzverfahrens an den Anfechtungsgegner zurückgewährt werden muss, unterliegt er der Verwaltung des Insolvenzverwalters und ist Bestandteil der Masse. Aus den gleichen Gründen erhöht auch eine rechtsgrundlose Zahlung an die Masse die Berechnungsgrundlage (BGH, Urteil vom 5. März 2015 - IX ZR 164/14, WM 2015, 733 Rn. 24).
Zu Unrecht meint die Rechtsbeschwerde, in solchen Fällen dürfe der Erlös aus dem Anfechtungsanspruch als durchlaufender Posten nicht zur Erhöhung der Berechnungsgrundlage führen. Hierfür fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage. Dabei kann dahinstehen, ob rückfließende Beträge und durchlaufende Gelder die Berechnungsgrundlage stets erhöhen oder außer Betracht zu bleiben haben. Aus § 1 Abs. 2 Nr. 5 InsVV ergibt sich, dass Vorschüsse zur Durchführung des Insolvenzverfahrens sowie Zuschüsse Dritter zur Erfüllung eines Insolvenzplans außer Betracht bleiben. Das gilt erst recht für Darlehen, die zur Erfüllung des Insolvenzplans zur Verfügung gestellt werden (BGH, Beschluss vom 17. März 2011 - IX ZB 145/10, NZI 2011, 445 Rn. 11). Einzelne Stimmen wollen dies auf von der Masse verauslagte Prozess-, Vollstreckungs- und Anwaltskosten, die der Gegner später erstattet, sowie auf rechtsgrundlose Leistungen des Insolvenzverwalters erstrecken, die der Bereicherungsschuldner an die Masse zurückerstattet (vgl. MünchKomm-InsO/Riedel, 3. Aufl., § 1 InsVV Rn. 41 ff; vgl. auch BGH, Urteil vom 5. März 2015 - IX ZR 164/14, WM 2015, 733 Rn. 23). Hiermit ist die vom Insolvenzverwalter erwirkte Leistung auf den Anfechtungsanspruch nicht vergleichbar. Insbesondere ergibt sich daraus kein Rechtssatz, wonach durchlaufende Posten bei der Berechnungsgrundlage stets unberücksichtigt bleiben.
c) Die zwischen den Beteiligten streitigen Fragen sind nicht im Vergütungsfestsetzungsverfahren zu klären. Ob und in welchem Umfang der Erlös aus der Anfechtung an den Anfechtungsgegner im Hinblick auf § 328 InsO zurückzuzahlen ist, hat auf die Höhe der Berechnungsgrundlage für die Vergütung keinen Einfluss. Gleiches gilt für die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die weiteren Beteiligten zu 2 und 3 im Hinblick auf ihre im Rang des § 327 InsO zur Tabelle festgestellte Forderung bei einer zu wesentlichen Teilen aus dem Erlös eines Anfechtungsanspruchs bestehenden Insolvenzmasse eine Zuteilung auf ihre nachrangigen Forderungen erhalten können.
Unerheblich ist schließlich die vom Beschwerdegericht erörterte Frage, ob der weitere Beteiligte zu 1 pflichtwidrig handelte, indem er den Anfechtungsanspruch geltend machte. Die Insolvenzverwaltervergütung ist als Tätigkeitsvergütung ausgestaltet, so dass der Einwand mangelhafter oder erfolgloser Leistung die Höhe der Vergütung grundsätzlich nicht zu beeinflussen vermag (BGH, Beschluss vom 22. November 2018 - IX ZB 14/18, Rn. 24 mwN, zVb). Ob die Auffassung des Beschwerdegerichts, der weitere Beteiligte zu 1 habe sich bei der weiteren Durchsetzung des Anfechtungsanspruchs pflichtgemäß verhalten, rechtlicher Überprüfung standhielte, kann daher dahinstehen. Soweit der weitere Beteiligte zu 1 hinsichtlich der weiteren Durchsetzung des Anfechtungsanspruchs möglicherweise dann pflichtwidrig gehandelt haben könnte, wenn die Verwertungshandlungen erkennbar ausschließlich Kosten zu Lasten der Masse auslösten, ohne dass die Insolvenzgläubiger oder die übrigen Beteiligten des Insolvenzverfahrens hierdurch besser gestanden haben, berührt dies nicht die Höhe der Vergütung des weiteren Beteiligten zu 1, kann aber einen Schadensersatzanspruch der weiteren Beteiligten zu 2 und 3 rechtfertigen.
d) Gegen die Bemessung des Abschlags erhebt die Rechtsbeschwerde keine Einwendungen.
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