Entscheidungsdatum: 24.03.2016
Auf die Rechtsbeschwerde der Schuldnerin wird der Beschluss der 23. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld vom 14. April 2015 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 5.000 € festgesetzt.
I.
Die n. GmbH, an der die Beteiligten zu 2 und 3 mit jeweils 50 v.H. beteiligt sind, wurde im Mai 2013 mit einem Stammkapital in Höhe von 50.000 € gegründet und im Juni 2013 im Handelsregister eingetragen. Sie ist die persönlich haftende Gesellschafterin der Schuldnerin, einer Kommanditgesellschaft, die im Juli 2013 im Handelsregister eingetragen wurde. Kommanditisten sind die weiteren Beteiligten zu 2 und 3 mit einem Kommandit-anteil von jeweils 5.000 €. Beide Gesellschaften haben ihren Sitz in Herford in der E. straße . Bis zur Entscheidung des Beschwerdegerichts waren im Handelsregister als Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschafterin der Schuldnerin die Beteiligten zu 2 und 3 eingetragen; sie wurde durch beide Geschäftsführerinnen gemeinsam vertreten. Schon kurz nach der Gründung der Gesellschaften kam es zwischen den beiden Gesellschafterinnen und Geschäftsführerinnen zu einem Zerwürfnis, so dass der Geschäftsbetrieb nicht aufgenommen wurde.
Am 21. Oktober 2013 stellte die weitere Beteiligte zu 3 die Anträge, sowohl über das Vermögen der persönlich haftenden Gesellschafterin als auch über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren zu eröffnen. Als Insolvenzgrund gab sie an, sowohl die persönlich haftende Gesellschafterin wie auch die Schuldnerin seien zahlungsunfähig. Dem trat die weitere Beteiligte zu 2 entgegen und bestritt die von der weiteren Beteiligten zu 3 angegebenen Forderungen gegen die Schuldnerin. Nach Einholung von Gutachten eröffnete das Insolvenzgericht am 22. August 2014 die Insolvenzverfahren über das Vermögen beider Gesellschaften und ernannte den Beteiligten zu 1 zum Insolvenzverwalter. Die sofortigen Beschwerden der persönlich haftenden Gesellschafterin und der Schuldnerin gegen die Eröffnungsbeschlüsse, eingelegt durch die weitere Beteiligte zu 2, verwarf das Beschwerdegericht jeweils als unzulässig.
Mit Einschreiben vom 16. September 2014 lud die weitere Beteiligte zu 2 die weitere Beteiligte zu 3 zu einer Gesellschafterversammlung der persönlich haftenden Gesellschafterin für den 30. September 2014 in die Büroräume beider Gesellschaften in Herford und für den Fall, dass der Zutritt zu diesen Räumen durch den Vermieter, den Ehemann der weiteren Beteiligten zu 3, verweigert werde, in die Wohnung der weiteren Beteiligten zu 2 ein. Einziger in der Ladung angegebener Tagesordnungspunkt war die Abberufung der weiteren Beteiligten zu 3 als Geschäftsführerin der persönlich haftenden Gesellschafterin aus wichtigem Grund. Die weitere Beteiligte zu 3 widersprach der Einladung in die Wohnung der weiteren Beteiligten zu 2, weil ihr dort die Teilnahme an der Gesellschafterversammlung nicht zuzumuten sei. Dennoch fand die Gesellschafterversammlung in der Wohnung der weiteren Beteiligten zu 2 in Abwesenheit der weiteren Beteiligten zu 3 statt und sie wurde als Geschäftsführerin der persönlich haftenden Gesellschafterin abberufen.
Am 21. Oktober 2014 haben die persönlich haftende Gesellschafterin und die Schuldnerin, beide Gesellschaften vertreten durch die weitere Beteiligte zu 2, beantragt, beide Insolvenzverfahren nach § 212 InsO einzustellen, weil die Forderungen, derentwegen die Insolvenzverfahren eröffnet worden seien, nicht bestünden. Das Insolvenzgericht hat beide Anträge als unzulässig abgelehnt, weil sie nicht von beiden Geschäftsführerinnen gestellt worden seien. Die Rechtsmittel der Schuldnerin und der persönlich haftenden Gesellschafterin, wobei wiederum allein die weitere Beteiligten zu 2 die persönlich haftende Gesellschafterin vertrat, hat das Landgericht durch Beschlüsse vom 14. April 2015 als unzulässig verworfen, die Rechtsbeschwerden aber zugelassen.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO, §§ 212, 216 Abs. 2 InsO) und auch im Übrigen zulässig (§ 575 Abs. 1 und 2 ZPO). Insbesondere ist die Schuldnerin im Rechtsbeschwerdeverfahren durch die persönlich haftende Gesellschafterin und diese durch die weitere Beteiligte zu 2 wirksam vertreten, auch wenn der Beschluss der Gesellschaf-terversammlung vom 30. September 2014, durch den die weitere Beteiligte zu 3 als gemeinsam mit der weiteren Beteiligten zu 2 vertretungsbefugte Geschäftsführerin der persönlich haftenden Gesellschafterin abberufen worden ist, unwirksam sein sollte. Ist die Partei- oder Prozessfähigkeit, die Existenz einer Partei oder ihre gesetzliche Vertretung im Streit, gilt sie bis zur rechtskräftigen Feststellung des Mangels als partei- oder prozessfähig, existent oder gesetzlich vertreten (BGH, Urteil vom 11. April 1957 - VII ZR 280/56, BGHZ 24, 91, 94; Beschluss vom 25. Januar 1978 - IV ZB 9/76, BGHZ 70, 252; vom 13. Juli 1993 - III ZB 17/93, NJW 1993, 2943, 2944; vom 3. Mai 1996 - BLw 54/95, BGHZ 132, 353, 355; vom 9. November 2010 - VI ZR 249/09, VersR 2011, 507 Rn. 3; Zöller/Vollkommer, ZPO, 31. Aufl., § 56 Rn. 13). Die Rechtsbeschwerde hat auch in der Sache Erfolg.
III.
Die Rechtsbeschwerde führt zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.
1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt: Die sofortige Beschwerde sei unzulässig. Nach § 216 Abs. 2 InsO stehe nur der Schuldnerin gegen die Ablehnung des Einstellungsantrags gemäß § 212 InsO die sofortige Beschwerde zu. Bei juristischen Personen müsse bereits der gemäß § 212 InsO mögliche Einstellungsantrag von sämtlichen organschaftlichen Vertretern gestellt werden. Entsprechendes gelte für die Beschwerdeberechtigung. Die Schuldnerin sei eine Kommanditgesellschaft und werde durch die persönlich haftende Gesellschafterin, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, vertreten. Diese wiederum werde durch die weiteren Beteiligten zu 2 und 3 als gemeinschaftlich vertretungsbefugte Geschäftsführerinnen vertreten. Da die Beschwerde für die Schuldnerin jedoch lediglich durch die weitere Beteiligte zu 2 eingelegt worden sei, sei kein wirksames Rechtsmittel erfolgt.
Die Alleinvertretungsbefugnis ergebe sich auch nicht aus dem Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 30. September 2014, durch den die weitere Beteiligte zu 3 als Geschäftsführerin der persönlich haftenden Gesellschafterin abberufen worden sei. Dieser Gesellschafterbeschluss sei entsprechend § 241 Nr. 1 AktG wegen eines schwerwiegenden Einberufungsmangels nichtig. Ein solcher schwerwiegender, zur Nichtigkeit des Gesellschafterbeschlusses führender Einberufungsmangel liege in der Wahl des Orts der Gesellschafterversammlung in der Wohnung der weiteren Beteiligten zu 2. Die Einladung verfeindeter oder zerstrittener Gesellschafter in die Wohnung eines Mitgesellschafters sei schikanös und unzumutbar.
2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die persönlich haftende Gesellschafterin und damit auch die Schuldnerin wurden durch die weitere Beteiligte zu 2 wirksam vertreten, wenn die weitere Beteiligte zu 3 durch einen förmlich festgestellten Beschluss der Gläubigerversammlung vom 30. September 2014 als Geschäftsführerin der persönlich haftenden Gesellschafterin abberufen worden ist. Denn dann wäre dieser Beschluss wegen der Einladung der Gesellschafter in die Privatwohnung der weiteren Beteiligten zu 2 zwar verfahrensfehlerhaft zustande gekommen, aber nicht nichtig, sondern nur anfechtbar. Da die weitere Beteiligte zu 3 ihn nicht angefochten hat, wäre der Beschluss deswegen wirksam. Wenn der Abberufungsbeschluss hingegen nicht förmlich festgestellt worden ist, führt der festgestellte Ladungsmangel zur Nichtigkeit des Beschlusses, weil es sich wegen der fehlenden Anwesenheit der weiteren Beteiligten zu 3 an der Gesellschafterversammlung nicht ausschließen lässt, dass der Mangel auf die Beschlussfassung keinen Einfluss hatte. Feststellungen dazu, ob der Abberufungsbeschluss förmlich festgestellt worden ist, hat das Beschwerdegericht nicht getroffen. Eine eigene Sachentscheidung ist dem Senat wegen fehlender Feststellungen und wegen fehlender Beteiligung der Beteiligten zu dieser Frage nicht möglich. Zur weiteren Begründung wird auf den unter dem heutigen Datum ergangenen Beschluss des Senats in der Parallelsache IX ZB 32/15 (zVb) verwiesen.
III.
Der angefochtene Beschluss kann daher keinen Bestand haben. Er ist aufzuheben. Eine eigene Sachentscheidung ist dem Senat nicht möglich. Die Sache ist deswegen gemäß § 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO zurückzuverweisen. Das Beschwerdegericht wird nunmehr prüfen müssen, ob der Abberufungsbeschluss förmlich festgestellt ist. Wenn es dies bejaht, wird es die weiteren Voraussetzungen des § 212 InsO prüfen müssen.
Kayser Lohmann Pape
Grupp Möhring