Bundesgerichtshof

Entscheidungsdatum: 19.07.2012


BGH 19.07.2012 - IX ZB 215/11

Restschuldbefreiung: Versagung von Amts wegen


Gericht:
Bundesgerichtshof
Spruchkörper:
9. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
19.07.2012
Aktenzeichen:
IX ZB 215/11
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend LG Hamburg, 23. Juni 2011, Az: 326 T 7/11, Beschlussvorgehend AG Hamburg, 17. Dezember 2010, Az: 67g IN 433/05
Zitierte Gesetze

Tenor

Auf die Rechtsmittel des Schuldners werden die Beschlüsse der Zivilkammer 26 des Landgerichts Hamburg vom 23. Juni 2011 und des Amtsgerichts Hamburg vom 17. Dezember 2010 aufgehoben.

Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Das im Dezember 2005 eröffnete Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners wurde nach Ankündigung der Restschuldbefreiung im Oktober 2008 aufgehoben (§ 200 InsO). Im Oktober 2010 berichtete der Treuhänder, dass der selbständig tätige Schuldner entgegen seiner Zusagen keine 50 € monatlich an ihn abführe. Nachdem der Schuldner gegenüber dem Insolvenzgericht trotz entsprechenden Verlangens und einer Belehrung über die Folgen der unterlassenen Mitwirkung nicht die an ihn gestellten Fragen unter anderem nach der Art seiner Erwerbstätigkeit und der Höhe seiner Einnahmen beantwortet hatte, hat das Insolvenzgericht ihm die Restschuldbefreiung versagt. Die dagegen eingelegte sofortige Beschwerde hat das Landgericht zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Schuldner mit seiner Rechtsbeschwerde, mit der er die Aufhebung der angefochtenen Beschlüsse begehrt.

II.

2

Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§§ 7, 6, 296 Abs. 3 Satz 1 InsO, Art. 103 f EGInsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO) und auch im Übrigen zulässig (§ 574 Abs. 2, § 575 ZPO). Daran ändert nichts, dass die Rechtsbeschwerde die zur Zeit ihrer Begründung bereits anderweitig entschiedene Rechtsfrage noch als grundsätzlich ansieht. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet.

3

1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, nach höchstrichterlicher Rechtsprechung sei die Versagung der Restschuldbefreiung seitens des Insolvenzgerichts von Amts wegen gemäß § 296 Abs. 2 Satz 3 InsO möglich, wenn der Schuldner auf eine Aufforderung des Gerichts zur Mitwirkung und Auskunftserteilung gegenüber dem Gericht unentschuldigt untätig bleibe. Eines zulässigen Gläubigerantrages bedürfe es dazu nicht.

4

2. Demgegenüber hat der Senat (in einem dem Beschwerdegericht noch nicht bekannten Beschluss) entschieden, dass dem Schuldner unter den Voraussetzungen des § 296 Abs. 2 InsO Restschuldbefreiung nur versagt werden kann, wenn diesem Verfahren ein statthafter Versagungsantrag nach § 296 Abs. 1 ZPO zugrunde liegt (Beschluss vom 19. Mai 2011 - IX ZB 274/10, NZI 2011, 640 Rn. 10 ff). Nach dem Gesetzeswortlaut des § 296 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 1 InsO und der Gesetzessystematik kann es eine Versagung der Restschuldbefreiung ohne einen Gläubigerantrag nicht geben. Ohne den Antrag eines hierzu berechtigten Gläubigers setzt die Amtsermittlungspflicht des Insolvenzgerichts zum Vorliegen von Versagungsgründen nicht ein. Ebenso entstehen die besonderen, sich aus § 296 Abs. 2 InsO ergebenden Auskunftspflichten des Schuldners regelmäßig erst nach einem statthaften Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung. Das Verfahren auf Versagung der Restschuldbefreiung unterliegt der Gläubigerautonomie. Eine Einleitung des Versagungsverfahrens nach § 296 Abs. 2 InsO von Amts wegen sieht die Insolvenzordnung nicht vor.

5

Da es vorliegend an einem Gläubigerantrag fehlt und das Insolvenzgericht das Versagungsverfahren nach § 296 Abs. 2 InsO von Amts wegen eingeleitet hat, kann der Versagungsbeschluss keinen Bestand haben und ist aufzuheben. Das kann der Senat nach § 577 Abs. 5 Satz 1 ZPO selbst entscheiden.

Kayser                              Raebel                              Lohmann

                    Pape                               Möhring