Entscheidungsdatum: 09.07.2013
1. Erbauseinandersetzungskosten sind als Anschaffungsnebenkosten i.S. des § 255 Abs. 1 Satz 2 HGB im Wege der AfA abziehbar, wenn sie der Überführung der bebauten Grundstücke von der fremden in die eigene Verfügungsmacht und damit der alleinigen Verwirklichung des Tatbestands der Einkunftserzielung dienen.
2. § 11d Abs. 1 EStDV orientiert sich an den Werten des Rechtsvorgängers, erfasst daher nicht die beim Rechtsnachfolger angefallenen Anschaffungs- und Herstellungskosten.
I. Streitig ist die steuerrechtliche Berücksichtigung von Anschaffungsnebenkosten bei einem (ansonsten) unentgeltlichen Erwerb.
Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eheleute und werden zur Einkommensteuer zusammen veranlagt. Die Klägerin und ihr Bruder waren zu gleichen Teilen Miterben des Nachlasses ihrer verstorbenen Eltern. Die Geschwister hatten sich schon vor 2001 über den Nachlass teilweise auseinandergesetzt. Aufgrund notarieller Vereinbarung vom 27. September 2001 setzten sie sich mit Wirkung vom 31. Juli 2001 über den ausschließlich aus Grundstücken bestehenden Restnachlass auseinander: Die Klägerin erhielt danach zwei mit Wohngebäuden bebaute Grundstücke zum Alleineigentum; der Bruder erhielt den restlichen Grundbesitz.
Auf dem einen Grundstück befinden sich zwei 1938 und 1955 errichtete Gebäude, die in späteren Jahren jeweils erweitert wurden. Das letztere Gebäude wird zu unstreitig 20 % von den Klägern selbst genutzt, im Übrigen ist es vermietet. Das 1957 errichtete Gebäude auf dem anderen Grundstück ist ebenfalls vermietet. Alle auf die Gebäude und Gebäudeteile entfallenden Herstellungskosten waren von der Erbengemeinschaft und ihren Rechtsvorgängern mit 2 % jährlich abgeschrieben worden.
Durch die Erbauseinandersetzung entstanden der Klägerin Kosten in Höhe von 10.357 DM/5.295 € (Kosten des Erbauseinandersetzungsvertrages, Kosten der Grundbucheintragung u.a.). Hiervon entfielen --unter Berücksichtigung der Wertverhältnisse der durch die Erbauseinandersetzung erworbenen Objekte-- unstreitig 1.268 DM/648 € auf die selbstgenutzte Wohnung und der Rest (9.089 DM/4.647 €) auf die vermieteten Objekte.
Für die Jahre 2003 bis 2006 (Streitjahre) berücksichtigte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) die Kosten der Erbauseinandersetzung wegen des unentgeltlichen Erwerbs insgesamt nicht. Es ermittelte die Vermietungseinkünfte unter Berücksichtigung der Absetzung für Abnutzung (AfA) gemäß § 11d der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) nach den Herstellungskosten der Rechtsvorgänger und nach dem Hundertsatz, der für diese maßgebend sein würde (2 %), aber ohne Einbeziehung der Kosten der Erbauseinandersetzung.
Die eingelegten Einsprüche blieben insoweit ohne Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. In seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2012, 223 veröffentlichten Urteil führte es zur Begründung aus, das FA habe die durch die Erbauseinandersetzung entstandenen Kosten zu Unrecht unberücksichtigt gelassen. Diese nicht dem Erbvorgang zuzuordnenden Kosten seien vielmehr, soweit sie auf die vermieteten Wohnungen entfielen, also in Höhe von 9.089 DM/4.647 €, wie bei einem teilentgeltlichen Erwerb als Anschaffungsnebenkosten im Wege der AfA mit jährlich 182 DM/93 € bei den Vermietungseinkünften der Klägerin abzusetzen.
Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts (§ 9 Abs. 1, § 7 Abs. 1, 4 des Einkommensteuergesetzes --EStG--, § 11d EStDV). Nebenkosten eines voll unentgeltlichen Erwerbs führten weder zu Anschaffungskosten noch zu Werbungskosten (vgl. Bundesminister der Finanzen --BMF--, Schreiben vom 13. Januar 1993, BStBl I 1993, 80, Rz. 13).
Das FA beantragt,
unter Aufhebung des FG-Urteils die Klage als unbegründet abzuweisen.
Die Kläger beantragen sinngemäß,
die Revision zurückzuweisen.
II. Die Revision (des FA) ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat zwar im Ergebnis zu Recht die anlässlich der Übertragung der Grundstücke von der Klägerin getragenen Aufwendungen als Anschaffungsnebenkosten beurteilt und, soweit sie auf die Gebäude entfallen, im Wege der AfA zum Abzug zugelassen; es hat aber die AfA zu Unrecht auch gewährt, soweit die Aufwendungen auf den Grund und Boden entfielen.
1. Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen sind als Werbungskosten i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG nach § 9 Abs. 1 Satz 2 EStG bei der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung abzuziehen, wenn sie durch sie veranlasst sind. Sie müssen mit der auf Vermietung und Verpachtung gerichteten Tätigkeit zusammenhängen und zur Förderung der Nutzungsüberlassung gemacht werden (ständige Rechtsprechung, z.B. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 7. Februar 2012 IX R 27/10, BFH/NV 2012, 736; vom 18. Dezember 2001 IX R 24/98, BFH/NV 2002, 904, m.w.N.). Unter diesen Voraussetzungen sind Anschaffungskosten (des Vermietungsobjekts) als AfA abzusetzen (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 i.V.m. § 7 EStG; BFH-Urteil vom 26. Januar 2011 IX R 24/10, BFH/NV 2011, 1480). Nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2a EStG sind bei --wie hier-- im Privatvermögen befindlichen und zu Wohnzwecken genutzten Gebäuden, die nach dem 31. Dezember 1924 fertiggestellt worden sind, jährlich 2 % der Anschaffungs- und Herstellungskosten als AfA abzuziehen. Welche Aufwendungen zu den Anschaffungskosten zählen, bestimmt sich für die steuerrechtliche Beurteilung und insbesondere auch für Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nach § 255 Abs. 1 des Handelsgesetzbuchs --HGB-- (vgl. BFH-Urteile vom 20. Juli 2010 IX R 4/10, BFHE 230, 392, BStBl II 2011, 35; vom 3. August 2005 I R 36/04, BFHE 211, 112, BStBl II 2006, 369).
a) Nach § 255 Abs. 1 Satz 1 HGB sind Anschaffungskosten alle Aufwendungen, die u.a. geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben, ihn also von der fremden in die eigene Verfügungsmacht zu überführen. Dazu gehören nach § 255 Abs. 1 Satz 2 HGB auch die Nebenkosten des Erwerbs, die alle im wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Anschaffungsvorgang verbundenen Kosten umfassen (vgl. BFH-Urteile vom 19. April 1977 VIII R 44/74, BFHE 122, 108, BStBl II 1977, 600; vom 20. April 2011 I R 2/10, BFHE 233, 251, BStBl II 2011, 761). Nicht entscheidend ist, ob diese Nebenkosten bereits vor oder im Zeitpunkt des Erwerbs oder erst im Anschluss hieran als Folgekosten des Erwerbsvorgangs entstehen (vgl. BFH-Urteil vom 3. Juli 1997 III R 114/95, BFHE 183, 504, BStBl II 1997, 811; Beschluss des Großen Senats des BFH vom 12. Juni 1978 GrS 1/77, BFHE 125, 516, BStBl II 1978, 620).
Fallen im Zusammenhang mit einem unentgeltlichen Erwerb Aufwendungen an, werden im Schrifttum unterschiedliche Auffassungen vertreten. Nach einer Ansicht können solche Kosten weder als sofort abziehbare Werbungskosten noch als Anschaffungsnebenkosten über die AfA berücksichtigt werden (Schmidt/ Wacker, EStG, 32. Aufl., § 16 Rz 76; BMF in BStBl I 1993, 80 Rz 13). Nach anderer Meinung sollen Nebenkosten, wenn sie in Ermangelung von Anschaffungskosten nicht im Wege der AfA abgesetzt werden können, als sofort abziehbare Werbungskosten oder Betriebsausgaben behandelt werden (Dusowski, Deutsche Steuer-Zeitung 2000, 584; Götz, Deutsches Steuerrecht 2006, 545; Glanegger in Schmidt, EStG, bis 28. Aufl., § 6 Rz 84). Schließlich wird die Ansicht vertreten, auch bei einem unentgeltlichen Erwerb seien Anschaffungsnebenkosten im Wege der AfA abziehbar (Blümich/Brandis, § 7 EStG Rz 258; Grube, Finanz-Rundschau --FR-- 2007, 533, 538 f.; Schmidt/Kulosa, EStG, 32. Aufl., § 6 Rz 53, § 7 Rz 67; Lambrecht in Kirchhof, EStG, 12. Aufl., § 7 Rz 18; wohl auch Stobbe in Herrmann/ Heuer/Raupach, § 6 EStG Rz 292; im Ergebnis auch Herrmann in Frotscher, EStG, Freiburg 2011, § 6 Rz 136 a.E.).
Der erkennende Senat pflichtet der letzteren Auffassung bei. Der BFH hat schon in früheren Entscheidungen solche Nebenkosten bei teilentgeltlichen Erwerben nicht in einen unentgeltlichen und einen entgeltlichen Anteil aufgeteilt, sondern in voller Höhe als Anschaffungs(neben)kosten beurteilt (BFH-Urteile vom 20. Dezember 1990 XI R 2/85, BFH/NV 1991, 383; vom 24. April 1991 XI R 5/83, BFHE 164, 352, BStBl II 1991, 793; vom 11. September 1991 XI R 4/90, BFH/NV 1992, 169), weil sie der Überführung eines bebauten Grundstücks von der fremden in die eigene Verfügungsmacht dienten. Dem entspricht es, sie auch bei unentgeltlichem Erwerb als Anschaffungsnebenkosten (§ 255 (1) Satz 2 HGB) gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 EStG steuerrechtlich zu berücksichtigen.
b) Die Überlegungen der Revision unter Bezugnahme auf das BMF-Schreiben in BStBl I 1993, 80 (Rz. 13) greifen nicht durch.
So geht das FA irrtümlich davon aus, es hätten sich nur die zuzurechnenden Einkünfte geändert, es fehle also an der Erwerbsbezogenheit der Aufwendungen. Vielmehr erzielten die Klägerin und ihr Bruder als Miterben gemeinschaftlich Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, solange ihre Erbengemeinschaft nicht auseinandergesetzt war (vgl. BFH-Beschluss vom 28. November 2012 IX B 103/12, BFH/NV 2013, 565). Mit der Erbauseinandersetzung wurde die Klägerin alleinige Eigentümerin und Trägerin der Rechte und Pflichten und verwirklichte hinsichtlich der ihr von der Erbengemeinschaft übertragenen Objekte (Rechtsträgerwechsel) allein den Tatbestand der Erzielung von Vermietungseinkünften (vgl. BFH-Beschluss vom 5. August 2004 IX B 60/04, BFH/NV 2004, 1649). Abgesehen davon, dass es auf die Erforderlichkeit von Aufwendungen nicht ankommt (vgl. Blümich/Thürmer, a.a.O., § 9 Rz 122; von Beckerath in Kirchhof, a.a.O., § 9 Rz 22; Schmidt/ Loschelder, EStG, 32. Aufl., § 9 Rz 20), dienten die aufgewendeten Nebenkosten nunmehr allein den von der Klägerin mit den erhaltenen Grundstücken verwirklichten Einkünftetatbestände (vgl. Grube, FR 2007, 533, 539).
Entgegen der Ansicht des FA schließt ein vorausgehender unentgeltlicher Erwerb (nachfolgende) Anschaffungsnebenkosten nicht aus. Kosten der Erbauseinandersetzung fallen an, um das Alleineigentum am Grundstück zu erlangen. Sie hängen deshalb mit dem Anschaffungsvorgang zusammen und bilden Anschaffungsnebenkosten i.S. des § 255 Abs. 1 Satz 2 HGB. Dem stehen die zu § 10e EStG ergangenen BFH-Urteile vom 8. Juni 1994 X R 51/91 (BFHE 175, 76, BStBl II 1994, 779) und vom 29. Juli 1998 X R 54/95 (BFHE 186, 400, BStBl II 1999, 128) nicht entgegen, wie das FG in seinem Urteil (zu I.4. seiner Entscheidungsgründe, S. 12 unten) unter Hinweis auf den Subventions- bzw. Lenkungscharakter der Norm zutreffend ausgeführt hat.
c) Auch kann aus § 11d Abs. 1 Satz 1 EStDV nichts Gegenteiliges hergeleitet werden. Nach dieser Vorschrift (dazu BFH-Urteil in BFH/NV 2012, 736, unter II.1.b, m.w.N.) bemessen sich bei unentgeltlich erworbenen Wirtschaftsgütern (des Privatvermögens) die AfA --soweit hier von Bedeutung-- nach den Anschaffungs- und Herstellungskosten des Rechtsvorgängers. Eigene Anschaffungskosten des Rechtsnachfolgers regelt die Norm nicht. § 11d Abs. 1 EStDV orientiert sich an den Werten des Rechtsvorgängers, erfasst also nicht die in der Person des Rechtsnachfolgers entstandenen Anschaffungsnebenkosten. Daher erhöhen solche Nebenkosten eines unentgeltlichen Erwerbs (wie Notar- und Eintragungskosten) nicht die "AfA-Bemessungsgrundlage i.S.d. § 11d Abs. 1 EStDV" (so unter Bezug auf BMF in BStBl I 1993, 80, Rz. 13: Stuhrmann in Bordewin/Brandt, § 7 EStG Rz 79; a.A. Waldhoff, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 7 Rz B 211 a.E.). Vielmehr begründet oder erhöht sich die insoweit eigenständige Bemessungsgrundlage (hier § 7 Abs. 1, Abs. 4 EStG) für das erworbene Objekt (gl.A. Blümich/ Brandis, a.a.O., § 7 Rz 258; Grube, FR 2007, 533, 538 f.; Schmidt/Kulosa, EStG, 32. Aufl., § 6 Rz 53, § 7 Rz 67; Lambrecht in Kirchhof, a.a.O., § 7 Rz 18; HHR/Stobbe, § 6 EStG Rz 292).
2. Nach diesen Maßstäben ist das FG-Urteil aufzuheben. Die Sache ist aber nicht spruchreif. Zwar hat das FG im Ergebnis zu Recht die Aufwendungen der Klägerin als Anschaffungsnebenkosten beurteilt, sie aber im Wege der AfA zum Abzug zu Unrecht auch insoweit zugelassen, als sie auf den Grund und Boden entfallen. Zur erforderlichen Aufteilung fehlen Feststellungen.
a) Bei den von der Klägerin aufgewendeten (Notar- und Eintragungs-)Kosten handelt es sich, soweit sie nicht auf die eigengenutzte Wohnung entfallen, nach zutreffender Ansicht des FG um Anschaffungskosten in Gestalt von Anschaffungsnebenkosten i.S. des § 255 Abs. 1 Satz 2 HGB. Denn diese Kosten waren nach dessen bindenden tatsächlichen Feststellungen (vgl. § 118 Abs. 2 FGO) Gegenleistung für die Überführung der bebauten Grundstücke von der fremden (Erbengesamthandsgemeinschaft) in die eigene Verfügungsmacht (der Klägerin); sie dienten damit der mit Auslauf der Erbengemeinschaft beginnenden alleinigen Verwirklichung des Tatbestands der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung durch die Klägerin. In Fortführung der Rechtsprechung zum teilentgeltlichen Erwerb (s. oben II.1.a, letzter Absatz) sind daher solche Kosten --auch bei einem ansonsten unentgeltlichen Erwerb im Rahmen einer Erbauseinandersetzung-- als Anschaffungskosten des Rechtsnachfolgers im Wege der AfA --neben der AfA gemäß § 11d Abs. 1 EStDV nach den Werten des Rechtsvorgängers-- aufgrund eigenständiger Rechtsgrundlage gemäß § 7 Abs. 1, Abs. 4 Satz 1 Nr. 2a EStG zum Abzug zuzulassen, soweit sie auf die Gebäude entfallen.
b) Zu Unrecht hat das FG die AfA aber insoweit gewährt, als die angefallenen Nebenkosten auf den Grund und Boden entfallen. Die erforderlichen Feststellungen hat das FG unter Berücksichtigung der Wertverhältnisse der Gebäude zum Grund und Boden nachzuholen (vgl. BFH-Urteile vom 10. Oktober 2000 IX R 86/97, BFHE 193, 326, BStBl II 2001, 183; vom 27. Juli 2004 IX R 54/02, BFHE 210, 233, BStBl II 2006, 9). Nach Aktenlage sind bislang keine Anhaltspunkte ersichtlich, die auf einen zu vernachlässigenden untergeordneten Wert des Grund und Bodens schließen lassen.