Entscheidungsdatum: 19.03.2013
1. Wer die Auflösung einer Grundstücksgemeinschaft durch Verkauf des gemeinschaftlichen, bislang vermieteten Grundstücks im Wege der Teilungsversteigerung beantragt, kann die damit verbundenen Prozess- und Anwaltskosten nicht deshalb als Werbungskosten absetzen, weil er rein hypothetisch die Möglichkeit hat, das Grundstück im Wege der Versteigerung selbst zu erwerben .
2. Wer die Auflösung einer Grundstücksgemeinschaft begehrt und --ohne das Scheidungsverfahren und die damit verbundene vermögensmäßige Auseinandersetzung abzuwarten-- sogleich einen Antrag auf Teilungsversteigerung stellt, weil ihm eine Gemeinschaft mit dem geschiedenen Ehegatten nicht zumutbar erscheint, kann die dadurch entstandenen Gerichts- und Anwaltskosten nicht als außergewöhnliche Belastung geltend machen .
I. Die Beteiligten streiten über die Abziehbarkeit von Aufwendungen für eine Teilungsversteigerung.
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war gemeinsam mit seiner seit dem Streitjahr (2009) von ihm geschiedenen Ehefrau Eigentümer eines vermieteten Grundstücks in T. Da die geschiedene Ehefrau einem gemeinsamen Verkauf nicht zustimmte und der Kläger die Gemeinschaft --weil unzumutbar-- nicht aufrechterhalten wollte, beantragte er beim Amtsgericht, sie im Wege der Teilungsversteigerung aufzulösen.
Im Rahmen eines Vergleichs im Scheidungsverfahren vor dem Familiengericht (12. Januar 2009) vereinbarten der Kläger und seine Ehefrau sodann, dass sie das Grundstück in T erhält und er eine Eigentumswohnung in B, die den früheren Eheleuten ebenfalls gemeinsam gehörte. Der Kläger sollte seine frühere Ehefrau von einem Kredit (Restschuld 55.000 €) freistellen und sie sollte ihm 25.000 € zahlen. Damit sollte zugleich der Unterhalt der Ehefrau für das Streitjahr getilgt sein. Das Amtsgericht hob daraufhin mit Beschluss vom 26. Januar des Streitjahres das Teilungsverfahren auf. Der Kläger trug Anwalts- und Gerichtskosten in Höhe von insgesamt 1.656 €.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) berücksichtigte die Aufwendungen des Klägers im Zusammenhang mit der Teilungsversteigerung nicht. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Die Aufwendungen seien weder als Werbungskosten noch als außergewöhnliche Belastungen abziehbar.
Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers, die er auf Verletzung von Bundesrecht stützt. Die Kosten der Teilungsversteigerung stünden im Zusammenhang mit dem Alleinerwerb der Eigentumswohnung in B, aus der ebenfalls Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt würden. Außerdem bestünde ein Zusammenhang mit dem Grundstück in T. Die Teilungsversteigerung hätte auch zur Folge haben können, dem Kläger als möglichem Käufer Alleineigentum zu vermitteln, so dass er ungeteilt die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung hätte erzielen können. Jedenfalls seien die Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen nach den Maßstäben des Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 12. Mai 2011 VI R 42/10 (BFHE 234, 30, BStBl II 2011, 1015) zu berücksichtigen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das angefochtene Urteil aufzuheben, den Einkommensteuerbescheid für 2009 vom 23. Juni 2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10. April 2012 zu ändern und die Einkommensteuer für 2009 neu festzusetzen, indem das zu versteuernde Einkommen um 1.656 € gemindert wird.
Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
II. Die Revision ist unbegründet und nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Zutreffend hat das FG es abgelehnt, die Aufwendungen im Zusammenhang mit der Teilungsversteigerung steuermindernd zu berücksichtigen. Es handelt sich dabei weder um Werbungskosten (1.) noch um außergewöhnliche Belastungen (2.).
1. Werbungskosten i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes i.d.F. des Streitjahres (EStG) sind nach § 9 Abs. 1 Satz 2 EStG bei der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung abzuziehen, wenn sie bei ihr erwachsen, und das heißt, durch sie veranlasst sind (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. das BFH-Urteil vom 28. September 2010 IX R 42/09, BFHE 230, 567, BStBl II 2011, 271). Daran fehlt es z.B., soweit die Aufwendungen ganz überwiegend durch die nicht steuerbare Veräußerung des Mietwohnobjekts veranlasst sind (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 24. Januar 2012 IX R 16/11, BFH/NV 2012, 1108, m.w.N.).
Nach diesen Maßstäben hat das FG zutreffend einen Zusammenhang der Aufwendungen mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abgelehnt.
a) Ein Zusammenhang mit den Einkünften aus der Vermietung des Grundstücks in T, dessen Teilungsversteigerung beantragt wurde, besteht nicht. Denn die Teilungsversteigerung zielte zunächst --wie das FG zutreffend hervorhebt-- darauf ab, die Vermietungstätigkeit des Klägers zu beenden. Die rein hypothetische Annahme, er könnte letztlich als möglicher Käufer das Alleineigentum an dem Grundstück erwerben, vermag einen wirtschaftlichen Zusammenhang mit möglichen künftigen Einnahmen nicht zu begründen. Ferner war nach den Feststellungen des FG, die den Senat nach § 118 Abs. 2 FGO binden, allein die persönliche Entscheidung des Klägers das auslösende Moment für den Aufwand, dass ihm eine Fortsetzung der Gemeinschaft mit seiner geschiedenen Ehefrau nicht zumutbar erschien und er eine gütliche Entscheidung nicht abwarten wollte. Da deshalb allein die private Lebensführung (§ 12 Nr. 1 EStG) Ursache für den Aufwand war, darf er bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nicht abgezogen werden.
b) Ein Zusammenhang des durch den Antrag auf Teilungsversteigerung verursachten Aufwands mit den aus der Eigentumswohnung in B erzielten Einkünften aus Vermietung und Verpachtung besteht ebenfalls nicht. Es mag offenbleiben, inwieweit die Vereinbarung im Scheidungsverfahren zu Anschaffungskosten des Klägers in Bezug auf diese Wohnung führte. Denn er hat die Teilungsversteigerung über das Grundstück ja nicht angestrengt, um das Alleineigentum an der Eigentumswohnung in B zu erlangen, sondern weil er eine gütliche Einigung im Scheidungsverfahren, zu der es schließlich kam, nicht abwarten wollte. Das hat mit dem Alleinerwerb der Eigentumswohnung in B aufgrund der Vereinbarung im Scheidungsverfahren vom 12. Januar des Streitjahres nichts zu tun.
c) Schließlich eröffnet auch die neue Rechtsprechung des Senats zum nachträglichen Schuldzinsenabzug (BFH-Urteil vom 20. Juni 2012 IX R 67/10, BFHE 237, 368) keinen Werbungskostenabzug der Prozess- und Anwaltskosten. Maßgeblich für die Gewährung eines nachträglichen Schuldzinsenabzugs ist die Überlegung, dass der ursprüngliche Veranlassungszusammenhang zwischen Aufwand und steuerbaren und steuerpflichtigen Einkünften i.S. des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG durch eine Veräußerung der Immobilie nicht automatisch unterbrochen wird, sondern in bestimmten Fallgestaltungen (anteilig) fortbestehen kann. Im Gegensatz hierzu sind die Aufwendungen, um die es hier geht, ausschließlich veranlasst durch die auf einer privaten Motivation beruhende Entscheidung, die bisher bestehende, dem Zweck der Einkünfteerzielung dienende Gemeinschaft aus Gründen der (Un-)Zumutbarkeit aufzulösen und die Einkünfteerzielung zu beenden. Der Kläger kann sich daher schon nicht auf einen ursprünglich bestehenden, einkünftebezogenen Veranlassungszusammenhang berufen; auf die Frage, ob und ggf. inwieweit ein solcher an einem Surrogat fortbestehen könnte, kommt es überhaupt nicht an.
2. Die Aufwendungen sind auch nicht als außergewöhnliche Belastungen abziehbar.
Nach § 33 Abs. 1 EStG wird auf Antrag die Einkommensteuer in bestimmtem Umfang ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes erwachsen (außergewöhnliche Belastung). Aufwendungen erwachsen dem Steuerpflichtigen dann zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (§ 33 Abs. 2 Satz 1 EStG).
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH sind die Kosten nicht in den Zwangsverbund fallender familienrechtlicher und sonstiger Regelungen im Zusammenhang mit der Ehescheidung grundsätzlich nicht als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen. Eheleute sind in ihrer Entscheidung frei, wie sie ihre Verhältnisse untereinander güterrechtlich regeln. Deshalb stellen auch Kosten, die ihnen in Ausübung dieser Dispositionsfreiheit entstehen, keine unvermeidbare Belastung dar, die die steuerliche Freistellung des insoweit aufzuwendenden Einkommens gebietet (vgl. BFH-Urteile vom 30. Juni 2005 III R 36/03, BFHE 210, 302, BStBl II 2006, 491, und III R 27/04, BFHE 210, 306, BStBl II 2006, 492). Dem folgt auch der erkennende Senat. Die Aufwendungen sind nicht zwangsläufig. Die notwendigen vermögensrechtlichen Regelungen können auch ohne Zivilprozess getroffen werden (so auch Mellinghoff in Kirchhof, EStG, 11. Aufl., § 33 Rz 54 Stichwort "Ehescheidung"; Blümich/Heger, § 33 EStG Rz 233, m.w.N. aus der Rechtsprechung). Darunter fällt auch die vermögensmäßige Auseinandersetzung des Klägers mit seiner früheren Ehefrau über das Grundstück in T.
b) Die durch den Antrag auf Teilungsversteigerung entstandenen Gerichts- und Anwaltskosten sind auch nicht unabhängig vom Gegenstand des Prozesses aus rechtlichen Gründen zwangsläufig erwachsen. Aus der Entscheidung des BFH in BFHE 234, 30, BStBl II 2011, 1015 folgt nicht, sämtliche Kosten von Verfahren, bei dem ein Gericht zu beteiligen ist, als außergewöhnliche Belastungen zu qualifizieren. Die Unausweichlichkeit von Prozesskosten ergibt sich für den VI. Senat daraus, dass der Steuerpflichtige, um sein Recht durchzusetzen, im Verfassungsstaat des Grundgesetzes den Rechtsweg beschreiten muss (BFH-Urteil in BFHE 234, 30, BStBl II 2011, 1015, Rz 14).
Der erkennende Senat muss nicht entscheiden, ob er dieser Prämisse zustimmen könnte. Selbst wenn er das Urteil des VI. Senats (in BFHE 234, 30, BStBl II 2011, 1015) anwenden würde, fehlte es im Streitfall bereits an der Unausweichlichkeit der Aufwendungen. Für den hier streitigen Antrag auf Teilungsversteigerung ergibt sich dazu Folgendes: Zwar muss der Steuerpflichtige nach § 753 Abs. 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs die Zwangsversteigerung nach den Vorschriften des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung (ZVG) beantragen, für die das Amtsgericht mit der Folge zuständig ist (§§ 180, 1 ZVG), dass Gerichtskosten notwendigerweise anfallen. Ob diese Aufwendungen damit aber stets zwangsläufig i.S. des § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG sind, kann hier unerörtert bleiben. Denn der Kläger war nicht gezwungen, den Antrag auf Teilungsversteigerung zu stellen. Er konnte sein Recht auch ohne Zwangsversteigerung durchsetzen, so dass die damit zusammenhängenden Aufwendungen schon aus diesem Grund nicht zwangsläufig waren. Wie das FG zutreffend ausführt, hätte der Kläger die vermögensmäßige Auseinandersetzung --wie auch geschehen-- im Zuge des Scheidungsverfahrens als Folgesache verlangen können. In der Tat kam es hier zu einer gütlichen Einigung über die vermögensmäßige Auseinandersetzung.
Überdies hat der Kläger --wie dies das FG für den Senat bindend festgestellt hat-- den Antrag auf Teilungsversteigerung allein aus persönlichen Gründen gestellt, weil ihm eine Fortsetzung der Gemeinschaft mit seiner geschiedenen Ehefrau nicht zumutbar erschien und er eine mögliche gütliche Einigung im Zusammenhang mit dem Scheidungsverfahren nicht abwarten wollte. Es entspricht nicht dem Zweck des § 33 EStG, der der verminderten subjektiven Leistungsfähigkeit des Betroffenen Rechnung tragen will, die Allgemeinheit durch die Abziehbarkeit von Gerichts- und Prozesskosten als außergewöhnliche Belastungen an einer verfrühten, unabgestimmten und damit vermeidbaren Inanspruchnahme von Gerichten zu beteiligen.